Viveka Chudamani – Vers 208

Deutsche Übersetzung:

208. Anandamayakosha manifestiert sich im Zustand des Tiefschlafs völlig. In den Zuständen von Traum und Wachheit ist sie abhängig vom Anblick von Objekten, nach denen Verlangen besteht.

Sanskrit Text:

ānanda-maya-kośasya suṣuptau sphūrtir utkaṭā |
svapna-jāgarayor īṣad iṣṭa-saṃdarśanādinā || 208 ||

आनन्दमयकोशस्य सुषुप्तौ स्फूर्तिरुत्कटा |
स्वप्नजागरयोरीषदिष्टसंदर्शनादिना || २०८ ||

ananda-maya-koshasya sushuptau sphurtir utkata |
svapna-jagarayor ishad ishta-sandarshanadina || 208 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ānanda-maya-kośasya : der aus Wonne bestehenden Hülle (Anandamaya Kosha)
  • suṣuptau : im Tiefschlaf (Sushupti)
  • sphūrtiḥ : das Offenbarwerden (Sphurti)
  • utkaṭā : ist am vollständigsten („überaus groß“, Utkata)
  • svapna-jāgarayoḥ : im Traum- (Svapna) und Wachzustand (Jagara)
  • īṣat : (ist sie) weniger ausgeprägt („ein bisschen“, Ishat)
  • iṣṭa-saṃdarśanādinā : durch das Erblicken (Samdarshana) eines ersehnten (Gegenstandes, Ishta) usw. (Adi)     || 208 ||

Kommentar

Wie entsteht Freude? Das ist eine allgemeine Frage. Es wird oft behauptet, dass der Mensch glücklich sein will. Ich weiß nicht, ob das auf einer relativen Ebene wirklich so stimmt. Ich glaube auf einer relativen Ebene wollen Menschen eher ein sinnvolles Leben führen und sie wollen glücklich sein.
Wie bist du glücklich?
Shankara sagt, dass du im Tiefschlaf von selbst glücklich bist. Du brauchst nichts zu tun, außer zu schlafen. Du kannst nicht den ganzen Tag schlafen, aber du kannst dir bewusst machen, dass du im Laufe von 24 Stunden in jedem Fall glücklich sein wirst.
Manche Menschen haben im Wachbewusstsein eine schwierige Zeit und denken, dass sie nie mehr glücklich sein werden. Das ist unsinnig. Sie müssen nur einschlafen, dort wartet das Glück.
Oder angenommen du wärst in einem Traum und träumst, alles wäre so schlimm und es gäbe da schlimme Alpträume, wo du glaubst, nicht entfliehen zu können. Du wachst auf und alles ist in Ordnung. In diesem Sinne sei dir bewusst, dass schlimme Phasen im Wachzustand nicht so tragisch sind. Schon im Tiefschlaf ist es vorbei und vielleicht sogar schon im Traumschlaf. Und selbst wenn du am nächsten Morgen aufwachst, sieht die Welt schon anders aus. In jedem Tiefschlaf strahlt die Freude des Selbst auf. Aber nicht vollständig, es ist ja die Anandamaya Kosha, es ist nicht das Selbst an sich.
Im Wach- und im Traumzustand strahlt die Freude des Selbst nur dann auf, wenn der Geist ruhig ist. Ist der Geist ruhig, dann wird die Reflexion von Ananda in Anandamaya Kosha wahrgenommen. Und im vorigen Vers hat er ja gesagt, dass es einige Möglichkeiten gibt, wie das geschieht. Hier hat er es etwas beschränkt und gesagt, nur wenn du durch das Erblicken eines ersehnten Gegenstandes also z.B. wenn du Sehnsucht nach deinem Mann oder deiner Frau hast und ihr euch ein paar Tage, ein paar Wochen nicht gesehen habt, und euch wiederseht, seid ihr plötzlich glücklich.
Wenn du eine Weile von Zuhause weg warst, unterwegs warst, es eine schwierige Zeit für dich war und du wieder nach Hause kommst, dann bist du glücklich. Du hast dein Kind nicht gesehen und dein Kind kommt wieder, dann bist du glücklich. Es steht auch „istha“ in dem Vers. Istha heißt das oder der Geliebte. Es sind nicht nur Menschen, sondern auch Gegenstände. In dem Moment, wo etwas dazu führt, dass dein Geist ruhig ist, in dem Moment strahlt die Freude des Selbst auf. Das sagt Shankara in diesem Vers.
Im vorigen Vers hat er noch ein paar weitere Mechanismen gesagt, aber es läuft auf das gleiche hinaus. Du hast etwas erreicht, der Geist ist ruhig, Freude strahlt aus. Du siehst ein geliebtes Menschenherz öffnet sich, du verbindest dich mit der Seele des anderen, Freude strahlt auf.
Du machst etwas, was du magst und bist ganz konzentriert dabei, Freude leuchtet auf.
Du tust etwas, von dem du weißt, dass es das Richtige ist, du spürst dich im Fluss und spürst, dass es so sein soll und du merkst, dass es durch dich hindurch wirkt, machst dir keine Sorgen, bist ganz im Hier und Jetzt, Freude leuchtet auf.
Aber die Freude ist nicht wirklich abhängig von den Objekten. Die Freude ist die Widerspiegelung des Selbst in Anandamaya Kosha. Wenn du das weißt, dann weißt du, dass du nichts Konkretes brauchst. Höre auf, davon besessen zu sein, dass du etwas brauchst, um glücklich zu sein. Du brauchst keinen bestimmten Menschen, um glücklich zu sein. Du brauchst keinen bestimmten Beruf, um glücklich zu sein. Du brauchst keine bestimmte Arbeitsstelle, um glücklich zu sein. Du brauchst keine bestimmte Wohnung oder Haus, um glücklich zu sein. Du brauchst kein bestimmtes Wetter, um glücklich zu sein. Du brauchst noch nicht mal Gesundheit, um glücklich zu sein. Glück ist deine wahre Natur. Anandoham – ich bin Wonne. Dieses Glück strahlt dann auf, wenn dein Geist ruhig ist. Du könntest einiges tun, um das zu erreichen.
Du könntest in tiefer Meditation in die Ruhe gehen und dann deine eigene Freude spüren.
Du könntest das, was du tust, so gut tun, wie du kannst und Gott darbringen, dich als Instrument fühlen, dann spürst du Freude.
Du kannst dein Herz zu anderen Menschen öffnen und dann Freude spüren. Du kannst, wenn etwas Schönes geschieht, das Schöne genießen und dann Freude spüren.
In diesem Sinne kannst du schauen, wie du heute Freude erlangen willst, ohne etwas erreichen zu wollen

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