3. Kapitel, Vers 40

Deutsche Übersetzung:

Der Khechari Mudra kennt ist nicht beeinflusst durch Krankheit, er ist nicht an die Kette von Handlung und Folge (Karma) gebunden, noch ist er durch die Zeit gefangen.

Sanskrit Text:

  • pīḍyate na sa rogeṇa lipyate na ca karmaṇā |
    bādhyate na sa kālena yo mudrāṁ vetti khe-carīm ||40||
  • पीड्यते न स रोगेण लिप्यते न च कर्मणा ।
    बाध्यते न स कालेन यो मुद्रां वेत्ति खेचरीम् ॥४०॥
  • pidyate na sa rogena lipyate na cha karmana |
    badhyate na sa kalena yo mudram vetti khecharim ||40||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • pīḍyate : wird gequält, gepeinigt (Pid)
  • na : nicht (Na)
  • sa : der, dieser (Yogi, Tad)
  • rogeṇa : von Krankheit (Roga)
  • lipyate : wird befleckt (Lip)
  • na : nicht
  • ca : und (Cha)
  • karmaṇā : von Handlung (dem Gesetz der Tatvergeltung, Karman)
  • bādhyate : wird bedrängt, belästigt (Badh)
  • na : nicht
  • sa : der
  • kālena : vom Tod („Zeit“, Kala)
  • yaḥ : welcher, der (Yad)
  • mudrāṁ : (das) Siegel (Mudra)
  • vetti : kennt (Vid)
  • khe-carīm : (namens) Khechari (“die im Himmel wandelnde”) ||40||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

40. Derjenige, der Khechari Mudra beherrscht, wird von keinerlei Krankheit heimgesucht. Er bleibt von jedem Karma unberührt und Zeit hat keine Macht über ihn.

Das kann man jetzt wörtlich verstehen oder im übertragenen Sinne. Wörtlich müsste man das als Übertreibung bezeichnen. Denn irgendwann stirbt ja der Mensch trotzdem. Und irgendein Karma kommt auch, sonst würde die Welt aufhören zu existieren. Aber gewissermaßen mag auch wörtlich Einiges davon stimmen, weil es eben Ida, Pingala und Sushumna miteinander verbindet, und dafür sorgt, dass auch der Mond da harmonisch wird, also die Mondenergie hinunterfließt. Aber im übertragenen Sinne heißt es: Wenn die Khechari Mudra wirklich wirkt, dann ist unser Bewusstsein für Gott da. Dann ist unser Bewusstsein für die Unendlichkeit da. Und wenn dieses Bewusstsein da ist, dann, ob der Körper krank ist oder nicht, berührt uns das nicht mehr. Wir werden uns zwar weiter um unseren Körper kümmern, so ähnlich wie wenn man Leiter eines Fuhrparks ist, dann wird man sich drum kümmern, dass die Autos in Ordnung sind. Aber es ist nicht mehr so das Gefühl: Diese mein Körper, und wehe, wenn meinem armen Körper was zustößt. So wie Menschen, die zehn Jahre ihr Auto gehabt haben, und dann hat das Auto was, dann sind sie todtraurig. Geht mir bis heute noch so ziemlich ab, wie man sich mit einem Auto identifizieren kann. Manchmal kommen dann Seminargäste, die sind versehentlich gegen den Baum leicht gefahren, und dann ist da ein leichter Kratzer im Lack, und dann sagen sie: „Oh, wie schlimm, ein Kratzer im Auto, das hab ich jetzt schon seit fünfzehn Jahren, und diese Farbe gibt’s nicht mehr.“ Ich bemühe mich dann, mich dort hinein zu versetzen und Sympathie zu zeigen. Aber es hängt ja auch daran, dass ich noch nie in meinem Leben selbst ein Auto besessen habe, sondern immer nur in Autos von Vereinen gefahren bin, und die haben fast alle irgendwelche Kratzer sowieso. Der Versuch, sie von Kratzern frei zu halten ist sinnlos. Gut – und so auch dieser Körper. Man muss sich zwar schon drum kümmern, so wie derjenige, der sich um die Autos hier kümmert. Er bemüht sich zwar schon zu sagen, dass sie in Ordnung sind, und er macht’s vielleicht genauso gut wie jemand, der sich mit den Autos identifiziert. Aber wenn halt festgestellt wird, das Auto ist kaputt, dann wird’s halt verschrottet oder versucht, es kostenlos zu verkaufen unter Beachtung von Satya. Aber das ist dann keine Tragik und da ist nicht irgendwelche Trauerarbeit nötig.

So ähnlich ist das mit dem eigenen Körper. Wenn man Khechari wirklich kann, kommt es zur Identifikation mit dem Unendlichen Bewusstsein: Ich habe so viele Körper, wie auf der Erde rumlaufen, und mein Körper ist halt der Körper, den ich jetzt im besonderen Maße verwende. Ich bemühe mich darum, ihn gesund zu halten, weil’s meine Aufgabe ist und ich mit ihm auf die Welt gekommen bin, weil er mir anvertraut worden ist, diese Ansammlung von Kohlendioxyd, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, die hier ist, ist mir anvertraut worden, um mich drum zu kümmern. Aber letztlich ist es Kohlendioxyd, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff und ein paar Spurenelemente, die man sich einfach als Elemente wahrscheinlich für ein paar Euro in der Apotheke zusammenkaufen könnte. Andererseits: Man könnte auch nur die Spitze eines Fingers für kein Geld der Welt zusammenkaufen. So stimmt also beides. Und so sind wir dankbar für dies auch und kümmern uns drum, aber wissen: Es ist nur für so lange, wie uns Gott diesen Körper gegeben hat. Wenn er dann halt krank ist und wir ihn nicht reparieren können, dann ist es halt so. Wir werden deshalb nicht davon berührt.

Es ist ein großer Irrtum, den viele Menschen haben, dass wenn sie Yoga machen, dann dürften sie nicht krank werden. Und wenn sie doch krank werden, dann hat Yoga versagt oder sie haben selbst versagt. Ich hab das jetzt öfter erlebt, dass Menschen eine Weile Yoga gemacht haben, und dann haben sie irgendein Knieproblem oder eine Erkältung gehabt, und schon stellen sie das gesamte Yogasystem in Frage. Wir haben so einen gewissen Aberglauben. Zwar ist es so, dass Yoga hilft, etwas gesünder zu werden, aber es verhindert nicht das ganze Karma.

Diese Hatha Yoga Pradipika ist nicht wirklich gedacht als Lehrbuch über Yoga. Vieles ist dort verschlüsselt drin. Vieles ist bewusst geschrieben, dass Menschen es nicht verstehen, wenn sie es einfach nur lesen. Aber man muss an einen solchen Text mit Demut rangehen. Er ist geschrieben von einem selbstverwirklichten Meister, der bestimmte Gründe hat, die Dinge so zu beschreiben, wie er sie beschreibt. Es ist kein modernes Lehrbuch, das versucht, allen Prinzipien der modernen Unterrichtsdidaktik Genüge zu tun. Es ist eher ein Buch, dass zum einen für Menschen geschrieben ist, die das als Merksätze verstehen können, zum anderen aber auch um diejenigen, die nicht genügend Ahnung haben, ein bisschen zu verwirren. Das muss man einfach wissen bei diesem Text. Es gibt ja auch andere Texte, durchaus Yoga Sutras, die man zwar auch nicht allein verstehen kann, aber man wird nicht auf falsche Fährten geführt. Dann ist es einfach ein Buch mit sieben Siegeln, während die Hatha Yoga Pradipika einen schon in die Irre führen kann, wenn man den Text nicht versteht. Deswegen sagt sie ja auch immer wieder, dass man einen Guru braucht, um sie zu verstehen. Das müssen wir dort sehen. Gut, und jetzt sagt er eben: Dieses Mudra – ach ja, auch: Zeit hat keine Macht über ihn. Wenn unser Bewusstsein bei Gott liegt, ist egal, was da ist.

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3. Kapitel, Vers 41

Deutsche Übersetzung:

Das Wandelbare des Menschen (Chitta) bewegt sich (charati) in die Leere (Khe), weil die Zunge dorthin geht und sich in der Leere (Khe) bewegt (charati). | Deshalb wurde von den vollkommenen Meistern (Siddha) Khechari als Name für dieses Mudra gewählt.

