2. Kapitel, Vers 67

Deutsche Übersetzung:

Diese Atemübung, die Bhastrika genannt wird, soll wahrlich umsomehr durchgefüht werden, | (da) sie die drei Hindernisse der aufsteigenden Kundalini, die im physischen Körper existieren, völlig durchstößt.

Sanskrit Text:

  • samyag gātra-samudbhūta-granthi-traya-vibhedakam |
    viśeṣeṇaiva kartavyaṁ bhastrākhyaṁ kumbhakaṁ tv idam ||67||
  • सम्यग् गात्रसमुद्भूतग्रन्थित्रयविभेदकम् ।
    विशेषेणैव कर्तव्यं भस्त्राख्यं कुम्भकं त्व् इदम् ॥६७॥
  • samyag gatra samudbhuta granthi traya vibhedakam |
    visheshenaiva kartavyam bhastrakhyam kumbhakam tv idam ||67||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • samyak* : fest, in einer Linie liegend (Samyak)
  • gātra** : (im) Körper (Gatra)
  • samudbhūta : (die) entstanden sind (Bhuta)
  • granthi*** : Knoten (Granthi)
  • traya*** : (der) drei („Dreiheit“, Traya)
  • vibhedakam : (es bewirkt das) Aufbrechen, Durchbohren (Vibhedaka)
  • viśeṣeṇa : besonders (Vishesha)
  • eva : gewiss, ganz (Eva)
  • kartavyaṁ : ist (daher) zu praktizieren (Kartavya)
  • bhastrā : Blasebalg (Bhastra bzw. Bhastrika)
  • ākhyaṁ : namens („mit Namen“, Akhya)
  • kumbhakaṁ : Atemverhaltung (Kumbhaka)
  • tu : aber (Tu)
  • idam : diese (Idam)      ||67||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt Samyak als dṛḍhī-bhūtāṃ „fest geworden, verfestigt“. Es wäre auch möglich „in einer Linie liegend“ zu verstehen.

**Anmerkung: Brahmananda ergänzt, dass „im Körper“ (Gatra) sich hier auf die in der Körpermitte (GatraMadhya) befindliche Sushumna bezieht: gātre gātra-madhye suṣumnāyām.

*** Brahmananda zählt die „drei Knoten“ (Granthi-Traya) auf, sie erscheinen in Form (Rupaka) von Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Rudra Granthi: granthi-trayaṃ bahma-granthi-viṣṇu-granthi-rudra-granthi-rūpakaṃ.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Dieses Bhastrika Kumbhaka sollte besonders praktiziert werden, weil es den Atem befähigt, alle drei Granthis oder Knoten, die in der Sushumna verankert sind, zu durchbrechen.

Ihr könnt nicht alle Granthis auf einmal brechen. Da gibt es zuerst das Brahma Granthi des Muladhara Chakras. Wenn Prana und Apana sich vereinigen und die Kundalini erwacht, ist es dieses Granthi, das gebrochen wird. Wenn dann die Jahre vorbeigehen, geht das Prana hinauf zum Manipura Chakra, wo das zweite Granthi, das Vishnu Granthi existiert. Das Brechen von diesem Granthi ist sehr schwierig, daher kann man mehrere Lebenszeiten benötigen, um es zu brechen. Das letzte Granthi ist das Rudra Granthi am Ajna Chakra; wenn es gebrochen ist, geht das Prana zum Sahasrara Chakra. Nur Bhastrika Pranayama bricht diese drei Granthis, nachdem die Reinigung eingetreten ist.

Sukadev

67. Dieses Bhastrika sollte besonders praktiziert werden, weil es den Atem befähigt, alle drei Granthis oder Knoten, die in der Sushumna verankert sind, zu durchbrechen.

Das ist also Bhastrika-Pranayama. Aber ich wills noch mal erwähnen: Bhastrika sollte man nur machen, wenn man vorher zwanzig Minuten Wechselatmung gemacht hat. Man sollte nicht Bhastrika sofort machen. Es gibt jetzt eine Ausnahme für diejenigen, die seit mindestens einem halben Jahr täglich Asanas und Pranayama machen, drei Runden Kapalabhati, zwanzig Minuten Wechselatmung machen, die auch meditieren jeden Tag mindestens zwanzig, dreißig Minuten. Wenn ihr dann fühlt, ihr wollt mal Ujjyai, Suryabedha, Bhastrika machen, dann könnt ihr auch schon nach zehn Minuten Wechselatmung in die fortgeschrittenen Pranayamas gehen. Die meisten werden aber feststellen, dass sie doch lieber die zwanzig Minuten Wechselatmung machen. Also ich mache jetzt Pranayama seit einundzwanzig Jahren und eigentlich gibt es so gut wie keinen Tag, wo ich nicht mindestens zwanzig Minuten Wechselatmung mache. Also Wechselatmung ist als einzelnes Pranayama möglich und nach Kapalabhati das wirkungsvollste der Kumbhakas. Aber wenn’s mal ne Phase gibt, wo ihr merkt, ihr wollt jetzt früher Ujjyai, Suryabedha, Bhastrika machen, und ihr habt schon mindestens ein halbes Jahr diese Sachen gemacht, dann könnt ihr auch dieser inneren Intuition nachgeben.

Es gilt auch allgemein: Wenn ihr zu einer Phase kommt in eurer Praxis, wenn ihr diese Grundreinigung hinter euch habt, dann spürt ihr plötzlich, dass irgendwie sich Mudras formen oder Pranayamas sich entwickeln, dann könnt ihr dem auch folgen. Z.B. beimKapalabhati sollte man beim Anhalten nicht Jalandhara Bandha machen. Wenn ihr aber schon regelmäßig geübt habt, und ihr merkt dann, es muss irgendwie sein, es soll so sein, dann könnt ihr auch Jalandhara Bandha machen beim Atemanhalten nach Kapalabhati. Wenn ihr im Rahmen der Wechselatmung spürt, statt dass jetzt eure Zunge so nach oben geht, die Zunge will nach hinten gehen, dann könnt ihr das auch geschehen lassen. Oder die Augen gehen nach oben, oder ihr wollt von Anfang an die Konzentration hier oben haben, anstatt diese kreisförmige Sache, dann kann man das auch geschehen lassen. So wie bei Vielem, gerade in den indischen Künsten, am Anfang muss man das Handwerkszeug lernen, und das ganz systematisch, und irgendwann übernimmt die eigene Intuition. Wenn die Intuition übernimmt, dann lässt man das zu, und wenn sie nichts besonderes mehr sagt, kehrt man zurück zu seinen Grundregeln.

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