1. Kapitel, Vers 33

Deutsche Übersetzung:

Mayurasana beseitigt schnell alle Krankheiten der Milz, des Bauches und weitere, und sie ist siegreich bei Dysbalance der Doshas. | Insbesondere verbrennt sie alle übermäßig verzehrte Nahrung zu Asche. Sie erzeugt ein Verdauungsfeuer, das sogar das schreckliche Gift Kala-kuta zu verdauen vermag.

Sanskrit Text:

  • harati sakala-rogān āśu gulmodarādīn
    abhibhavati ca doṣān āsanaṁ śrī-mayūram |
    bahu-kad-aśana-bhuktaṁ bhasma kuryād aśeṣaṁ
    janayati jaṭharāgniṁ jārayet kāla-kūṭam ||33||
  • हरति सकलरोगानाशु गुल्मोदरादी-
    नभिभवति च दोषानासनं श्रीमयूरम् ।
    बहुकदशनभुक्तं भस्म कुर्यादशेषं
    जनयति जठराग्निं जारयेत्कालकूटम् ॥३३॥
  • harati sakala rogan ashu gulma udara adin
    abhibhavati cha doshan asanam shri mayuram |
    bahu kadashana bhuktam bhasma kuryad ashesham
    janayati jathara agnim jarayet kala kutam ||33||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • harati : verscheucht, überwältigt (hṛ)
  • sakala : alle, sämtliche (Sakala)
  • rogān : Krankheiten (Roga)
  • āśu : schnell, geschwind (Ashu)
  • gulma : (wie z.B.)  Unterleibsgeschwulst, vergrößerte Milz (Gulma)
  • udara : (Anschwellung des) Bauch(es, (Udara)
  • ādīn : usw., und andere („angefangen mit“, Adi)
  • abhibhavati : besiegt, überwältigt (adhi + bhū)
  • ca : und (Cha)
  • doṣān : (gestörte) Doshas („Schaden, Fehler, Gebrechen“, ein Übermaß an VataPitta oder Kapha)
  • āsanaṁ : (die) Körperstellung (Asana)
  • śrī : (des) ehrwürdigen (Shri)
  • mayūram : Pfauen (Mayura)
  • bahu : (zu) viel (Bahu)
  • kad-aśana : (oder) abgestandene (oder überlagerte „schlechte“) Speise(n, Ashana)
  • bhuktaṁ : Nahrung („Gegessenes“ bestehend in, Bhukta)
  • bhasma : (zu) Asche (Bhasman)
  • kuryāt* : macht, verwandelt (kṛ)
  • aśeṣaṁ : vollständig, restlos (Ashesha)
  • janayati : bringt hervor, erzeugt (jan)
  • jaṭhara : (des) Magen(s), (des) Bauch(es, Jathara)
  • agniṁ : (das) Feuer (Agni)
  • jārayet : verdaut (jṛ)
  • kāla-kūṭam : (das Gift) Kalakuta („Fallstrick des Todes“)     ||33||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass „sie macht zu Asche“ (Bhasma kuryāt) „sie verdaut“ (pācayet) bedeutet, insofern die Verdauung mit einem Verbrennungsprozess verglichen wird: bhasma kuryāt pācayet.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 88 behandelt.

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

Während die Götter und die Asuras den Ozean aufwühlten, war das erste Ding, das herauskam, das Gift Kalakoota oder Halahala. Es begann, die drei Welten zu verbrennen und kein Gott konnte überredet werden, es zu essen. Zu guter Letzt schluckte es Shiva. Aber ehe es seine Kehle abwärts gelangte, hielt Parvati es fest. So blieb es für immer dort, und Shivas Kehle wurde blau. Daher sein Name Kalakantha oder Neelekantha (Blaukehliger). Das enthüllt offensichtlich ein großes kosmisches Geheimnis, verbunden mit der Entwicklung unseres Planetensystems.

Vishnu-devananda

33. Diese Asana heilt Leiden des Magens, der Drüsen und der Milz und beseitigt alle Beschwerden, die durch zu viel Winde, Galle oder Schleim verursacht sind. Sie verdaut mit Leichtigkeit unmäßig und durcheinander eingenommenes Essen und verwandelt sogar das schreckliche Gift Halahala zu Asche.

Sukadev

33. Diese Asana heilt Leiden des Magens, der Drüsen und der Milz und beseitigt alle Beschwerden, die durch zu viel Winde, Galle oder Schleim verursacht sind.

Gut, das ist leider so übersetzt worden. Irgendwann sollten wir das mal ausradieren und die ursprünglichen Sanskritbegriffe reintun. Die Sanskritbegriffe, die dort stehen, sind Vata, Pita und Kapha. Gut, und damit behauptet der Swatmarama, dass, wenn man Mayurasana ausführt, diese drei Doshas, die im Ayurvedasystem eine große Rolle spielen, zum Gleichgewicht gebracht werden. Es ist also eine sehr gute Übung. Und man kann die Hatha Yoga Pradipika auch gut lesen, gerade wenn man Ayurveda etwas kennt, dann sieht man, dass da auf einige Konzepte der Ayurveda eingegangen wird, dass einem praktisch gezeigt wird, wo die Asanas das Ayurvedasystem gut ergänzen können. Und der Pfau verbrennt eben Gifte, die im Ayurveda auch Ama genannt werden. Und diese Gifte, wenn die verbrannt werden, dann kommen auch die Doshas wieder ins Gleichgewicht. Also eine ganze Menge.

