1. Kapitel, Vers 18

Deutsche Übersetzung:

Selbstdisziplin, Zufriedenheit, Glaube, Mildtätigkeit, Respekt | Quellen-Studium, Mäßigung, Besonnenheit, Lernen von Texten und Opferbereitschaft, | sind die 10 Niyamas, anerkannt von den Yoga-Schrift-Gelehrten.

Sanskrit Text:

  • tapaḥ santoṣa āstikyaṁ dānam īśvara-pūjanam |
    siddhānta-vākya-śravaṇaṁ hrī-matī ca japo hutam |
    niyamā daśa samproktā yoga-śāstra-viśāradaiḥ ||18||
  • तपः सन्तोष आस्तिक्यं दानमीश्वरपूजनम् ।
    सिद्धान्तवाक्यश्रवणं ह्रीमती च जपो हुतम् ।
    नियमा दश सम्प्रोक्ता योगशास्त्रविशारदैः ॥१८॥
  • tapah santosha astikyam danam ishvara pujanam |
    siddhanta vakya shravanam hri mati cha japo hutam |
    niyama dasha samprokta yoga shastra visharadaih ||18||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tapas : Askese, innere Glut, Inbrunst, Verinnerlichung (Tapas)
  • santoṣaḥ : Zufriedenheit (Santosha)
  • āstikyaṁ : Glaube an Gott, Gläubigkeit (Astikya)
  • dānam : Freigebigkeit (Dana)
  • īśvara : (des) Herrn, Gottes (Ishvara)
  • pūjana : (die) Verehrung (Pujana)
  • siddhānta : (der) Lehrbücher, (der) heiligen Texte (Siddhanta)
  • vākya : der Lehrsätze, Aussprüche, Aussagen (Vakya)
  • śravaṇaṁ : (das) Hören (Shravana)
  • hrī : Scham, Schamhaftigkeit (das Gegenteil von Unverschämtheit, Hri)
  • mati : Einsicht (Mati)
  • ca : und (Cha)
  • japaḥ : halblautes Wiederholen eines Gebetes oder Mantras (Japa)
  • hutam : Opfer (Huta)
  • niyamāḥ : (sind die als) Niyamas (bezeichneten Regeln)
  • daśa : zehn (Dasha)
  • samproktāḥ : die genannt werden (Samprokta)
  • yoga-śāstra : (mit den) Yoga-Schriften (YogaShastra)
  • viśāradaiḥ : von denjenigen, die vertraut sind (Visharada)     ||18||

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Brahmananda

Diese sind folgendermaßen klar in der Saindilya Upanishad erklärt: „Tapas ist das Abmagern des Körpers durch das Einhalten von Fasten etc. Frohsinn bedeutet Zufriedenheit mit dem, was einer ohne zu fragen erhält. Astikya bedeutet Glaube an die Veden und an das, was sie sagen. Wohltätigkeit bedeutet, was man ehrlich erworben hat, bedürftigen Personen mit Ehrerbietung zu geben.“ Über diesen Punkt sagt die Gita: „Satvika dana oder Wohltätigkeit besteht im Geben an eine Person, die nicht zurückgeben kann, zur rechten Zeit und am rechten Ort, Geben einfach als eine Angelegenheit der Pflichterfüllung.“

Vishnu-devananda

18. Tapas (Einschränkungen), Frohsinn, Glaube an Gott (Astikya), Wohltätigkeit, Verehrung der Gottheit, Anhören der Auslegung der vedantischen Lehrsätze, Scham, ausgewogener Geist, Japa (Wiederholen von Gottes Namen) und Vratas (Einhaltung von Gelübden) – das macht Niyama aus.

„Verehrung“ sollte mit einem sanften und klaren Geist durchgeführt werden. „Anhören“ bedeutet das theoretische Studium von Vedanta. „Scham“ bedeutet, Widerwillen gegen das, was von den Veden und Shastras verboten wird, zu empfinden. „Ausgewogener Geist“ schließt Hingabe an die in den Veden dargelegten Leitlinien ein. „Japa“ bezieht sich auf das Praktizieren jener Mantras, die nicht von den Veden verboten sind, so wie sie vom Guru gelehrt werden. Das ist auf zwei Arten möglich, hörbar und innerlich. Innerliches Japa ist das geistige Wiederholen der Mantras.

