Deutsche Übersetzung:
28. Auch wenn der Wunsch nach Befreiung nur schwach oder mäßig ist, wird er durch vairagya (Verhaftungslosigkeit), durch die 6 Tugenden (shamadi–shatka), wie Ruhe des Geistes/ Versenkung, Selbstbeherrschung und durch die Gnade des Meisters größer und stärker und trägt Früchte.
Sanskrit Text:
manda-madhyama-rūpāpi vairāgyeṇa śamādinā |
prasādena guroḥ seyaṃ pravṛddhā sūyate phalam || 28 ||
मन्दमध्यमरूपापि वैराग्येण शमादिना |
प्रसादेन गुरोः सेयं प्रवृद्धा सूयते फलम् || २८ ||
manda-madhyama-rupapi vairagyena shamadina |
prasadena guroh seyam pravriddha suyate phalam || 28 ||
Wort-für-Wort-Übersetzung:
- manda-madhyama-rūpā : (wenn es) von schwacher (Manda) oder mittlerer (Madhyama) Art (ist, Rupa)
- api : selbst, sogar (Api)
- vairāgyeṇa : durch Gleichgültigkeit („Leidenschaftslosigkeit“, Vairagya)
- śamādinā : durch Gemütsruhe (Shama) usw. (Adi)
- prasādena : durch die Gnade (Prasada)
- guroḥ : des Meisters (Guru)
- seyam (sā + iyam) : dieses (Trachten nach Erlösung, Tad Iyam)
- pravṛddhā : (wird) stark, groß (Pravriddha)
- sūyate : (und) bringt hervor (sū)
- phalam : (seine) Frucht (Phala) || 28 ||
Kommentar
Wir sind weiter bei den Sadhana Chatushtayas, der Vierheit der Eigenschaften eines Aspiranten oder die vier Voraussetzungen, um von Jnana Yoga wirklich zu profitieren. Shankaracharya hat im vorherigen Vers über „mumukśhutva“ gesprochen.
Wenn „mumukśhutva“ größer ist als alle Wünsche, die der Mensch hat, erreichst du die Gottverwirklichung, die Erleuchtung, die Selbstverwirklichung noch in diesem Leben.
Entwickle somit „mumukśhutva“. Wenn „mumukśhutva“ intensiv ist, dann kommt die Verwirklichung schnell. Das sagt auch Patanjali im Yoga Sutra, welches Shankaracharya kannte und dazu einen Kommentar geschrieben hat.
Entwickle die Gottverwirklichung.
Wie entwickelst du die Gottverwirklichung? – durch intensives Verlangen nach Befreiung.
Nicht jeder hat diese intensive Sehnsucht nach Befreiung. Die Sehnsucht nach Befreiung kann schwach oder mäßig sein. Wie kannst du den Wunsch nach Befreiung erhöhen? – durch Vairagya.
Mache dir bewusst, dass dich ein sinnliches Leben nicht dauerhaft glücklich macht. Indem du Vairagya kultivierst und dir bewusst machst, dass dich weder Geld, Ansehen noch die Beziehung macht dich nicht dauerhaft glücklich. Erkenne, dass alles relative ist und vorbei geht.
Der Körper wird alt und wird sterben. Das, was du aufbaust, geht wieder kaputt. Lob und Anerkennung sind sehr vergänglich. Sogar wenn du ständig Anerkennung erhältst, wird es irgendwann langweilig. Genauso wird es auch langweilig, wenn dein Partner, deine Partnerin immer nett zu dir ist. Selbst gutes Essen wird auf die Dauer langweilig.
Die Sinnesbefriedigung wird dich nicht glücklich machen. Darüber nachdenken und sich bewusst werden, dass die Wünsche und Sinne nicht glücklich machen, kultiviert Vairagya. Über Vairagya entwickelst du „mumukśhutva“.
Als Zweites betont Shankara, die Ruhe des Geistes zu entwickeln. Durch das Kultivieren von „Sama“ und die anderen sechs Tugenden, „Samādiśhaṭkam“, kommt auch „mumukśhutva“. Umgekehrt entsteht durch „mumukśhutva“ Ruhe des Geistes und über Ruhe des Geistes kommt man „mumukśhutva“.
Lerne, den Geist von den Sinnen abzuhalten, die Schwierigkeiten des Lebens „Dukha“ geduldig zu ertragen, nicht mit Ängsten, mit Depressivität auf Schwierigkeiten zu reagieren, dich von Ärger, Angst, Depression zu lösen. Das alles gehört zu „Titiksha“. Entwickle Vertrauen und übe meditative Versenkung.
Das alles erhöht auch „mumukśhutva“.
Die dritte Weise, wie man die Sehnsucht nach Befreiung kultivieren kann, ist mithilfe der Gnade des Meisters, „prasādena guroḥ“. Der Guru gibt dir seine Gnade. Denke über deinen Guru nach und lies zum Beispiel die Biographien von Swami Sivananda, Swami Vishnu-devananda, oder Biographien der christlichen Heiligen, über Buddha, über Sufi Heilige oder über die Hasidim, die Meister des mystischen Judentums oder über andere großer Meister.
Du kannst dir die Biografie der großen Meister als Vorbild nehmen und sagen: „So will ich auch sein.“
Die Sehnsucht nach Befreiung kommt nicht nur von innen heraus, sondern durch die Gnade des Meisters. Schaue dir die Bilder von großen Meistern an und diene dem Werk eines Meisters.
Ich lebe bei Yoga Vidya, eine spirituelle Gemeinschaft, welche sich zur Aufgabe gemacht hat, das Werk von Swami Sivananda zu verbreiten. Indem wir uns in den Dienst von Swami Sivananda begeben, spüren wir, dass wir seinen Segen bekommen. Swami Sivanandas Segen und Gnade wirken in uns und durch uns. Somit freuen wir uns über diesen Segen und Führung.
Es gibt drei Weisen um „mumukśhutva“ zu kultivieren:
Als erstes „Vairagya“ – Erkenne, dass das sinnliche Leben nichts bringt, ein äußeres gelebtes Leben nicht glücklich macht.
Zweitens „Samādiśhaṭkam“ – Kultiviere Gleichmut des Geistes und andere Tugenden.
Und drittens „Prasādena guroḥ“ – Denke an die großen Meister, diene ihnen, lies ihre Bücher und Biographien, öffne dich für ihren Segen und für ihre Gnade. Das alles wird „mumukśhutva“ erhöhen und wenn „mumukśhutva“ erhöht wird, wirst du zügig die Gottverwirklichung erreichen.
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