Gut, das Erste – heilt Leiden des Magens, der Drüsen und der Milz. Auch Mayurasana erhöht das Verdauungsfeuer. Und wenn irgendjemand irgendwelche Verdauungsbeschwerden hat, würde ich mal raten, arbeitet mal ein viertel Jahr lang, die Mayurasana lange zu halten. Und so ist es durchaus wert, den Pfau zu üben und zu lernen versuchen. Natürlich, der Pfau wird sehr schwer, wenn nicht unmöglich, wenn die Länge der Oberarmknochen zu kurz ist. Dann reichen die Arme nicht rein. Je dicker der Bauch ist, um so schwerer wird’s. Umgekehrt, ist fast kein Bauchspeck da, und man geht in den Pfau, dann drücken die Ellbogen zuviel in die Organe und die Wirbelsäule. Das ist dann das Umgekehrte. So ne mittlere Bauchdecke ist am einfachsten. Ein Tipp für die Hyperschlanken: Man kann eine Decke oberhalb der Oberarme setzen, dann ist es etwas angenehmer. Dann drücken die Knochen der Ellbogen nicht so und quetschen die Organe vor der Wirbelsäule. Für manche kann es sehr schwierig werden, und manche können’s nicht machen, aber es können erheblich mehr Menschen den Pfau machen, als sie denken. Und wenn ihr die Füße noch nicht hochkriegt, dann haltet halt die Hände dort, gebt ein bisschen Druck in den Bauch und hebt den Kopf ein bisschen hoch. Lange halten heißt normalerweise eine halbe bis eine Minute, sehr viel länger hält man kaum Mayurasana. Mir hat mal jemand gesagt, man müsste fünf Minuten Mayurasana halten. Ich musste bei dreieinhalb Minuten aufgeben, ich hab’s ein halbes Jahr probiert. Fünf Minuten Pfau ist schwerer als zwei Stunden Kopfstand. Aber wer’s kann, also da gibt’s ganz besondere Wirkungen, wenn man lange Mayurasana hält.

Dann sagt er hier: Beseitigt alle Beschwerden, die durch zu viel Vata, Pita, Kapha verursacht sind. Man findet öfter, jetzt in dieser Übersetzung, Vata übersetzt mit Wind, Pita übersetzt mit Galle, und Kapha übersetzt mit Schleim. Im Sanskrit steht dort immer, wenn ihr Winde findet Vata, wenn ihr Galle findet Pita, und immer wenn ihr Schleim dort seht, findet ihr Kapha. Übrigens noch ein Wort zu Kapha. Kapha auf Sanskrit wird ausgesprochen Kap-ha. Aber die Hindis, noch ein weiteres Beispiel, bei den Hindis wird ph mit f ausgesprochen. Kaffa. Und da die meisten Ayurvedaärzte nicht Sanskrit, sondern Hindi sprechen, sagen sie Kaffa und nicht Kap-ha, wie es vom Sanskrit her korrekt wäre. Vata ist mehr die luftige Energie, Pita ist die feurige Energie, und Kapha ist die mehr wässrig-erdige Energie. Und die Theorie von Ayurveda bezüglich Krankheiten ist ja, dass Krankheiten kommen, wenn eines der drei Doshas aus seinem natürlichen Mischungsverhältnis herauskommt und zu stark wird. Wenn eben Vata zu stark wird, dann wird der Mensch unruhig, ängstlich, hat Schlafschwierigkeiten, kann sich nicht konzentrieren, und wird vielleicht sogar auch verstopft und so weiter. Wenn das Pita zu stark wird, wird der Mensch eher jähzornig, neigt zu Entzündungen und fühlt sich frustriert und ärgerlich. Wenn Kapha zu stark ist, wird der Mensch träge und hat keine Lust zu irgendwas und es geht in Depressionen, bekommt alle möglichen Gewebeansammlungen und Wasseraufschwemmungen und so weiter, und Schleimproduktion steigt zu weit. Und so, wenn Vata, Pita oder Kapha zu stark wird, dann gibt’s Probleme. So sind die Hatha-Yoga-Übungen auch dazu ausgerichtet, ein Übermaß von Vata, Pita und Kapha zu reduzieren. Und es gibt manche Übungen, die eine ganz spezifische Wirkung haben auf eines der Doshas, und es gibt manche Übungen, die, egal welches Dosha zuviel ist, dieses Dosha reduzieren. Mayurasana z.B., gilt als eine der Übungen, die ein zuviel an irgendwelchen Doshas reduzieren, und so die Doshas zur natürlich angeborenen Prakriti, der natürlich angeborenen Konstitution zurückführen. Gut, also Mayurasana ist gut gegen Unausgewogenheit vonVata, Pita, oder Kapha.