Sanskrit Text:

  • cittaṁ carati khe yasmāj jihvā carati khe gatā |
    tenaiṣā khe-carī nāma mudrā siddhair nirūpitā ||41||
  • चित्तं चरति खे यस्माज्जिह्वा चरति खे गता ।
    तेनैषा खेचरी नाम मुद्रा सिद्धैर्निरूपिता ॥४१॥
  • chittam charati khe yasmaj jihva charati khe gata |
    tenaisha khechari nama mudra siddhair nirupita ||41||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • cittaṁ : (der) Geist (Chitta)
  • carati : sich aufhält („bewegt“, car)
  • khe : im leeren Raum (zwischen den Augenbrauen, Kha)
  • yasmāt : weil (Yad)
  • jihvā : (und die) Zunge (Jihva)
  • carati : sich aufhält („bewegt“)
  • khe : im leeren Raum (des Schädels)
  • gatā : befindlich („gegangen“, Gata)
  • tena : deshalb, daher (Tad)
  • eṣā : dieses (Etad)
  • khe-carī : Khechari (“die im leeren Raum wandelnde”)
  • nāma : namentlich, mit Namen (Nama)
  • mudrā : Siegel (Mudra)
  • siddhai : von den Vollkommenen (Siddha)
  • nirūpitā : wurde benannt („festgelegt“, Nirupita)         ||41||

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Brahmananda

41. Dieses Mudra wird von den Siddhas Khechari genannt, weil der Geist und die Zunge während dieser Zeit im Akasha verweilen.

Kha“ heißt „Akasha“ und „Chari“ bedeutet „sich bewegen“. Daher das Wort Khechari.

Vishnu-devananda

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Sukadev

41. Dieses Mudra wird von den Siddhas Khechari genannt, weil der Geist und die Zunge während dieser Zeit im Akasha verweilen.

Im unendlichen Raum bewegen. Deshalb Khechari Mudra.

Es gibt noch mehr von den Mudras. Und es gibt also einige auch Geheimlehren, einiges, was verschlüsselt ist, was man anders verstehen muss. Swami Vishnu beschreibt’s ja auch manchmal in Kommentaren, was damit eigentlich da zu verstehen ist. Im Hatha Yoga gibt’s allerdings auch Anleitungen zu Rotem Tantra, wie man beim Geschlechtsakt keine Energie verliert, sondern Energie sublimiert. Da gibt’s auch ein paar Mudras, die stehen im Rahmen des dritten Kapitels oder auch im Anhang. Es gibt da so ein paar Erläuterungen dazu.

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3. Kapitel, Vers 42

Deutsche Übersetzung:

Wer durch Khechari Mudra die Höhle am oberen Teil des Gaumens versiegelt hat, | für den verrinnt der Samen (Bindu) nicht einmal in Gegenwart einer erotischen Frau.

Sanskrit Text:

  • khe-caryā mudritaṁ yena vivaraṁ lambikordhvataḥ |
    na tasya kṣarate binduḥ kāminyāśleṣitasya ca ||42||
  • खेचर्या मुद्रितं येन विवरं लम्बिकोर्ध्वतः ।
    न तस्य क्षरते बिन्दुः कामिन्याश्लेषितस्य च ॥४२॥
  • khecharya mudritam yena vivaram lambikordhvatah |
    na tasya ksharate binduh kaminyashleshitasya cha ||42||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • khe-caryā : durch Khechari (Mudra)
  • mudritaṁ : verschlossen („versiegelt“) wurde (Mudrita)
  • yena : durch welchen (Yogi, Yad)
  • vivaraṁ : (das) Loch, (die) Öffnung (Vivara)
  • lambikā* : (dem weichen) Gaumen (Lambika)
  • ūrdhvataḥ : hinter („oberhalb“, Urdhva)
  • na : nicht (Na)
  • tasya : dessen (Tad)
  • kṣarate : fließt (Kshar)
  • binduḥ : Samen („Tropfen“, Bindu)
  • kāminyā : von einer Geliebten, (jungen) Liebhaberin (Kamini)
  • āśleṣitasya : (wenn er) umarmt wird (Ashleshita)
  • ca : sogar (Cha)         ||42||

*Anmerkung: Man könnte vivaraṁ lambikordhvataḥ auch mit „die Öffnung hinter dem Gaumenzäpfchen (Lambika)“ übersetzen. Der Kommentator Brahmananda versteht lambikā hier als Gaumen (Talu): lambikā tālu.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

42. Wenn einer die Höhle an der Gaumenwurzel durch Khechari verschlossen hat, wird der Samen nicht ausströmen, sogar wenn ihn eine junge und leidenschaftliche Frau umarmt.

Also, man kann Khechari Mudra auch noch anwenden als Teil der tantrischen Praktiken, die ich jetzt nicht weiter ausführen werde. Deshalb überspringe ich den 43. Vers und geh in den 44.

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3. Kapitel, Vers 43

Deutsche Übersetzung:

Sogar wenn der Samen (Bindu) verlassen hat und die Region (Mandala) der Vagina (Yoni) erreicht hat, | wird er durch die Kraft (Shakti) von Yoni Mudra gebunden, eingesogen und nach oben gelenkt.

Sanskrit Text:

  • calito’pi yadā binduḥ samprāpto yoni-maṇḍalam |
    vrajaty ūrdhvaṁ hṛtaḥ śaktyā nibaddho yoni-mudrayā ||43||
  • चलितोऽपि यदा बिन्दुः सम्प्राप्तो योनिमण्डलम् ।
    व्रजत्यूध्वं हृतः शक्त्या निबद्धो योनिमुद्रया ॥४३॥
  • chalito’pi yada binduh samprapto yoni mandalam |
    vrajaty urdhvam hritah shaktya nibaddho yoni mudraya ||43||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • calitaḥ : vergossen wurde („sich fortbewegt hat“, Chalita)
  • api : sogar (Api)
  • yadā : wenn (Yada)
  • binduḥ : (der) Samen (“Tropfen”, Bindu)
  • samprāptaḥ : (und) erreicht hat (Samprapta)
  • yoni : (der) Vagina (Yoni)
  • maṇḍalam : (den) Bereich (Mandala)
  • vrajati : (er) geht (wieder, vraj)
  • ūrdhvaṁ : nach oben, aufwärts (Urdhva)
  • hṛtaḥ : erfasst, zurückgezogen (Hrita)
  • śaktyā : mit Kraft, nach Kräften (Shakti)
  • nibaddhaḥ : kontrolliert („gebunden“, Nibaddha)
  • yoni-mudrayā* : durch Yoni Mudra (d.h. Vajroli Mudra)     ||43||

*Anmerkung: Der Kommentator  Brahmananda beschreibt Yoni Mudra als ein Kontrahieren (Akunchana) des Penis (Medhra) und bemerkt, dass damit (etena) auf Vajroli Mudra (vgl. HYP 3.83-91) verwiesen wird (Suchita): yoni-mudrayā meḍhrākuñcana-rūpayā etena vajrolī mudrā sūcitā.

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Brahmananda

43. Sogar wenn die Samenflüssigkeit sich bereits im Genitalorgan befindet, kann sie durch Ausüben des Yoni Mudras wieder an ihren Ursprungsort hinaufgezogen werden.

Yoni Mudra ist ein anderer Ausdruck für Vajroli Mudra. Da viele dieser Mudras im nachfolgenden Teil des Buches erscheinen, erachte ich es für notwendig, davor zu warnen, all dies zu wörtlich zu nehmen. Obwohl in Zusammenhang mit diesen Mudras als Voraussetzung angegeben wird, dass diese Vorgänge während des Geschlechtsverkehrs mit Frauen vollzogen werden sollen, bin ich fest davon überzeugt, dass dies ein Widerspruch in sich ist. Wir können nicht auch nur einen Augenblick lang annehmen, dass solche Begriffe wie „Frauen“, „Geschlechtsverkehr“ und „Samenfluss“ gerade was die Yogis betrifft, die sich ja bereits in Yama und Niyama vollendet haben, wörtlich zu verstehen sind. Darüberhinaus wird in demselben Buch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man erst Vajroli Mudra zu üben beginnen sollte, nachdem man bereits in gewisses fortgeschrittenes Stadium im Samadhi erreicht hat. Ich glaube eher, dass sich das alles auf innere, mystische Vorgänge bezieht, die in Verbindung mit der höheren Entwicklung des Geistes stehen.

Vishnu-devananda

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Sukadev

[43. Sogar wenn die Samenflüssigkeit sich bereits im Genitalorgan befindet, kann sie durch Ausüben des Yoni Mudras wieder an ihren Ursprungsort hinaufgezogen werden.]

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3. Kapitel, Vers 44

Deutsche Übersetzung:

Ohne Zweifel besiegt der Kenner des Yoga den Tod in einem Halben Monat. | Seine Zunge ist nach oben fixiert, er praktiziert das Trinken des Mondnektars (Soma).

