Viveka Chudamani – Vers 48

Deutsche Übersetzung:

48. Der Schüler spricht: „Höre bitte oh Meister die Frage, die ich stellen möchte. Wenn ich die Antwort aus deinem Munde vernommen habe, werde ich zufrieden sein/ meinen Zweck /mein Ziel erreicht haben (kritartha).“

Sanskrit Text:

śiṣya uvāca |
kṛpayā śrūyatāṃ svāmin praśno’yaṃ kriyate mayā |
yad-uttaram ahaṃ śrutvā kṛtārthaḥ syāṃ bhavan-mukhāt || 48 ||

शिष्य उवाच |
कृपया श्रूयतां स्वामिन्प्रश्नो ऽयं क्रियते मया |
यदुत्तरमहं श्रुत्वा कृतार्थः स्यां भवन्मुखात् || ४८ ||

shishya uvacha |
kripaya shruyatam svamin prashno’yam kriyate maya |
yad-uttaram aham shrutva kritarthah syam bhavan-mukhat || 48 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • śiṣyaḥ : der Schüler (Shishya)
  • uvāca : spricht („hat gesprochen“, vac)
  • kṛpayā : bitte („aus Mitgefühl, Erbarmen“, Kripa)
  • śrūyatām : höre („es möge gehört werden“, śru)
  • svāmin : oh Meister („Herr“, Svamin)
  • praśnaḥ : Frage (Prashna)
  • ayam : diese (Ayam)
  • kriyate : die gestellt wird („gemacht“, kṛ)
  • mayā : von mir (Mad)
  • yad-uttaram : deren (Yad) Antwort (Uttara)
  • aham : (wenn) ich (Aham)
  • śrutvā : gehört habe („gehört habend“, śru)
  • kṛtārthaḥ : zufriedengestellt („einer, der sein Ziel erreicht hat“, Kritartha)
  • syām : ich werde sein (as)
  • bhavan-mukhāt : aus Eurem (Bhavat) Munde (Mukha)     || 48 ||

Kommentar

„śiśhya“ – Der Schüler spricht.
„Uvāca“ – „Er spricht“. „vāc“ heißt übersetzt „sprechen“ oder „Stimme“.
„Kripayā“ heißt übersetzt „bitte“ oder „habe Erbarmen“. Der Schüler wendet sich an den Meister und sagt: „Oh Meister, bitte, hab Erbarmen!“
„śrūyatāṁ“ bedeutet übersetzt „höre“ oder „es möge gehört werden, bitte höre mir zu“.
„Svāmin“ heißt wörtlich „Oh Herr, Oh Meister“. Swami ist zum einen ein Mönch, aber zugleich eine Ansprache für einen Meister.
„praśnoyaṁ“ – „diese Frage habe ich jetzt“.
„kriyate“ – „die stelle ich dir“.
„yad uttaram“ – „ich bitte um deine Antwort“.
„ahaṁ śrutvā kritārthaḥ“ – „wenn ich die Antwort von dir gehört habe, werde ich sicher sein, werde ich zufrieden sein.“

In dieser Weise gilt es, die Worte gegenüber dem Meister auszudrücken. Nähere dich demütig den Lehrenden, bitte um Unterweisung. Verlange sie nicht, sondern bitte darum. Sei ein würdiger Schüler.

Nicht nur die großen Meister, sondern auch die kleinen Lehrenden werden dich leichter lehren, wenn du ihnen mit Respekt begegnest.

Dazu möchte ich dir eine kleine Geschichte erzählen:
Als ich etwa 19, vielleicht auch 20 Jahre alt war lebte ich in einem Yogazentrum, war gleichzeitig Student und studierte ein paar Stunden am Tag. Aber die meiste Zeit war ich im Yogazentrum, praktizierte dort, gab Yogaunterricht, half mit und lebte in der Gemeinschaft, meditierte zusammen mit anderen und so weiter. Eines Tages wurde ein Besucher angekündigt, der einen Vortrag, eine Mantraweihe und ein Seminar geben sollte. Darüber freute ich mich, denn dieser Besucher war schon einmal vor ein paar Wochen im Yogazentrum gewesen und mir als wunderbar freundlicher Mann, Italiener, Schüler von Swami Vishnu, meinem Meister, in Erinnerung geblieben. Er war sehr freundschaftlich mit mir umgegangen. Daher dachte ich: „Der ist ganz ‚easy‘.“
Dann hieß es allerdings, wir müssten für den Swami ein Zimmer vorbereiten und zwei Leute mussten dafür ihre Zimmer räumen. Bei seinem letzten Aufenthalt hatte er aber in einem Yogaraum auf einer Matratze geschlafen. Wir mussten spezielles Essen einkaufen. Von ein paar Wochen hatte der Swami einfach das gegessen, was wir auch gegessen hatten. Wir sollten spezielles Essen zubereiten, Blumen kaufen, mit mehreren an den Flughafen fahren. Damals habe ich die Welt nicht mehr verstanden.

Schließlich fragte ich die Leiterin des Zentrums, warum um diesen Menschen ein solches Brimborium gemacht wird und dass es vor ein paar Wochen doch ganz anders war.
Sie lächelte und sagte, dass er vor ein paar Wochen als Freund, als Gurubai, im Zentrum war und jetzt als Lehrer wieder kommt.
Wenn er als Lehrer kommt, müssen wir ihn wie einen Lehrer verehren. Wenn wir ihn wie ein Lehrer verehren, wird Weisheit aus ihm herausströmen. Wenn wir ihn behandeln, wird er freundschaftlich zu uns sein. Wenn wir aber von ihm lernen wollen, müssen wir ihm Ehrerbietung erweisen.

Wenn du von einem Yogalehrer tiefe Weisheit erfahren willst, gehe respektvoll mit ihm um, drücke deine Ehrerbietung aus, hilf ihm, diene ihm, erweise kleine Geschenke, habe innerliche Hingabe, nicht wegen ihm persönlich, sondern weil die höchste Weisheit durch ihn oder sie strömt.

Er mag alle möglichen Fehler haben, allerdings darf er natürlich nicht unethisch sein. Wenn jemand gegen Grundsätze der Ethik schwerwiegend verstößt, dann solltest du nicht sein oder ihr Schüler werden. Wenn allerdings jemand insgesamt ein guter Lehrender ist, dann erweise die Ehrerbietung. Wenn du ihm oder ihr Ehrerbietung erweist, wirst du viel lernen können.

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