Viveka Chudamani – Vers 106

Deutsche Übersetzung:

106. Sinnesobjekte sind nur deshalb angenehm, weil atman sich durch sie manifestiert. Sie sind nicht an sich angenehm, denn das Selbst ist – seiner Natur nach – das beliebteste von allen. Denn atman, das wahre Selbst ist ewig glücklich. Niemals kann er Leid erfahren.

Sanskrit Text:

ātmārthatvena hi preyān viṣayo na svataḥ priyaḥ |
svata eva hi sarveṣām ātmā priyatamo yataḥ |
tata ātmā sadānando nāsya duḥkhaṃ kadā-cana || 106 ||

आत्मार्थत्वेन हि प्रेयान्विषयो न स्वतः प्रियः |
स्वत एव हि सर्वेषामात्मा प्रियतमो यतः |
तत आत्मा सदानन्दो नास्य दुःखं कदाचन || १०६ ||

atmarthatvena hi preyan vishayo na svatah priyah |
svata eva hi sarvesham atma priyatamo yatah |
tata atma sadanando nasya duhkham kada-chana || 106 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ātmārthatvena : insofern es dem Selbst (Atman) dient (Arthatva)
  • hi : nur („denn“, Hi)
  • preyān : (ist) wertvoll („lieber, teurer“, Preyams)
  • viṣayaḥ : ein Sinnesobjekt (Vishaya)
  • na : nicht (Na)
  • svataḥ : an sich („von selbst“, Svatas)
  • priyaḥ : (ist es) wertvoll („lieb, teuer“, Priya)
  • svataḥ : seiner Natur entsprechend (Svatas)
  • eva : ganz (Eva)
  • hi : gewiss (Hi)
  • sarveṣām : für alle, von allen (Sarva)
  • ātmā : das Selbst (Atman)
  • priyatamaḥ : das Wertvollste („Liebste“ ist, Priya-tama)
  • yataḥ : weil (Yatas)
  • tataḥ : deshalb (Tatas)
  • ātmā : das Selbst
  • sadānandaḥ : (empfindet) beständige Wonne (Sadananda)
  • na : nicht
  • asya : ihm (Idam)
  • duḥkham : (widerfährt) Leid (Duhkha)
  • kadā-cana : irgendwann, jemals (Kadachana)     || 106 ||

Kommentar

Sinnesobjekte sind nur deshalb angenehm, weil atman sich durch sie manifestiert. Sie sind nicht an sich angenehm. Denn das Selbst ist seiner Natur nach das beliebteste von allen. Atman, das wahre Selbst ist immer glücklich. Niemals kann atman Leid erfahren. – Das Kronjuwel der Unterscheidung. Eine der wichtigsten Vedanta Texte von Shankaracharya. Hier geht es um Freude und nicht Freude. Woher kommt die Freude? Die meisten Menschen denken, Freude kommt von außen. Jemand gibt mir ein gutes Kompliment. So werde ich glücklich. Ich habe etwas erfolgreich getan, dann bin ich glücklich. Ich bekomme eine Belohnung, ein gutes Essen, ein schöner Abend mit meinem Partner / Partnerin. All das macht glücklich. Aber woher kommt das Glück?

