3. Kapitel, Vers 111

Deutsche Übersetzung:

Fasse die schlafende Schlange (Bhujanga) an ihrem Schwanz und wecke diese auf. | Den Schlaf zurücklassend geht diese Shakti durch die Kraft nach oben.

Sanskrit Text:

  • pucche pragṛhya bhujaṅgīṁ suptām udbodhayec ca tām |
    nidrāṁ vihāya sā śaktir ūrdhvam uttiṣṭhate haṭhāt ||111||
  • पुच्छे प्रगृह्य भुजङ्गीं सुप्तामुद्बोधयेच्च ताम् ।
    निद्रां विहाय सा शक्तिरूर्ध्वमुत्तिष्ठते हठात् ॥१११॥
  • puchchhe pragrihya bhujangim suptam udbodhayech cha tam |
    nidram vihaya sa shaktir urdhvam uttishthate hathat ||111||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • pucche : am Schwanz (Puchchha)
  • pragṛhya : ergreifend („ergriffen habend“, pra + grah)
  • bhujaṅgīṁ : Schlange (Bhujangi)
  • suptām : schlafende (Supta)
  • udbodhayet : man soll erwecken (ud + budh)
  • ca : und, aber (Cha)
  • tām : die (Tad)
  • nidrāṁ : (den) Schlaf (Nidra)
  • vihāya : aufgebend, verlassend (vi + )
  • sā : diese (Tad)
  • śaktiḥ : Energie, Kraft (Shakti)
  • ūrdhvam : aufwärts, nach oben (Urdhva)
  • uttiṣṭhate : bewegt sich („steht auf, erhebt sich“, ud + sthā)
  • haṭhāt : mit Macht, zwangsläufig, unbeirrt (Hatha)        ||111||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Du solltest die schlafende Schlange (Kundalini) erwecken, indem du sie beim Schwanz packst. So erhebt sich gezwungenermaßen Shakti, ihres Schlafes beraubt.

Wie soll man den Schwanz packen und schütteln? Durch Bandhas und Mudras.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 112

Deutsche Übersetzung:

Und bewege so immer diese ruhende huttragende Schlange am Morgen und am Abend für 1,5 Stunden. | Atme ein durch das rechte Naselnoch (Surya) und fasse mit der Paridhana Technik.

Sanskrit Text:

  • avasthitā caiva phaṇāvatī sā
    prātaś ca sāyaṁ praharārdha-mātram |
    prapūrya sūryāt paridhāna-yuktyā
    pragṛhya nityaṁ paricālanīyā ||112||
  • अवस्थिता चैव फणावती सा
    प्रातश्च सायं प्रहरार्धमात्रम् ।
    प्रपूर्य सूर्यात्परिधानयुक्त्या
    प्रगृह्य नित्यं परिचालनीया ॥११२॥
  • avasthita chaiva phanavati sa
    pratash cha sayam praharardha matram |
    prapurya suryat paridhana yuktya
    pragrihya nityam parichalaniya ||112||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • avasthitā* : (unten im Muladhara Chakra) verweilende (Avasthita)
  • ca : und, aber (Cha)
  • eva : gewiss (Eva)
  • phaṇā-vatī : Schlange („die eine Haube hat“, Kobra, Phanavati)
  • sā : diese (Tad)
  • prātar : morgens (Pratar)
  • ca : und
  • sāyaṁ : abends (Sayam)
  • prahara** : Wache (Prahara)
  • ardha** : (einer) halben (Ardha)
  • mātram** : für die Zeit („Maß“, Matra)
  • prapūrya : eingeatmet habend (pra + pṝ)
  • sūryāt : durch das rechte Nasenloch („von der Sonne her“, Surya)
  • paridhāna*** : (des) „Herumlegens“ (Paridhana)
  • yuktyā : durch die Methode (Yukti)
  • pragṛhya : indem (man sie) ergreift (pra + grah)
  • nityaṁ : täglich („stets“, Nitya)
  • paricālanīyā : soll (im Kreise) herum bewegt werden (Parichalaniya)        ||112||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt die Bedeutung von avasthitā („unten befindlich“) mit „im Muladhara befindlich (Sthita)“:  avasthitā … mūlādhāra-sthitā.

**Anmerkung: Eine „Wache“ (Prahara) entspricht drei Stunden, eine halbe (Ardha) Wache somit anderthalb Stunden bzw. die Dauer (Matra) zweier (Dvaya) Muhurtas: muhūrta-dvaya-mātram.

***Anmerkung: Die „Methode des Herumlegens“ (ParidhanaYukti) bezieht sich wahrscheinlich auf das Kreisenlassen der Bauchmuskulatur, also einen Nauli vergleichbaren Prozess. Brahmananda bemerkt, dass diese Methode durch einen Lehrer (Deshika) gelehrt werden muss bzw. durch dessen Unterweisung verstanden (bodhya) werden kann: paridhāna-yuktir deśikād bodhyā.

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Brahmananda

Das Kumbhaka während dieses Prozesses ist sehr speziell und sollte von einem Guru gelernt werden.

Vishnu-devananda

Nachdem du durch die Sonne (Pingala) eingeatmet hast, solltest du, den Regeln entsprechend, den Atem anhalten.

Das bezieht sich auf die Wechselatmung, Suryabedha und andere Pranayamas.

Dann sollte man ungefähr eineinhalb Stunden in der Morgen- und Abenddämmerung die Shakti beeinflussen.

Du musst eineinhalb Stunden lang den „Schwanz“ schütteln.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 113

Deutsche Übersetzung:

Kanda liegt eine Spanne (12 Finger) oberhalb (des Muladhara Chakra) und ist vier Finger breit, man sagt es sei zart, weiß, wie in Baumwollstoff gewickelt.

