2. Kapitel, Vers 71

Deutsche Übersetzung:

Es wird gesagt, dass es drei Arten von Pranayama (gibt): Ausatmung, Einatmung und Anhalten. | Das Anhalten selbst wird als zweigestalt angenommen: verbunden und isoliert.

Sanskrit Text:

  • prāṇāyāmas tridhā prokto reca-pūraka-kumbhakaiḥ |
    sahitaḥ kevalaś ceti kumbhako dvividho mataḥ ||71||
  • प्राणायामस् त्रिधा प्रोक्तो रेचपूरककुम्भकैः ।
    सहितः केवलश् चेति कुम्भको द्विविधो मतः ॥७१॥
  • pranayamas tridha prokto recha puraka kumbhakaih |
    sahitah kevalash cheti kumbhako dvividho matah ||71||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • prāṇa-āyāmaḥ : (die) Atemzügelung (Pranayama)
  • tridhā* : in dreifacher Weise (Tridha)
  • proktaḥ : wird gelehrt (Prokta)
  • reca : (in Form von) Ausatmung (Recaka-Prāṇāyāma*, d.h. Atemverhaltung nach erfolgter Ausatmung, Recha)
  • pūraka : Einatmung (Pūraka-Prāṇāyāma*, d.h. Atemverhaltung nach erfolgter Einatmung, Puraka)
  • kumbhakaiḥ : (und) Atemverhaltung (Kumbhaka-Prāṇāyāma*, d.h. Atemverhaltung ohne vorhergehende Aus- oder Einatmung, Kumbhaka)
  • sahitaḥ : verbunden (mit Aus- bzw. Einatmung, dies entspricht nach Brahmānandas Kommentar Recaka- bzw. Pūraka-Prāṇāyāma, Sahita)
  • kevalaḥ : isoliert, unabhängig  (von Aus- bzw. Einatmung, dies entspricht nach Brahmānandas Kommentar Kumbhaka-Prāṇāyāma, Kevala)
  • ca : und (Cha)
  • iti : so, somit (Iti)
  • kumbhakaḥ : (die) Atemverhaltung
  • dvividhaḥ* : (als) von zweierlei Art (Dvividha)
  • mataḥ : wird erachtet („geschätzt“, Mata)           ||71||

*Anmerkung: Den Erläuterungen des Kommentators Brahmananda folgend unterteilt man die Atemzügelung (Pranayama) einerseits dreifach (tri-dhā), und zwar in RechakaPranayama, PurakaPranayama und Kumbhaka-Pranayama. Eine weitere Art der Einteilung ist die zweifache (dvi-vidha) Unterscheidung von SahitaKumbhaka und KevalaKumbhaka. SahitaKumbhaka bezeichnet nach Brahmānanda RechakaPranayama bzw. PurakaPranayama, je nachdem, ob der Atemverhaltung eine Aus- oder Einatmung vorausgeht. KevalaKumbhaka ist wiederum nicht verschieden (abhinna) von Kumbhaka-Pranayama: kevala-kumbhakaḥ kumbhaka-prāṇāyāmād abhinnaḥ.

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

Die erste Art von Pranayama besteht darin, dass man zuerst Rechaka ausführt, die zweite (Art) darin, dass man Puraka zuerst ausführt. Die dritte ist plötzliches Anhalten des Atems ohne Puraka und Rechaka. Sahita Kumbhaka gibt es in zwei Arten: die erste gleicht der ersten Art von Pranayama, die zweite gleicht der zweiten Art von Pranayama. Kevala Kumbhaka ist dasselbe wie Kumbhaka Pranayama.

Vishnu-devananda

Es gibt drei Arten von Pranayama: Rechaka Pranayama, Puraka Pranayama und Kumbhaka Pranayama. Kumbhaka gibt es auch auf zwei Arten: Sahita und Kevala.

