Bhakti Sutra 55

narada-bhakti-sutra-55

Deutsche Übersetzung

Wenn ein Mensch diesen Zustand höchster Liebe erlangt, sieht er seinen Geliebten in allem, überall hört er von Ihm; nur DAS ist der Gegenstand seines Sprechens und Denkens.

Sanskrit Text

  • tat prāpya tad evāvalokati tad eva śṛṇoti tad eva bhāṣayati tad eva cintayati ।। 55 ।।
  • तत्प्राप्य तदेवावलोकति तदेव शृणोति तदेव भाषयति तदेव चिन्तयति ।। ५५ ।।
  • tat prapya tad evavalokati tad eva shrinoti tad eva bhashayati tad eva chintayati || 55 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tad : diesen (Zustand höchster Liebe, Tad)
  • prāpya : wenn man erreicht hat (pra + āp)
  • tad : ihn
  • eva : nur (Eva)
  • avalokati : man sieht (ava + lok)
  • tad : ihn
  • eva : nur
  • śṛṇoti : man hört (śru)
  • tad : ihn
  • eva : nur
  • bhāṣayati : man spricht über (bhāṣ)
  • tad : ihn
  • eva : nur
  • cintayati : man denkt nach über (cint) ।। 55 ।।

Kommentar von Sukadev Bretz

Lesen

Die höchste Gottesliebe wird gerne verglichen mit der intensiven Liebe von jemandem, der verliebt ist. Angenommen jemand ist frisch verliebt, dann denkt er nur an diesen Menschen. Er denkt nur an den Geliebten oder an seine Geliebte. Voller Sehnsucht, die Gegenwart zu erlangen, die Umarmungen zu spüren, er denkt überall und alles erinnert ihn an seinen Geliebten, seine Geliebte. Die Gottesliebe ist genau das, und noch viel größer. Und noch schöner ist, dass bei der Gottesliebe die Verliebtheit nicht verschwindet. Im Gegenteil, sie wächst immer weiter. Narada sagt: „Wenn ein Mensch den Zustand der Gottesliebe erlangt, so sieht er seinen Geliebten in allem. Der Geliebte ist Gott, oder auch die Göttin, das Höchste. Gott überall. Wenn man diese Liebe von Gott in seinem Herzen spürt, will man Gott überall erfahren. Die Trennung von Gott wirkt dann grausam.

Es gibt Momente danach, wo man die Gottesliebe vielleicht nicht erfährt. Und leider ist es so, dass viele Menschen, die erstmalig eine intensive Gotteserfahrung haben, nachher eine Weile Gott nicht mehr erfahren können. Dann kann man entweder in Sehnsucht nach dieser Gottesliebe wachsen, das wäre der beste Weg, oder man kann es auch vergessen und sein Leben nach Anderem ausrichten. Aber die Erinnerung bleibt trotzdem. Ja, man ist mal ergriffen worden von dieser intensiven Erfahrung der Gegenwart Gottes. Man hat sich von Gott geliebt gefühlt und man hat Liebe zu Gott gehabt. Man hat sich umarmt gefühlt von Gott, man hat sich sicher gefühlt. Diese Gottesliebe kann man aber weiter wachsen lassen. Man kann sich nach ihr sehnen und sie stärker werden lassen. Wenn man ergriffen ist von dieser Liebe, dann sieht man Gott in allem. Dann erinnert einen alles Mögliche an Gott. Da will man Gott dienen, was auch immer man tut. Man hört von ihm und er sagt nur, das ist der Gegenstand seines Sprechens und Denkens.

In der Gottesliebe denkt man nicht: „Was brauche ich noch unbedingt für mein Appartement, was brauche ich noch für dieses und für jenes?“ Natürlich wird man sagen, um Gott besser dienen zu können, brauche ich vielleicht ein Kleidungsstück. Um Gott besser dienen zu können, brauche ich das. Gott hat mir diese Aufgabe gegeben, die werde ich jetzt auch erfüllen, dafür brauche ich auch das. Aber mein Glück hängt nicht davon ab. Und ich brauche es auch nicht für mich. Für mich brauche ich überhaupt nichts. Für mich brauche ich nur Gottesliebe und die habe ich schon, denn meine wahre Natur ist Gott, meine wahre Natur ist in Gott. Gott schenkt mir seine grenzenlose Liebe. Ich brauche nichts. Für den Gottesdienst, für den Dienst an Gott, dafür brauche ich das ein oder andere. Ich habe einen Körper, ich habe eine Psyche, die haben Bedürfnisse. Um die werde ich mich auch kümmern. Aber nicht ich habe Bedürfnisse, nicht ich brauche etwas, mein Körper braucht etwas, meine Psyche braucht etwas.

Ich brauche nur Gott und Gott allein. Und daher ist Gott allein Gegenstand des Denkens und auch des Sprechens. Auch wenn man sich scheinbar um weltliche Angelegenheiten kümmert, weiß man doch, ich tue es für Gott. Ich tue nichts für mich, alles für Gott. Sogar die Entspannung, die Regeneration, sogar das Schlafen, sogar das Essen, all das tue ich für Gott. Dafür, dass Körper und Psyche bereit sind. Aber ich brauche auch Körper und Psyche nicht zu umfangreich bereitzustellen. Ich kann gleich anfangen Gott zu dienen, Gott zu sehen, Gott zu spüren. Gottesliebe immer zu erfahren. Gottesliebe mich berühren zu lassen. In Gottesliebe in Freude zu erblühen. 

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