Viveka Chudamani – Vers 180

Deutsche Übersetzung:

180. Deshalb nennen die Weisen, die Kenner der Wahrheit den Geist „avidya“, unwissend, durch welchen das Universum wie Wolken vom Wind bewegt/getrieben wird.

Sanskrit Text:

ataḥ prāhur mano’vidyāṃ paṇḍitās tattva-darśinaḥ |
yenaiva bhrāmyate viśvaṃ vāyunevābhra-maṇḍalam || 180 ||

अतः प्राहुर्मनो ऽविद्यां पण्डितास्तत्त्वदर्शिनः |
येनैव भ्राम्यते विश्वं वायुनेवाभ्रमण्डलम् || १८० ||

atah prahur mano’vidyam panditas tattva-darshinah |
yenaiva bhramyate vishvam vayunevabhra-mandalam || 180 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ataḥ : daher, deshalb (Atas)
  • prāhuḥ : nennen (pra + ah)
  • manaḥ : den Geist, das Denken (Manas)
  • avidyām : Unwissenheit (Avidya)
  • paṇḍitāḥ : die Gelehrten (Pandita)
  • tattva-darśinaḥ : die die Wahrheit (Tattva) kennen („sehen“, Darshin)
  • yena : durch den (Yad)
  • eva : nur, allein (Eva)
  • bhrāmyate : umher getrieben wird (bhram)
  • viśvam : die Welt, das Universum (Vishva)
  • vāyunā : vom Wind (Vayu)
  • iva : wie (Iva)
  • abhra-maṇḍalam : eine Menge („Kreis“, Mandala) Wolken (Abhra)     || 180 ||

Kommentar

Atah – daher, panditah – die Gelehrten, prahuh – sie nennen/sie sagen, manah – der Geist, ist avidya – Unwissenheit. Wer die Wahrheit kennt, der erkennt dies. Und durch den Geist wird jener durch diesen eva – allein bhramyate – herumgetrieben, visvam – in dieser Welt, vayuna – vom Wind, iva – wie, abhra-mandala – eine Menge von Wolken.
Der Geist ist also aus der Unwissenheit geboren – avidya, und hält dich in der Unwissenheit. Und dann treibt er dich in diese Welt hinein. Der Geist sagt dir, du musst noch dieses machen und jenes. Du brauchst noch dies und das andere brauchst du auch noch. Er treibt dich hin und her. Er sagt: Yoga kannst du später machen, aber zunächst mach noch dies und das. Kennst du das?
Oder dein Geist sagt: Dies will ich noch und das will ich noch, hier muss ich mich noch kümmern, hier bin ich noch nicht gut genug, jenes muss ich noch entwickeln, dies muss ich noch kultivieren… Ununterbrochen redet er so mit dir.
Und dann hörst du von einem tollen Kraftort irgendwo in Afrika und denkst `da muss ich hingehen`. Oder von einem Tempel in Südamerika, `den muss ich besuchen`. `Es gibt einen neuen Meister in Kerala, hast du schon gehört? Toll!` Oder `hast du schon von der neuesten ökologischen Erfindung gehört?`…
Der Geist rennt herum, ununterbrochen. Natürlich ist ökologisch besser. Natürlich sind Kraftorte gut. Aber letztlich bleibt es gleich, der Geist rennt umher. So wie Shankara hier sagt: Umhergetrieben, wie eine Menge von Wolken vom Wind.
Überlege: Bist du umhergetrieben von deinem Geist? Folgst du einfach deinen Ideen? Fühlst du dich innerlich getrieben?
Sei dir bewusst: Das Gefühl der inneren Getriebenheit kommt nicht von außen. Es ist deine eigene Getriebenheit, erschaffen von deinem Geist.
Swami Sivananda hat in einem schönen Werk, der Sadhana, ein Kapitel über den Geist des Aspiranten geschrieben. Dort sagt er unter anderem, dass der Geist
1. umhergetrieben wird durch falsche Vorstellungen von Pflicht und Verantwortung und
2. umhergetrieben wird, weil der Aspirant sich bestimmte Vorstellungen macht, wie Spiritualität zu sein hat.
Aspiranten schaffen sich also plötzlich alle möglichen Pflichten, die sie zusätzlich noch erledigen wollen. Und prompt haben sie keine Zeit mehr für Spiritualität.
Bestimmte Vorstellungen, wie Spiritualität zu sein hat, können dazu führen, auf diesem Gebiet nichts verpassen zu wollen. Dann gehen sie hierhin, rennen dorthin, machen dieses und machen jenes und erkennen nicht, dass sie umhergetrieben sind wie eine Gruppe von Wolken im Wind.
Mache dir noch einmal bewusst: Wo bist du getrieben? Und wo wirst du letztlich vom Wind hin und her geweht?
Nicht du selbst wirst hin und her geweht, sondern dein Geist, mit dem du dich identifizierst. Überwinde das. Entspanne. Lasse los. Und genieße dein wahres Selbst. Jetzt.
Mache alles, um das unsterbliche Selbst zu erkennen. Praktiziere. Frag „wer bin ich?“. Erkenn dein Selbst und sei frei.

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