Die hier dargelegte Leitlinie der Entwicklung scheint die natürlichste und gleichzeitig wirkungsvollste zu sein. Die Erlangung von Yama und Niyama umfasst alle aktiven und passiven Tugenden. Die vier Sadhanas sind die notwendigen Eignungsbeweise eines Schülers:

  1. Unterscheidung zwischen dem Beständigen und dem Unbeständigem
  2. Vollkommene Gleichgültigkeit allen Gegenständen des Verlangens gegenüber, von den niedrigsten Formen irdischen Lebens bis zu denen der Halbgötter
  3. Erlangung der sechsfachen Qualitäten
  4. Intensives Verlangen und intensives Streben nach Befreiung

Sie alle sind in den ersten zwei Stufen des Yoga enthalten. Mit diesen Mitteln wird der Geist auf natürliche Weise jeglicher Verhaftung mit weltlichen Dingen entwöhnt, und ist, in der Konsequenz, auf einem günstigen Weg, in der Konzentration voranzukommen. Asanas und Pranayama helfen zur rechten Zeit und entfernen alle störenden Anteile und Tendenzen des Körpers. Der Weg zu den höheren Pfaden ist nun glatt und leicht.

Aber der Boden ist schwierig zu begehen, und sehr wenige haben den Mut durchzugehen, oder die Geduld, trotz wiederholter Fehler, auszuharren. Deshalb sind nahezu neunundneunzig von hundert Praktizierenden von der Aussicht verschreckt und beginnen beim leichtesten und praktischsten Punkt: Asanas und Pranayama. Sie lesen von großartigen und erstaunlichen Ergebnissen, dargestellt als gälte es, einer körperlichen Entwicklung in einer unbegreiflich kurzen Zeit zu folgen, und sie lassen sich mit Gier für ein paar Monate darauf ein. Aber sobald sie herausfinden, dass sie nicht einmal den Schatten der prophezeiten rühmlicher Mächte sehen, geben sie die ganze Anstrengung angewidert auf und werden die erbittertsten Feinde von Yoga, und verunglimpfen es als unredlich, wann immer sie Zuhörer bekommen können.

Diese kommen noch leicht davon, aber andere begehen ernsthafte Fehler und beenden ihr Leben als Wahnsinnige oder Selbstmörder. Sie nehmen die wichtige Tatsache nicht wahr, dass diese ungeheure Kräfte als Ergebnis einer Pranayama-Schulung nur dem versprochen werden, der sich vervollkommnet hat in moralischen und spirituellem Eigenschaften, welche unter Yama und Niyama aufgeführt sind.

Dieser Punkt wird wunderschön in der Yoga Vasishta herausgestellt: „Ein Sannyasi zog sich in den Dschungel zurück und praktizierte viele Jahre lang Pranayama, aber ohne irgendeine der vorhergesagten Kräfte zu verwirklichen. Dann ging er zu einem Weisen und bat ihn ehrerbietig, ihm Yoga zu lehren. Der Weise hieß ihn bei ihm zu bleiben, und während der ersten zwei Jahre begegnete er allen begierigen Bitten seines Schülers um Unterweisungen mit „Warte!“. Nach und nach wurde der Sannyasi an die Lage gewöhnt und vergaß, seinen Meister jemals wieder um Unterweisung zu belästigen. Am Ende von zwölf Jahren rief der Rishi eines Tages seinen Schüler und ersuchte ihn, das Wort „OM“ auszusprechen. Als der Sannyasi zur ersten Silbe kam, setzte von Natur aus Rechaka (Ausatmung) ein. Am Ende der dritten Silbe setzte Kumbhaka (Anhalten) ein. Wie ein Feuerfunke ein ganzes Feld von sonnengetrocknetem Gras ergreift und das Ganze in wenigen Minuten in Flammen steht, so ließ das Aussprechen des heiligen Wortes die spirituellen Gaben wirksam werden, die bis dahin in dem Schüler schlummerten. In einer kurzen Zeit hatte er die Anfangsstufen von Pratyahara, Dhyana und Dharana durchschritten und fand sich im reinen und erhabenen Zustand von Samadhi.“

Unser Interesse an der Geschichte liegt in der Tatsache, dass der Weise geduldig auf die natürliche Entfaltung der spirituellen Strebungen seines Schülers und die Reinwerdung seiner Natur durch seine Gesellschaft und seine Umgebung wartete. Er wählte die rechte Zeit, und da er in die Natur des Schülers wie in ein Glas sehen konnte, brachte er auf einfache Weise seelische und spirituelle Ergebnisse hervor, an deren Erlangung Personen, die mit den vernünftigen zusammenhängen von Yoga nicht vertraut und ohne die Anleitung eines Meisters sich, jahrelang arbeiten. Wenn dieses verstanden und die Bedeutung zur Gänze wahrgenommen werden würde, dann gäbe es weniger Opfer und Fehlschläge.

