Bhakti Sutra 46

Narada Bhakti Sutra 46

Deutsche Übersetzung

Wahrlich, wer überwindet die Maya? Derjenige, der jegliche Verhaftung aufgibt, der seine Zuflucht bei Weisen sucht und durch Dienen frei wird vom Bewußtsein des »ich« und »mein«.

Sanskrit Text

  • kas tarati kas tarati māyām yaḥ saṅgāṃs tyajati yo mahānubhāvaṃ sevate nirmamo bhavati ।। 46 ।।
  • कस्तरति कस्तरति मायाम् यः सङ्गांस्त्यजति यो महानुभावं सेवते निर्ममो भवति ।। ४६ ।।
  • kas tarati kas tarati mayam yah sangams tyajati yo mahanubhavam sevate nirmamo bhavati || 46 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • kaḥ : wer (Ka)
  • tarati : überwindet (tṛ)
  • die Täuschung, Illusion (Maya)
  • yaḥ : derjenige, der (Yad)
  • saṅgān : die Verhaftungen (Sanga)
  • tyajati : aufgibt (tyaj)
  • yaḥ : derjenige, der
  • mahānubhāvam : einem Edelmütigen (Mahanubhava)
  • sevate : dient (sev)
  • nirmamaḥ : ohne Bindung an Besitz oder an die äußere Welt („ohne die Idee von mein“, Nirmama)
  • bhavati : ist (bhū)     ।। 46 ।।

Kommentar von Sukadev Bretz

Lesen

Der 46. Vers ist der Beginn einer Reihe von Versen, in denen er folgendes beschreibt: „Wer kann Bhakti erreichen und wie kann man Maja, die Täuschung, die Illusion überwinden?“ Menschen identifizieren sich. Menschen identifizieren sich mit ihrem Körper, machen sich so viele Sorgen um den Körper. Menschen identifizieren sich mit ihren Wünschen und sind getrieben von ihren Wünschen. Menschen identifizieren sich mit ihren Emotionen und fallen diesen Emotionen zum Opfer. Menschen identifizieren sich mit ihren Gedanken, mit ihren Vorstellungen, nehmen Worte anderer, die nicht wirklich eine große Bedeutung haben zu ernst usw. Menschen – mit anderen Worten – vergessen die Gottesliebe.“ Jetzt: „Wie kommt man aus der Maja heraus?“ Wer schafft das überhaupt? Das ist nicht so einfach. Und Narada beschreibt hier einige Weisen und zählt sie auf. Es gibt verschiedene Menschen, die aus der Maja herauskommen können. In diesem Fall sagt er: „Wer jegliche Verhaftung aufgibt, wer seine Zuflucht bei Weisen sucht, wer durch dienen frei wird vom Bewusstsein des Ich.“

Er gibt hier drei verschiedene Techniken an. Narada sagt: „Zunächst gilt es Verhaftungen aufzugeben.“ Dieses Thema greift er immer wieder auf. So wie auch Krishna in der Bhagavad Gita immer wieder sagt: „Ès gilt loszulassen.“ Bei Krishna ist es nicht Besitz loslassen und Pflichten loslassen, sondern Verhaftungen aufgeben. Nicht an den Früchten der Handlungen hängen. Der Gleiche sein in Erfolg und Misserfolg, in Lob und Tadel, in Gelingen und Nichtgelingen usw. Du kannst überlegen, wo hast du Verhaftungen, welche Verhaftungen kannst du dir lächelnd anschauen und dich davon lösen? Humor, auch Lachen über sich selbst ist eine machtvolle Weise um Verhaftungen aufzugeben. Manchmal braucht es auch die konkrete Übung von Verhaftung. Gib etwas, was du magst, einem anderen. Eine Gewohnheit, die du magst, lass los. Verhaftung ist nicht nur Inneres loslassen, manchmal musst du auch diese Verhaftung loslassen, indem du wirklich auf etwas verzichtest. Das war der erste Punkt.

