Suche
  • TIPP: Nutze die Suche, um bestimmte Verse zu finden.
  • z. B.: die Eingabe 01-21 bringt dir 1. Kapitel, 21 Vers.
Suche Menü

05-03 Kommentar Sukadev

Wer völlig gleichmütig in allem ist, entkommt aus den Banden des Karmas. Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Wir erfahren Dinge aus verschiedenen Gründen. Auf die eine oder andere Weise haben wir sie für uns geschaffen. Wenn ihr euch erinnert, gibt es drei Arten des Karmas. Wir nennen das erste Agami Karma; das ist das Karma, das wir neu schaffen. Das zweite ist das Sanchita Karma; das ist der Speicher des Karmas, das was wir schon geschaffen haben. Und das dritte ist das Prarabdha Karma; das heißt, was wir jetzt in diesem Moment ernten.

Vielleicht erinnert ihr euch an die fünf Ursache – Wirkung – Zusammenhänge.

Es gibt die direkten Gesetze: Wenn wir jetzt etwas tun, hat das eine direkte Wirkung; beispielsweise, wenn wir uns mit der Bhagavad Gita beschäftigen, wissen wir nachher ein bisschen mehr, worum es in der Bhagavad Gita geht. Nämlich eine spirituellere Einstellung zum Leben zu haben. Was, wie ich hoffe, der Leser nach dem Studium des Buches auch hat. Das sind die direkten Gesetze.

Dann gibt es die Gesetze der Gedankenkraft: Das, woran wir heute denken während wir handeln, hat eine Kraft. Insbesondere, was wir wünschen, was wir denken, was wir befürchten – geistige Aktivitäten schaffen Karma. Für Yogis sind Gedanken nicht nur etwas, was nur im Gehirn stattfindet, irgendwelches Abfeuern von Aktionspotenzialen, das verschiedene Gehirnzellen miteinander verbindet. Yogis sagen: Gedanken sind wie Wellen in der Akasha-Chronik. Swami Sivananda spricht von einem feinstofflichen Äther, der Astralebene, also Astral-Gedankenebene. Ein Gedanke bewegt sich darin fort, hinterlässt Spuren. Er ist eine Kraft sowohl in diesem Moment, in der Richtung, in die man ihn hinschickt, als auch eine Kraft, die sich ansammelt und die ein Kraftfeld bildet. Dieses Kraftfeld kann reifen und irgendwann mit Verspätung um die ganze Welt wieder zu uns zurückkehren. Wenn man immer den Gedanken hat, alles geht schief, dann ist das an sich eine Kraft. Es ist glücklicherweise nicht die einzige Kraft – weshalb auch Pessimisten Erfolg haben können.

Besonders wichtig ist das Gesetz der Kompensation – so wichtig, dass das Gesetz des Karmas von manchen Meistern nur als Gesetz der Kompensation angesehen wird. Im Grunde genommen ist es das Gesetz, was ausdrückt „Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“ oder „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es wieder heraus“.

Wenn wir jemand Anderen bewusst schädigen, werden wir ebenfalls geschädigt werden. Wenn wir bewusst jemand Anderem etwas Gutes tun, mit dem Gefühl, ich habe etwas Tolles getan, bekommen wir dafür auch eine Belohnung. Das ist das Gesetz der Kompensation.

Dann gibt es das Gesetz der Evolution: Das Schicksal hat bestimmte Lektionen für uns, die wir lernen müssen. Es gibt bis zur Verwirklichung einen Lehrplan. Bestimmte Ereignisse müssen erfahren werden. Wenn wir diese Lektion lernen, ist sie erledigt. Lernen wir sie nicht, bekommen wir sie erneut gestellt. Manches lernt man allein durch Wiederholung. Manchmal meinen wir, wir hätten sie gelernt. Aber damit sie tiefer ins Bewusstsein eindringt, müssen wir sie noch hundert Mal wiederholen. Angenommen, ihr wollt eure Oberschenkelmuskeln stärken, dann reicht es nicht aus, ein Mal die Woche sieben Stockwerke zu Fuß über die Treppen zu gehen, sondern das müsst ihr schon regelmäßig machen. Als wir ins Haus Yoga Vidya Bad Meinberg umgezogen sind, hat es etwa zwei Monate gedauert, bis es mir nichts mehr ausgemacht hat, die sieben Stockwerke hoch zu gehen. Einen Monat lang war es immer eine Überwindung, aber inzwischen ist das überhaupt keine Schwierigkeit mehr.

Als letztes gibt es noch das fünfte Gesetz, das Gesetz der Gnade Gottes: Es passieren eine Reihe von Dingen, die wir nicht wirklich verstehen können. Indem wir um Antwort bitten, Gebete sprechen und sagen: Dein Wille geschehe, nicht mein Wille, oder um Hilfe bitten, fließt Gottes Gnade und Segen zu uns und wir werden empfänglich für ihn. So geschehen Dinge, die allein damit erklärbar sind.

Was heißt jetzt „Karma Bandha“, über das Krishna immer wieder spricht? Interessanterweise heißt es im Deutschen ähnlich wie im Sanskrit: „die Bande des Karmas“. „Bandha“ und „Bande“ sind etymologisch miteinander verwandt.

Wir kennen Jalandhara Bandha, den Kinnverschluss beim Pranayama, der positiv zu bewerten ist. Karma Bandha hingegen ist die Bindung an das Karma, das schlecht zu bewerten ist.

Wenn wir die Selbstverwirklichung erreichen wollen, müssen wir das Sanchita Karma reduzieren. Erst dann, wenn wir ausreichend von unserem Sanchita Karma abgearbeitet haben, ist es möglich, dass unser Geist dauerhaft in tiefer Meditation verweilt. Manchmal erhält man vorher die besondere Gnade oder den besonderen Segen, kurzfristig tiefe Meditation zu erfahren. Manchmal dauert dieser Zustand auch ein paar Wochen an. Wenn dieser Segen dann nicht mehr erfahren wird, sind Menschen traurig und fragen sich, was sie falsch gemacht haben. Vielleicht haben sie zuwenig Asanas oder Pranayama geübt oder sind ansonsten leichtsinnig geworden, hatten nicht genügend Mitgefühl usw. Es kann aber auch einfach sein, dass man alles richtig gemacht hat und es nur eine kurze Gnadenerfahrung war. Gott hat vorübergehend den Schleier für uns gelüftet, das Sanchita Karma für eine Weile hochgehoben. Vollständig kann er ihn uns nicht wegnehmen. Wir selbst müssen zusätzlich daran arbeiten, Sanchita Karma zu reduzieren. Um das Sanchita Karma zu reduzieren, müssen wir unser Prarabdha Karma richtig leben, das heißt: Wir müssen unsere Aufgaben tun. Wir müssen unsere Hausaufgaben erledigen. Wir müssen die Lektionen des Lebens bewusst annehmen und erleben. Es heißt, wenn wir sehr bewusst leben, können wir viel Karma abarbeiten.

Als nächstes kommt es darauf an, kein neues Karma zu schaffen. Wir können natürlich jederzeit jede Menge neues Karma schaffen, indem wir uns z.B. etwas wünschen. Krishna gibt uns in diesem Vers die ersten Tipps, was wir tun können, um uns vom Karma zu befreien.

Der Samkhya Lehre zufolge ist der einfachste Weg, ein Swami, ein Sannyasin zu werden. Dann machen wir gar nichts mehr im äußeren Leben, leben nur noch von Bettelgaben und meditieren. Durch wenig Handlung schaffen wir wenig Karma. Das Prarabdha Karma läuft ab und durch das Nichthandeln wird kein neues Karma geschaffen.

Dagegen verwehrt sich Krishna sehr. Er betont immer wieder, dass nicht durch Nichthandeln Karmalosigkeit erreicht wird. Wenn man seine Pflichten versäumt, schafft man neues Karma.

In Situationen, wo es unsere Aufgabe gewesen wäre zu handeln, und wir dieser Aufgabe nicht nachkommen, schaffen wir Karma, manchmal sogar Doppeltes: Erstens haben wir das nicht getan, was wir hätten tun sollen und zweitens kehrt dadurch die alte Lektion wieder zurück. Außerdem waren wir nachlässig, und das schafft zusätzliches Karma. Das heißt, Nichtstun kann jede Menge neues Karma schaffen. Das kann nicht die Lösung sein. Wenn wir uns stark vom Leben zurückziehen, kann es außerdem sein, dass sich das Prarabdha Karma etwas verlangsamt, d.h., wir kommen weniger in verschiedene Situationen, die Herausforderungen für uns darstellen. Mancher Leser mag einwenden, das wäre gut. Doch wenn wir mit weniger Situationen konfrontiert werden, die herausfordernd für uns sind, dann heißt das nichts anderes, als dass sich unser Karma verlangsamt. D.h. die Zeit, bis wir die Selbstverwirklichung erreichen, erhöht sich. Das ist also nicht die Lösung.

Bei den Menschen, die sich zurückziehen, gibt es ein paar wenige, die kaum Sanchita Karma mehr haben. Dort funktioniert es, wenn sie sich zurückziehen. Aber bei der Mehrheit ist es so, dass es noch viel Sanchita Karma gibt.

Im sechsten Kapitel geht Krishna darauf noch einmal ein. Er sagt, dass für manche Menschen tatsächlich die Ruhe, das sich Zurückziehen und Meditieren, der richtige Weg ist. Sie brauchen nicht mehr 7-11 Stunden am Tag arbeiten. Sie können ein gemächliches Leben bzw. ein Leben intensiver Meditation führen. Für andere Menschen ist das nicht der richtige Weg. Auf die Frage, woher man weiß, welches der geeignete Weg für einen ist, gibt er eine einfache Antwort: Wenn einen das tägliche Leben nicht mehr aufregt, wenn man in vollständiger Ruhe und Gelassenheit ist, wenn man kein Mögen und Nicht-Mögen mehr hat, wenn man nicht mehr vom Leben gestresst ist, dann ist man bereit für die Vollzeit-Meditation. Vollzeit-Meditation ist also nicht für Gestresste, von Burnout Betroffene oder Überforderte. Menschen, die mit dem Alltag nicht zurechtkommen, sollten zunächst lernen, den Alltag zu leben.

Krishna lehrt in diesem Vers, wie wir uns von den Banden des Karmas befreien, während wir im Alltag des Berufs- und Familienlebens stehen. Er rät, sich von den Dwandwas (Gegensatzpaaren) freizumachen. Wir sollen auf die rechte Weise reagieren und uns von Raga (Mögen) und Dwesha (Nichtmögen) und von Sukha (Vergnügen) und Dukha (Leiden) freimachen. „Na dwesti“, ohne Hass/Ablehnung, „Nirdwandwo“ frei von Gegensatzpaaren, handeln.

Wenn Ereignisse – Prarabdha Karma – auf uns zukommen, reagieren wir auf eine bestimmte Weise. Unsere natürliche Tendenz ist zu sagen: „Das mag ich und das mag ich nicht.“ Wenn wir einfach nach Mögen/Nichtmögen reagieren, schaffen wir Karma Bandha. Wir sind gebunden. Wir gehen unsere Lektionen nicht vorurteilsfrei an, sondern setzen sie gleich mit Mögen und Nichtmögen. Es mag natürlich erscheinen, die Welt nach unseren Vorurteilen zu beurteilen und nach vorgefärbten Meinungen zu handeln. Ohne nachzudenken, denken die meisten Menschen: „So sollte sich ein Mensch nicht verhalten, er sollte sich anders verhalten.“ „So sollte die Welt nicht sein, sie sollte anders sein“. „DAS sollte nicht die Lektion sein, die ich jetzt bekommen soll. Das Leben sollte mir andere Lektionen geben“. Wenn wir uns von den Banden des Karmas befreien wollen, müssen wir uns lösen von diesen Vorurteilen, von Mögen/Nichtmögen, von solchen Verhaftungen.

Im Buch „Sadhana“ von Swami Sivananda gibt es ein Kapitel „Der Geist des Aspiranten – eine psychologische Studie“. Dort beschreibt Swami Sivananda drei große Hindernisse, die Menschen am Anfang des Weges entgegenstehen. In der Yoga Vidya Lehrer Ausbildung wird das tiefer behandelt.

Das erste Haupthindernis, das Swami Sivananda beschreibt, ist: Vorurteile auf dem spirituellen Weg.

Das zweite: eine falsche Vorstellung von seinen Verpflichtungen.

Das dritte: die Niedergedrücktheit aus der Erkenntnis, dass der spirituelle Weg schwierig ist, lange dauert und die Verwirklichung nicht so schnell kommt.

Meine Erfahrung ist, dass diese drei Hindernisse nicht nur am Anfang da sind, sondern immer wieder, auch nach vielen Jahren auftauchen.