Sukadev

18. Tapas (Einschränkungen), Frohsinn, Glaube an Gott (Astikya), Wohltätigkeit, Verehrung der Gottheit, Anhören der Auslegung der vedantischen Lehrsätze, Scham, ausgewogener Geist, Japa (Wiederholen von Gottes Namen) und Vratas (Einhalten von Gelübden) – das macht Niyama aus.

Das sind also zehn Niyamas. Ihr findet auch einige der Raja Yoga Niyamas. Ihr findet dort Tapas, ihr findet letztlich Ishvara Pranidhana, was hier als Astikya bezeichnet wird. Ihr findet letztlich Saucha, was ein bisschen in Scham dort reinkommt. Und Swatyaya, Anhören der Auslegung der vedantischen Lehrsätze. Und Santosha ist hier ein anderer Ausdruck für ausgewogener Geist. Also ihr findet die fünf Niyamas im Raja Yoga und noch ein paar mehr. Das sind auch Dinge, die zu praktizieren sind. Man praktiziert froh zu sein.

Man praktiziert Tapas. Hier auch durchaus verstanden als kleine Einschränkungen und Askese. Das ist etwas, was vielleicht unserem modernen Verständnis etwas entgegen geht. Wenn man einen Wunsch hat, was macht man dann? Wenn man sich’s leiten kann, dann erfüllt man ihn. Denn man ist um so glücklicher, je mehr Wünsche man sich erfüllt. Stimmt das? Ihr wisst alle, dass das nicht stimmt. Sondern wenn wir einfach nur allen Wünschen hinterherlaufen, dann werden’s erstens immer mehr, und zwotens werden wir immer unglücklicher. Es spricht nichts dagegen, sich auch mal einen Wunsch zu erfüllen. Zu sagen, von heute an werde ich mir keinen Wunsch mehr erfüllen, das wäre ein nicht guter Vorsatz. Also einen guten Vorsatz kann man machen. Und ab und zu mal gehört es ja auch dazu, sattvige Erfüllung von Karma, seine kleinen Wünsche, die man dort hat. Die sind ja auch Teil des spirituellen Weges, aber eben nicht alles und nicht immer. Und manchmal einfach sagen: Den Wunsch erfülle ich mir deshalb nicht, weil ich ihn habe. Nicht aus irgendeinem anderen Grund. Sondern da ist ein Wunsch, und ich will frei sein von der Sklaverei der Wünsche, deshalb erfülle ich ihn nicht.

Dann hier ‚Scham’. Klingt ein bisschen komisch. Das muss man aber auch verstehen, dass die Hatha-Yoga-Praxis durch Jahrhunderte weitergegeben wurde durch so eine bestimmte Sekte, die nennen sich die Natha Yogis. Und die waren auch so ein bisschen verrufen. Die sind größtenteils nackt durch die Gegend gelaufen. Die haben dann auch noch Shivaasche über sich drüber gegeben. Und manche hatten dann noch solche Ohrringe und Nasenringe und andere Ringe. Heute würde man das Piercing nennen. Und die haben sich dann wenig aus der Gesellschaft gemacht. Und das waren insbesondere in der Zeit der Fremdherrschaft diejenigen, die sich zurückgezogen haben und das Hatha Yoga kultiviert haben. Die Natha Yogis haben das Hatha Yoga über Jahrhunderte weitergegeben, wo es aus dem Mainstream ganz rausgetrieben wurde. Und die haben dann letztlich aber auch dem Hatha Yoga einen schlechten Ruf gegeben. Darauf beruht dann, dass manche Yogis aus dem 19. Jahrhundert abfällig über Hatha Yoga gesprochen haben. Das haben diese komischen Leute praktiziert. Also nackt und mit Asche überfüllt und nicht in der Gesellschaft integriert und so weiter. Stell’ dir mal vor, du läufst jetzt nackt hier herum. Und in Indien ist Nacktheit noch weniger gern gesehen als hier. Wenn man als Frau im T-Shirt rumläuft, das gilt als nicht anständig. Das wäre so, wie wenn man hier barbusig rumläuft in ländlichen Gegenden, das gibt Anstoß. Allerdings ist in Indien auch wieder so, dass jetzt die Heiligen, die dann ganz nackt sind, die sind dann auch o.k. Das sind die Babas, Avadutas, die unbekleideten Babas, die gibt’s halt auch. Und das gilt als eine Form der Weisen. Vadut ist der Bekleidete, Avadut der Unbekleidete. Z.B. Dattatreya galt als der Avaduta, der Unbekleidete. Aber so in der Gesellschaft war das dann nicht so ganz o.k. In unserer Gesellschaft wäre das aber auch nicht möglich. Und wenn ihr gerne Harmonium bei offenem Fenster spielt, zwanzig Räucherstäbchen pro Quadratmeter anzündet, dann wäre das nicht richtig. Vor allem wenn’s die Nachbarn nicht so mögen. Also wir müssen uns auch an gewisse Gepflogenheiten halten. Ohne aber deshalb Dinge zu tun, die nicht unserem Lebensstil entsprechen. Also abwägen muss man hier. Einen ausgewogenen Geist erzeugen wir ja mit all diesen Dingen.

