Viveka Chudamani – Vers 26

Deutsche Übersetzung:

26. Meditative Versenkung (samadhanam) ist die ununterbrochene Konzentration des Geistes (buddhi) auf die ewig reine Absolute Wirklichkeit (brahman). Er wird nicht erreicht durch den freien Lauf der Gedanken.

Sanskrit Text:

sarvadā sthāpanaṃ buddheḥ śuddhe brahmaṇi sarvadā |
tat samādhānam ity uktaṃ na tu cittasya lālanam || 26 ||

सर्वदा स्थापनं बुद्धेः शुद्धे ब्रह्मणि सर्वदा |
तत्समाधानमित्युक्तं न तु चित्तस्य लालनम् || २६ ||

sarvada sthapanam buddheh shuddhe brahmani sarvada |
tat samadhanam ity uktam na tu chittasya lalanam || 26 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • sarvadā : jederzeit, immerfort (Sarvada)
  • sthāpanam : das Ausrichten („Platzieren, Unbeweglichmachen“, Sthapana)
  • buddheḥ : des Geistes (Buddhi)
  • śuddhe : auf das reine (Shuddha)
  • brahmaṇi : Absolute (Brahman)
  • sarvadā : jederzeit, immerfort
  • tat : das (Tad)
  • samādhānam : (die auf das Höchste gerichtete) Aufmerksamkeit, Andacht (Samadhana)
  • iti : so (Iti)
  • uktam : wird genannt (Ukta)
  • na : nicht (Na)
  • tu : aber, jedoch (Tu)
  • cittasya : des Denkens (Chitta)
  • lālanam : das Gewährenlassen („Schwelgerei“, Lalana)     || 26 ||

Kommentar

Für Samadhana gibt es mehrere Definitionen – eine Definition wäre Gelassenheit; die Konsequenz aus den fünf vorigen Eigenschaften des Schülers: Shankaracharya definiert Samadhana im 26. Vers als „meditative Versenkung“ und eine von sechs Eigenschaften, die ein Aspirant entwickeln kann. Die fünf vorherigen Eigenschaften sind „Sama“, die Ruhe des Geistes, „Dama“, die Selbstbeherrschung oder Sinnesbeherrschung, „Uparati“, das Meiden von Versuchungen oder innere Lösen von Sinnesobjekten, „Titiksha“, das Aushalten von widrigen Umständen und allem Leid ohne Angst, Ärger, Rache, Niedergeschlagenheit, „Shraddha“, das Vertrauen in die Worte des Gurus und in die Schriften unter Einschaltung von „Satya Buddhi“, ein Intellekt, Verstand, der ausgerichtet ist auf die höchste Wahrheit.

Im 26. Vers definiert Shankara die sechste Eigenschaft, „Samadhana“, als ständiges –„ sarvadā“, Ausrichten – „sthāpanaṁ“, des Geistes – buddhi“, auf das Reine –„ śuddha“, Absolute –„brahmaṇ“, jederzeit – „sarvadā“. Und das ist „samādhāna“ – die Andacht oder die auf das höchste gerichtete Aufmerksamkeit oder die Gelassenheit des Geistes.

So – „ity“, wird genannt –„uktaṁ“, Samadhana. Samadhana ist das Gegenteil von „dem gewähren lassen oder der Schwelgerei, dem Spiel“ – „lālana“, des Geistes – „citta“

Eine der sechs Tugenden, die du entwickeln kannst, ist bewusst die jederzeitige Verankerung des Geistes auf Brahman, das Absolute. Lasse deinen Geist nicht einfach frei laufen, wie er das gerne hätte. Der Geist wird hier oder dort hingehen wollen. Lasse deinen Geist nicht freien Lauf, sondern richte ihn immer wieder auf Brahman aus.

Anstatt den Freilauf der Gedanken zu gewähren und darüber nachzudenken, was jemand von dir denkt oder will oder was morgen passieren wird oder hätte passieren können, was geschehen sollte, könnte und warum jemand etwas macht und was macht jemand mit einer anderen Person macht, richte deinen Geist immer wieder auf Brahman aus.

Wenn du den Himmel siehst, dann betrachte ihn als Manifestation von Brahman. Wenn du die Wolken siehst, dann betrachte auch sie als Manifestation von Brahman. Wenn du einen Menschen siehst, sei dir bewusst, dass das Innere dieses Menschen das Göttliche an sich ist. Wenn du in einer Gruppe von Menschen bist, sei dir bewusst, dass im Inneren dieser Menschen auch das eine Göttliche ist.

Wann immer du in dir selbst etwas spürst, sei dir bewusst, dass tief in dir Brahman ist. Richte dich aus auf dieses Brahman. Das ist Samadhana.

Mit Samadhana sind selbstverständlich auch alle meditativen Praktiken gemeint. Asana, Pranayama und Meditation fasst Shankaracharya zusammen als Sadhana, alle Praktiken, um den Geist zur Ruhe zu bringen. Übe zum Beispiel Asanas und verankere deinen Geist in Brahman. Übe Pranayama und verankere deinen Geist in der Zeit in Brahman. Übe Meditation und verankere deinen Geist in Brahman. Das alles ist notwendig, damit du dauerhaft zur höchsten Erkenntnis kommst.

Diese sechsfachen Tugenden, „Samādiśhaṭkam“, oder auch „Shatsampat“, der sechsfache Reichtum, sind „Sama“, Gemütsruhe, „Dama“, Sinnesbeherrschung, „Uparati“, Meiden von Versuchungen oder Lösen des Geistes, „Titiksha“, Ertragen von Leid und allem Unschönen ohne Angst, Ärger, Niedergeschlagenheit, „Shraddha“, tiefes Vertrauen durch genaues Ausrichten des Geistes, Verstandes auf die höchste Wirklichkeit und „Samadhana“, Ausrichten des Geistes auf Brahman, meditative Versenkung im Alltag, Zurückführen von allem in Brahman und Praktiken, um den Geist zur Ruhe zu bringen.

Diese Sechsfachheit ist die dritte der vier wichtigen Eigenschaften eines Aspiranten.
Diese vier Eigenschaften, Sadhana Chatushtaya, sind „Viveka“ – Unterscheidungskraft, „Vairagya“ – Losgelöstheit, „Samādiśhaṭkam“ – die Sechsfachheit der Ruhe des Geistes, und „mumukśhutva“ – intensives Verlangen nach höchster Wahrheit, Streben nach der Erleuchtung.

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Ein Gedanke zu „Viveka Chudamani – Vers 26“

  1. „Wenn du den Himmel siehst, dann betrachte ihn als Manifestation von Brahman. Wenn du die Wolken siehst, dann betrachte auch sie als Manifestation von Brahman. Wenn du einen Menschen siehst, sei dir bewusst, dass das Innere dieses Menschen das Göttliche an sich ist. Wenn du in einer Gruppe von Menschen bist, sei dir bewusst, dass im Inneren dieser Menschen auch das eine Göttliche ist. Wann immer du in dir selbst etwas spürst, sei dir bewusst, dass tief in dir Brahman ist. Richte dich aus auf dieses Brahman. Das ist Samadhana.“

    Ein sehr schöner Kommentar. Das könnte genau so in einer heiligen Schrift stehen 🙂 Großartig!

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