Viveka Chudamani – Vers 296

Deutsche Übersetzung:

296. Daher gib die Identifikation mit dem grobstofflichen Körper (mamsa-pinda), mit dem Ego und mit dem feinstofflichen Körper auf, die alle nur Vorstellungen des Geistes (buddhi-kalpita) sind. Wenn du verstehst, dass dein wahres Selbst absolutes Bewusstsein (akhanda-bodha) ist, das von den drei Zeiten (kalatraya) unberührt ist, ODER: nicht berührt werden kann, erreichst du den höchsten Frieden / den Frieden des Selbst.

Sanskrit Text:

ato’bhimānaṃ tyaja māṃsa-piṇḍe
piṇḍābhimāniny api buddhi-kalpite |
kāla-trayābādhyam akhaṇḍa-bodhaṃ
jñātvā svam ātmānam upaihi śāntim || 296 ||

अतो ऽभिमानं त्यज मांसपिण्डे
पिण्डाभिमानिन्यपि बुद्धिकल्पिते |
कालत्रयाबाध्यमखण्डबोधं
ज्ञात्वा स्वमात्मानमुपैहि शान्तिम् || २९६ ||

ato’bhimanam tyaja mamsa-pinde
pindabhimaniny api buddhi-kalpite |
kala-trayabadhyam akhanda-bodham
jnatva svam atmanam upaihi shantim || 296 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ataḥ : deshalb (Atas)
  • abhimānam : die Identifikation („Selbstgefühl“, Abhimana)
  • tyaja : gib auf (tyaj)
  • māṃsa-piṇḍe : mit dem Körper („Fleischklumpen“, Mamsapinda)
  • piṇḍābhimānini : mit dem (Ego, Abhimanin) das sich für den Körper (Pinda) hält
  • api : (und) auch (Api)
  • buddhi-kalpite : das vom Geist („Intellekt“, Buddhi) erdacht („vorgestellt“, Kalpita) ist
  • kāla-trayābādhyam : das von den drei („Dreiheit“, Traya) Zeiten (Kala) nicht zu beseitigen ist (Abadhya)
  • akhaṇḍa-bodham : (als) ungeteiltes, ununterbrochenes (Akhanda) Bewusstsein („Erkenntnis“, Bodha)
  • jñātvā : nachdem du erkannt hast („erkannt habend“, jñā)
  • svam : dein eigenes (Sva)
  • ātmānam : Selbst (Atman)
  • upaihi : erlange (upa + ā + i)
  • śāntim : inneren Frieden (Shanti)     || 296 ||

Kommentar

Passiert es dir öfters, dass du dich über Sachen aufregst? Bist du jemand, der sich oft Sorgen macht? Bist du jemand, der manchmal sehr deprimiert wird?
Shankara gibt dir einige Ratschläge, wie du damit anders umgehen kannst. Im 296. Vers des Viveka Chudamani gibt er dir folgende Tipps:

„Daher gib die Identifikation mit dem grobstofflichen Körper, mit dem Ego und mit dem feinstofflichen Körper auf, die alle nur Vorstellungen des Geistes sind. Wenn du verstehst, dass dein wahres Selbst absolutes Bewusstsein ist, das von den drei Zeiten unberührt ist, erreichst du den höchsten Frieden.“

Das sind wichtige Worte, tiefe Worte und wenn du diesen Viveka Chudamani Podcast, diese Viveka Chudamani Vorträge schon ein paar Mal gehört hast, dann mag es scheinen, dass er diese Worte immer wieder wiederholt. Aber es ist wichtig, es zu wiederholen, denn die Worte sind wichtig.

Identifikation mit dem grobstofflichen Körper ist nur eine Illusion. Du bist nicht der grobstoffliche Körper. Du bist das unsterbliche Selbst. Mache dir nicht so viele Gedanken und Sorgen um den grobstofflichen Körper. Du bist ewig. Du bist unendlich.

Dann sagt Shankara, dass du dich auch nicht mit dem feinstofflichen Körper identifizieren sollst. Der feinstoffliche Körper hat Prana, die Lebensenergie. Er hat Emotionen und Gefühle, deine Persönlichkeit, deine Talente. Im feinstofflichen Körper ist dein Vata, Pitta, Kapha. Du bist vielleicht eher ein luftiger, feuriger oder gemütlicher Typ. Du bist eher introvertiert oder extrovertiert. Du bist himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Du hast ein zyklothymes Temperament. Oder du bist sehr künstlerisch, praktisch veranlagt, Handwerker, intelligent. Du bist eine liebevolle Mutter, ein liebevoller Vater. Das mag alles auf einer Ebene stimmen. Aber auf einer höchsten Ebene bist du nichts davon. Auf der höchsten Ebene bist du das unsterbliche Selbst und alle Sorgen, die du dir machst, alle Aufregungen sind Funktionen des Geistes.
Wenn du dich zum Beispiel ärgerst, dann kannst du einfach sagen: „Ah, mein Pitta ist zu hoch geworden. Pitta ist überschäumend. Nicht ich bin ärgerlich, sondern Pitta ist ärgerlich.“ Oder du kannst sagen, wenn du ängstlich bist: „Mein Vata ist stark geworden.“ Denn Ängste hängen mit dem Vata-Prinzip zusammen.
Oder wenn du antriebslos und depressiv bist, dann kannst du sagen: „Ah, mein chitta hat gerade ein starkes Kapha.“
Wenn du dich gerade sehr träge fühlst, könntest du sagen, dass Tamas gerade sehr stark wird.
Wenn du dich gerade sehr unruhig fühlst, könntest du sagen, dass Rajas gerade sehr stark wird.
Wenn du dich gerade sehr gut fühlst, könntest du sagen, dass Sattva gerade sehr stark wird.
Aber sage nicht: „Ich bin ärgerlich usw.“ Es gibt verschiedene Weisen, wie du das sehen kannst.
In der westlichen Psychologie gibt es das Konzept der Big Five – Fünf Ebenen, in denen das Bewusstsein hin und her schwankt, der Geist und was die Persönlichkeit ausmacht. Introversion und Extraversion. Oder auch Offenheit für Neues versus eher konservativ. Oder auch Verträglichkeit mit anderen, besser auskommen oder weniger gut auskommen. Oder auch Ordentlichkeit. Bist du eher chaotisch oder ordentlich systematisch? Und auch Neurotizismus – wie viel ist dein Geist im Gleichgewicht? Aber das sind alles Eigenschaften der Persönlichkeit. Du bist das nicht. Es mag manchmal erscheinen, als ob die Persönlichkeit relativ beständig bleibt, aber es stimmt nicht ganz. Unterschiedliche Umstände können Unterschiedliches aus deinem Geist hervorlocken. Du selbst bleibst gleich. Deine Persönlichkeitseigenschaften ändern sich.
In diesem Sinne ist ein Weg zur Gelassenheit die Nichtidentifikation. Du bist das unsterbliche Selbst. Du hast eine Psyche, einen Körper, eine Persönlichkeit, egal wie du sie beschreiben willst, aber nicht du bist diese Persönlichkeit, sondern du bist das unsterbliche Selbst.

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