Sanskrit Text:

  • ūrdhvaṁ vitasti-mātraṁ tu vistāraṁ caturaṅgulam |
    mṛdulaṁ dhavalaṁ proktaṁ veṣṭitāmbara-lakṣaṇam ||113||
  • ऊर्ध्वं वितस्तिमात्रं तु विस्तारं चतुरङ्-गुलम् ।
    मृदुलं धवलं प्रोक्तं वेष्टिताम्बरलक्षणम् ॥११३॥
  • urdhvam vitasti matram tu vistaram chaturangulam |
    mridulam dhavalam proktam veshtitambara lakshanam ||113||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ūrdhvaṁ* : oberhalb (des Muladhara Chakra, Urdhva)
  • vitasti* : einer Spanne (Vitasti)
  • mātraṁ* : (um das) Maß (Matra)
  • tu : aber (Tu)
  • vistāraṁ : breit (mit einer „Breite“ von, Vistara)
  • catur : vier (Chatur)
  • aṅgulam : Finger (Angula)
  • mṛdulaṁ : weich (Mridula)
  • dhavalaṁ : weiß (Dhavala)
  • proktaṁ : beschrieben („genannt“ als, Prokta)
  • veṣṭita : (wie) eingewickelt, umhüllt (Veshtita)
  • ambara : (mit) einem Tuch, Baumwolle (Ambara)
  • lakṣaṇam : (der Kanda)* erscheint („hat das Kennzeichen, die Erscheinungsform“, Lakshana)         ||113||

*Anmerkung: Obwohl das Wort Kanda im Sanskrittext nicht ausdrücklich erwähnt wird, ergibt es sich aus dem Sinnzusammenhang, wenn man den vorliegenden Vers zusammen mit dem folgenden Vers (114) liest. Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass der Kanda zwischen (Madhya) Penis (Mendhra) und Nabel (Nabhi) liegt, im Abstand (Matra) einer Spanne (Vitasti) oberhalb (Urdhva) des Mulasthana (Muladhara): mūla-sthānād vitasti-mātraṃ ūrdhvam nabhi-meṇḍhrayor madhye. Hierzu zitiert er Vers 16 aus dem Goraksha Shataka  (Version 1) folgenden Inhalts: „Oberhalb des Penis (und) unterhalb des Nabels (befindet sich) der Kanda (genannte), wie ein Vogelei (geformte) Ursprung (der Nadis). Dort entspringen 72 000 Nadis.“

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Brahmananda

5 cm über dem Anus und 2 cm unter dem Penis in der Mitte des Körpers ist die Kanda, 23 cm von der Mitte des Körpers entfernt. Sie ist wie ein Ei und wird von einer Membran bedeckt. Bei Tieren und Vögeln ist sie in der Mitte des Magens.

Vishnu-devananda

Die Kanda ist 31 cm über dem Anus und dehnt sich 11,5 cm nach beiden Seiten aus.

Das ist ungefähr der Ort, wo sich am Muladhara alle Nervengeflechte vereinigen. Hier ist es, wo die Energie ruht.

Es wird beschrieben, dass es von runder Gestalt sei und als wenn es von einem weichen, weißen Stück Stoff bedeckt sei.

Es ist weich und weiß, weil es im Rückenmark auch weiße Masse gibt. Das wurde vor Tausenden von Jahren geschrieben.

Das ist so, weil deren Rückenmark ganz verschieden ist.

Von der Kanda entspringen die 72.000 Nadis.

Wie bei einer Batterie mit Drähten, die in verschiedene Zonen gehen. Wenn also die Nadis durch Bandhas, Pranayama etc. nicht richtig gereinigt sind, fließt das Prana durch die falschen Nadis und man bekommt psychische Probleme.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 114

Deutsche Übersetzung:

In Vajrasana sitzend soll der Yogi beide Füße fest halten, | am Platz nah am Knöchel und den Kanda dort drücken.

Sanskrit Text:

  • sati vajrāsane pādau karābhyāṁ dhārayed dṛḍham |
    gulpha-deśa-samīpe ca kandaṁ tatra prapīḍayet ||114||
  • सति वज्रासने पादौ कराभ्यां धारयेद् दृढम् ।
    गुल्फदेशसमीपे च कन्दं तत्र प्रपीडयेत् ॥११४॥
  • sati vajrasane padau karabhyam dharayed dridham |
    gulpha desha samipe cha kandam tatra prapidayet ||114||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • sati : befindlich (Sat)
  • vajra-āsane* : in der Diamantstellung (Vajrasana, einer Variante von Siddhasana)
  • pādau : die Beine („Füße“, Pada)
  • karābhyāṁ : mit den Händen (Kara)
  • dhārayet : (man) halte (dhṛ)
  • dṛḍham : fest (Dridha)
  • gulpha : (der) Knöchel (Gulpha)
  • deśa : (der) Gegend (Desha)
  • samīpe : in der Nähe (Samipa)
  • ca : und (Cha)
  • kandaṁ : (das) Kanda
  • tatra : dort (wo es sich befindet, Tatra)
  • prapīḍayet** : (man) drücke, presse (pra + pīḍ)         ||114||

*Anmerkung: Vajrasana bedeutet hier eine Variante von Siddhasana, bei der die rechte Ferse am Damm und die linke Ferse über dem Glied liegt (vgl. die Anmerkung zum 39. Vers des ersten Kapitels)

** Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt die Ausführung derart, dass man mit beiden Händen (Kara) die Füße (Pada) oberhalb (Urdhva) der Knöchel (Gulpha) ergreift (gṛhītvā) und (mit den Fersen) unterhalb (AdhasBhaga) des Nabels (Nabhi) das Kanda drückt (pīḍayet): gulphād ūrdhvaṃ karābhyāṃ pādau gṛhītvā nābher adho-bhāge kandaṃ pīḍayet

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Sitze in der Vajrasana Stellung, fasse fest die Füße nahe den Knöcheln und schlage mit ihnen sanft die Kanda.

