Viveka Chudamani – Vers 169

Deutsche Übersetzung:

169. Unabhängig vom Geist (manas) gibt es keine Unwissenheit (avidya). Der Geist an sich ist die Unwissenheit, und das ist die Ursache für die Bindung /Anhaftung an der relativen Wirklichkeit. Wenn er zerstört wird, ist alles andere zerstört, wenn er sich manifestiert, manifestiert sich alles andere.

Sanskrit Text:

na hy asty avidyā manaso’tiriktā
mano hy avidyā bhava-bandha-hetuḥ |
tasmin vinaṣṭe sakalaṃ vinaṣṭaṃ
vijṛmbhite’smin sakalaṃ vijṛmbhate || 169 ||

न ह्यस्त्यविद्या मनसो ऽतिरिक्ता
मनो ह्यविद्या भवबन्धहेतुः |
तस्मिन्विनष्टे सकलं विनष्टं
विजृम्भिते ऽस्मिन्सकलं विजृम्भते || १६९ ||

na hy asty avidya manaso’tirikta
mano hy avidya bhava-bandha-hetuh |
tasmin vinashte sakalam vinashtam
vijrimbhite’smin sakalam vijrimbhate || 169 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • na : nicht (Na)
  • hi : gewiss (Hi)
  • asti : es gibt („existiert“, Asti)
  • avidyā : Unwissenheit (Avidya)
  • manasaḥ : vom Geist (Manas)
  • atiriktā : unabhängig („ausgenommen“, Atirikta)
  • manaḥ : der Geist, das Denken (Manas)
  • hi : denn (Hi)
  • avidyā : (ist selbst) Unwissenheit
  • bhava-bandha-hetuḥ : die Ursache (Hetu) für die Gefangenschaft (Bandha) in der (materiellen) Existenz (Bhava)
  • tasmin : wenn dieser (Geist, Tad)
  • vinaṣṭe : verschwunden ist (Vinashta)
  • sakalam : (ist) alles (Sakala)
  • vinaṣṭam : verschwunden (Vinashta)
  • vijṛmbhite : zur Erscheinung gekommen ist (Vijrimbhita)
  • asmin : sobald er (Idam)
  • sakalam : alles
  • vijṛmbhate : erscheint, manifestiert sich  (vi + jṛmbh)     || 169 ||

Kommentar

Shankara weißt hier dem Manas eine besondere Rolle zu. Er hatte ja vorher gesprochen über den Körper, über das Prana. Aber er sagt Manas, das ist das Entscheidende.

Ich will hier auf die einzelnen Worte kurz eingehen. Vielleicht rezitiere ich erst noch einmal den Sanskrit Vers und dann gehe ich auf die einzelnen Worte ein.

Na – nicht, hy – gewiss, asty – gibt es, avidya – Unwissenheit. Also ganz sicher gibt es keine Unwissenheit. Adirikta – unabhängig von, manasa – vom Geist. Also ohne den Geist gibt es keine Unwissenheit. Hi – denn, mana – der Geist ist bhava bandu heteru, die Ursache für die Gefangenschaft in der Existenz und für Avidya.

Tasmin, wenn dieser, also der Geist, enashte, verschwunden ist, sakalam, ist alles, venishtam, verschwunden. Vishrim vite, wie alles zu erscheinen gekommen ist, asmin, sobald er, erscheint, vishrim bate, erscheint, manifestiert. Und dann sakalam kommt alles.

Also es hängt alles vom Geist ab. Angenommen dein Geist ist weg von dieser Welt, dann nimmst du nichts wahr. Angenommen du bist gerade in Gedanken versunken, dann nimmst du nicht wahr, was in deiner Umgebung passiert. Angenommen du liest ein spannendes Buch dann riechst du vielleicht gar nicht das Essen, das aus der Küche kommt. Und du hörst auch nicht die Rufe deiner Kinder. Ist der Geist nicht da, ist nichts da.

Also der Geist ist das Entscheidende. Oder angenommen du bist irgendwo fröhlich beflügelt von irgend etwas. dann macht es dir nichts aus, wenn du irgend etwas kleines verlierst. Oder angenommen du bist frisch verliebt. Plötzlich hat alles andere kaum mehr eine Bedeutung. Es ist der Geist, der die Ursache von allem ist.

Daher ist es besonders wichtig, aus der Gefangenschaft des Geistes heraus zu kommen. Es sind nicht die Worte, die dein Partner dir sagt, die wichtig sind oder die schlimm sind, sondern das was dein Geist daraus macht.

Es ist nicht der Chef, der freundlich oder unfreundlich ist, sondern das, was dein Geist daraus macht. Es ist auch nicht dein Vermieter, es sind auch nicht deine Kinder, es sind auch nicht deine Eltern.

Es liegt in deinem Geist, wie du die Welt wahrnimmst, wie du da interpretierst was dir geschieht. Mach dir das bewusst. Das nächste Mal, wenn du dich über etwas aufregst, halte einen Moment inne und mache dir bewusst, nicht der andere regt dich auf, sondern das sich Aufregen das kriegst du sehr gut selbst hin. Der andere sagt etwas. Du regst dich auf. Karma geschieht. Du freust dich oder hast Angst. Mache dir bewusst, das deine emotionale Reaktion und deine Interpretation von dem was andere tun, sagen oder was geschieht an dir liegt. Übernimm die Verantwortung dafür.

Es gab eine philosophische Richtung bei den Griechen, die so genannte Stoa. Eines der Grundprinzipien dieser Lebensphilosophie war, lass nicht das, was außerhalb deiner Kontrolle ist, deinen Geist beherrschen. Du könntest auch sagen, lerne es deine geistig-emotionale Reaktion vom äußeren zu lösen. Übernimm selbst die Verantwortung über dein Denken und Fühlen.

Raus aus der Opferhaltung – rein in die Selbstverantwortung.

Denke darüber nach und lerne vielleicht gerade am heutigen Tag aus diesem Geist heraus zu leben.

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