Sanskrit Text:

  • ūrdhva-jihvaḥ sthiro bhūtvā soma-pānaṁ karoti yaḥ |
    māsārdhena na sandeho mṛtyuṁ jayati yoga-vit ||44||
  • ऊर्ध्वजिह्वः स्थिरो भूत्वा सोमपानं करोति यः ।
    मासार्धेन न सन्देहो मृत्युं जयति योगवित् ॥४४॥
  • urdhva jihvah sthiro bhutva soma panam karoti yah |
    masardhena na sandeho mrityum jayati yogavit ||44||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ūrdhva : (mit) nach oben gerichteter (Urdhva)
  • jihvaḥ : Zunge (Jihva)
  • sthiraḥ : unbeweglich (Sthira)
  • bhūtvā : geworden ist (bhū)
  • soma* : (des) Nektars (Soma)
  • pānaṁ* : (das) Trinken (Pana)
  • karoti : ausführt (kṛ)
  • yaḥ : wer (Yad)
  • māsa : Monat (Masa)
  • ardhena : in (einem) halben (Ardha)
  • na : nicht (Na)
  • sandehaḥ : (besteht hierüber ein) Zweifel (Sandeha)
  • mṛtyuṁ : (den) Tod (Mrityu)
  • jayati : besiegt (Ji)
  • yoga-vid : (ein solcher) Kenner des Yoga     ||44||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt soma-pānaṁ („das Trinken des Soma„) als das Trinken (Pana) des Mondnektars (ChandraAmrita), der aus der Höhlung (Vivara) hinter (Urdhva „oberhalb“) dem weichen Gaumen (bzw. Gaumenzäpfchen, Lambika) heruntertropft (Galita): somasya lambikordhva-vivara-galita-candrāmṛtasya pānaṃ soma-pānam (vgl. Vers 42).

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Brahmananda

44. Derjenige, der mit nach aufwärts gedrehter Zunge verharrt, trinkt den Somanektar mit konzentriertem Geist; er, der Yoga kennt und erfahren hat, wird zweifellos den Tod in 15 Tagen besiegen.

 (Wird nicht empfohlen, siehe Kommentar Vers 6)

Man sagt, dass der Mond oberhalb des Gaumens liegt und der Nektar, der aus ihm nach unten träufelt, von der Sonne, die sich in der Nähe des Nabels befindet, aufgesogen wird. Aber stoppt er nun den Nektarfluss, indem er die Öffnung im Gaumen seines Mundes schließt, so kann er sich ihn selbst zunutze machen und dadurch einen vorzeitigen Verschleiß seines Körpers verhindern. „Soma“ bedeutet Mond.

Vishnu-devananda

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Sukadev

44. Derjenige, der mit nach aufwärtsgedrehter Zunge verharrt, trinkt den Sonnennektar mit konzentriertem Geist; er, der Yoga kennt und erfahren hat, wird zweifellos den Tod in fünfzehn Tagen besiegen.

Gut, was heißt das? Wenn die Zunge nach hinten gerollt ist – und der Somanektar ist auch ein Name für die Mondflüssigkeit – dann wird der Mond aktiviert. Und wenn diese Mondenergie aktiv wird, ist es eine regenerierende, harmonisierende Kraft, die auch manchmal erfahren wird wie Gnade. Wie in der Apostelgeschichte der Heilige Geist, das kann man interpretieren zum einen als Kundalinienergie, und zum anderen auch als Soma. Umgekehrt könnte man sagen: „Soma ist so was wie eine Begleiterscheinung der Herabkunft des Heiligen Geistes“. Ich würde nicht sagen, dass Soma selbst der Heilige Geist ist, aber es gehört zu diesem Prinzip der kosmischen, nach unten strömenden, transformierenden, Hingabe erzeugenden Energie.

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3. Kapitel, Vers 45

Deutsche Übersetzung:

Der Körper von diesem Yogi ist immer mit der Unsterblichkeit des Mondes gefüllt, | selbst wenn er vom Prinz der Schlangen (Takshaka) gebissen wurde kriecht das Gift nicht in ihn.

Sanskrit Text:

  • nityaṁ soma-kalā-pūrṇaṁ śarīraṁ yasya yoginaḥ |
    takṣakeṇāpi daṣṭasya viṣaṁ tasya na sarpati ||45||
  • नित्यं सोमकलापूर्णं शरीरं यस्य योगिनः ।
    तक्षकेणापि दष्टस्य विषं तस्य न सर्पति ॥४५॥
  • nityam soma kala purnam shariram yasya yoginah |
    takshakenapi dashtasya visham tasya na sarpati ||45||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • nityaṁ : täglich („stets“, Nitya)
  • soma* : (des) Mondes (Soma)
  • kalā* : (mit dem) Nektar („Sechzehntel“, Kala)
  • pūrṇaṁ : voll, gefüllt ist (Purna)
  • śarīraṁ : Körper (Sharira)
  • yasya : dessen (Yad)
  • yoginaḥ : (ein) Yogin
  • takṣakeṇa : von (dem Schlangendämon) Takshaka
  • api : sogar (Api)
  • daṣṭasya : (der) gebissen wurde (Dashta)
  • viṣaṁ : (das) Gift (Visha)
  • tasya : in diesem (Tad)
  • na : nicht (Na)
  • sarpati : breitet sich aus („schleicht sich ein“, sṛp)     ||45||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt soma-kalā-pūrṇa als „erfüllt (Purna) mit dem Nektar (Amrita) des Mondsechzehntels (Chandrakala)“: soma-kalā-pūrṇaṃ candra-kalāmṛta-pūrṇam.

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Brahmananda

45. Was den Yogi betrifft, der seinen Körper täglich mit dem Nektarfluss vom Mond stärkt, so mag er sogar von der Schlange Takshaka gebissen werden, ohne dass das Gift sich in seinem Körper ausbreiten und ihm etwas anhaben kann.

Takshaka ist einer der acht Schlangenkönige in der Patala. Die bedeutendsten unter ihnen aber sind Sesha und Ananta.

Vishnu-devananda

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Sukadev

45. Was den Yogi betrifft, der seinen Körper täglich mit dem Nektarfluss vom Mond stärkt, so mag er sogar von der Schlange Takshaka gebissen werden, ohne dass das Gift sich in seinem Körper ausbreiten und ihm etwas anhaben kann.

Auch hier im übertragenen Sinne: Es gibt ja Menschen, die beißen uns. Jetzt nicht physisch, sondern so wie Schlangen, die vergiften unseren Geist. Wenn wir jetzt wirklich so in Kontakt sind mit der göttlichen Energie, dann können wir nicht so vergiftet werden, selbst wenn Menschen allen möglichen Unsinn erzählen. [Frage] Also das ist ein Aspekt der Energie. Das gibt’s im Individuum, das ist Tam, diese Zunge nach hinten, und es gibt dieses kosmische Korrelat, die nach unten strömende Energie Gottes. Die hängen beide miteinander zusammen.

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3. Kapitel, Vers 46

Deutsche Übersetzung:

So wie das Feuer das Holz und die Flamme den in Öldocht nicht verlässt, | so verlässt die Seele (Dehi) nicht den Körper (Deham) solange er voll von Mondnektar (Soma) ist.

Sanskrit Text:

  • indhanāni yathā vahnis taila-vartiṁ ca dīpakaḥ |
    tathā soma-kalā-pūrṇaṁ dehī dehaṁ na muñcati ||46||
  • इन्धनानि यथा वह्निस् तैलवर्ति च दीपकः ।
    तथा सोमकलापूर्णं देही देहं न मुञ्चति ॥४६॥
  • indhanani yatha vahnis taila vartim cha dipakah |
    tatha soma kala purnam dehi deham na munchati ||46||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • indhanāni : (das) Brennholz (Indhana)
  • yathā : wie (Yatha)
  • vahniḥ : Feuer (Vahni)
  • taila : (einen mit) Öl (Taila getränkten)
  • vartiṁ : Docht (Varti)
  • ca : und (Cha)
  • dīpakaḥ : (ein) Lampe(nlicht, Dipaka)
  • tathā : ebenso (Tatha)
  • soma :  (des) Mondes (Soma)
  • kalā : (mit dem) Nektar (“Sechzehntel”, Kala)
  • pūrṇaṁ : (der) gefüllt ist (Purna)
  • dehī : (die) Seele (der „Verkörperte“, Dehin)
  • dehaṁ : (den) Körper (Deha)
  • na : nicht (Na)
  • muñcati : verlässt (muc)        ||46||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

46. Ebenso, wie ein Feuer nicht ausgeht, solange man Holz nachlegt, wie das Licht in einer Lampe nicht erlischt, so lange es durch Öl und Docht gespeist wird, verbleibt auch Jiva (die individuelle Seele) im Körper, solange sie durch die Strahlen des Mondes belebt wird.

