Kapitel 3, Vers 42

Deutsche Übersetzung:

Durch samyama auf die Verbindung zwischen akasha (Raum) und Ohr erlangt man überphysisches Hören.

Sanskrit Text:

śrotra-ākāśayoḥ saṁbandha-saṁyamāt divyaṁ śrotram ||42||

श्रोत्राकाशयोः संबन्धसंयमात् दिव्यं श्रोत्रम् ॥४२॥

shrotra akashayoh sanbandha sanyamat divyam shrotram ||42||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • śrotra = Ohr, das Hören
  • ākāśa = Raum, Äther
  • saṁbandha = Beziehung, Verbindung
  • saṁyama = tiefe Versenkung, Meditation
  • divya = göttlich, übersinnlich, überphysisch
  • śrotram = Hören

Kommentar

Das kannst du gleich ausprobieren.

Schließe die Augen. Jetzt konzentriere dich zunächst einmal auf deine Ohren, und zwar weniger auf die physischen Ohren oder das Bild von den Ohren, sondern auf das Fühlen deiner Ohren. Spüre nach, wie weit du die Ohren nach innen spüren kannst. Dann werde dir bewußt, wie weit du die Energie der Ohren nach außen spüren kannst. Wenn du dich so entspannt konzentrierst, fühlst du vielleicht die Ohren wie einen Trichter. Und jetzt versuche, weit nach außen zu spüren, und spüre gleichzeitig den physischen Ort der Ohren und den Raum weit weg von den Ohren. So spürst du die Verbindung zwischen dem Raum weit weg und den Ohren. Und dann werde dir bewußt, ob du vielleicht einen inneren Klang hörst.

Das gleiche kannst du mit den Augen machen. Konzentriere dich jetzt auf die Augen. Werde dir bewußt, wie sich die Augen anfühlen. Gehe mit deinem Bewußtsein zunächst durch die Augen nach innen in die Höhle des Kopfes, dann spüre die Augen nach vorn, werde dir bewußt, wie weit du die Augen und die Energieausstrahlung der Augen nach vorne spüren kannst. Jetzt spüre gleichzeitig den Raum weit vor deinen Augen und die Augen selbst. Spüren also sambhanda, die Verbindung der Augen mit dem Raum und werde dir bewußt, ob du dabei mit geschlossenen Augen etwas sehen kannst.

Wenn man das länger macht, ist es eine Möglichkeit, überphysisches Hören und Sehen zu entwickeln. Und es ist durchaus in Ordnung, sich auf so etwas zu konzentrieren. Patanjali hat ja im ersten Kapitel der Yoga Sutras erwähnt, daß man den Geist leicht zur Stille bekommt, wenn die höheren Sinne, also überphysisches Hören und Sehen, aktiv werden. Das kann man zum Beispiel auch in der Tiefenentspannung sehr leicht üben, indem man sich nicht nur auf die körperliche Entspannung konzentriert, sondern die Verbindung der Ohren mit dem Raum herstellt. Selbst wenn man dabei nichts hört, kann ein schönes Ausdehnungsgefühl entstehen, und es kann auch sehr entspannen.

Audio

Ein Gedanke zu „Kapitel 3, Vers 42“

  1. Hallo und herzlichen Dank für all die ausführlichen Kommentare.
    Zu dieser Praktik habe ich eine Frage/Anmerkung:
    In meinem Fall ist dieses Hören und Sehen wahrscheinlich aus früheren Leben schon mitgebracht worden, aber ich habe trotzdem -oder wie ich denke, gerade deswegen- Probleme mich zu zentrieren und meine Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Ist es nicht sinnvoll, erst die Gedanken durch Zentrierung zur Ruhe zu bringen und danach zu lernen sich in den Raum auszudehnen? Denn ich kann mich so schlecht von anderen abgrenzen, dass ich ihre Leiden unfreiwillig übernehme. Oder gibt es dafür vielleicht eine andere Ursache?
    Vielen Dank und Gruß

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert