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17-04 Kommentar Sukadev

Wenn man das wörtlich nimmt, klingt es in unserer Zeit sicher etwas eigenartig. Wer verehrt heutzutage noch im wörtlichen Sinn Engels-, Astral- oder Naturwesen?

Sattwiger Glaube

Devas als die „Scheinenden“, „Strahlenden“, die höheren Engel, repräsentieren die sattwige Art von Verehrung.

Rajasiger Glaube

Yakshas und Rakshasas sind gewissermaßen in der Mitte, Astralwesen, „mittlere“ Engel, die Wünsche erfüllen.

Man verehrt sie mit Ritualen, Mantras usw.  zu einem bestimmten Zweck, verbindet also die Verehrung mit konkreten Wünschen. In manchen Schriften steht genau beschrieben, welchem Yaksha man wie opfern muss, um zum Beispiel Tausend Kühe zu bekommen. Im alten Indien wurde Reichtum vor allem in Kühen gemessen. Oder angenommen, man will eine Frau becircen, dann konnte man in der damaligen Zeit zum Beispiel einen dieser mittleren Engel anrufen. Heutzutage besucht man dafür FlirtSchulen oder knüpft Kontakte in verschiedenen Online-Börsen.

Diese Art der Verehrung ist zwar egoistisch, also rajasig, aber nicht schädlich und zerstörerisch.

 

Tamasiger Glaube

Pretas

Als Pretas werden erdgebundene Geister bezeichnet. Viele Menschen, die sich zum Beispiel auf Orakel, Pendel oder Medien einlassen, sind sich nicht bewusst, dass sich dabei relativ häufig Pretas manifestieren.

Angenommen, man geht zu einem Medium, um einen Verstorbenen zu channeln. Angenommen, das Medium ist ernsthaft, betrügt nicht und ist tatsächlich der Meinung, es channelt den Verstorbenen. Das heißt noch lange nicht, dass es tatsächlich zum Beispiel der eigene Großvater ist, mit dem man auf diese Weise in Kontakt tritt. Relativ häufig handelt es sich um einen Preta, einen erdgebundenen Geist, der etwas bewirken oder sich die Zeit vertreiben will.

Angenommen, er würde sagen: „Ich bin der Bauer Kurt hier aus dem Ort, ich bin vor 60 Jahren bei einem Unfall gestorben: Mir ist ein bisschen langweilig und ich würde mich gern mal mit jemand unterhalten.“ Dafür wird niemand 120 Euro für eine Sitzung ausgeben. Wenn er hingegen sagt: „Ich bin dein Großvater, und ich wollte dir noch das und das sagen; das und das solltest du tun…“ – das weckt ein ganz anderes Interesse. Der Preta kann sich die ganze Zeit auf der niederen erdgebundenen Ebene aufgehalten haben und eine Menge über den Großvater wissen.

Wenn man sich darauf zu sehr einlässt, kann es sein, dass man nachher das Leben eines Preta lebt und nicht mehr sein eigenes Leben. Am Anfang können sie sogar hilfreich erscheinen, denn diese Pretas wissen ja mehr als wir, da sie nicht beschränkt sind durch den physischen Körper. Sie haben kein wirklich höheres Wissen, aber sie können zum Beispiel durch Wände gehen, alles Mögliche anschauen usw.

Bhuta-ghanas

Bhuta-ghanas sind die Naturgeister. Auch sie kann man bewusst anrufen, wie im 15. Kapitel schon besprochen. Man kann sie spüren, mit ihnen in Kontakt treten und dadurch die Schönheit der Natur bewusster wahrnehmen.

Wenn man das macht im Bewusstsein, dass alles Manifestationen Gottes sind, ist es Herz öffnend und -weitend und bringt uns in die Schöpfung hinein. Sie als Manifestationen Gottes anzusehen, sich ein bisschen Energie von ihnen in der Schönheit der Natur geben zu lassen, ist gut, aber alles, was darüber hinaus geht, ist nicht angeraten und nicht hilfreich.

Wenn wir sie aber bitten, uns zu helfen, oder wenn wir sie uns gefügig machen wollen, ist es tamasig. Sie mögen uns vielleicht sogar auf gewisse Weise helfen, aber es ist sehr grobstofflich und man begibt sich in eine Art Abhängigkeit.

Auch in der westlichen Magie gibt es ganze Handbücher, wie man verschiedene Elementarwesen anruft, wie man ihnen Aufgaben erteilt, usw. Das gibt es sowohl in Indien als auch in westlichen okkulten Zirkeln. Krishna nennt diese Art von Verehrung ‚tamasig’, und davon sollte man die Hände lassen.