Das ist eigentlich, was wir Siddhasana nennen. Manchmal wurde es von verschiedenen Lehrern Vajrasana genannt. Weil „Vajrasana“ wörtlich „EnergieAsana“ heißt, wurde der Name für jede Asana angewendet, die ausgeführt wurde, um die Energie zu heben. Vajra war die Donnerkeil-Waffe von Indra.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 115

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi, in Vajrasana sitzend, soll, nachdem er die Kundalini bewegt hat, | fortwährend Bhastrika üben. Er soll die Kundalini schnell erwecken.

Sanskrit Text:

  • vajrāsane sthito yogī cālayitvā ca kuṇḍalīm |
    kuryād anantaraṁ bhastrāṁ kuṇḍalīm āśu bodhayet ||115||
  • वज्रासने स्थितो योगी चालयित्वा च कुण्डलीम् ।
    कुर्यादनन्तरं भस्त्रां कुण्डलीमाशु बोधयेत् ॥११५॥
  • vajrasane sthito yogi chalayitva cha kundalim |
    kuryad anantaram bhastram kundalim ashu bodhayet ||115||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • vajra-āsane* : in der Diamantstellung (Vajrasana, einer Variante von Siddhasana)
  • sthitaḥ : sich befindend (Sthita)
  • yogī : (der) Yogi
  • cālayitvā : nach dem er in Bewegung gesetzt hat (cal)
  • ca : und, aber (Cha)
  • kuṇḍalīm : (die) Kundali(ni)
  • kuryāt : (er) führe aus („mache“, kṛ)
  • anantaraṁ : (gleich) danach (Anantara)
  • bhastrāṁ : (den) Blasebalg (Bhastra, d.h. Bhastrika)
  • kuṇḍalīm : (die) Kundali(ni)
  • āśu : schnell (Ashu)
  • bodhayet : (so) kann er erwecken (budh)        ||115||

*Anmerkung: Vgl. die Anmerkung zum vorangehenden Vers.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Indem er die Vajrasana (Siddhasana) Stellung einnimmt, sollte der Yogi die Kundalini veranlassen, sich zu bewegen. Dann sollte er Bhastrika Kumbhaka ausüben. So wird er bald die Kundalini erwecken.

Das ist Shakti Chalani.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 116

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi soll die Sonne zusammenziehen, und die Kundalini bewegen | Wo ist dann die Furcht vor dem Tod? Selbst wenn er vor seinen Mund kommt.

Sanskrit Text:

  • bhānor ākuñcanaṁ kuryāt kuṇḍalīṁ cālayet tataḥ |
    mṛtyu-vaktra-gatasyāpi tasya mṛtyu-bhayaṁ kutaḥ ||116||
  • भानोराकुञ्चनं कुर्यात् कुण्डलीं चालयेत्ततः ।
    मृत्युवक्त्रगतस्यापि तस्य मृत्युभयं कुतः ॥११६॥
  • bhanor akunchanam kuryat kundalim chalayet tatah |
    mrityu vaktra gatasyapi tasya mrityu bhayam kutah ||116||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • bhānoḥ* : der Sonne (Bhanu, im Bereich des Nabels)
  • ākuñcanaṁ : (das) Einziehen („Zusammenziehen“, Akunchana)
  • kuryāt : (man) führe aus (“mache”, kṛ)
  • kuṇḍalīṁ : (die) Kundali(ni)
  • cālayet : man setze in Bewegung (cal)
  • tataḥ : dann (Tatas)
  • mṛtyu : (des) Todes (Mrityu)
  • vaktra : (in den) Mund (Vaktra)
  • gatasya : (einer, der) gelangt („gegangen“) ist (Gata)
  • api : sogar (Api)
  • tasya : diesem (Tad)
  • mṛtyu : (vor dem) Tod
  • bhayaṁ : Furcht, Angst (Bhaya)
  • kutaḥ : woher (sollte kommen, Kutas)         ||116||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich die „Sonne“ (Bhanu, Surya) im Bereich (Desha) des Nabels (Nabhi) befindet (Stha): bhānor nābhi-deśa-sthasya sūryasa.

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Brahmananda

Indem man den Magen zusammenzieht, zieht man die Sonne zusammen.

Vishnu-devananda

Er sollte dann die Sonne zusammenziehen (die nahe dem Nabel ist), und dann die Kundalini veranlassen, sich zu bewegen.

Was heißt „den Nabel zusammenziehen“? Uddiyana Bandha. Das ist eine ziemlich fortgeschrittene Übung, nach Jahren des Trainings. Es ist nicht notwendig, an dieser Stelle dies noch näher zu erörtern. Wenn man dies zu früh übt, gelangt man wegen der Blockaden und Unreinheiten in der Sushumna zu keinem Resultat.

Auch wenn er an der Schwelle des Todes steht, braucht er ihn nicht zu fürchten.

Wenn die Energie in der Sushumna ist, gibt es keinen Tod.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 117

Deutsche Übersetzung:

Durch dieses furchtlose schütteln über 2 mal 48 (ca. 96) Minuten ausgeführt, | geht die Kundalini in der Sushuma ein wenig nach Oben.

Sanskrit Text:

  • muhūrta-dvaya-paryantaṁ nirbhayaṁ cālanād asau |
    ūrdhvam ākṛṣyate kiñ-cit suṣumṇāyāṁ samudgatā ||117||
  • मुहूर्तद्वयपर्यन्तं निर्भयं चालनादसौ ।
    ऊर्ध्वमाकृष्यते किंचित् सुषुम्णायां समुद्गता ॥११७॥
  • muhurta dvaya paryantam nirbhayam chalanad asau |
    urdhvam akrishyate kin chit sushumnayam samudgata ||117||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • muhūrta : Muhurtas
  • dvaya : (von) zwei („einem Paar“, Dvaya)
  • paryantaṁ* : für die Dauer („bis zum Ende“, Paryanta)
  • nir-bhayaṁ : ohne Furcht (Nirbhaya)
  • cālanāt : aufgrund (des) Bewegens (Chalana, der Kundalini)
  • asau : sie (Asau)
  • ūrdhvam : aufwärts, nach oben (Urdhva)
  • ākṛṣyate : wird hereingezogen (ā + kṛṣ)
  • kiñ-cid : ein wenig, etwas (Kim Chid)
  • suṣumṇāyāṁ : in die Sushumna
  • samudgatā : hervorgekommen (Samudgata)      ||117||

*Anmerkung: Dies entspricht einer Dauer von ca. anderthalb Stunden bzw. einer Zeitinheit „bestehend (Atmaka) aus vier (Chatushtaya) Ghatikas (96 min)“: ghaṭikā-catuṣṭayātmakam.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Indem man ohne Furcht die Kundalini ungefähr eineinhalb Stunden lang bewegt, wird sie ein wenig durch die Sushumna nach oben gezogen.

Energiewellen beginnen sich langsam, langsam nach oben zu bewegen.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 118

Deutsche Übersetzung:

Dadurch verlässt die Kundalini sicher ihren Platz von diesem Mund der Sushumna. | Daher kann dieses Prana alleine sich in der Sushumna bewegen.

Sanskrit Text:

  • tena kuṇḍalinī tasyāḥ suṣumṇāyā mukhaṁ dhruvam |
    jahāti tasmāt prāṇo’yaṁ suṣumṇāṁ vrajati svataḥ ||118||
  • तेन कुण्डलिनी तस्याः सुषुम्णाया मुखं ध्रुवम् ।
    जहाति तस्मात्प्राणोऽयं सुषुम्णां व्रजति स्वतः ॥११८॥
  • tena kundalini tasyah sushumnaya mukham dhruvam |
    jahati tasmat prano’yam sushumnam vrajati svatah ||118||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tena* : durch dieses (nach oben Ziehen, Tad)
  • kuṇḍalinī : (die) Kundalini
  • tasyāḥ : der (Tad)
  • suṣumṇāyā : Sushumna
  • mukhaṁ : (die) Öffnung („Mund“, Mukha)
  • dhruvam : gewiss (Dhruva)
  • jahāti : verlässt ()
  • tasmāt : aufgrund dessen (Tasmat)
  • prāṇaḥ : Lebenshauch, Prana
  • ayaṁ : der (Ayam)
  • suṣumṇāṁ : in die Sushumna
  • vrajati : geht (ein, vraj)
  • svataḥ : von selbst (Sva)       ||118||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass tena „dadurch“ sich auf das nach oben (Urdhva) Ziehen (Akarshana der Kundalini) bezieht: tenordhvākarṣaṇena.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 91 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Indem man ohne Furcht die Kundalini ungefähr eineinhalb Stunden lang bewegt, wird sie ein wenig durch die Sushumna nach oben gezogen.

Energiewellen beginnen sich langsam, langsam nach oben zu bewegen.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 119

Deutsche Übersetzung:

Deshalb soll er fortwährend die gemütlich schlummernde Arudhati bewegen. | Dadurch ist der Yogi durch das Bewegen wahrlich von Krankheiten befreit.

Sanskrit Text:

  • tasmāt sañcālayen nityaṁ sukha-suptām arundhatīm |
    tasyāḥ sañcālanenaiva yogī rogaiḥ pramucyate ||119||
  • तस्मात्संचालयेन्नित्यं सुखसुप्तामरुन्धतीम् ।
    तस्याः संचालनेनैव योगी रोगैः प्रमुच्यते ॥११९॥
  • tasmat sanchalayen nityam sukha suptam arundhatim |
    tasyah sanchalanenaiva yogi rogaih pramuchyate ||119||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tasmāt : daher, deshalb (Tasmat)
  • sañcālayet : (man) soll in Bewegung setzen (sam + cal)
  • nityaṁ : täglich („stets“, Nitya)
  • sukha : (die) behaglich (Sukha)
  • suptām : schlafende (Supta)
  • arundhatīm : Arundhati (Kundalini)
  • tasyāḥ : von ihr (Tad)
  • sañcālanena : durch das in Bewegung Setzen (Sanchalana)
  • eva : nur, allein (Eva)
  • yogī : (der) Yogi
  • rogaiḥ : von Krankheiten (Roga)
  • pramucyate : wird befreit (pra + muc)       ||119||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

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3. Kapitel, Vers 120

Deutsche Übersetzung:

Durch dieses Schütteln der Kraft (Shakti) wird der Yogi zum Empfänger von übernatürlichen Kräften (Siddhi). | Warum mehr darüber sprechen? Spielend überwindet er die alles zerstörende Zeit (Kala).

Sanskrit Text:

  • yena sañcālitā śaktiḥ sa yogī siddhi-bhājanam |
    kim atra bahunoktena kālaṁ jayati līlayā ||120||
  • येन संचालिता शक्तिः स योगी सिद्धिभाजनम् ।
    किमत्र बहुनोक्तेन कालं जयति लीलया ॥१२०॥
  • yena sanchalita shaktih sa yogi siddhi bhajanam |
    kim atra bahunoktena kalam jayati lilaya ||120||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • yena : durch wen (Yad)
  • sañcālitā : in Bewegung gesetzt wurde (Sanchalita)
  • śaktiḥ : (die) Energie (Shakti)
  • saḥ : dieser (Tad)
  • yogī : Yogi
  • siddhi : (für die) Vollkommenheiten (Siddhi)
  • bhājanam : (wird ein) Gefäß (Bhajana)
  • kim : was (Kim)
  • atra : (bliebe) hier (noch zu sagen, Atra)
  • bahunā : durch viele (unnütze, Bahu)
  • uktena : Worte (Ukta)
  • kālaṁ : (den) Tod („Zeit“, Kala)
  • jayati : (er) besiegt (ji)
  • līlayā : mühelos („spielerisch, wie im Spiel“, Lila)           ||120||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Der Yogi, der Shakti bewegt, wird der Besitzer von Siddhis. Was ist der Sinn, davon zu sprechen? Er besiegt die Zeit (den Tod) spielend.

Bloßes Reden genügt nicht, du musst üben.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 121

Deutsche Übersetzung:

Durch das Mandala an Kundalini-Praxis des Yogi, der sich am Leben des spirituellen Schülers erfreut und der gefestigt ist darin immer maßvoll zu essen, entstehen übernatürliche Kräfte (Siddhi).

Sanskrit Text:

  • brahmacarya-ratasyaiva nityaṁ hita-mitāśinaḥ |
    maṇḍalād dṛśyate siddhiḥ kuṇḍaly-abhyāsa-yoginaḥ ||121||
  • ब्रह्मचर्यरतस्यैव नित्यं हितमिताशिनः ।
    मण्डलाद्दृश्यते सिद्धिः कुण्डल्यभ्यासयोगिनः ॥१२१॥
  • brahma charya ratasyaiva nityam hita mitashinah |
    mandalad drishyate siddhih kundaly abhyasa yoginah ||121||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • brahma-carya : (an sexueller) Enthaltsamkeit (Brahmacharya)
  • ratasya : (der) Gefallen hat (Rata)
  • eva : nur (Eva)
  • nityaṁ : stets, immer (Nitya)
  • hita : heilsame (Nahrung, Hita)
  • mita : mit Mäßigung („gemäßigt“, Mita)
  • āśinaḥ : der isst (Ashin)
  • maṇḍalāt* : nach 40 Tagen („einem Kreis“, Mandala)
  • dṛśyate : kommt zustande („wird gesehen“, dṛś)
  • siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi)
  • kuṇḍalī : (auf die) Kundali(ni) (ausgerichtet ist)
  • abhyāsa : (dessen) Praxis (Abhyasa)
  • yoginaḥ : eines Yogi      ||121||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit Mandala („Kreis“) hier ein Zeitraum gemeint ist, der aus 40 (Chatvarimshat) Tagen (Dina) besteht (Atmaka): maṇḍalāc catvāriṃśad-dinātmakāt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Nur ein Yogi, der das Leben eines Brahmachari (Enthaltsamen) führt,

-wieder und wieder wird darauf verwiesen-

und eine gemäßigte und nahrhafte Diät befolgt, erlangt Vollkommenheit in der Handhabung der Kundalini innerhalb von 40 Tagen.

Das ist nur möglich, wenn viele eurer Unreinheiten schon in vergangenen Inkarnationen beseitigt worden sind. Dann könnte ein wenig Übung und vielleicht ein „Om“ vom Guru ausreichend sein, damit das passiert. Aber wenn das nicht passiert, macht einfach weiter euer Sadhana bis ihr zum Erfolg kommt – im nächsten Leben oder im zehnten Leben von jetzt an. Manchmal kann euer altes Karma kommen und alle Arten von Hindernissen erzeugen, wie Krankheiten usw. Manchmal verbrennt das Karma sehr langsam. Wenn ihr mit intensivem Sadhana beginnt, kann es sein, dass diese Dinge sehr intensiv für euch werden. Vielleicht glaubt ihr, ihr werdet schlechter, aber tatsächlich verbrennt ihr euer Karma sehr schnell und in sehr kurzer Zeit. Wenn immer ich mich zurückziehe, kommt das meiste von meinem Karma hoch, um verbrannt zu werden. Ich bekomme Frostbeulen, einen Unfall mit dem Knie und anderes.

Sukadev

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3. Kapitel, Vers 122

Deutsche Übersetzung:

Er soll im Besonderen Bhastrika praktizieren um Kundalini in Bewegung zu versetzen. | Wo ist die Angst vor dem Gott des Todes (Yama) für den der wahrlich fortwährend energisch praktiziert.