Und so sollte man sich dann äußerlich, so weit das möglich ist, und ohne seinen sattvigen Lebensstil zu negieren, so an bestimmte Gepflogenheiten der Gesellschaft halten. Durchaus hilfreich. Da braucht man auch heute nicht mehr so viel zu sagen. Als ich mit Yoga angefangen hab, so um 1980, da mussten wir noch den Leuten sagen, die zur Yogastunde kamen, sie mögen bitte ihre Füße waschen, bevor sie reinkommen, denn die sind barfuß durch die Straßen von München gegangen. Das waren so die Nachwehen der Hippie-Bewegung. Da gab’s dann im Bad so einen Turm von Handtüchern für alle, die reinkamen. Und da stand in einigen Restaurants, stand: Zugang nur mit Schuhen. Oder auch in Los Angeles: No shirt, no shoes, no service. Gut, also es gibt verschiedene Gepflogenheiten, die alle ihren Sinn haben. Aber in bestimmten Situationen ist es gut, sich an gesellschaftliche Gepflogenheiten zu halten. Heute hat sich das erweitert. Man muss sich nicht mehr anpassen in dem Maße.

– ausgewogener Geist.

Den können wir kultivieren.

– Japa.

Wiederholen von Gottes Namen. Und im Hatha Yoga ist tatsächlich auch, gerade, wenn wir intensiver üben, wie es ja auch der Swatmarama vorschlägt, die Verehrung Gottes wichtig. Es geht nicht nur darum, selbst die Energien zu erwecken, sondern man braucht auch Hingabe, Losgelassenheit und Vertrauen. Deshalb bringt er das drei Mal: Glauben an Gott, Verehrung Gottes und Wiederholen des Namens Gottes. Dann bringt er hier auch Anhörung der Auslegung der vedantischen Lehrsätze. Er bringt hier das JnanaYoga direkt rein. Dass wir auch nicht in einer dualistischen Sache hängen bleiben, wir wollen zur Einheit. Dass wir das Mittel nicht mit dem Ziel verwechseln, die Asanas sind nur ein Mittel. Selbst den Körper gesund und schön zu machen, wäre nur ein Mittel. Das Ziel ist etwas anderes. Sogar Verehrung Gottes ist kein Selbstzweck. Es ist ein Mittel, um die Einheit mit Gott zu erreichen. Und wenn wir uns über die Vedanta klar sind, über Jnana-Yoga, bleiben wir nirgendwo hängen.

– Vrata,

sich richtige Vorsätze fassen. Es ist schon gut, sich richtige Vorsätze zu fassen (vergleiche Vers 15). Und der Swami Sivananada hat auch öfters geraten, man soll auf ein Blatt Papier aufschreiben, was will ich im nächsten viertel Jahr an mir arbeiten? Vorsätze fassen. Der höchste Wunsch ist die Selbstverwirklichung, und das sind sativge Wünsche. Wir brauchen sativige Wünsche, um tamasige und rajasige Wünsche zu überwinden. Also es ist schon gut, einen Vorsatz dort zu fassen.

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