Viveka Chudamani – Vers 531

Deutsche Übersetzung:

531. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um einen Krug zu erkennen, außer einem guten Wahrnehmungsvermögen? Wenn dieses vorhanden ist, erkennt man den Gegenstand.

Sanskrit Text:

ghaṭo’yam iti vijñātuṃ niyamaḥ ko’nvavekṣyate |
vinā pramāṇa-suṣṭhutvaṃ yasmin sati padārtha-dhīḥ || 531 ||

घटो ऽयमिति विज्ञातुं नियमः को ऽन्ववेक्ष्यते |
विना प्रमाणसुष्ठुत्वं यस्मिन्सति पदार्थधीः || ५३१ ||

ghato’yam iti vijnatum niyamah ko’nvavekshyate |
vina pramana-sushthutvam yasmin sati padartha-dhih || 531 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ghaṭaḥ : ein Krug (ist, Ghata)
  • ayam : dies (Ayam)
  • iti : dass („so“, Iti)
  • vijñātum : um zu erkennen (vi + jñā)
  • niyamaḥ : Bedingung („Voraussetzung“, Niyama)
  • kaḥ : welche (Ka)
  • anvavekṣyate : ist zu berücksichtigen („wird berücksichtigt“, anu + ava + īkṣ)
  • vinā : außer (Vina)
  • pramāṇa-suṣṭhutvam : der Unversehrtheit („Tüchtigkeit“, Sushthutva) des Erkenntnismittels (Pramana)
  • yasmin : bei deren (Yad)
  • sati : Vorhandensein („Sein“, Sat)
  • padārtha-dhīḥ : die Erkenntnis (Dhi) des Gegenstandes der Betrachtung (erfolgt, Padartha)     || 531 ||

Kommentar

Was brauchst du, um zu sehen, dass hier eine Uhr ist? Musst du jetzt einen ganz ausgefeilten Verstand haben? Musst du einen Universitätsabschluss haben? Musst du alle Bedingungen erfüllen? Nein, du musst die Uhr nur anschauen.
Genauso um Brahman zu erfahren, brauchst du nicht viel. Brahman ist nicht abhängig von Techniken. Brahman-Erfahrung ist nicht abhängig von der Meisterung von Asanas. Brahman-Erfahrung ist nicht abhängig davon, dass du gut in der Meditation sitzen kannst. Brahman-Erfahrung ist nicht davon abhängig davon, dass du Sanskrit kannst. Es ist noch nicht einmal abhängig davon, dass du Viveka Chudamani in Sanskrit rezitieren kannst. Du brauchst bloß Bewusstsein. Richte dein Bewusstsein nach innen und im Inneren erfährst du Brahman. Auch wenn es dir gerade schwer fällt, kreuzbeinig zu sitzen, ruhig zu sitzen – erfahre Brahman!
Wenn du viel zu tun hast, dann erfahre Brahman. Selbst wenn du einen Unfall hattest und deshalb die spirituellen Praktiken nicht so machen kannst, wie du es gewohnt bist. Zwischendurch erfahre Brahman.

Ich muss gerade daran denken, dass wir in der Anfangszeit von Yoga Vidya Westerwald mal einen Swami zu Gast hatten. Da kam Swami Nityananda regelmäßig. Er ist ein direkter Schüler von Swami Sivananda, ich kannte ihn schon aus der Zeit bei Swami Vishnu-devananda aus den 80er Jahren. Ich habe ihn noch einmal intensiver bei meiner ersten Indienreise kennengelernt, 1992, bei der ich fast zwei Wochen bei ihm verbracht habe. Seitdem ist er jedes Jahr gekommen. Und eines Tages war es so, dass ich die Nachricht bekommen habe, dass Swami Nityananda einen Unfall hatte, gestürzt ist, einen Bruch hatte. Es war nicht so einfach. Als er aus dem Krankenhaus kam, verspürte er den Wunsch, Sukadev zu besuchen. So kam er nach Frankfurt.
Ich hatte seiner Assistentin gesagt, dass ich wenig Zeit haben würde. Wir hatten ein Meditationsseminar, wo ich von morgens bis abends beschäftigt war und die nächste Woche auch. Dann sagte sie Swamiji will kommen und wir haben ihn abgeholt. Wir haben ihm gesagt, dass wir nichts machen können. Er konnte auch nicht sitzen, schlecht gehen und es war für ihn schon eine Qual, als er noch im Flugzeug war.
Ich habe ihm gesagt, dass wir am nächsten Wochenende ein Schweigeseminar haben. Er sagte: „Großartig, Schweigen. Ich kann nicht sitzen.“ Was er machte, war, dass er in einen der kleinen Yogaräume ging, in dem Eva-Maria gelebt hatte. Eva-Maria zog aus dem Zimmer aus, damit der Swami eine Unterkunft hatte. Es war nicht nur Eva-Marias Zimmer, sondern auch ein Unterrichtszimmer und der Swami legte sich dort auf eine Matratze auf den Boden, peppte seinen Rücken mit ein paar Kissen auf und so zurückgelehnt meditierte er. Von dem Raum, in dem er war, ging eine unheimliche Schwingung aus. Das Meditationsseminar brachte so tiefe Erfahrungen für alle, die dabei waren. Ich glaube dieses Seminar wird niemand vergessen. Der Swami war einfach von morgens bis abends dort. Er meditierte im Liegen, Brustkorb und Kopf ein bisschen höher, denn anderes war nicht möglich. So konnte ich erkennen, dass es zwar für die Meditation gut ist, kreuzbeinig und mit geradem Rücken zu meditieren, wenn das aber nicht geht, dann kannst du auch im Liegen oder halbliegen meditieren und eine unglaubliche Ausstrahlung haben.
In diesem Sinne rede dich nicht heraus, wenn du nicht kreuzbeinig sitzen kannst oder die oder die Asana nicht so oder so machen kannst wie normal. Um Brahman zu erfahren, brauchst du nur Bewusstsein. Um über Brahman zu meditieren, brauchst du bloß Bewusstsein. Ob im Sitzen, Gehen, Stehen, Liegen oder im Halbliegen, um Brahman zu erfahren, brauchst du nur Bewusstsein.

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