Kapitel 2, Vers 31

Deutsche Übersetzung:

Diese Grundregeln sind nicht durch soziale Schicht, Ort, Zeit oder Umstände bedingt. Sie gelten für alle Ebenen und bilden das große universelle Gelübde.

Sanskrit Text:

jāti-deśa-kāla-samaya-anavacchinnāḥ sārvabhaumā-mahāvratam ||31||

जातिदेशकालसमयानवच्छिन्नाः सार्वभौमामहाव्रतम् ॥३१॥

jati desha kala samaya anavachchhinnah sarvabhauma mahavratam ||31||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • jāti = Klasse, Kaste, soziale Schicht
  • deśa = Ort, Platz
  • kāla = Zeit
  • samaya = Treffpunkt, Umstand, Sitte, Gebräuche, Situation
  • anavacchinnā = nicht begrenzt, nicht bedingt, ununterbrochen, ständig
  • sārva = in allen
  • bhaumā = Ebenen
  • mahā = groß
  • vrata = Gelübde, Tugend, Ritual, Vorsatz

Kommentar

Jeder spirituelle Aspirant sollte sich vornehmen, diese fünf yamas zu beherzigen. Sie sind die mahavratas, die großen Gelübde, die für alle gelten.

Es gibt andere Vorschriften auf dem spirituellen Weg, die je nach Lebenssituation oder Sozialstand unterschiedlich sind. Ein Mensch im Berufs- und Familienleben hat andere Aufgaben als ein Entsagter, ein Schullehrer andere als ein Bauer. Ein Soldat oder Polizist muß sich anders verhalten als beispielsweise ein Priester. Es gibt verschiedenes dharmas, Pflichten. Für einen indischen swami (Mönch) geht es sogar so weit, daß er nicht einmal sein eigenes Leben verteidigen sollte – so steht es wenigstens in den Schriften. Hingegen muß ein Polizist das Leben anderer aktiv verteidigen und braucht notfalls auch eine Waffe. Trotzdem gilt für alle das Prinzip von ahimsa (Nichtverletzen). Die Ausprägung ist unterschiedlich je nach den jeweiligen Pflichten und Aufgaben. Für einen Mönch heißt ahimsa bedingungslose Gewaltlosigkeit, unter keinen Umständen einem anderen Wesen körperlich etwas tun, noch nicht einmal ein Insekt töten. Für einen Polizisten bedeutet ahimsa, das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Angenommen, ein Kind hat ein Stück Schokolade aus einem Supermarkt gestohlen und läuft weg, dann wäre es jetzt nicht verhältnismäßig, mit dem Gewehr auf das Kind zu feuern. Aber wenn gerade Terroristen dabei sind, eine Geisel nach der anderen umzubringen, dann kann es sehr wohl die Aufgabe des Polizisten sein, als Scharfschütze den Terroristen mit einem Schuß von seiner Tat abzuhalten. Auch das wäre in diesem Fall noch ahimsa.

Brahmacharya, wörtlich Enthaltsamkeit, bedeutet in einer Beziehung zum Beispiel Treue, Achtung des Partners, Rücksichtnahme, auch im sexuellen Leben dafür zu sorgen, daß beide zufrieden sind, nicht egoistisch zu sein. Für einen Aspiranten, der eine Weile das Gelübde der Enthaltsamkeit vollständig leben will, heißt es etwas anderes. Und für einen Mönch bedeutet es tatsächlich lebenslange sexuelle Enthaltsamkeit.

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