Sukadev

71. Es gibt drei Arten von Pranayama: Rechaka-Pranayama, Puraka-Pranayama und Kumbhaka-Pranayama.

Das kann man jetzt auf drei Weisen interpretieren: Man kann sagen: Das Einatmen, anhalten und ausatmen – auch Patanjali gibt ja in seinem zwoten Kapitel eine geniale Weise, Pranayama zu erklären. Er sagt: Pranayama besteht aus einatmen, anhalten und austamen, und wird durch Dauer, Ort und Anzahl reguliert. Ort: Linkes Nasenloch, rechtes Nasenloch, beide Nasenlöcher, dann mal durch den Mund. Dauer: Man kann länger anhalten, weniger lang anhalten. Anzahl: Wieviele Runden man macht. Eigentlich, wenn man das so weiß, sieht man: So kompliziert ist Pranayama nicht. Die ganzen Pranayama-Übungen entscheiden sich nur, wo man atmet, wie lange man atmet, in welchem Rhythmus und wie oft. Und Brahmananda, ein Hatha-Yoga-Meister, ich glaube im 19. Jahrhundert war, gibt in seinem Kommentar an: Man kann Pranayama machen, indem man die Luft anhält nach dem Einatmen, und nach dem Ausatmen. Es gibt manche Pranayamas, da ist das Ausatmen nach dem Einatmen wichtiger, und es gibt manche Pranayamas, da ist das Anhalten nach dem Einatmen wichtiger, und manche, da ist das Anhalten nach dem Ausatmen wichtiger. Es gibt bei allen Pranayamas grundsätzlich das Kumbhaka.

– Kumbhaka gibt es auch auf zwei Arten: Sahita und Kevala.

Sahita Kumbhaka ist das bewusste Anhalten des Atems nach ein- und ausatmen. Kevala heißt mit bewusstem Anhalten nach bewusstem Ein- oder bewusstem Ausatmen. Kevala heißt wörtlich: Natürlich. Und Kevala heißt auch: Anstrengungslos, es entsteht von selbst. Und Kevala Kumbhaka, wenn es vollständig und spontan entsteht, ist das Aussetzen des Atems ohne ein- und ausatmen. Es kann ganz sanftes ein- und ausatmen noch damit verbunden sein, aber eben nur ein ganz sanftes und wenig.

Es gibt eine Übung von Kevala Kumbhaka, indem man den Atem bewusst verlangsamt und verflacht, so dass man nur noch wenig Luft einatmet und wenig Luft ausatmet. Prana steuert auch unser Atemsystem. Wenn kein Prana mehr ins Atemsystem geht, atmen wir nicht mehr. Da dabei aber auch gleichzeitig alle anderen physiologischen Prozesse des Körpers zum Stillstand gebracht werden, also auch die katabolischen, die abbauenden Prozesse, geht auch der Körper nicht kaputt dabei.

Vollständiges Kevala Kumbhaka ist, wenn man fast gar nicht mehr atmet. Solche Zustände sind schon zur Genüge in physiologischen Labors untersucht worden. Es gibt eine ganze Reihe von Hatha Yogis, die dies gezeigt haben. Der Swami Vishnu konnte seinen Herzschlag nahezu anhalten, er konnte seinen Atem aussetzen. Vom Swami Rama ist bekannt, dass er mehrere Jahre in Amerika bei physiologischen Untersuchungen war, und der konnte mehrere Stunden die Luft anhalten. Also nicht einatmen, Jalandhara Bandha und die Luft anhalten, sondern einfach nicht mehr atmen. Dann gab’s einen Nada-Yogi, der hieß Swami Nadabrahmananda, der konnte eine halbe Stunde virtuos Tabla spielen, während er in einer Art luftdichten Käseglocke eingeschlossen war. Also der konnte noch dazu, obgleich er nicht geatmet hat, eine halbe Stunde lang Tabla spielen. Das widerspricht jetzt jeglicher physiologischen Gesetzmäßigkeit. Man kann sagen, es gibt noch Rechaka Kumbhaka und Puraka Kumbhaka. Rechaka Kumbhaka ist das Anhalten nach der Ausatmung, und Puraka Kumbhaka ist das Anhalten nach der Einatmung. Insgesamt übt man im Yoga mehr Atemanhalten nach dem Einatmen. Aber es gibt auch Einiges, wo man den Atem anhält nach dem ausatmen. Beim Kapalabhati kann man auch erst Uddhiyana Bandha machen, bevor man ein- und ausatmet. Auch nach Bhastrika. Man kann auch im Rahmen der Wechselatmung die Luft anhalten nach dem ausatmen. Und ihr könnt mal spüren, was für euch wirkungsvoll ist, und dann könnt ihr auch das Atemanhalten nach dem Ausatmen verstärken. Man macht das mit Anfängern normalerweise nicht. Außer den stehenden Reinigungsübungen, Uddhiyana Bandha und Agni Sara.

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