Sanskrit Text:

  • kuṇḍalīṁ cālayitvā tu bhastrāṁ kuryād viśeṣataḥ |
    evam abhyasyato nityaṁ yamino yama-bhīḥ kutaḥ ||122||
  • कुण्डलीं चालयित्वा तु भस्त्रां कुर्याद्विशेषतः ।
    एवमभ्यस्यतो नित्यं यमिनो यमभीः कुतः ॥१२२॥
  • kundalim chalayitva tu bhastram kuryad visheshatah |
    evam abhyasyato nityam yamino yama bhih kutah ||122||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • kuṇḍalīṁ : (die) Kundali(ni)
  • cālayitvā : nachdem (man) in Bewegung gesetzt hat (cal)
  • tu : aber (Tu)
  • bhastrāṁ : (den) Blasebalg (Bhastra, d.h. Bhastrika)
  • kuryāt : (man) praktiziere („mache“, kṛ)
  • viśeṣataḥ : besonders (Visheshatas)
  • evam : so, auf diese Weise (Evam)
  • abhyasyataḥ : (der) praktiziert (Abhyasa)
  • nityaṁ : täglich („stets“, Nitya)
  • yaminaḥ : für einen gezügelten (Yogi, Yamin)
  • yama : (vor dem Todesgott) Yama
  • bhīḥ : Furcht (Bhi)
  • kutaḥ : woher (käme dann noch, Kutas)       ||122||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

122. Wenn die Kundalini in Bewegung versetzt wurde, sollte er ständig Bhastrika Kumbhaka üben. Jemand, der in Yama gefestigt ist

also die ethischen Richtlinien beachtet

– und das praktiziert, braucht den Tod nie zu fürchten.

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3. Kapitel, Vers 123

Deutsche Übersetzung:

In der Reinigung der 72.000 Energiekanäle (Nadi), | was wäre wahrlich besser als das Waschen durch die Kundalini-Praxis?

Sanskrit Text:

  • dvā-saptati-sahasrāṇāṁ nāḍīnāṁ mala-śodhane |
    kutaḥ prakṣālanopāyaḥ kuṇḍaly-abhyasanād ṛte ||123||
  • द्वासप्ततिसहस्राणां नाडीनां मलशोधने ।
    कुतः प्रक्षालनोपायः कुण्डल्यभ्यसनादृते ॥१२३॥
  • dva saptati sahasranam nadinam mala shodhane |
    kutah prakshalanopayah kundaly abhyasanad rite ||123||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • dvā-saptati-sahasrāṇāṁ : der 72 000 (Dvasaptatisahasra)
  • nāḍīnāṁ : (feinstofflichen) Kanäle (Nadi)
  • mala : (vom) Schmutz (Mala)
  • śodhane : (hinsichtlich der) Reinigung (Shodhana)
  • kutaḥ : woher (Kutas)
  • prakṣālana : (zum) Waschen (Prakshalana)
  • upāyaḥ : (nähme man ein anderes) Mittel (Upaya)
  • kuṇḍalī : (des in Bewegung Setzens der) Kundali(ni) (durch Shakti Chalana)
  • abhyasanāt : der Praxis (Abhyasana)
  • ṛte : abgesehen von („außer“, Rite)        ||123||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

123. Außer der Praxis von Kundalini, durch welche andren Mittel können die Unreinheiten der 72000 Nadis beseitigt werden.

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3. Kapitel, Vers 124

Deutsche Übersetzung:

Dieser mittlere Energiekanal (Nadi) wird durch die stabile Praxis der Yogis hinsichtlich von Körperhaltung (Asana), Kontrolle des Prana und Mudras gerade.

Sanskrit Text:

  • iyaṁ tu madhyamā nāḍī dṛḍhābhyāsena yoginām |
    āsana-prāṇa-saṁyāma-mudrābhiḥ saralā bhavet ||124||
  • इयं तु मध्यमा नाडी दृढाभ्यासेन योगिनाम् ।
    आसनप्राणसंयाममुद्राभिः सरला भवेत् ॥१२४॥
  • iyam tu madhyama nadi dridhabhyasena yoginam |
    asana prana samyama mudrabhih sarala bhavet ||124||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • iyaṁ : dieser (Iyam)
  • tu : aber (Tu)
  • madhyamā : mittlere (Madhyama)
  • nāḍī : (feinstoffliche) Kanal (Nadi, d.h. die Sushumna)
  • dṛḍha : (durch) intensives, unnachgiebiges (Dridha)
  • abhyāsena : Üben (Abhyasa)
  • yoginām : der Yogis
  • āsana : (durch) Körperhaltungen (Asana)
  • prāṇa-saṁyāma : Kontrolle (Samyama) der Lebensenergie Prana (d.h. Pranayama)
  • mudrābhiḥ : (und) Siegel (Mudra)
  • saralā : gerade (Sarala)
  • bhavet : wird (bhū)         ||124||

Anmerkung: Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 77 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

124. Dieser mittlere Nadi (Sushumna) wird durch Übung gestreckt und durchAsanas, Pranayama und Mudras.

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3. Kapitel, Vers 125

Deutsche Übersetzung:

In der Praxis den Geist (Manas) durch Samadhi ohne Erschöpfung zu konzentrieren | – Rudrani als das beste Mudra gibt hervorragende Ergebnisse (Siddhi).

Sanskrit Text:

  • abhyāse tu vinidrāṇāṁ mano dhṛtvā samādhinā |
    rudrāṇī vā parā mudrā bhadrāṁ siddhiṁ prayacchati ||125||
  • अभ्यासे तु विनिद्राणां मनो धृत्वा समाधिना ।
    रुद्राणी वा परा मुद्रा भद्रां सिद्धिं प्रयच्छति ॥१२५॥
  • abhyase tu vinidranam mano dhritva samadhina |
    rudrani va para mudra bhadram siddhim prayachchhati ||125||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • abhyāse : in der Praxis (Abhyasa)
  • tu : aber (Tu)
  • vinidrāṇāṁ : den Unermüdlichen („die frei von Schlaf sind“, Vinidra)
  • manas : (die ihren) Geist (Manas)
  • dhṛtvā : (konzentriert) halten (dhṛ)
  • samādhinā : durch die (Praxis der) Versenkung (Samadhi)
  • rudrāṇī : Rudrani (d.h. Shambhavi Mudra)
  • vā : oder (Va)
  • parā : (ein) anderes (Para)
  • mudrā : Siegel (Mudra)
  • bhadrāṁ : herrliche(n), segensreiche(n, Bhadra)
  • siddhiṁ : Vollkommenheit, Erfolg (Siddhi)
  • prayacchati : verleiht (pra + yam)       ||125||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

125. Der, welcher dies übt, den Geist fest konzentriert, ohne nachlässig zu werden, erlangt durch Shambhavi oder irgendein anderes Mudra verschiedene Siddhis.