Der zweite ist: „Zuflucht bei Weisen suchen.“ Das ist auch wieder etwas Wichtiges. Wir haben heutzutage so viel Literatur, es gibt so viel, was über Psychologie gesagt wird usw. Man muss aufpassen, bei wem sucht man Zuflucht? Nicht alles, was in psychologischen Büchern geschrieben wird, nicht alles, was irgendein Autor sagt, ist wirklich das, was hilfreich ist. Ein Weiser ist der, der Gott verwirklicht hat. Bei ihm kannst du Zuflucht suchen. Zuflucht suchen, heißt auch, sich bei ihm zu öffnen. Der Weise muss noch nicht mal in seinem physischen Körper sein. Ich selbst habe einen tiefen Bezug zu Swami Sivananda, dessen physischen Körper ich nie gesehen habe. Natürlich habe ich einen tiefen Bezug zu Swami Vishnu-Devananda, bei dem ich 12 Jahre leben konnte. Nicht immer in seiner persönlichen Gesellschaft, aber in seinen Zentren und Ashrams.

Der zweite Schritt ist Zuflucht bei Weisen suchen, sich öffnen und sie um Führung bitten. Vielleicht auch ein Buch von ihnen aufschlagen. So ähnlich wie ich jetzt das Buch von Bhakti Sutra aufgeschlagen habe. Aufschlagen und um Zuflucht und um Führung bitten. So können wir Zuflucht bei Weisen suchen. Am Ende kommt etwas Wichtiges: „Durch dienen frei werden vom Bewusstsein des Ich und Mein. Dienen, wirklich dienen, d.h. Gott dienen, Meistern dienen, der Menschheit dienen. Nicht sich selbst dienen, nicht das tun, was einem Spaß macht, nicht das tun, was man will, sondern das, was zu tun ist, d.h. dienen.“
Ich hatte das große Glück einen Meister zu haben, der zumindest bei mir, wenig darauf geachtet hatte, was ich gewollt habe oder nicht gewollt habe. Er hat mich das Verschiedenste machen lassen. Als er gewusst hat, dass ich keinen Computer mag, hat er mich zum Computerspezialisten gemacht. Als er irgendwie mitbekommen hat, dass der Sukadev noch nicht handwerklich tätig war, hat er mich eine Treppe bauen lassen. Als er irgendwo mitbekommen hat, dass ich mehr Vorträge geben will und das sehr mag, hat er mich in die Buchhaltung gesteckt. Und als ich die Buchhaltung gemocht hatte, hat er mich raus genommen und wieder eine andere Aufgabe für mich gefunden. Er hat mich in große Städte wie London und Paris geschickt und er hat mich irgendwo ins Niemandsland, in einen kleinen Ashram, wo kaum etwas los war, wo man eine halbe Stunde fahren musste, um zum ersten Geschäft zu kommen, geschickt. Und so hat er mir immer wieder Aufgaben gegeben. Und auf gewisse Weise kannst Du sagen, das Schicksal übernimmt diese Aufgabe des Meisters.

Bei Yoga-Vidya sind wir etwas anders. Wir bemühen uns nicht, bewusst Menschen das zu geben, was sie nicht mögen. Sondern wir versuchen durchaus einzugehen auf die Anliegen und Talente von Menschen. Aber auch nur bis zu einem gewissen Grad. Und wenn jemand eine Aufgabe hat, dann muss er sie eben auch erledigen. Kluge Menschen die intensiv lernen wollen, die melden sich freiwillig für das, was sie nicht mögen. Und sie bemühen sich besonders, das intensiv zu tun, was ihnen keinen Spaß macht. Langfristig sollte man natürlich seine Talente nutzen und seine Talente zum Dienst Gottes nutzen. Aber nicht ständig überlegen: „Was mag ich, was tut mir gut, was fühle ich?“ Das ist kein dienen, das ist ein Ego ausleben. Dienen, um das Ego zu überwinden, dienen, um das Gefühl von mein zu überwinden. Gerade dann, wenn es schwierig wird, gerade dann, wenn man aus seiner Komfortzone raus kommt, gerade dann, wenn von einem etwas verlangt wird, was nicht so einfach ist, dann ist der Übergang vom ichbezogenen Denken, vom egoistischen Handeln, zur Hingabe, zum Loslassen, zur Gottesliebe erlangt.

Du kannst selbst überlegen: „Was heißt das für Dich?“ Und du kannst selbst überlegen, zum einen: „Welche Verhaftungen habe ich, wie kann ich sie loswerden?“ Zum Zweiten: „Kannst du deinen Entschluss erneuern, Zuflucht suchen bei Weisen?“ Und zum Dritten: „Kannst du mehr noch das tun, was nötig ist, um anderen zu helfen, um Gott zu dienen und in dem Werk, von dem du vielleicht sogar Teil bist, voranzuschreiten und weniger, um einfach nur deine Wünsche zu leben?“

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