Viveka Chudamani – Vers 148

Deutsche Übersetzung:

148. Wer sich mit großer Hingabe auf die Schriften / Shrutis/ Veden ausrichtet und fest verankert nach seinem svadharma/ Berufung lebt – und all dies zur Reinheit seines Geistes führt – kann durch die Reinheit des Geistes das Höchste erkennen und es verwirklichen. Nur dadurch ist es möglich, samsara an seinen Wurzeln zu zerstören.

Sanskrit Text:

śruti-pramāṇaika-mateḥ sva-dharma-
niṣṭhā tayaivātma-viśuddhir asya |
viśuddha-buddheḥ paramātma-vedanaṃ
tenaiva saṃsāra-sa-mūla-nāśaḥ || 148 ||

श्रुतिप्रमाणैकमतेः स्वधर्म-
निष्ठा तयैवात्मविशुद्धिरस्य |
विशुद्धबुद्धेः परमात्मवेदनं
तेनैव संसारसमूलनाशः || १४८ ||

shruti-pramanaika-mateh sva-dharma-
nishtha tayaivatma-vishuddhir asya |
vishuddha-buddheh paramatma-vedanam
tenaiva samsara-sa-mula-nashah || 148 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • śruti-pramāṇaika-mateḥ : einer, dessen Geist vollkommen ausgerichtet ist (Ekamati) auf die Autorität (Pramana) der Veden (Upanishaden, Shruti)
  • sva-dharma-niṣṭhā : (erlangt) das Hingegebensein (Nishtha) an seine eigene Berufung („eigenes Gesetz“, Svadharma)
  • tayā : dadurch (Tad)
  • eva : nur (Eva)
  • ātma-viśuddhiḥ : (entsteht) die Reinheit (Vishuddhi) des Geistes (Atman)
  • asya : diesem (Menschen, Idam)
  • viśuddha-buddheḥ : aufgrund eines reinen (Vishuddha) Geistes (Buddhi)
  • paramātma-vedanam : (entsteht) die Erkenntnis (Vedana) des höchsten Selbst (Paramatman)
  • tena : aufgrund dieser (Tad)
  • eva : nur
  • saṃsāra-sa-mūla-nāśaḥ : (erfolgt) das vollständige (Samula) Verschwinden (Nasha) des Daseinswandels (Samsara)    || 148 |

Kommentar

Im vorigen Vers hat Shankara gesagt, allein durch das Schwert der Unterscheidung kommt die Gottverwirklichung und die Erkenntnis des Selbst, die Überwindung von allen Bindungen und damit von allem Leid.
Er hat sogar gesagt, egal, welche Handlungen du machst, sie helfen nicht weiter. Aber er modifiziert das, er hat schon im letzten Vers gesagt: Du brauchst aber auch die Gnade Gottes. Und jetzt sagt er noch: Damit das Schwert der Unterscheidung tatsächlich wirken kann, brauchst du „shruti-pramanaika-mateh“, d. h. du brauchst einen Geist, der ausgerichtet ist auf die Autorität, „Pramanaika“, der Veden und der Upanishaden, „Shruti“.
Er sagt also, allein durch logisches Nachdenken kommst du nicht hin. Der Geist braucht eine Schulung. Angenommen, du willst Mathematik lernen, da fängst du auch nicht einfach so an, dich mit Mathematik zu beschäftigen und selbst zu überlegen, was denn logisch wäre, sondern du folgst einem Studium. Es gibt Mathematikbücher, es gibt Mathematiklehrer, es gibt die Universität. Und auf der Grundlage von alldem kannst du dann lernen, wie du deinen Geist so schulen kannst, dass er nachher mathematisch gut denken kann.
In diesem Sinne brauchst du eben auch Schriften. Beschäftige dich mit den Upanishaden, den Werken von Shankara. Lausche den Vorträgen über Vedanta, z. B. über Viveka Chudamani. Denke darüber nach. Studiere die Schriften oder höre Vorträge als Grundlage um weiter nachzudenken.
Es gibt ja diese vier Schritte der Erkenntnis, bzw. des Vedanta-Weges. Der erste Schritt ist Hören, „Shravana“, der zweite ist, darüber nachdenken, „Manana“, der dritte ist, darüber meditieren, „Nithidyasana“, und dann folgt als vierter die wirkliche Verwirklichung und Erkenntnis, „Anubhava“.
Es ist wichtig, dass du das Richtige hörst, und es ist wichtig, dass du dann darüber nachdenkst, evtl. auch darüber diskutierst, dann darüber meditierst und es auch im Alltag umsetzt. Und dann folgt die wahre Verwirklichung.
Aber es braucht noch mehr. Er sagt dann auch: „Sva-dharma-
niṣṭhā“, d. h. das Hingegebensein an seine eigene Berufung. „Svadharma“ ist die eigene Berufung, die eigene Pflicht, die eigene Aufgabe.
Krishna spricht in der Bhagavad Gita ja sehr viel über „Svadharma“. Und er sagt dort: „Svarupa“ plus „Svakarma“ ergibt „Svadharma“. „Svarupa“ ist deine Wesensnatur, „Svakarma“ ist das Karma, das kommt, und „Svadharma“ ist deine Aufgabe. Deine Aufgabe ergibt sich im Grunde genommen aus den Umständen plus deinem eigenen Charakter. „Svadharma“ – werde deinem eigenen Karma gerecht.
Angenommen, du bist eine Mutter und hast ein Kind, das ein Jahr alt ist, dann ist es dein Dharma, dich um dein Kind zu kümmern. Du würdest nicht die höchste Erkenntnis erreichen, indem du den Pflichten um dein Kind nicht nachgehen würdest.
Oder angenommen, du bist ein Sevaka in einem Ashram, d. h. du bist jemand, der in einem Ashram bestimmte Aufgaben hat, und du würdest sagen: Nein, mir geht es jetzt nur um die Erkenntnis, sollen sich doch andere um Buchhaltung, Unterrichten, Saubermachen usw. kümmern. Damit erreichst du nicht die Gottverwirklichung.
Shankara sagt, erfülle deine Pflicht. Verantwortungslosigkeit macht den Geist nicht fähig zur Verwirklichung. Sei dir bewusst, was deine Pflichten sind, erfülle diese Pflichten, lebe sie so gut wie du kannst.
Dann sagt er noch als Nächstes „atma-vishuddhir“, das bedeutet Reinheit des Geistes. Man könnte auch sagen, durch „Atman“ entsteht „Vishuddhi“. Und wie entsteht diese? Durch „vishuddha-buddheh“, d. h. aufgrund der reinen Erkenntnis.
Mit anderen Worten: Studiere die Schriften. Erfülle deine Pflichten und Aufgaben. Mach das, was im Alltag nötig ist. Dann sei dir als Nächstes bewusst, dass dies insofern gut ist, wie es zu Reinheit führt. Dann lerne, deinen reinen Intellekt, „vishuddha-buddheh“, zu nutzen, um „paramatma-vedanam“ zu bekommen. „Paratma“ ist das höchste Selbst und „Vedana“ die Erkenntnis. Und nur diese führt zu „samsara-sa-mula-nashah“. Diese führt zum vollständigen Verschwinden des Daseins, Wandels, Samsara.
Du kannst jetzt also überlegen: Machst du all das? Liest du öfter Schriften oder hörst du Vedanta-Vorträge? Denkst du auch darüber nach? Erfüllst du auch deine Aufgaben und Pflichten? Machst du auch anderes, um rein zu sein?
Im ganzheitlichen Yoga spielt „Sattva“ eine wichtige Rolle, die Reinheit des Geistes. Übe Reinheit des Geistes, dann geht vieles leichter.
Wie kommst du zu einem reinen Geist? Durch Asana, Pranayama und Mantrasingen, durch gesunde Ernährung, durch eine Kultivierung von Reinheit in deiner Umgebung und eben auch durch reine Gedanken, Ethik im Alltag und auch reine Worte.
All das zusammen führt zu einer inneren Reinheit. Diese innere Reinheit führt zu einem klaren Verstand. Und mit diesem klaren Verstand frage dich: Wer bin ich? Und erkenne: Ich bin das höchste Selbst.

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