Das ist eben das physische Korrelat davon, und nicht physisch, das grobstofflich-energetische Korrelat, Mond regeneriert auch den Körper.

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3. Kapitel, Vers 47

Deutsche Übersetzung:

Ich schätze denjenigen Yogi als aus edler Familie stammend, der fortwährend das Fleisch der Kuh (d.h. seine Zunge) verschluckt und den Branntwein der Unsterblichen trinkt. Alle anderen sind Zerstörer ihrer Familie.

Sanskrit Text:

  • gomāṁsaṁ bhakṣayen nityaṁ pibed amara-vāruṇīm |
    kulīnaṁ tam ahaṁ manya itare kula-ghātakāḥ ||47||
  • गोमांसं भक्षयेन्नित्यं पिबेदमरवारुणीम् ।
    कुलीनं तमहं मन्य इतरे कुलघातकाः ॥४७॥
  • gomamsam bhakshayen nityam pibed amara varunim |
    kulinam tam aham manya itare kula ghatakah ||47||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • go : (der) Kuh (Go)
  • māṁsaṁ : (das) Fleisch (Mamsa)
  • bhakṣayet : (einer) mag essen (bhakṣ)
  • nityaṁ : täglich (“stets”, Nitya)
  • pibet : (einer) mag trinken ()
  • amara : (der) Götter (der „Unsterblichen“, Amara)
  • vāruṇīm : (den) Branntwein (Varuni)
  • kulīnaṁ : (als) aus edler Familie stammend (Kulina)
  • tam : (einen) solchen (Yogi, Tad)
  • ahaṁ : ich (Aham)
  • manye : erachte (man)
  • itare : (die) anderen (Itara)
  • kula : (ihrer) Familie (Kula)
  • ghātakāḥ : (als) Zerstörer, Mörder  (Ghataka)       ||47||

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 113 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

47. Er mag täglich das Fleisch einer Kuh essen und Wein trinken, so betrachte ich ihn dennoch als Spross einer höchst vornehmen Familie.

Und jetzt erklärt er, wie das zu verstehen ist.

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3. Kapitel, Vers 48

Deutsche Übersetzung:

Mit dem Wort „Kuh (Go)“ ist die Zunge gemeint. | Ihr durchdringen durch den Gaumen ist das Essen des Fleisches der Kuh (Go). Es zerstört mit Sicherheit schlimme Sünden.

Sanskrit Text:

  • go-śabdenoditā jihvā tat-praveśo hi tāluni |
    go-māṁsa-bhakṣaṇaṁ tat tu mahā-pātaka-nāśanam ||48||
  • गोशब्देनोदिता जिह्वा तत् प्रवेशो हि तालुनि ।
    गोमांसभक्षणं तत् तु महापातकनाशनम् ॥४८॥
  • go shabdenodita jihva tat pravesho hi taluni |
    go mansa bhakshanam tat tu maha pataka nashanam ||48||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • go : „Kuh“ (Go)
  • śabdena : mit dem Wort (Shabda)
  • uditā : wird (hier) bezeichnet (Udita)
  • jihvā : (die) Zunge (Jihva)
  • tad : derselben (der Zunge, Tad)
  • praveśaḥ : (das) Einführen („Hineintreten“, Pravesha)
  • hi : denn (Hi)
  • tāluni : (in die Öffnung) im Gaumen (Talu)
  • go : (der) Kuh
  • māṁsa : (des) Fleisches (Mamsa)
  • bhakṣaṇaṁ : (wird bezeichnet als das) Essen (Bhakshana)
  • tad : dies
  • tu : aber, wiederum (Tu)
  • mahā : (von) großen (Maha)
  • pātaka : Sünden, Verbrechen (Pataka)
  • nāśanam : (ist ein Mittel zum) Vertreiben, Vernichten (Nashana)        ||48||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

48. Das Wort „Go“ bedeutet Zunge. Indem sie in die Öffnung des Gaumens eingeführt wird, „isst er das Fleisch der Go“ (Kuh oder Zunge). Das erlöst von großer Sünde.

Man findet zB. im Tantra die fünf Mas. Dazu gehört dann Fleisch essen und Fisch essen, Geschlechtsverkehr haben und andere Dinge, und die sind nicht wörtlich zu verstehen, sondern die stehen für innere Prozesse im Kundaliniyoga. Und wenn dort steht: Fleisch einer Kuh essen, heißt das Zunge nach hinten geben und das steht dann Einstimmen auf’s kosmische Bewusstsein.

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3. Kapitel, Vers 49

Deutsche Übersetzung:

Mit dem Feuer, das bei dem Durchdringen der Zunge entsteht, wird wahrlich der Fluss vom Mond erzeugt. | Dieser ist die Essenz des Nektars der Unsterblichkeit.

Sanskrit Text:

  • jihvā-praveśa-sambhūta-vahninotpāditaḥ khalu |
    candrāt sravati yaḥ sāraḥ sā syād amara-vāruṇī ||49||
  • जिह्वाप्रवेशसम्भूतवह्निनोत्पादितः खलु ।
    चन्द्रात् स्रवति यः सारः सा स्याद् अमरवारुणी ॥४९॥
  • jihva pravesha sambhuta vahninotpaditah khalu |
    chandrat sravati yah sarah sa syad amara varuni ||49||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • jihvā : (der) Zunge (in die Gaumenöffnung, Jihva)
  • praveśa : (durch das) Einführen (“Hineintreten”, Pravesha)
  • sambhūta : (die) entstanden ist (Bhuta)
  • vahninā : durch die Hitze („Feuer“, Vahni)
  • utpāditaḥ : hervorgebracht (Utpadita)
  • khalu : nun, gewiss (Khalu)
  • candrāt* : vom „Mond“ (Chandra)
  • sravati : fließt (sṛ)
  • yaḥ : welcher, der (Yad)
  • sāraḥ : (der) Nektar (Sara)
  • sā : das (Tad)
  • syāt : ist (wird bezeichnet als, as)
  • amara-vāruṇī : (der) Götter-Branntwein ( AmaraVaruni)        ||49||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda gibt die Stelle des „Mondes“ (Chandra bzw. Soma) an als „zwischen (Antar) den Augenbrauen (Bhru) auf der linken (Vama) Seite (Bhaga) befindlich (stha)“: candrāt bhruvor antar vāma-bhāga-sthāt somāt.

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Brahmananda

49. Tritt die Zunge in die Öffnung im Gaumen ein, so entwickelt sich enorme Hitze im Körper. Das bewirkt, dass der Nektar vom Mond zu fließen beginnt. Man nennt das Amaravaruni.

Varuni“ bedeutet Wein. In den beiden oberen Versen wird ein ausgezeichnetes Beispiel dafür gegeben, auf welche Art und Weise hinduistische Verfasser okkulter Schriften die wahre Bedeutung ihrer Aussagen hinter offensichtlich absurden Symbolen verbergen, und zwar aus folgenden Grund: Sie waren nämlich der Meinung, dass gerade das Absurde dieser Symbole und der Widersprüchlichkeit in Bezug auf das behandelte Thema den Leser dazu zwingen würde, hinter die Dinge zu schauen und tiefer in die Materie einzudringen, um eine Erklärung für diese scheinbaren Ungereimtheiten zu finden. Die falsche Auffassung dieser Methode hat jedoch sehr häufig zu einer Reihe von völlig absurden Auslegungen und Interpretationen echter okkulter Symbole geführt und zahlreiche negative Praktiken, die tierische Neigungen und Leidenschaften in den Vordergrund stellen und fördern, hervorgebracht. Andere Beispiele dafür sich die Beziehungen zwischen Krishna und Radha und den 16000 Gopis oder Kuhhirtinnen; die fünf Pandava Brüder, die eine Frau (Draupadi) heirateten; die Geschichten von Rishis, die sich Ehefrauen nehmen und die ganze mystische Terminologie der Tantras.

Vishnu-devananda

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Sukadev

49. Tritt die Zunge in die Öffnung im Gaumen ein, so entwickelt sich enorme Hitze im Körper. Das bewirkt, dass der Nektar vom Mond zu fließen beginnt. Man nennt das Amaravaruni.