Man kann diese Verse aber auch in einem übertragenden Sinne interpretieren, nämlich

Wir können verschiedene Arten von Glauben bezüglich dessen haben, was uns glücklich macht und was der Sinn des Lebens ist.

Sattwige Grundhaltung für Freude im Leben

Wir können die Einstellung haben, dass deva, göttliches Licht, ethisches Verhalten, Fröhlichkeit, auf andere eingehen usw. uns glücklich macht. Wir können glauben, dass wir das Göttliche, das höchste Selbst, das Unendliche oder Zufriedenheit in uns erfahren können. Diese Art von Glauben wird hier als sattwig bezeichnet.

Rajasige Grundhaltung für äußere Erfolgsfaktoren im Leben

Wir können auch die Grundeinstellung haben, dass Reichtum – dafür stehen die Rakshasas – und Familie, gute Beziehungen, Partnerschaft usw. – dafür stehen die Yakshas – uns glücklich machen. Manche glauben, Sinnesbefriedigung, Macht, Geld, Wunscherfüllung machen glücklich. Wir können zum Beispiel glauben, dass gute Familien- und sonstige Beziehungen, viel Geld zu verdienen, Karriere zu machen, ein ausreichend großes Haus, das richtige Auto, das beste Notebook, der exklusivste Urlaub usw., uns dauerhaft glücklich machen. Oder den besten Ruf, hohes Ansehen, die größte Firma zu haben. Für all das stehen die Rakshakas und Yakshas.

Die Betonung liegt hier auf „dauerhaft“. Es schadet nichts, all das zu haben, solange man es nicht als das alleinige Ziel im Leben ansieht und so lange man sich vor allen Dingen bewusst ist, dass es vorübergehend und äußerlich ist und es einem nicht wirklich dauerhaftes Glück schenken kann..

 

Tamasige Lebenseinstellung

Auf einer sehr erdgebundenen Ebene können wir glauben, rein körperliche, sinnliche Erfahrungen machen uns glücklich, dazu gehören zum Beispiel auch Alkohol, Drogen, Zigaretten und eine ganze Menge anderer Dinge auf dieser Ebene, von denen Menschen offenbar denken, dass sie sie glücklich machen. Sie mögen vielleicht sogar eine gewisse Befriedigung geben, sind aber letztlich schädlich oder machen träge.

Oder wir glauben, es hat eh alles keinen Sinn. Das höchste Glück ist, wenn ich in Ruhe gelassen werde und den ganzen Tag schlafen kann. Das ist vielleicht noch die positivste Form von tamasigem Glauben.

Oder: Ich kann nie mehr glücklich sein – eine destruktive Form von tamasigem Glauben.

Nicht umsonst gibt es Psychotherapie, psychologische Yogatherapie und vieles mehr – manchen Menschen reichen einfache spirituelle Praktiken nicht aus, um aus solchen Mustern herauszukommen.

Sattwige, rajasige und tamasige Motivation

Manche Menschen verehren Gott, um spirituell voranzukommen, andere aus reiner Dankbarkeit, die Dritten, um Wohlstand oder andere Wünsche erfüllt zu bekommen, die Vierten verehren Gott aus Verzweiflung und Leiden. Krishna sagt im 7. Kapitel: „Edel sind sie wahrhaft alle, aber Ich betrachte den Weisen als Mein Selbst; denn mit beständigem Geist ruht er allein in mir, da Ich sein höchstes Ziel bin.“

Die Bhagavad Gita vertritt hier einen Sowohl-als-auch-Standpunkt. Es ist in Ordnung, Gott um verschiedene relative Dinge zu bitten, aber am Klügsten ist es, wir bitten um das Höchste.

Du sollst keine anderen Götter neben mir haben

Manchmal wird einem als Yoga-Übender vorgeworfen, man verehre alle möglichen Götter. Im Alten Testament findet man die Aussage: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Wenn man das wörtlich nimmt, müsste man schlussfolgern, es gäbe noch andere Götter außer Gott, also dass das Alte Testament von Polytheismus ausgeht, was sicher nicht der Fall ist.

