Viveka Chudamani – Vers 4

Deutsche Übersetzung:

4. Derjenige, dem das schwer zu erlangende Dasein als menschliches Wesen mit menschlichem Bewusstsein und vollständigem Wissen der Schriften zuteilgeworden ist, und trotzdem nicht nach Selbstverwirklichung strebt, sondern an dem Vergänglichen / Unwirklichen festhält, handelt dumm und tötet seine Seele / richtet sich zugrunde.

Sanskrit Text:

labdhvā kathañ-cin nara-janma durlabhaṃ
tatrāpi puṃstvaṃ śruti-pāra-darśanam |
yas tv ātma-muktau na yateta mūḍha-dhīḥ
sa hy ātma-hā svaṃ vinihanty asad-grahāt || 4 ||

लब्ध्वा कथञ्चिन्नरजन्म दुर्लभं
तत्रापि पुंस्त्वं श्रुतिपारदर्शनम् |
यस्त्वात्ममुक्तौ न यतेत मूढधीः
स ह्यात्महा स्वं विनिहन्त्यसद्ग्रहात् || ४ ||

labdhva kathan-chin nara-janma durlabham
tatrapi pumstvam shruti-para-darshanam |
yas tv atma-muktau na yateta mudha-dhih
sa hy atma-ha svam vinihanty asad-grahat || 4 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • labdhvā : nachdem er erlangt hat („erlangt habend“, labh)
  • kathañ-cid : mit Mühe, auf welche Weise auch immer (Kathanchid)
  • nara-janma : eine Geburt (Janman) als Mensch (Nara)
  • durlabham : die selten („schwer zu erreichen“, Durlabha) ist
  • tatrāpi : und obendrein („dabei auch“, Tatra Api)
  • puṃstvam : ein Mann zu sein (das „Mannsein“, Pumstva)
  • śruti-pāra-darśanam : (sowie) die heiligen Schriften vollständig verinnerlicht hat, wörtl.: „das Erblicken des jenseitigen Ufers (Paradarshana) der heiligen Schriften (Shruti)“
  • yaḥ : wer (Yad)
  • tu : aber, jedoch (Tu)
  • ātma-muktau : um die Erlösung (Mukti) des Selbst (Atman)
  • na : nicht (Na)
  • yateta : sich bemüht (yat)
  • mūḍha-dhīḥ : Tor, Dummkopf (Mudhadhi)
  • saḥ : ein solcher (Tad)
  • hi : gewiss (Hi)
  • ātma-hā : ist ein Selbstmörder (Atmahan)
  • svam : sich selbst (Sva)
  • vinihanti : er tötet, richtet zu Grunde (vi + ni + han)
  • asad-grahāt : aufgrund seines Festhaltens am Unwahren oder Unwirklichen (Asadgraha)     || 4 ||

Kommentar

Shankara beschreibt das, was auch zu seiner Zeit immer wieder zu beobachten war: Menschen hatten diese drei wertvollen Dinge, nämlich menschenwürdiges Dasein, Sehnsucht nach Befreiung und die liebevolle Fürsorge durch einen Meister, aber lassen das Streben nach Befreiung sein.

Mit dem 3. Vers will er uns ermutigen, den spirituellen Weg systematisch, gründlich und bis zur Erleuchtung zu gehen. Denn die drei wertvollen Dinge sind etwas Großartiges.
Höchstwahrscheinlich hast Du ein menschenwürdiges Dasein. Du hast menschliches Bewusstsein und bist nicht geistig behindert, kannst nachdenken. Und wenn Du diesem Vortrag zuhörst, dann hast Du wahrscheinlich auch schon Wissen über die Schriften, einiges über Spiritualität gelernt oder vielleicht eine Yogalehrer-Ausbildung gemacht, die Bhagavad Gita oder das Yoga Sutra gelesen.

Du hast alles, was du brauchst. Wenn Du sorgfältig fragst: „Wer bin ich?“ und ein konsequentes, spirituelles Leben führst, dann wirst du das Höchste erfahren.
Shankaracharya sagt, dass Du dumm seist und Dich zugrunde richten würdest, wenn du dies nicht machen und am Vergänglichen, Unwirklichen festhalten würdest.

Menschen haben oft zu Anfang Enthusiasmus, d.h. sie lernen, praktizieren einiges und hoffen auf eine schnelle Lösung. Sie lesen die Schriften, machen eine Yogalehrerausbildung und meditieren. Oft kommt eine Enttäuschung, weil die spirituelle Erleuchtung ausbleibt. Zweifel kommen auf und Du fragst Dich: „.Strebe ich richtig?“.

Zudem kommen Versuchungen hinzu, so rückt zum Beispiel plötzlich der Job, eine neue Liebe, die Kinder, oder die pflegebedürftigen Eltern im Leben in den Vordergrund, und Du möchtest alles „nicht so eng sehen“. Das sind alles Dinge im Leben, die geschehen. Und es bedeutet auch, dass du karmische Aufgaben hast. Lass Dich aber davon nicht beherrschen. Lass das alles nicht zur beherrschenden Sache deines Lebens werden, sondern sei dir bewusst, dass das Wichtigste im Leben das Streben nach Befreiung ist.
Shankara erklärt: „Sei kein Dummkopf, strebe danach und mache das Streben nach Befreiung zum Wichtigsten in deinem Leben.“

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