Shankaracharya sagt hier das Glück kommt vom Selbst. Von deiner wahren Natur. Objekte geben kein Glück. Die Objekte können nur das Glück des Selbst wiederspiegeln oder auch nicht. Wann bist du glücklich? Du bist zum Beispiel glücklich, wenn ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Aber es ist nicht das Objekt des Wunsches das dich glücklich macht, sondern nachdem der Wunsch in Erfüllung gegangen ist, ist dein Geist für eine Weile ruhig. Weil dein Geist für eine Weile ruhig ist, bist du glücklich und das Glück des Selbst kann hervorstrahlen.
Angenommen du hattest den großen Wunsch das neueste Smartphone zu haben. Du hast dir seit vielen Jahren kein neues mehr geleistet und jetzt schenkt dir jemand das neue Smartphone. Wie bist du dann? Glücklich. Du hast es jetzt bekommen. Das wonach du gestrebt hast. Warum bist du glücklich? Wegen dem Smartphone? Dann müsstest du immer das Smartphone mit dir tragen, dann währst du ewig glücklich. Dem ist nicht so. Vielleicht ein paar Stunden, vielleicht ein paar Tage, wenn du neue Apps installierst, vielleicht auch ein bisschen länger. Aber dann langweilt dich das. Smartphone macht nicht mehr glücklich. Es war nicht das Smartphone was dich glücklich macht, sondern die Ruhe des Geistes, die nach der Wunscherfüllung kommt. In diesem Sinne kannst du dir einfache Ziele setzten. Dann wenn du das Ziel erreicht hast, bist du vorrübergehend glücklich. Du musst nicht besessen nach einem Sinnesobjekt streben oder nach Wunscherfüllung. Es spielt letztlich überhaupt keine Rolle was das Ziel oder was der Wunsch ist. Du musst sie nur erreichen. Deshalb wird auch gerne gesagt, dass wenn du ein langfristiges Ziel hast, dann setze dir Zwischenziele. Es sind die Zwischenziele die dich dann glücklich machen. Zweites Prinzip wie du glücklich bist ist wenn du voll konzentriert bei etwas bist. So wie du bei etwas konzentriert bist, bist du glücklich. Angenommen du bist frisch verliebt. Dann bist du voll bei deinem Partner / Partnerin. Es ist nicht der Partner, die Partnerin die mystisch Glück ausstrahlt, sonst müsstest du einfach heiraten und währst den Rest deines Lebens glücklich. Diese Aufregung am Anfang wo du voll konzentriert bist, hält eine Weile an. Natürlich ist da auch ein Hochenergiegefühl, es ist auch prana dabei. Aber im Grunde genommen ist es nur die Konzentration im Hier und Jetzt. Wenn du gern tanzt und wirklich ganz selbstverloren tanzt. Dann ist es nicht die Musik und nicht die Bewegung. Sondern weil der Geist ruhig ist, strahlt das Selbst hervor.
Du könntest auch sagen, Meditation. Wenn die Meditation tief ist und dein Geist ruhig wird, dann bist du glücklich. In all diesen Situationen ist es immer der das Selbst strahlt. Auch etwas Äußeres. Zum Beispiel ein besonders gutes Essen. Oder auch ein besonders schöner Abend mit Freunden und schöne Diskussionen. Aber warum bist du glücklich? Glücklich bist du, weil tief in dir Glück ist und dieses Glück strahlt aus. Dieses Glück kann ausstrahlen, entweder wenn du einen Wunsch erfüllt bekommen hast, wenn du ein Ziel erreicht hast. Wenn du konzentriert bei etwas bist. Weil es eine starke Sinneswahrnehmung ist. Oder eben in der Meditation. All das sind Situationen, wo dein Selbst ausstrahlt. Daher brauchst du nichts Äußeres, um glücklich zu sein. Es kann was Gutes sein, kleine Wünsche zu haben und zu erfüllen. Es kann was Gutes sein wo dein Geist konzentriert ist. Du eine Flow Erfahrung hast. Du glücklich bist. Du kannst auch lernen, Schritt für Schritt mit Asana, Pranayama, Meditation deinen Geist selbst zur Ruhe zu bringen. Aber denke nicht, dass du irgendetwas Konkretes brauchst. Mache dein Glück nicht von etwas äußerem abhängig. Äußeres kann dich vom Glück abhalten. Äußeres kann dir kein Glück schenken. Daher mache dich selbst verantwortlich für das Glück. Denn du selbst hast das Glück in dir. Erfahre dieses Glück langfristig durch Selbsterkenntnis und tiefe Meditation. Alles andere sind vorübergehende Glückserfahrungen, die du auch genießen kannst und dankbar sein kannst, für das Göttliche das sich manifestiert. Nimm dir vor, öfter Momente der Ruhe zu erfahren. Wenn du willst, gleich jetzt. In der Stille ist das Glück erfahrbar.

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