Viveka Chudamani – Vers 52

Deutsche Übersetzung:

52. Wenn eine schwere Last auf dem Kopf ruht, können diese andere abnehmen, aber nur der Mensch selbst kann seinen Hunger und seine Durst stillen.

Sanskrit Text:

mastaka-nyasta-bhārāder duḥkham anyair nivāryate |
kṣudhādi-kṛta-duḥkhaṃ tu vinā svena na kena-cit || 52 ||

मस्तकन्यस्तभारादेर्दुःखमन्यैर्निवार्यते |
क्षुधादिकृतदुःखं तु विना स्वेन न केनचित् || ५२ ||

mastaka-nyasta-bharader duhkham anyair nivaryate |
kshudhadi-krita-duhkham tu vina svena na kena-chit || 52 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • mastaka-nyasta-bhārādeḥ : einer auf den Kopf (Mastaka) gesetzten (Nyasta) Last (Bhara) usw. (Adi)
  • duḥkham : die Mühsal (Duhkha)
  • anyaiḥ : von anderen (Anya)
  • nivāryate : kann entfernt werden („wird entfernt“, ni + vṛ)
  • kṣudhādi-kṛta-duḥkham : das Leid (Duhkha), das von Hunger (Kshudha) usw. (Adi) herrührt („gemacht ist“, Krita)
  • tu : aber, jedoch (Tu)
  • vinā : außer (Vina)
  • svena : einem selbst (Sva)
  • na kena-cit : von niemandem („nicht von irgend jemandem“, Na Ka Chid)     || 52 ||

Kommentar

„duḥkha“ – „die Mühsal“.
Es gibt verschiedene Formen von „duḥkha“, von Leiden. Es gibt das eine Leid, bei dem du anderen helfen kannst und andere dir helfen können. Und es gibt anderes Leid, bei dem dir keiner helfen kann und du auch anderen nicht helfen kannst.
Shankara eröffnet im 52. Vers zwei Möglichkeiten:
„mastakanyastabhārāder duḥkham“ – „das Leid einer auf deinen Kopf gesetzten Last“. Diese kann dir jemand anders wegnehmen und du kannst sie auch anderen wegnehmen.
„kśhudhādikritaduḥkhaṁ“ – „das Leid von Hunger und Durst“. Das kann dir ein anderer nicht wegnehmen.
In diesem Sinne kannst du anderen bei bestimmten Sachen helfen, ihnen zum Beispiel dein Ohr leihen, beim Putzen helfen, das Fahrrad reparieren, dich um sie kümmern und vieles machen. Du kannst deinem Kollegen helfen und so weiter.
Es gibt bestimmte Sachen, bei denen du helfen kannst und andere, bei denen du dir helfen lassen kannst. Beides ist hilfreich. Du solltest nicht die Hilfe von anderen ablehnen und auch nicht ablehnen, anderen zu helfen. Letztendlich ist die Schönheit des Menschseins, dass der Mensch ein kooperatives Wesen ist. Auch wenn es darum geht, Identifikation zu überwinden, ist es gut, wenn du anderen hilfst und dir helfen lässt.
Wenn du ein gegenseitiges Geben und Nehmen pflegst – natürlich nur ethisches gegenseitiges Geben und Nehmen – dann entsteht Verbindung. Eine der vielen Bedeutungen von Yoga ist Verbindung.
Wenn dir jemand einen Gefallen anbietet, nimm ihn an. Überlege, wann dir das letzte Mal jemand einen Gefallen angeboten hat und ob du ihn angenommen hast.
Grundsätzlich gilt, wann immer dir jemand anbietet zu helfen, erstmal „Ja“ zu sagen oder aber mindestens nicht sofort abzulehnen. Manche Menschen sagen sofort „Nein“, ohne nachzudenken. Wenn du etwas zu tun hast, überlege, ob dir jemand helfen könnte. Manchmal musst du um Hilfe bitten. Es reicht nicht aus, zu warten und zu erwarten, dass dein Gegenüber erkennen soll, dass du Hilfe benötigst. Bitte um Hilfe. Wenn du umgekehrt merkst, dass jemand Hilfe braucht und du könntest helfen, dann hilf ihm. Biete deine Hilfe an und warte nicht, bis er oder sie um Hilfe bittet. Wenn dich jemand um einen Gefallen bittet, dann überlege, ob du nicht einfach geben kannst. Natürlich bist du nicht dazu gezwungen. Manchmal musst du auch nein sagen können. Das hängt von dir ab.
Manche Menschen müssen auch lernen, „Nein“ zu sagen. Aber anstatt relativ häufig „Nein“ zu sagen, sage lieber „Ja“. Bitte umgekehrt auch dein Gegenüber um einen Gefallen. Denn dadurch nehmt ihr euch gegenseitig Lasten ab.
Es gibt allerdings auch anderes Leid, welches nicht durch die Hilfe anderer oder umgekehrt das Anbieten deiner Hilfe gelindert werden kann. Spirituelle Sehnsucht musst du selbst befriedigen. Dabei kann dir kein anderer helfen. Ein Guru, Lehrer, kann dich inspirieren. Andere Schüler – die Gurubais, die Schüler des gleichen Lehrers, die Menschen auf dem gleichen Weg – können dich auch unterstützen.
Mache andere allerdings nicht für deinen spirituellen Fortschritt verantwortlich. Schimpfe nicht über andere, dass sie dich nicht genügend unterstützen. Denn das wäre eine ähnliche Situation, als wenn jemand vor einem Glas Wasser steht und eine andere Person dafür verantwortlich macht, das er durstig ist. Er trinkt nicht selbst, sondern schimpft lieber über die andere Person.
Du hast alles, was du brauchst – ein menschenwürdiges Dasein, Zeit für spirituelle Praktiken, Zugang zur Weisheit über Bücher, Videos, Kurse, Seminare, die Möglichkeit, einen Ashram zu besuchen, und dort lernen. Mache nicht andere dafür verantwortlich, dass du nicht genügend spirituellen Fortschritt hast. Trinke die Weisheit.
Versuche umgekehrt nicht, deine engen Familienangehörigen bekehren zu wollen, wenn sie nicht dafür bereit sind. Du kannst Ihnen etwas zu trinken anbieten und ihnen sagen: „Wenn du willst, fahre ich mit dir zusammen in den Ashram um ein Yoga- Meditation- Einführungsseminar mitzumachen. Wenn du möchtest empfehle ich dir die richtigen Vorträge auf YouTube oder als Podcast. Wenn du möchtest, spreche ich mit dir über die Weisheit und probiere, dir verschiedene Meditationstechniken zu vermitteln.“ Aber der andere muss es selber wollen.

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