Und das heißt: Trinken des Weines. Also was dort im Tantra als Weintrinken bezeichnet wird, heißt Nektar strömt hinunter oder göttliche Gnadenenergie strömt hinunter. Und genauso, wenn dort über das Umarmen einer Frau steht, dann heißt das, dass Shakti und Shiva sich vereinigen.

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Video

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3. Kapitel, Vers 50

Deutsche Übersetzung:

Wenn die Zungenspitze, dem weichen Gaumen am Ende fortwährend einen Kuss gibt, Nektar fließt salzig, brennend, sauer, wie Milch, ähnlich wie Honig oder gereinigte Butter (Ajya), | daher soll dieses entstehen: Auflösung von Krankheiten, das Ende des Alterns, Abwehr von bewaffneten Angriffen, Unsterblichkeit, die acht übernatürlichen Kräfte, Anziehung von vollkommenen (Siddha) Frauen.

Sanskrit Text:

  • cumbantī yadi lambikāgram aniśaṁ jihvā rasa-syandinī
    sa-kṣārā kaṭukāmla-dugdha-sadṛśī madhv-ājya-tulyā tathā |
    vyādhīnāṁ haraṇaṁ jarānta-karaṇaṁ śastrāgamodīraṇaṁ
    tasya syād amaratvam aṣṭa-guṇitaṁ siddhāṅganākarṣaṇam ||50||
  • चुम्बन्ती यदि लम्बिकाग्रमनिशं जिह्वा रसस्यन्दिनी
    सक्षारा कटुकाम्लदुग्धसदृशी मध्वाज्यतुल्या तथा ।
    व्याधीनां हरणं जरान्तकरणं शस्त्रागमोदीरणं
    तस्य स्यादमरत्वमष्टगुणितं सिद्धाङ्गनाकर्षणम् ॥५०॥
  • chumbanti yadi lambikagram anisham jihva rasa syandini
    sa kshara katukamla dugdha sadrishi madhv ajya tulya tatha |
    vyadhinam haranam jaranta karanam shastragamodiranam
    tasya syad amaratvam ashta gunitam siddhanganakarshanam ||50||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • cumbantī : berührt („küssend ist“, cumb)
  • yadi : wenn (Yadi)
  • lambikā : (des weichen) Gaumens (oder: des Gaumenzäpfchens, Lambika)
  • agram : (das äußerste) Ende (die „Spitze“, Agra)
  • aniśaṁ : ständig, ohne Unterlass (Anisha)
  • jihvā : (die) Zunge (Jihva)
  • rasa : (einen) Saft, Geschmack, (ein) Lebenselixier (Rasa)
  • syandinī : fließen lassend (Syandini)
  • sa-kṣārā : mit (Sa) salzigem (Kshara)
  • kaṭuka : scharfem (Katuka)
  • amla : (oder) saurem (Amla Geschmack)
  • dugdha : Milch (Dugdha)
  • sadṛśī : ähnlich, vergleichbar mit (Sadrisha)
  • madhu : Honig (Madhu)
  • ājya : geklärte Butter, Butterschmalz (Ajya)
  • tulyā : gleich, so wie (Tulya)
  • tathā : ebenso, und (Tatha)
  • vyādhīnāṁ : (seiner) Krankheiten (Vyadhi)
  • haraṇaṁ : (das) Verschwinden („Zunichtemachen“, Harana)
  • jarā : (des) Alters (Jara)
  • anta-karaṇaṁ : (die) Vernichtung („zuende machen“, AntaKarana)
  • śastra : (von) Waffen, Geschossen (Shastra)
  • āgama : (des) Nahens (Agama)
  • udīraṇaṁ : (das) Abwehren („Wegschleudern, Ausstoßen“, Udirana)
  • tasya : diesem (Yogi, Tad)
  • syāt : wird zuteil („sei“, as)
  • amaratvam : Unsterblichkeit, Göttlichsein (Amaratva)
  • aṣṭa : (den) acht (Ashta, Siddhis)
  • guṇitaṁ : verbunden (mit, Gunita)
  • siddha : (der) Vollkommenen (Siddha)
  • aṅganā : (der) Frauen (Angana)
  • ākarṣaṇam : (das unwiderstehliche) Anziehen (Akarshana)        ||50||

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Brahmananda

50. Bleibt die Zunge, die die Nektarstrahlen (des Mondes) hervorzubringen vermag, welche salzig, scharf und sauer schmecken und auch der Milch, dem Honig und der gereinigter Butter im Geschmack ähnlich sind, in die Öffnung des Gaumens gepresst, so werden sämtliche Krankheiten und (auch) das Alter ausgelöscht. Diese Vorgangsweise befähigt ihn dazu, all die Veden und Wissenschaften hervorzubringen und Waffen jedweder Art abzuwehren; es verleiht ihm Unsterblichkeit und die acht Siddhis und auch die Macht, die Jungfrauen der Siddhas für sich zu gewinnen.

(Das ist nicht wörtlich zu nehmen.)

Der Nektar besitzt den Geschmack von Salz, Chili, Tamarinde, Milch, Honig und Ghee, so als wäre er selbst diese Dinge. Der Geschmack variiert entsprechend der verschiedenen Zeiten.

Vishnu-devananda

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Sukadev

50. Bleibt die Zunge, die die Nektarstrahlen (des Mondes) hervorzubringen vermag, welche salzig, scharf und sauer schmecken und auch der Milch, dem Honig und der gereinigten Butter im Geschmack ähnlich sind, in die Öffnung des Gaumens gepresst, so werden sämtliche Krankheiten und (auch) das Alter ausgelöscht.

Wir identifizieren uns damit nicht mehr, und eine gewisse Heilung tritt auch ein.

– Diese Vorgehensweise befähigt ihn dazu, all die Veden und Wissenschaften hervorzubringen

das heißt also intuitives Verständnis zu entwickeln, dass die Wahrheit sich in ihm verbreiten kann.

– und Waffen jedweder Art abzuwehren;

man wird nicht mehr insbesondere von Wortwaffen beeinflusst. Wenn einer sagt: „Du Dummkopf“, dann wird einem das nichts mehr ausmachen.

– es verleiht ihm Unsterblichkeit

das Bewusstsein der unsterblichen Natur

– und die acht Siddhis und auch die Macht, die Jungfrauen der Siddhas für sich zu gewinnen.

Was sind jetzt die Jungfrauen der Siddhas? Das sind wiederum die verschiedenen inneren Kräfte. Siddha ist der Vollkommene, der verschiedene Kräfte hat, die als verschiedene Göttinnen oder auch Jungfrauen personifiziert dargestellt werden.

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3. Kapitel, Vers 51

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi, der mit dem Gesicht nach oben, der Zunge in der Höhlung zurückgehalten und auf die höchste Kraft (param Shakti) konzentriert ist, | den klaren Strom des flutenden Mondnektars, der vom Kopf zum 16 blättrigen Lotus tropft, trinkt, der erreicht durch den Einsatz der Lebensenergie (Prana) im Hatha Yoga (Hatha) Freiheit von Krankheit, einen wie eine Lotusfaser schönen Körper und ein langes Leben.

Sanskrit Text:

  • mūrdhnaḥ ṣoḍaśa-pattra-padma-galitaṁ prāṇād avāptaṁ haṭhād
    ūrdhvāsyo rasanāṁ niyamya vivare śaktiṁ parāṁ cintayan |
    utkallola-kalā-jalaṁ ca vimalaṁ dhārā-mayaṁ yaḥ piben
    nir-vyādhiḥ sa mṛṇāla-komala-vapur yogī ciraṁ jīvati ||51||
  • मूर्ध्नः षोडशपत्रपद्मगलितं प्राणादवाप्तं हठा-
    दूर्ध्वास्यो रसनां नियम्य विवरे शक्तिं परां चिन्तयन् ।
    उत्कल्लोलकलाजलं च विमलं धारामयं यः पिबे-
    न्निर्व्याधिः स मृणालकोमलवपुर्योगी चिरं जीवति ॥५१॥
  • murdhnah shodasha pattra padma galitam pranad avaptam hathad
    urdhvasyo rasanam niyamya vivare shaktim param chintayan |
    utkallola kala jalam cha vimalam dhara mayam yah piben
    nirvyadhih sa mrinala komala vapur yogi chiram jivati ||51||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • mūrdhnaḥ : (das) vom Kopf (Murdhan)
  • ṣoḍaśa-pattra : (in den) sechzehn-blättrigen (ShodashaPattra)
  • padma : Lotus (Padma, das Kehl- bzw. Vishuddhi Chakra)
  • galitaṁ : tröpfelnde (Galita)
  • prāṇāt : durch (den gezügelten) Lebenshauch (Prana)
  • avāptaṁ : erlangte (Avapta)
  • haṭhāt : aufgrund (der) Hatha(-Yogapraxis)
  • ūrdhva* : nach oben (gewandt, Urdhva)
  • āsyaḥ* : (mit dem) Gesicht (Asya)
  • rasanāṁ : (die) Zunge (Rasana)
  • niyamya : legend („festhaltend“, ni + yam)
  • vivare : in die Höhlung (Vivara des Gaumens)
  • śaktiṁ : Energie („Kraft“ Shakti, d.h. Kundalini)
  • parāṁ : (die) höchste (Para)
  • cintayan : meditierend (über, cint)
  • utkallola : aufwallende („mit hochgehenden Wogen“, Utkallola)
  • kalā : (des Mond-)Nektars („Sechzehntels“, Kala)
  • jalaṁ : Nass („Wasser“, Jala)
  • ca : und (Cha)
  • vimalaṁ : (das) reine (Vimala)
  • dhārā-mayaṁ : strömende („aus einem Strom bestehende“, DharaMaya)
  • yaḥ : wer, welcher (Yad)
  • pibet : trinkt ()
  • nir-vyādhiḥ : frei von Krankheit (Vyadhi)
  • saḥ : ein solcher (Tad)
  • mṛṇāla : (wie die) Wurzel einer Lotuspflanze (Mrinala)
  • komala : weich, zart (Komala)
  • vapus : (mit einem) Körper (Vapus)
  • yogī : Yogi
  • ciraṁ : lang (Chira)
  • jīvati : lebt (jīv)        ||51||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass ūrdhvāsyaḥ „mit dem Gesicht (Asya) nach oben (Urdhva) gewandt“ auf Viparita Karani verweist (sūcitā): ūrdhvāsya ity anena viparīta-karaṇī sūcitā.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 105 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

51. Derjenige, der mit nach oben gewandtem Gesicht und mit der Zunge die Öffnung im Gaumen geschlossen über Kundalini (Parashakti) meditiert

und hier seht ihr: Es sind nicht nur physische Prozesse gemeint, sondern eben die Meditation

– und die klaren Fluten des Nektarstromes trinkt, der vom Mond im Kopf in den 16-blättrigenLotus (im Kehlkopf) herabfließt, der durch seine Hatha- Yoga-Praktiken Kontrolle über das Prana erlangt hat, wird zu einem wahren Yogi, frei von jeglicher Krankheit, und lebt lange, mit einem geschmeidigen, schönen Körper gleich den Fasern eines Lotosstammes.

Hier wieder etwas für die Menschen, die grobstoffliche Sachen wissen wollen.

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3. Kapitel, Vers 52

Deutsche Übersetzung:

Der Weise erklärt, dass die Schmelze, die von der Höhlung im Gipfel des Meru fließt, in der höchsten Realität verwurzelt ist. Diese ist der höchste Punkt aller Ströme. | Die Essenz des Körpers fließt vom Mond, auf diese Weise kommt auch der Tod zu den Menschen. Daher soll der Yogi diese Praxis gut einüben, anders wird ein vollkommener (Siddhi) Körper nicht erreicht.

Sanskrit Text:

  • yat prāleyaṁ prahita-suṣiraṁ meru-mūrdhāntara-sthaṁ
    tasmiṁs tattvaṁ pravadati sudhīs tan-mukhaṁ nimna-gānām |
    candrāt sāraḥ sravati vapuṣas tena mṛtyur narāṇāṁ
    tad badhnīyāt su-karaṇam adho nānyathā kāya-siddhiḥ ||52||
  • यत् प्रालेयं प्रहितसुषिरं मेरुमूर्धान्तरस्थं
    तस्मिंस् तत्त्वं प्रवदति सुधीस् तन्मुखं निम्नगानाम् ।
    चन्द्रात् सारः स्रवति वपुषस् तेन मृत्युर् नराणां
    तद् बध्नीयात् सुकरणम् अधो नान्यथा कायसिद्धिः ॥५२॥
  • yat praleyam prahita sushiram meru murdhantara sthan
    tasmins tattvam pravadati sudhis tan mukham nimnaganam |
    chandrat sarah sravati vapushas tena mrityur naranam
    tad badhniyat sukaranam adho nanyatha kaya siddhih ||52||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • yad : der („derjenige“, Yad)
  • prāleyaṁ : Nektar („Schnee, Schmelzwasser“, Praleya)
  • prahita : entspringend („herausgeströmt“, Prahita)
  • suṣiraṁ : (in der) Höhlung (Sushira)
  • meru : (des Berges) Meru (der Wirbelsäule bzw. Sushumna)
  • mūrdhan : (des) Gipfels („Kopfes“, Murdhan)
  • antara-sthaṁ : befindlich im inneren (Antara)
  • tasmin : in dieser (Höhlung, Tad)
  • tattvaṁ* : (die höchste) Wahrheit (das „So-sein“, Tattva)
  • pravadati : erkennt („verkündet als“, pra + vad)
  • su-dhīḥ : (der) Weise („mit guter Einsicht“, Dhi)
  • tad : diese (Höhlung, Tad)
  • mukhaṁ : (ist der) Ursprung („Mund“, Mukha)
  • nimna-gānām** : der Flüsse (Nimnaga, d.h. der Nadis)
  • candrāt : vom „Mond“ (Chandra)
  • sāraḥ : (der) Nektar, (die) Essenz (Sara)
  • sravati : fließt, strömt (herab, sṛ)
  • vapuṣaḥ : des Körpers (Vapus)
  • tena : daraus (Tad)
  • mṛtyuḥ : (resultiert der) Tod (Mrityu)
  • narāṇāṁ : der Menschen (Nara)
  • tad : dieses
  • badhnīyāt : man soll einnehmen („binden“, badh)
  • su-karaṇam : ausgezeichnete (Su) Siegel (Karana, nämlich Khechari Mudra)
  • adhaḥ*** : auf dem Erdboden (liegend, Adhas)
  • na : nicht (Na)
  • anyathā : auf andere Weise (Anyatha)
  • kāya : (des) Körpers (Kaya)
  • siddhiḥ : (ist) Vervollkommnung (möglich, Siddhi)     ||52||

*Anmerkung: Nach dem Kommentator Brahmananda ist hiermit die Wahrheit (Tattva) über das Selbst (Atman) bzw. die höchste Wahrheit in Form des Atman gemeint: tattvam ātma-tattvam.

**Anmerkung: Brahmananda führt aus, dass mit „Flüssen“ (Nimnaga), die mit den Worten (Shabda) Ganga, Yamuna, Sarasvati und Narmada usw. ausgedrückt werden, die Nadis Ida, PingalaSushumna und Gandhari usw. gemeint sind: nimnagānāṃ gaṅgā-yamunā-sarasvatī-narmadādi-śabda-vācyānām iḍā-piṅgalā-suṣumnā-gāndhārī-prabhṛtīnām.

***Anmerkung: Obwohl im Mula-Text adhaḥ bzw. aufgrund der Regeln des Sandhi adho steht, kommentiert Brahmananda tataḥ bzw. tato, was mit „deshalb, daher“ zu übersetzen wäre (ato hetoḥ „aus diesem Grunde“). Die Lesung adho bedeutet „auf dem Erdboden (liegend)“, was man so verstehen kann, dass der Praktizierende bei der Ausführung von Khechari Mudra auf dem Boden „liegt“, und zwar in Viparita Karani (vgl. die Anmerkung zu Vers 51).

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

52. Im Inneren des oberen Teiles von Meru, der Sushumna, ist der Nektar in der innenliegenden Öffnung verborgen.

Das ist eben das Mondchakra.

– Der Mensch, dessen Intellekt von reiner, satviger Art ist und nicht verdunkelt von Rajas und Tamas, wird darin dieWahrheit erkennen (seinen eigenen Atman).

Das bezieht sich auch noch auf eine gewisse Meditationstechnik. Man kann sich auch konzentrieren auf den Bereich oberhalb des Mondes in der Mitte des Kopfes. Ihr kennt das vielleicht von der Ujjayi-Meditation, Chid-Akasha. Und in diesem inneren Raum des Kopfes, dort kann man auch sein eigenes Selbst wahrnehmen. Bindu ist hier hinten. Chid-Akasha ist mehr so in der Mitte des Kopfes, um das eigentliche Ajna- Chakra herum. Meru ist die Sushumna. Meru ist der Weltenberg, und das entspricht der Sushumna.

