Kapitel 3, Vers 48

Deutsche Übersetzung:

Ausführung des samyama auf die Wahrnehmungskraft, ihre eigene Natur, die Beziehung zu ihrer Funktion und zum Ego führt zur Herrschaft über die Sinne.

Sanskrit Text:

grahaṇa-svarūpa-asmitā-avaya-arthavattva-saṁyamāt-indriya jayaḥ ||48||

ग्रहणस्वरूपास्मितावयार्थवत्त्वसंयमातिन्द्रिय जयः ॥४८॥

grahana svarupa asmita avaya arthavattva sanyamat indriya jayah ||48||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • grahaṇa = Wahrnehmung
  • svarūpa = eigene Natur, tatsächliche Form
  • asmitā = Egoismus, Selbstbezogenheit
  • anvaya = Verbindung
  • arthavattva = Zweckdienlichkeit, Funktion
  • saṁyama = tiefe Versenkung, Meditation
  • indriya = Sinnesorgane
  • jayaḥ = Herrschaft, Sieg, Meisterschaft

Kommentar

Auf diese Weise könnte man Hören, Sehen, Riechen u.s.w. verbessern.

Aber die Meisterung ist hier zweifach zu verstehen.

Zum einen kann man die Sinnesorgane besser benutzen und zum zweiten kann man sie auch besser beherrschen.

Samyama ausführen auf die Kraft der Wahrnehmung heißt, ganz bewußt etwas anzuschauen und sich dabei auf die Wahrnehmungskraft zu konzentrieren. Oder man kann sich auf die wahre Natur der Kraft der Wahrnehmung als solches konzentrieren, auf ihre Beziehung zu unserem Ego, auf ihre Funktion und schließlich auf ihre Beherrschung. Das enthüllt einem dann intuitiv, wie man das Organ beherrscht, so daß man nicht mehr durch das Organ nach draußen gezogen wird. Zum anderen können wir damit erreichen, daß die Organfunktion besser erfüllt wird.

Vielleicht eine praktische Anwendung für Menschen, die sehr am Essen hängen. Wir sind ja in unserer Zivilisation eine Gesellschaft von Eßgestörten. Viele denken, sie seien zu dick, manche denken, sie seien zu dünn. Fast niemand meint, das richtige Gewicht zu haben. Etwa 10 % der weiblichen Jugendlichen, nach anderen Untersuchungen sogar 20 %, haben die Eß-Brechsucht oder die Freß-Fastsucht, sind also sehr essensgestört. Vieles kompensieren wir über das Essen. Nur noch im Zusammenhang mit Essen spricht man von „Sünden“.

Diesen Sinn kann man beherrschen, indem man samyama ausführt auf den Geschmack an sich. Was ist Geschmack an sich? Was ist die Natur des Schmeckens? Wie bezieht sich mein Ego auf dieses Schmecken? Was bedeutet für mich Beherrschung dieses Geschmacksinns? Und was ist eigentlich die ursprüngliche Funktion des Geschmacksinns? Das kann man zunächst einmal als Anlaß nehmen für swadhyaya, für Selbststudium, logisches Nachdenken. Das ist noch nicht samyama. Auch das kann schon helfen. Paradoxerweise, wenn ich jetzt darüber schreibe, sammelt sich Speichel im Mund. Geht es dir auch so? – Die Kraft des Geistes! Man schreibt nur über Geschmack und die Kraft der Wahrnehmung – wenn du dir noch dazu einen Obstkuchen oder eine saftige Mango vorstellst ….! Danach geht man über das Nachdenken hinaus, führt samyama darüber aus, das heißt, man spürt einfach und geht in das hinein, worüber man vorher nachgedacht hat. Man versucht, die Natur des Schmeckens, des Geschmacksinns, seine Funktion, die persönliche Beziehung dazu u.s.w. jetzt intuitiv zu erfassen. So kann man den Eßsinn beherrschen, wenn man will.

Aber statt zu versuchen, den Eßsinn zu beherrschen, ist es meist sinnvoller, nicht mehr zu denken, man müsse aussehen wie eine Barbiepuppe.

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