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3. Kapitel, Vers 126

Deutsche Übersetzung:

Ohne Raja Yoga keine Erde, ohne Raja Yoga keine Nacht | und ohne Raja Yoga scheinen sogar die vielfältigen Mudras nicht.

Sanskrit Text:

  • rāja-yogaṁ vinā pṛthvī rāja-yogaṁ vinā niśā |
    rāja-yogaṁ vinā mudrā vicitrāpi na śobhate ||126||
  • राजयोगं विना पृथ्वी राजयोगं विना निशा ।
    राजयोगं विना मुद्रा विचित्रापि न शोभते ॥१२६॥
  • raja yogam vina prithvi raja yogam vina nisha |
    raja yogam vina mudra vichitrapi na shobhate ||126||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • rāja-yogaṁ : (den) königlichen Yoga (Rajayoga)
  • vinā : ohne (Vina)
  • pṛthvī : (die) „Erde“ (Prithvi, d.h. die Körperhaltungen, Asana)
  • rāja-yogaṁ : (den) königlichen Yoga
  • vinā : ohne
  • niśā : (die) „Nacht“ (Nisha, d.h. die Atemverhaltungen, Kumbhaka)
  • rāja-yogaṁ : (den) königlichen Yoga
  • vinā : ohne
  • mudrā : Siegel (Mudra)
  • vicitrā : (das) vielgestaltige (Vichitra)
  • api : auch, sogar (Api)
  • na : nicht(s, Na)
  • śobhate : nützt („glänzt, strahlt“, śubh)          ||126||

Anmerkung: Die Schlüsselworte dieses Verses haben jeweils eine Doppelbedeutung, wie der Kommentator Brahmananda ausführt: Wie die Erde (Prithvi) ohne das Wirken (Yoga) eines Königs (Rajan) schutzlos ist und allerlei Gefahren ausgesetzt, so verfehlen die Körperstellungen (Asana) ohne die Praxis des Rajayoga ihren eigentlichen Zweck. Wie die Nacht (Nisha) ohne Verbindung (Yoga) des Mondes (Rajan) nicht strahlt, sowenig nützt die Praxis der Atemverhaltungen (Kumbhaka) ohne den Rajayoga. Und wie ein Siegelring (Mudra) ohne die Beziehung (Yoga) zu einem König (Rajan) keinen Wert hat, so ist auch das Üben von Siegelhaltungen (Mudra) ohne den Rajayoga nutzlos.

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Brahmananda

Es gibt keine Prithvi (Erde) ohne Raja Yoga. Es gibt keine Nacht ohne Raja Yoga. Die verschiedenen Mudras werden sinnlos ohne Raja Yoga.

Hier steht Prithvi für Festigkeit der Asanas. Nacht steht für Kumbhaka, das Stadium, in dem alles still ist.

Vishnu-devananda

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Sukadev

126. Es gibt keine Prithvi (Erde) ohne Raja Yoga.

Wobei Prithvi sich auch auf Hatha Yoga bezieht. Also reines Hatha Yoga ohne Raja Yoga geht nicht.

– Es gibt keine Nacht ohne Raja Yoga. Die verschiedenen Mudras werden sinnlos ohne Raja Yoga.

Hier sagt er nochmals, nachdem er vorher so viel über Siddhis und Körperunsterblichkeit gesprochen hat, dass es eigentlich darum geht, Raja Yoga zu erlangen, Herrschaft über den Geist.

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3. Kapitel, Vers 127

Deutsche Übersetzung:

Der Yogi soll jegliche Lenkung von dem Atem mit angeschirrtem Geist (Manas) praktizieren. | Kein Schweifen anderswohin soll von dem Weisen gepflegt werden.

Sanskrit Text:

  • mārutasya vidhiṁ sarvaṁ mano-yuktaṁ samabhyaset |
    itaratra na kartavyā mano-vṛttir manīṣiṇā ||127||
  • मारुतस्य विधिं सर्वं मनोयुक्तं समभ्यसेत् ।
    इतरत्र न कर्तव्या मनोवृत्तिर्मनीषिणा ॥१२७॥
  • marutasya vidhim sarvam mano yuktam samabhyaset |
    itaratra na kartavya mano vrittir manishina ||127||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • mārutasya : in Bezug auf den Atem („Wind“, Maruta)
  • vidhiṁ : Methode (Vidhi)
  • sarvaṁ : jede (Sarva)
  • manas : Geist (Manas)
  • yuktaṁ : (mit darauf) konzentriertem (Yukta)
  • samabhyaset : (man) übe (sam + abhi + as)
  • itaratra : anderswo (Itaratra)
  • na : nicht (Na)
  • kartavyā : ist zuzulassen („zu machen“, Kartavya)
  • manas : (des) Geistes
  • vṛttiḥ : (eine) Beschäftigung („Rollen“, Vritti)
  • manīṣiṇā : von einem weisen (Yogi, Manishin)       ||127||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

127. Alle Verfahren, die den Atem betreffen, sollen mit auf das Subjekt konzentriertem Geist ausgeführt werden.

Subjekt ist das Selbst oder Gott.

