Viveka Chudamani – Vers 146

Deutsche Übersetzung:

146. Die Bindung an den Kreislauf von Geburt und Tod wurzelt in der Unwissenheit. Ihre Ursache ist die Identifikation mit dem Nicht-Selbst. Sie ist ohne Beginn und ohne Ende. Diese Bindung stürzt die Seele in eine endlose Reihe von Leiden, wie Geburt und Tod, Krankheit und Alter.

Sanskrit Text:

ajñāna-mūlo’yam anātma-bandho
naisargiko’nādir ananta īritaḥ |
janmāpyaya-vyādhi-jarādi-duḥkha-
pravāha-pātaṃ janayaty amuṣya || 146 ||

अज्ञानमूलो ऽयमनात्मबन्धो
नैसर्गिको ऽनादिरनन्त ईरितः |
जन्माप्ययव्याधिजरादिदुःख-
प्रवाहपातं जनयत्यमुष्य || १४६ ||

ajnana-mulo’yam anatma-bandho
naisargiko’nadir ananta iritah |
janmapyaya-vyadhi-jaradi-duhkha-
pravaha-patam janayaty amushya || 146 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ajñāna-mūlaḥ : hat ihren Ursprung („Wurzel“, Mula) in der Unwissenheit (Ajnana)
  • ayam : die (Ayam)
  • anātma-bandhaḥ : Bindung (Bandha) an das Nichtselbst (Anatman)
  • naisargikaḥ : angeboren, natürlich (Naisargika)
  • anādiḥ : anfangslos (Anadi)
  • anantaḥ : endlos (Ananta)
  • īritaḥ : sie wird beschrieben als („genannt“, Irita)
  • janmāpyaya-vyādhi-jarādi-duḥkha-pravāha-pātam : den Eintritt (Pata) einer endlosen Reihe (Pravaha) von Leiden (Duhkha) wie Geburt (Janman), Tod (Apyaya), Krankheit (Vyadhi), Alter (Jara) usw. (Adi)
  • janayati : (und) bringt hervor (jan)
  • amuṣya : der (gebundenen Einzelseele, Adas)     || 146 ||

Kommentar

Du kannst jetzt selbst einmal überlegen: Woran leidest du? Und wenn du überlegst, woran du leidest, dann sei dir bewusst: Was ist die Grundlage? Vielleicht leidest du an körperlichen Erkrankungen. Vielleicht tut dir die Schulter oder der Magen weh, oder du hast Bluthochdruck, und es bedrückt dich. Was ist die Ursache dieses Leidens?
Ich meine jetzt nicht, dass du dich falsch verhalten hast, dass du irgendwo unvorsichtig warst, dass du dich nicht richtig ernährt hast. Das sind Gründe, warum es dem Körper nicht gut geht, aber warum leidest du daran? Du leidest daran, weil du denkst: Ich bin der Körper.
Und als Zweites leidest du, weil du denkst: Ich sollte dieses Problem nicht haben. Erstens identifizierst du dich also mit dem Körper, zweitens damit, wie der Körper zu sein hat. Und diese beiden führen zum Leiden.
Schmerzen, Probleme, Krankheiten gehören zum Körper dazu, aber du musst nicht so sehr darunter leiden, denn du weißt, der Körper ist nur ein Instrument.
Vielleicht leidest du darunter, dass dein Chef dich heute unverschämt behandelt hat, oder dein Kollege/deine Kollegin oder ein Kunde. Warum leidest du darunter? Zunächst: Du identifizierst dich mit deiner Rolle. Du identifizierst dich mit der Rolle des verantwortungsbewussten Mitarbeiters, des guten Verkäufers. Und jetzt erleidet dieses Selbstbild einen Schock. Andere kritisieren dich. Wie können sie das tun, wo du doch so ein guter Mensch bist? Leiden.
Aber eigentlich könntest du sagen: Ich spiele meine Rolle so gut wie ich kann, und es gehört dazu, dass Menschen mich kritisieren. Und manchmal machen sie es zu Recht, und manchmal zu Unrecht. Was spielt es für eine Rolle?
Vielleicht leidest du, weil du die ersten Falten siehst, weil die Haare grau werden. Vielleicht leidest du, weil du Partnerschaftskonflikte hast. Warum leidest du unter Partnerschaftskonflikten? Natürlich identifizierst du dich mit den Emotionen. Aber auch, weil du denkst, eine Partnerschaft sollte so und so sein, der Partner sollte so und so sein, unser Verhältnis sollte so und so sein. Ist es aber nicht. Dass es gewisse emotionale Reaktionen gibt, ist nur natürlich. Aber dass du darunter so leidest, das beruht auf Identifikation.
Mache dir bewusst: Leid stammt aus Identifikation, und Leid soll dir letztlich auch helfen, aus der Identifikation herauszukommen. Leid ist ein großer Lehrer. Überlege. Über Leid, über Kränkung erfährst du, wo du dich identifizierst. Und du bekommst den Tipp, wo du über die Identifikation herauskommen kannst und wo deine konkrete Aufgabe ist.

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