Es (die Öffnung) ist der Mund, durch den sich die Flüsse (Nadis) entleeren können. Vom Mond aus strömt der Nektar, die Essenz des Körpers, und die Folge ist der Tod des Sterblichen. Deshalb sollte man das segensreiche und wirksame Khechari Mudra ausführen. Nimmt man sich nicht die Mühe, es zu üben, so wird man nie in den Genuss von Kaya Siddhi kommen (das den Körper mit Schönheit, Anmut, Kraft und unüberwindlicher Festigkeit ausstattet).

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3. Kapitel, Vers 53

Deutsche Übersetzung:

Die Höhlung, die Weisheit (Jnana) erzeugt, ist mit fünf Strömen (Pancha Srota) verbunden. | In dieser unbefleckten Leere steht Khecharimudra.

Sanskrit Text:

  • suṣiraṁ jñāna-janakaṁ pañca-srotaḥ-samanvitam |
    tiṣṭhate khe-carī mudrā tasmin śūnye nirañjane ||53||
  • सुषिरं ज्ञानजनकं पञ्चस्रोतःसमन्वितम् ।
    तिष्ठते खेचरी मुद्रा तस्मिन् शून्ये निरञ्जने ॥५३॥
  • sushiram jnana janakam pancha srotah samanvitam |
    tishthate khechari mudra tasmin shunye niranjane ||53||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • suṣiraṁ : (diese) Höhlung (Sushira)
  • jñāna : (göttliches) Wissen, (höchste) Erkenntnis (Jnana)
  • janakaṁ : birgt („erzeugt, bringt hervor“, Janaka)
  • pañca : (der) fünf (Pancha)
  • srotaḥ : Ströme (Srotas, d.h. Nadis)
  • samanvitam : (ist der Ort des) Zusammenfließens („heimgesucht, verbunden mit“, Samanvita)
  • tiṣṭhate : ist fest gegründet („steht still, harrt aus“, sthā)
  • khe-carī mudrā : Khechari Mudra
  • tasmin : in dieser (Tad)
  • śūnye : leeren (Shunya)
  • nirañjane : unbefleckten (Höhlung, Niranjana)         ||53||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

53. In der Sushumna, vor allem in der Öffnung, treffen die fünf Flüsse zusammen und übertragen göttliches Wissen. Im Hohlraum der Öffnung, die frei ist von Auswirkungen von Avidya (Unwissenheit), Kummer und Täuschung, kann sich Khechari Mudra vervollkommnen.

Die Flüsse, die in den oberen Versen erwähnt werden, bedeuten die zahlreichen Nadis: Ida, Pingala, Sushumna, Gangadhara, das für Ganges steht, Jamuna, Saraswati, Narmada etc.

Sukadev

53. In der Sushumna, vor allem in der Öffnung, treffen die fünf Flüsse zusammen und übertragen göttliches Wissen. Im Hohlraum der Öffnung, die frei ist von Auswirkungen von Avidya (Unwissenheit), Kummer und Täuschung, kann sich Khechari Mudra vervollkommnen.

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3. Kapitel, Vers 54

Deutsche Übersetzung:

Es gibt nur einen Samen, der die Schöpfung ist und nur ein Mudra – Khechari Mudra. | Es gibt nur einen ursprünglichen Gott (niralamba deva), nur einen Urzustand – Manomani.

Sanskrit Text:

  • ekaṁ sṛṣṭimayaṁ bījam ekā mudrā ca khecarī |
    eko devo nirālamba ekāvasthā manonmanī ||54||
  • एकं सृष्टिमयं बीजम् एका मुद्रा च खेचरी ।
    एको देवो निरालम्ब एकावस्था मनोन्मनी ॥५४॥
  • ekam srishtimayam bijam eka mudra cha khechari |
    eko devo niralamba ekavastha manonmani ||54||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ekaṁ : (es gibt nur) einen (ursprünglichen, Eka)
  • sṛṣṭi-mayaṁ : (der sich als) Schöpfung manifestiert (SrishtiMaya)
  • bījam* : Keim (Bija, nämlich die „Keimsilbe“ Om)
  • ekā : (es gibt nur) ein (bestes)
  • mudrā : Siegel (Mudra)
  • ca : und (Cha)
  • khe-carī : (nämlich) Khechari („die im leeren Raum wandelnde“)
  • ekaḥ : (es gibt nur) einen
  • devaḥ : Gott (Deva)
  • nir-ālambaḥ : der unabhängig („ohne Stütze“) ist (Niralamba)
  • ekā: (es gibt nur) einen (höchsten)
  • avasthā : Zustand (Avastha)
  • mana-unmanī : (des) Geist(es, der) jenseits des Geistes ist (Manonmani)         ||54||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der eine (Eka), ursprüngliche (mukhya) Same (Bija) die Pranava genannte (ākhya) „Keimsilbe“ Om ist, die sich als Schöpfung manifestiert (SrishtiMaya) bzw. die Form (Rupa) der Schöpfung annimmt: sṛṣti-mayaṃ sṛṣti-rūpaṃ praṇavākhyaṃ bījam ekaṃ mukhyam.

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Brahmananda

54. Die gesamte Evolution lässt sich auf einen Urlaut zurückführen: das OM. Es gibt nur ein Mudra: Khechari; nur eine Verpflichtung: sich von nichts abhängig zu machen; und nur ein Avastha oder spirituellen Zustand: Manomani.

Wie die anderen oben angeführten Dinge die bedeutendsten ihrer Kategorie darstellen, so kann auch Khechari als das beste aller Mudras angesehen werden.

Vishnu-devananda

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Sukadev

54. Die gesamte Evolution lässt sich auf einen Urlaut zurückführen: das OM. Es gibt nur ein Mudra: Khechari; nur eine Verpflichtung: Sich von Nichts abhängig zumachen; und nur ein Avashta oder spirituellen Zustand: Manomani.

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3. Kapitel, Vers 55

Deutsche Übersetzung:

Jetzt Uddiyana Bandha: Weil die Lebensenergie (Prana) durch den Verschluss in der Sushumna nach oben fliegt, | deshalb wird es von den Yogis mit dem Namen Uddiyana benannt.

Sanskrit Text:

  • atha uḍḍīyāna-bandhaḥ-
    baddho yena suṣumṇāyāṁ prāṇas tūḍḍīyate yataḥ |
    tasmād uḍḍīyanākhyo’yaṁ yogibhiḥ samudāhṛtaḥ ||55||
  • अथ उड्डीयानबन्धः
    बद्धो येन सुषुम्णायां प्राणस्तूड्डीयते यतः ।
    तस्मादुड्डीयनाख्योऽयं योगिभिः समुदाहृतः ॥५५॥
  • atha uddiyana bandhah
    baddho yena sushumnayam pranas tuddiyate yatah |
    tasmad uddiyanakhyo’yam yogibhih samudahritah ||55||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • atha : nun (folgt, Atha)
  • uḍḍīyāna-bandhaḥ : Uddiyana Bandha
  • baddhaḥ : festgehalten, kontrolliert wird („gebunden“, Baddha)
  • yena : mit diesem (Bandha, „mit welchem“, Yad)
  • suṣumṇāyāṁ : in der Sushumna
  • prāṇaḥ : (die) Lebensenergie (Prana)
  • tu : aber (Tu)
  • uḍḍīyate : (und dann) „auffliegt“ (ud + ḍī)
  • yataḥ : weil (Yatas)
  • tasmāt : deshalb (Tasmat)
  • uḍḍīyana : Uḍḍīyana (das “Auffliegenlassen”, Uddiyana)
  • ākhyaḥ : (mit der) Bezeichnung (Akhya)
  • ayaṁ : dieser (Verschluss, Ayam)
  • yogibhiḥ : von den Yogis
  • samudāhṛtaḥ : wurde benannt (Samudahrita)       ||55||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

55. Uddhiyana Bandha wird von den Yogis so genannt, weil dabei das Prana durch die Sushumna fließt.

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3. Kapitel, Vers 56

Deutsche Übersetzung:

Weil der große Vogel mit diesem Bandha fortwährend zum nach oben Fliegen gebracht wird, | deshalb wird dieses Bandha genau so als „das nach oben fliegen“ genannt. Auf diese Weise kann das Bandha erklärt werden:

Sanskrit Text:

