Bhakti Sutra 65

narada-bhakti-sutra-65

Deutsche Übersetzung

Wenn man alle Handlungen Gott weiht, sollte man selbst Leidenschaften wie Lust, Zorn, Stolz usw. nur auf Ihn richten.

Sanskrit Text

  • tadarpitākhilācāraḥ san kāmakrodhābhimānādikaṃ tasminn eva karaṇīyam ।। 65 ।।
  • तदर्पिताखिलाचारः सन् कामक्रोधाभिमानादिकं तस्मिन्नेव करणीयम् ।। ६५ ।।
  • tadarpitakhilacharah san kamakrodhabhimanadikam tasminn eva karaniyam || 65 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tad-arpitākhilācāraḥ : (der) sämtliche (Akhila) Handlungen („Wandel“, Achara) jenem (Höchsten, Tad) weiht („hingegeben hat“, Arpita)
  • san : (wenn man einer) ist („seiend“, Sant)
  • kāma-krodhābhimānādikam : Lust (Kama), Zorn (Krodha), Stolz („Eigendünkel“, Abhimana) usw. (Adi)
  • tasmin : auf jenen (Höchsten, Tad)
  • eva : nur, allein (Eva)
  • karaṇīyam : soll gerichtet werden („ist zu machen“, Karaniya) ।। 65 ।।

Kommentar von Sukadev Bretz

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Im vorigen Vers hatte Narada gesagt, Stolz, Eitelkeit und dergleichen anderer Untugenden müssen aufgegeben werden. Jetzt gibt er einen typischen Bhakti-Tipp, wie man diese überwinden kann. Er sagt, man sollte alle Handlungen Gott weihen und dann kann man selbst Leidenschaften wie Gier, Zorn und Stolz auch auf Gott richten. Also es ist eine Technik. Es gibt zum Beispiel auch eine Homa, eine Feuerzeremonie und dort bringt man alles Gott dar. Man gibt etwas ins Feuer, Gaben, Öl usw. und jedes Mal, wenn man das darbringt, gibt man auch all seine Wünsche und all seine Emotionen hinein. Man bringt alles Gott dar. Und genauso kann man es auch im Alltag machen. Man merkt, da ist eine Gier. Da kann man sagen: Oh Gott, warum gibst Du mir diese Gier nach Schokolade, nach Besitz, nach allem möglichen?“ Und dann kann man sagen: „Ja Gott, eigentlich will ich dich haben.“ Manchmal hilft es auch, um zu interpretieren, indem man sagt, die Gier, die ich habe, ist eigentlich deshalb da, weil ich nach Gott Sehnsucht habe. Oh Gott, die Gier nach dem ist eigentlich meine Gier nach Dir. Und selbst wenn man dann anschließend etwas isst, was der Gier entspricht oder auch Handlungen tut, die dieser Gier entsprechen, kann man dann eben sagen, oh Gott, eigentlich will ich Dich! Da Du Dich mir noch nicht zeigst, will ich jetzt diese Ersatzbefriedigung haben. Aber jeder Wunsch ist eigentlich Wunsch nach dir und Dir allein. Hilf mir, bitte lass mich Deine wahre Natur erfahren und erkennen.

Genauso auch Zorn. Man ist ärgerlich. Auch dort kann man sagen, Gott ich bin ärgerlich. Ich erfahre Dich noch nicht. Ich spüre Dich noch nicht vollkommen. Und weil ich Dich noch nicht vollständig spüre, habe ich so viele Erwartungen und so viele Ersatzbefriedigungen und Ersatzwünsche. Oh Gott, mein Zorn ist eigentlich nur Ausdruck, dass ich Dich nicht erfahre. Bitte zeige Du Dich mir. Ich weiß, in dieser Welt werde ich nicht glücklich sein. Ich giere nach Lob und Anerkennung. Ich giere danach, das zu bekommen, was ich will. Doch, oh Gott, bitte hilf mir, zeige Dich mir. Dann brauche ich mich nicht mehr über Kleinigkeiten zu ärgern. Vielleicht ärgerst du dich auch über Ungerechtigkeiten. Dann kannst du sagen, oh Gott, du hast mir diesen Ärger über die Ungerechtigkeit gegeben, damit ich mich für Gerechtigkeit engagiere. Gib mir die Kraft, dass ich mich engagiere für diese gute Sache. Mich ärgert es, wenn ich sehe, wie Menschen Tiere essen. Es ärgert mich, wenn ich sehe, wie den Menschen, die hungern, nicht geholfen wird. Mich ärgert es, wenn Menschen in Bangladesh ihre Kinder arbeiten lassen in Textilfabriken, die sich dann in diesen Farben, ihre Hände und Füße ruinieren. Mich ärgert das. Und es ärgert mich deshalb, damit ich da etwas tue. Lass mich die Kraft haben, künftig die Menge an Kleidung, dich ich kaufe, zu reduzieren und nur noch Fairtrade- und Ökokleidung kaufen.

Mich ärgert es, dass Menschen in Teilen der Welt hungern. Bitte hilf mir, dass ich weniger Geld für meine eigenen Sachen ausgebe und mehr spende für Brot für die Welt und andere Initiativen. In diesem Sinne kannst Du gerechten Zorn nutzen, um positive Dinge zu bewirken. Auch bei Stolz kann man sagen, oh Gott, ich habe Stolz, ich weiß nicht, wie ich ihn loswerden kann. Den Stolz habe ich deshalb, weil ich Dich nicht erfahre. In Wahrheit weiß ich, ich bin eins mit Dir. Du bist das Unendliche und das Ewige. Weil ich Dich noch nicht voll erkannt habe, und ich weiß eigentlich, dass ich Dein Kind bin, und Dein Kind ist letztlich eins mit Dir, deshalb identifiziere ich mich immer noch mit Körper und Psyche und entwickele daraus einen Stolz. Tief im Inneren weiß ich, ich bin diese unendliche und ewige Wirklichkeit. Weil ich es noch nicht erfahre, bin ich stolz auf das Relative. Den Stolz, den ich eigentlich haben müsste, Stolz, dass Du alles bist, den richte ich jetzt leider auf Körper und Psyche und meinen Besitz und meine Eigenschaften. Oh Gott, ich will Dir alles darbringen.

Überlege selbst, ich habe jetzt nur einige Möglichkeiten gegeben. Dieser Vers kann auch noch anders interpretiert werden. Wie kannst Du das machen? All Deine Leidenschaften wie Gier, Zorn und Stolz auf Gott auszurichten, Gott darzubringen? Wenn Du jetzt den nächsten Tag oder die nächste Zeit irgendwo merkst, dass dort eine Gier, ein Stolz, ein Zorn, eine Ungeduld oder was auch immer, in dir auftaucht, überlege, wie kannst Du das Gott darbringen?!

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