Viveka Chudamani – Vers 140

Deutsche Übersetzung:

140. Wenn das makellos reine, lichtvolle Wahre Selbst verschleiert ist, meint der Mensch in seiner Verblendung: „Ich bin der vergängliche Körper.“ Dann bindet die rajasige Kraft der Projektion den Menschen gnadenlos mit den Fesseln der Emotionen, wie Lust und Ärger.

Sanskrit Text:

tiro-bhūte svātmany amalatara-tejovati pumān
anātmānaṃ mohād aham iti śarīraṃ kalayati |
tataḥ kāma-krodha-prabhṛtibhir amuṃ bandhana-guṇaiḥ
paraṃ vikṣepākhyā rajasa uru-śaktir vyathayati || 140 ||

तिरोभूते स्वात्मन्यमलतरतेजोवति पुमा-
ननात्मानं मोहादहमिति शरीरं कलयति |
ततः कामक्रोधप्रभृतिभिरमुं बन्धनगुणैः
परं विक्षेपाख्या रजस उरुशक्तिर्व्यथयति || १४० ||

tiro-bhute svatmany amalatara-tejovati puman
anatmanam mohad aham iti shariram kalayati |
tatah kama-krodha-prabhritibhir amum bandhana-gunaih
param vikshepakhya rajasa uru-shaktir vyathayati || 140 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tiro-bhūte : verborgen ist (Tirobhuta)
  • svātmani : wenn das eigene Selbst (Svatman)
  • amalatara-tejovati : von absolut makellosem (Amalatara) Glanz („glänzend“, Tejovant)
  • pumān : der Mensch (Pums)
  • anātmānam : der das Nicht-Selbst ist (Anatman)
  • mohāt : aus Verblendung (Moha)
  • aham : (das bin) ich (Aham)
  • iti : indem er denkt („so“, Iti)
  • śarīram : den Körper (Sharira)
  • kalayati : hält (für das Selbst, kal)
  • tataḥ : dann (Tatas)
  • kāma-krodha-prabhṛtibhiḥ : des Begehrens (Kama), des Zorns (Krodha) usw. (Prabhriti)
  • amum : diesen (Menschen, Adas)
  • bandhana-guṇaiḥ : mit den fesselnden (Bandhana) Stricken (Guna)
  • param : sehr, aufs äußerste (Para)
  • vikṣepākhyā : namens (Akhya) Projektion (Vikshepa)
  • rajasaḥ : der (Qualität) Leidenschaft (Rajas)
  • uru-śaktiḥ : diese mächtige („große“, Uru) Kraft (Shakti)
  • vyathayati : quält, peinigt (vyath)     || 140 ||

Kommentar

Hier folgt Shankara letztlich der Logik von Patanjali, auch wenn er ihn nicht direkt nennt. Er gebraucht auch andere Ausdrücke, denn Vedanta hat seine eigene Nomenklatur, aber so unterschiedlich ist sie gar nicht. Patanjali spricht von den Kleshas, beginnt mit AvidyaUnwissenheit. So sagt auch Shankara hier: das makellos reine lichtvolle wahre Selbst ist verschleiert, also moha – Verblendung. Es gibt also eine Verschleierung/Verblendung. Und durch diese Verblendung kommt dann die Identifikation (Asmita nennt es Patanjali). Aham iti (ich bin) sariram (der Körper), und du hältst es dann (kalayati) für das Selbst.

Aus der Identifikation mit dem Körper kommen dann Begierden. Patanjali nennt das Ragadvesha, als Emotion mögen und nichtmögen. Shankara gebraucht hier die Ausdrucksweise der Bhagavad Gita – kamakrodha, und prabhitibhir – das bedeutet `und so weiter´. Kama ohne „r“ ist die Begierde, ist das Begehren. Du willst alles Mögliche haben. Wenn du dich mit etwas identifizierst, willst du mehr davon haben. Hast du ein schönes Auto, soll es noch besser werden. Du willst es pflegen, damit es glänzt usw. Hast du schöne Kleidung, willst du vielleicht dazu passende Krawatten oder Schuhe oder ähnliches. Hast du ein schönes Haus, willst du noch mehr haben. Die Begierden hören niemals auf. Und dann kommt krodha. Aus kama folgt krodha. Krodha ist der Zorn und der Ärger. Wenn du nicht bekommst was du willst, dann bist du ärgerlich. Ähnlich wie raga und dvesha – mögen und nichtmögen, wie es Patanjali nennt. Kamakrodha nennt Krishna die Tore zur Hölle.

Du kannst selbst überlegen, wann du in diesen Höllensumpf gekommen bist. Wo deine Gier war. Wo du dich über etwas geärgert hast. Und hinter dieser Gier und diesem Ärger ist immer eine Identifikation. Lass die Identifikation fallen, dann verschwindet auch Gier und Ärger.

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