– Sie verdaut mit Leichtigkeit unmäßig und durcheinander eingenommenes Essen.

D.h. wer viel Pfau macht, der kann, der braucht weniger so genau auf seine Ernährung zu achten, mindestens langfristig. Kurzfristig ist es sogar so, wenn man die Asanas und Pranayama verstärkt, dann wird’s sogar so sein, dass man noch sensibler wird. Dann kann man gar nicht mehr die Dinge essen, die einem nicht mehr bekommen. Aber langfristig wird es so sein, dass das Verdauungsfeuer stärker wird, und man dann auch Dinge verdauen kann, die man vorher nicht so verdauen konnte. Das heißt jetzt nicht, das man direkt nach dem Essen den Pfau machen sollte. Obgleich ich euch jetzt eine mit Vorsicht zu genießende Sache sage. Wenn man gemerkt hat nach einer Mahlzeit, die Mahlzeit ist einem nicht bekommen, dann kann man auch einen Liter Salzwasser trinken, oder soviel reingeht, zwei, drei Finger in den Hals, sich übergeben, einen Einlauf nehmen. Anschließend noch mal einen halben bis dreiviertel Liter Wasser trinken und dann eine Minute Pfau machen. Dann ist die ganze Geschichte durch und man braucht jetzt nicht tagelang sich schlecht zu fühlen. Ich sage das, mit Vorsicht zu genießen, wenn jemand von euch ne Geschichte von Bulimie hatte, Ess-/Brechsucht, der macht das bitte nicht. Es ist besser, ein paar Tage übel zu sein, als wieder in diese Suchtkrankheit hinein zu versinken. Und selbstverständlich soll das jetzt keine Ausrede sein, dass man jetzt künftig alles essen kann und nachher weiß man ja, wie man damit umgeht. Aber wenn man mal irgendwo ist und man stellt eben fest, es wird einem übel und schlecht, anstatt da eine Woche zu leiden, kann man diese drei Dinge machen. Kunjar Kriya, Einlauf und noch mal etwas trinken und eine Minute oder so lange, wie es irgend geht Pfau machen. Vielleicht sogar drei oder vier Mal wiederholen. Und dann ist die Sache überstanden.

– und verwandelt sogar das schreckliche Gift Halahala zu Asche.

Das bezieht sich jetzt auf Verschiedenes. Ich habe mal den Mythos vom Milchozean erzählt. Dort habe ich den Mythos insgesamt auf’s Ego bezogen. Aber es gibt noch etwas anderes. Wenn wir intensiv üben, kommen auch verschiedene Reinigungserfahrungen. Und manche haben Reinigungserfahrungen in Form von Kopfweh, manche haben Reinigungserfahrungen in Form von Müdigkeit, manche haben Reinigungserfahrungen in Form von Emotionen und so weiter. Und wenn man merkt, dass dort viele Reinigungserfahrungen kommen, und auch z.B., was manchen Menschen passiert, dass sie mal, nachdem sie eine sehr hohe Erfahrung hatten, dass sie dann abstürzen. Da haben mir grad aus der Gruppe schon zwo Teilnehmerinnen davon erzählt, dort kann helfen, tatsächlich Mayurasana zwo oder drei Mal am Tag zu machen und auch länger zu halten. Kann man probieren. Das hilft, dass diese dunkle Energie, die schon da war und jetzt freigesetzt worden ist und die einen in so eine Depression reinstürzt, dass diese dann verbrannt wird. Also haltet das so im Hinterkopf. Wenn ihr irgendwie nach einer intensiven Praxis, anstatt das ihr euch besser fühlt, fühlt ihr euch irgendwie schlechter, macht dann den Pfau besonders häufig. Und natürlich noch wichtiger ist Beten, und einige Praktiken weitermachen, durchaus mit der gebotenen Sturheit. Nicht die Praktiken auf Null reduzieren, sondern sagen: Eine halbe Stunde am Tag mache ich jetzt diese Praktiken, ob ich Lust darauf hab oder nicht. Etwas braucht man, sonst kann man noch tiefer fallen. Und dafür haben wir ja die Buddhi, unseren Intellekt, unsere freie Urteilskraft, Unterscheidungskraft, dass wir nicht all das machen, wonach wir uns fühlen, sondern dass wir mal auch Dinge machen, wonach wir uns nicht fühlen. Und wenn’s mal eine Phase gibt, wo man eben in Depressionen hinein kommt und traurig ist und gar keine Lust zu irgendwas hat, wäre es wichtig, etwas zu machen. Einfach, damit das Prana nicht noch weiter abfällt, sondern um es etwas zu stabilisieren und dann kommt auch wieder der aufsteigende Ast. Und natürlich mit jemandem zu sprechen kann dann auch helfen, und Pfau eben auch.

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