– Der Weise sollte seinem Geist nicht erlauben, während dieser Zeit zu wandern.

Konzentration ist also sehr wichtig.

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3. Kapitel, Vers 128

Deutsche Übersetzung:

Diese zehn Mudras sind von dem ersten Lehrer, Shambhu, beschrieben worden. | Jedes einzelne von diesen sind fähig große Kräfte (Siddhi) zu verleihen.

Sanskrit Text:

  • iti mudrā daśa proktā ādināthena śambhunā |
    ekaikā tāsu yamināṁ mahā-siddhi-pradāyinī ||128||
  • इति मुद्रा दश प्रोक्ता आदिनाथेन शम्भुना ।
    एकैका तासु यमिनां महासिद्धिप्रदायिनी ॥१२८॥
  • iti mudra dasha prokta adinathena shambhuna |
    ekaika tasu yaminam maha siddhi pradayini ||128||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • iti : so (Iti)
  • mudrāḥ : Siegel (Mudra)
  • daśa : (die) zehn (Dasha)
  • proktā : wurden gelehrt (Prokta)
  • ādi-nāthena : dem uranfänglichen Herrn (Adinatha)
  • śambhunā : von Shambhu (Shiva)
  • eka-ekā : jedes einzelne (Ekaika)
  • tāsu : unter ihnen (Tad)
  • yamināṁ : den gezügelten (Yogis, Yamin)
  • mahā : großartige (Maha)
  • siddhi : Vollkommenheit, übernatürliche Fähigkeiten (Siddhi)
  • pradāyinī : verleiht (Pradayin)         ||128||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

128. So wurden die 10 Mudras von Adhinath (Siva) beschrieben. Jemand, der Selbstzucht besitzt, kann durch irgendeines von ihnen große Siddhis erlangen.

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3. Kapitel, Vers 129

Deutsche Übersetzung:

Der wahrlich die Lehre der Mudras, auf der Tradition basierend, weitergibt, | der ist wahrlich Sri Guru, spiritueller Meister (Svami) und Verkörperung von Gott (Ishvara).

Sanskrit Text:

  • upadeśaṁ hi mudrāṇāṁ yo datte sāmpradāyikam |
    sa eva śrī-guruḥ svāmī sākṣād īśvara eva saḥ ||129||
  • उपदेशं हि मुद्राणां यो दत्ते साम्प्रदायिकम् ।
    स एव श्रीगुरुः स्वामी साक्षादीश्वर एव सः ॥१२९॥
  • upadesham hi mudranam yo datte sampradayikam |
    sa eva shri guruh svami sakshad ishvara eva sah ||129||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • upadeśaṁ : (die) Unterweisung, Lehre (Upadesha)
  • hi : bekanntlich (Hi)
  • mudrāṇāṁ : der Siegel (Mudra)
  • yaḥ : wer (Yad)
  • datte : (weiter)gibt ()
  • sāmpradāyikam : (beruhend auf der) traditionellen Überlieferung (Sampradayika)
  • saḥ : der (Tad)
  • eva : nur (Eva)
  • śrī : (ist ein) ehrwürdiger (Shri)
  • guruḥ : Lehrer (Guru)
  • svāmī : (und) Meister, Gebieter (Svamin)
  • sākṣāt : (der) leibhaftige (Sakshat)
  • īśvara : Herr, Gott (Svamin)
  • eva : wahrlich
  • saḥ : der (ist)         ||129||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

129. Der, welcher das Geheimnis dieser Mudras, wie sie von Guru zu Guru überliefert wurden, lehrt, ist der wahre Guru, und kann Ishwara in menschlicher Gestalt genannt werden.

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3. Kapitel, Vers 130

Deutsche Übersetzung:

Durch das vollkommene widmen an die Lehre und das Fokussieren auf die Praxis von Mudra | erlangt der Yogi die Qualitäten winzig zu werden und die anderen sowie die Zeit (Kala) zu überlisten.

Sanskrit Text:

  • tasya vākya-paro bhūtvā mudrābhyāse samāhitaḥ |
    aṇimādi-guṇaiḥ sārdhaṁ labhate kāla-vañcanam ||130||
  • तस्य वाक्यपरो भूत्वा मुद्राभ्यासे समाहितः ।
    अणिमादिगुणैः सार्धं लभते कालवञ्चनम् ॥१३०॥
  • tasya vakya paro bhutva mudrabhyase samahitah |
    animadi gunaih sardham labhate kala vanchanam ||130||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tasya : eines solchen (Lehrers, Tad)
  • vākya : (von den) Worten (Vakya)
  • paraḥ : (wer) erfüllt (Para)
  • bhūtvā : ist (bhū)
  • mudrā : (der) Siegel (Mudra)
  • abhyāse : bei der Praxis, Übung (Abhyasa)
  • samāhitaḥ : (und) konzentriert (ist, Samahita)
  • aṇima : (der Siddhis wie) das Sichkleinmachenkönnen („Kleinheit“, Animan)
  • ādi : usw. (Adi)
  • guṇaiḥ : den Vorzügen, Eigenschaften (Guna)
  • sārdhaṁ : samt (Sardha)
  • labhate : (der) erlangt, erreicht (labh)
  • kāla : (des) Todes („Zeit“, Kala)
  • vañcanam : (das) Vermeiden, Umgehen („Täuschen“, Vanchana)       ||130||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

130. Derjenige, der sorgfältig den Worten des Gurus folgt und die Mudras aufmerksam übt, erlangt die Siddhis: Anima usw. und auch die Kunst, den Tod zu täuschen.

Indem er sich mit dem Selbst identifiziert und daher Unsterblichkeit erreicht. Hari OM Tat Sat.

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