Wenn man davon ausgeht, dass es nur einen Gott gibt – wie es übrigens alle Religionen letztlich tun – auch im Hinduismus gibt es nur Brahman, welcher sich in verschiedenen Formen manifestiert, die aus praktischen Zwecken personfiziert werden, wobei wir aber gleichzeitig wissen, es gibt nur Brahman -, dann heißt „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ so viel wie: Du sollst nie ein anderes Prinzip verehren als Gott. Viele Menschen haben einen gewissen Glauben an Gott – in welcher Form und wie ausgeprägt auch immer -, aber gleichzeitig verehren sie auch den Mammon, die Banken, den Fußballgott, den Gott des Ansehens, der Macht usw.

Die Bibel steckt voller unterschiedlicher Aussagen. Zum Beispiel sagt Jesus an einer Stelle: „Ich bin nicht gekommen, um das Gesetz aufzuheben und die Propheten“, und an einer anderen Stelle: „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“.

Aus dem Alten Testament ergibt sich klar, dass man auch zum Heil kommen kann ohne Jesus, denn damals gab es Jesus als historische Person noch nicht. Wenn er gemeint hätte, nur durch Verehrung von Jesus als historische Person kommt man zu Gott, dann hätte er damit das Alte Testament aufgehoben. Er muss damit etwas anderes gemeint haben, nämlich Jesus als Prinzip. Es gibt das Prinzip Gott-Vater, Gott-Sohn, Gott-Heiliger Geist. Das Prinzip Gott Sohn entspricht der persönlichen Gottesverehrung, und über eine persönliche Gottesverehrung kommen wir zum Höchsten.

Wenn Krishna in der Bhagavad Gita an anderer Stelle sagt, nur wer mich verehrt, kommt zum Höchsten, ist das ebenfalls in diesem Sinn zu verstehen. Nicht Verehrung Krishnas als Person oder als Einziger unter anderen Göttern ist gemeint, sondern die Ausrichtung auf das Höchste.

Bewusstes einheitliches Ausrichten des Lebens

Natürlich können wir unseren Bedürfnissen auf den verschiedenen Ebenen des Seins nachgehen, auf sattwige Weise, ohne Verhaftung. Aber wir sollten sie nicht als Götter verehren.

Als spirituelle Aspiranten sollten wir unser Leben bewusst so leben, dass es eine Verehrung des Höheren in obigem Sinne ist. Wir sollten uns bewusst sein, dass wahres Glück zu erreichen ist über spirituelle Entwicklung. Es ist nicht zu erreichen durch Geld, Macht, Ansehen usw. Das ist für die meisten ohne weiteres einsichtig.

Wenn es hingegen heißt, man sollte nicht annehmen, dass dauerhaftes Glück allein durch Familie und Partnerschaft kommt, wird es schon etwas schwieriger. Das heißt nicht, dass Familie oder Partnerschaft schlecht wären. Angenommen, man sieht in allem in der Welt – im Partner/in und den Kindern die Manifestation Gottes, in seinem Beruf die Aufgabe, die Gott oder die kosmische Intelligenz einem gegeben hat, dann wiederum verehrt man keine „Rakshasas“ und „Yakshas“, sondern man verehrt Gott in verschiedener Gestalt einschließlich Beruf und Familie. Und damit verehrt man nicht mehrere Götter nebeneinander, sondern alles ist ein großes Ganzes.

Mit einer solchen Haltung können wir auch die Dualität überwinden, die wir gewohnheitsmäßig in unser Leben hineinbringen: Hier Beruf, hier Familie, hier Pflicht, hier Freizeit und „etwas für mich tun“, hier weltliches Leben, hier spirituelles Leben: „Wenn ich morgens meditiere, geht es mir so gut, wenn ich eine Woche im Ashram bin, gehe ich wie auf Wolken, aber kaum gehe ich den ersten Tag ins Büro, dann ist alles wieder weg…“

Alles sind Aufgaben, die gleichwertig zum Leben gehören. Es gehört dazu, dass man mal im Ashram ist und mehr meditiert. Es gehört aber auch dazu, dass man in den Alltag geht und die Spiritualität allmählich mehr und mehr im Alltag zu spüren und zu integrieren lernt. Auch und gerade durch das weltliche Leben wächst man.

Auch wenn man sich durchsetzen muss im Alltag, ist das ein Teil der spirituellen Praxis. Wenn man sich wehren muss gegen Mobbing, ist es ein Teil der spirituellen Entwicklung. Liebeskummer ist Teil der spirituellen Entwicklung und wenn die Kinder einem Sorgen machen, auch. All das ist genauso wichtig, um spirituell zu wachsen wie die Meditation.

„Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ heißt, das ganze Leben gut auszurichten.