  • uḍḍīnaṁ kurute yasmād aviśrāntaṁ mahā-khagaḥ |
    uḍḍīyānaṁ tad eva syāt tatra bandho’bhidhīyate ||56||
  • उड्डीनं कुरुते यस्मादविश्रान्तं महाखगः ।
    उड्डीयानं तदेव स्यात्तत्र बन्धोऽभिधीयते ॥५६॥
  • uddinam kurute yasmad avishrantam maha khagah |
    uddiyanam tad eva syat tatra bandho’bhidhiyate ||56||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • uḍḍīnaṁ : (das) Auffliegen (in der Sushumna, Uddina)
  • kurute : macht (kṛ)
  • yasmāt : weil mit diesem (Bandha, „aufgrund dessen“, Yad)
  • aviśrāntaṁ : unermüdlich, unablässig (Avishranta)
  • mahā : (der) große (Maha)
  • kha-gaḥ : Vogel („der im Luftraum geht“ Khaga, d.h. Prana)
  • uḍḍīyānaṁ : Uddiyana (das “Auffliegenlassen”)
  • tad : dies (Tad)
  • eva : gewiss, wahrlich (Eva)
  • syāt : (daher) ist („soll sein“, as)
  • tatra : in diesem (Zusammenhang, Tatra)
  • bandhaḥ : (dieser) Verschluss (Bandha)
  • abhidhīyate : wird (nun näher) beschrieben („benannt“, abhi + dhā)         ||56||

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Brahmananda

56. Weil durch dieses Bandha der mächtige Vogel Prana unausgesetzt durch die Sushumna fliegt, wird es Uddiyana Bandha genannt.

„Uddiyana“ stammt von den Sanskritwörtern „ut“ und „di“ und bedeuten fliegen.

Vishnu-devananda

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Sukadev

56. Weil durch dieses Bandha der mächtige Vogel Prana unausgesetzt durch die Sushumna fließt, wird es Uddhiyana Bandha genannt.

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3. Kapitel, Vers 57

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi soll den Bauch nach hinten saugen und den Nabel nach oben. | Dieses Uddiyana-Bandha ist ohne Zweifel der Löwe zum Elefanten des Todes.

Sanskrit Text:

  • udare paścimaṁ tānaṁ nābher ūrdhvaṁ ca kārayet |
    uḍḍīyāno hy asau bandho mṛtyu-mātaṅga-kesarī ||57||
  • उदरे पश्चिमं तानं नाभेरूर्ध्वं च कारयेत् ।
    उड्डीयानो ह्यसौ बन्धो मृत्युमातङ्गकेसरी ॥५७॥
  • udare pashchimam tanam nabher urdhvam cha karayet |
    uddiyano hy asau bandho mrityu matanga kesari ||57||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • udare : im Bauch(bereich, Udara)
  • paścimaṁ : nach hinten (Pashchima)
  • tānaṁ : (ein) Ausdehnen (Tana)
  • nābhe : des Nabels, vom Nabel (Nabhi)
  • ūrdhvaṁ : aufwärts, nach oben (Urdhva)
  • ca : und (Cha)
  • kārayet : man führe aus („lasse machen“, Kara)
  • uḍḍīyānaḥUddiyana (das “Auffliegenlassen”)
  • hi : bekanntlich, gewiss (Hi)
  • asau : dieser (Asau)
  • bandhaḥ : Verschluss (Bandha)
  • mṛtyu : (des) Todes (Mrityu)
  • mātaṅga : (gegenüber dem) Elefanten (Matanga)
  • kesarī : (ist wie ein) Löwe (Kesarin)        ||57||

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Brahmananda

57. Das Hinaufziehen der Eingeweide über und unterhalb des Nabels (so dass sie, gegen die Rückseite des Körpers gepresst, hoch oben im Brustkorb ruhen) wird Uddiyana Bandha genannt; und es ist der Löwe, der den Elefanten „Tod“ zur Strecke bringt.

Der Magen wird dabei sehr flach und kann zu einer Handspanne zusammengedrückt werden. Der Vorgang ist folgender: durch sehr kräftige Ausatmung werden die Lungen entleert und gegen den oberen Teil des Brustkorbes gedrückt und ziehen auch das Zwerchfell mit hoch. Dann werden die Eingeweide hinaufgezogen und füllen den leeren Raum.

Vishnu-devananda

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Sukadev

57. Das Hinausziehen der Eingeweide über und unterhalb des Nabels (so dass sie, gegen die Rückseite des Körpers gepresst, hoch oben im Brustkorb ruhen) wird Uddhiyana Bandha genannt; und es ist der Löwe, der den Elefanten „ Tod“ zur Strecke bringt.

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3. Kapitel, Vers 58

Deutsche Übersetzung:

Wenn ein selbst alter Mensch ständig Uddiyanabandha wie von seinem Guru erklärt praktizieren würde bis das Bandha sich fortwährend natürlich einstellt, würde er jung werden.

Sanskrit Text:

  • uḍḍīyānaṁ tu sahajaṁ guruṇā kathitaṁ sadā |
    abhyaset satataṁ yas tu vṛddho’pi taruṇāyate ||58||
  • उड्डीयानं तु सहजं गुरुणा कथितं सदा ।
    अभ्यसेत् सततं यस् तु वृद्धोऽपि तरुणायते ॥५८॥
  • uddiyanam tu sahajam guruna kathitam sada |
    abhyaset satatam yas tu vriddho’pi tarunayate ||58||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • uḍḍīyānaṁ : Uddiyana (das “Auffliegenlassen”)
  • tu : aber, jedoch (Tu)
  • sahajaṁ : (als) natürlich, spontan (Sahaja)
  • guruṇā : vom Lehrer, Meister (Guru)
  • kathitaṁ : wird bezeichnet, wird gelehrt (Kathita)
  • sadā : immer (Sada)
  • abhyaset : (Uddiyana Bandha) übt, praktiziert (abhi + as)
  • satataṁ : stets, unablässig (Satata)
  • yaḥ : wer (Yad)
  • tu : aber, jedoch
  • vṛddhaḥ : alt, (ein) Greis (Vriddha)
  • api : obwohl (Api)
  • taruṇāyate : erscheint als jung, wird wieder jung (Taru)     ||58||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

58. Derjenige, der ständig Uddiyana Bandha ausführt, wie ihn sein Guru gelehrt hat, und all das natürlich aufeinander folgen lässt, auch wenn er schon alt ist, wird jung.

„Natürlich“ bedeutet, dass es auf natürliche Weise einer mächtigen Ausatmung folgt.

Vishnu-devananda

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Sukadev

58. Derjenige, der ständig Uddhiyana Bandha ausführt, wie es ihn sein Guru gelehrt hat, und all das natürlich aufeinander folgen lässt, auch wenn er schon alt ist, wird jung.

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3. Kapitel, Vers 59

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi soll mit ständiger Bemühung das Einsaugen oberhalb und unterhalb des Nabels praktizieren. | Ohne Zweifel besiegt er den Tod wenn er sechs Monate so praktizieren würde.

Sanskrit Text:

  • nābher ūrdhvam adhaś cāpi tānaṁ kuryāt prayatnataḥ |
    ṣaṇ-māsam abhyasen mṛtyuṁ jayaty eva na saṁśayaḥ ||59||
  • नाभेर् ऊर्ध्वम् अधश् चापि तानं कुर्यात् प्रयत्नतः ।
    षण्मासम् अभ्यसेन् मृत्युं जयत्य् एव न संशयः ॥५९॥
  • nabher urdhvam adhash chapi tanam kuryat prayatnatah |
    shan masam abhyasen mrityum jayaty eva na samshayah ||59||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • nābheḥ : des Nabels, vom Nabel (Nabhi)
  • ūrdhvam : (der Gegend) oberhalb, aufwärts, nach oben (Urdhva)
  • adhaḥ : (der Gegend) untererhalb, abwärts, nach unten (Adhas)
  • ca : und (Cha)
  • api : auch (Api)
  • tānaṁ : (ein) Nachinnenziehen („Ausdehnen“, Tana)
  • kuryāt : man führe aus (“mache”, kṛ)
  • prayatnataḥ : eifrig, nach Kräften, willentlich (Prayatna)
  • ṣaṣ : sechs (Shash)
  • māsam : Monate (lang, Masa)
  • abhyaset : (man) übe, praktiziere (dies, abhi + as)
  • mṛtyuṁ : (den) Tod (Mrityu)
  • jayati : (dann) besiegt (man, Ji)
  • eva : gewiss (Eva)
  • na : nicht (Na)
  • saṁśayaḥ : (besteht hierüber ein) Zweifel (Samshaya)         ||59||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

59. Er sollte die Eingeweide oberhalb und unterhalb des Nabels hinaufziehen. So wird er zweifellos den Tod in nicht mehr als sechs Monaten überwunden haben.

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