Menschen sind auch nach Jahren verhaftet und denken: „Mein spiritueller Weg sollte so und so sein. Meine Erfahrungen auf dem Weg sollten so und so sein. Das Schicksal sollte die und die Lektionen für mich bereit stellen. Die Menschen in meiner Umgebung sollten sich so und so verhalten. Spirituelle Lehrer sollten sich so und so verhalten.“ Das kennt ihr alle, oder? Es gilt: Immer wieder müssen wir uns vergegenwärtigen, dass wir etwas Bestimmtes mögen und etwas Bestimmtes nicht mögen. Und dass dies gravierende Hindernisse auf dem Weg sind.

Vermutlich fällt es uns heute noch schwerer als früher, eigenes Mögen/Nichtmögen, eigene Vorstellungen als große Hindernisse anzusehen. Warum ist dies so?

In früheren Zeiten hatten die Menschen eine große Hochachtung gegenüber dem Lehrer, und zwar sowohl dem Schullehrer als auch dem spirituellen Lehrer. Der Schüler sollte demütig zum Lehrer gehen. Wenn man die alten Schriften liest, dann wird da genau beschrieben, mit welcher Einstellung der Schüler zum Lehrer geht – mit großer Hochachtung, Respekt, Demut, dem Wissen, der Lehrer ist weise. Wenn man nicht versteht, was der Lehrer sagt, dann sollte man überlegen: was sollte ich tun, um es besser zu verstehen?

Ob es in der Realität tatsächlich jeder Schüler immer mit dieser Einstellung dem Lehrer gegenüber zu ihm gegangen ist, weiß ich nicht. Es mag sein, dass es in den Schriften oft erwähnt wird, weil auch schon die Lehrer früherer Zeiten von ihren Schülern genervt waren und ihnen deshalb erzählten, wie sie mit welcher Einstellung zu kommen haben. Wahrscheinlich gab es aber auch in diesen Zeiten schon Schüler, die sich anders verhielten.

In der heutigen Zeit und den westlichen Breitengraden hat sich im Zuge der Demokratisierung das Verhältnis von Lehrer zu Schüler insbesondere in der Schule und zwischen Professor und Student in der Universität geändert. Schüler können und sollen die Lehrer hinterfragen und sie auch kritisieren. Sie sollen nichts einfach annehmen, sondern nachvollziehen lernen. Natürlich ist das wichtig und gut: es erzieht Menschen zu mündigen Bürgern, ist die Grundlage für Demokratie und impft gegen Diktatur, Menschheitsverführer etc. Und es setzt kreative Potentiale im Menschen frei. Schüler stellen zunehmend mehr Ansprüche an Lehrer, wie z.B.: „Ich habe so und so gelehrt zu werden. Der Lehrer unterrichtet mich nicht richtig. Wenn der Lehrer mich richtig unterrichtet hätte, dann würde ich mehr lernen.“ Diese Einstellung der Schüler ihren Lehren gegenüber sorgt dafür, dass Lehrer sich immer mehr mit Didaktik auseinandersetzen müssen. Lehrer müssen immer wieder erproben, wie sie ihren Schülern den Lernstoff besser vermitteln. Sie wachsen auch an den immer neuen Herausforderungen. Es gibt aber auch eine Kehrseite der Veränderung. Die Halbwertzeit von Lehrern sinkt immer weiter, weil sie nicht mehr können. Der Anteil an Frühpensionierungen ist in der Berufsgruppe der Lehrer am höchsten und die Ausbrennrate am größten.

Auf dem spirituellen Gebiet funktioniert es nicht so einfach. Die Vorstellung, dass der Schüler mitbestimmen kann, vielleicht sogar demokratisch abstimmt, welche Lektion er wann zu lernen hat, führt ins Leere: Das Karma – egal wie viel wir unser Karma kritisieren und sagen, es müsste uns anders lehren – ist davon gänzlich unberührt. Das Karma zeigt kein Interesse daran, wie wir gelehrt werden wollen. Es bringt uns die Lektionen, die für uns richtig sind. Wenn wir bestimmte Lektionen ablehnen und bestimmte Lektionen mögen, dann schaffen wir allein dadurch neues Karma. Zum einen verhindern wir, dass das Karma schneller kommen kann, denn wir verbringen so viel Zeit, das Karma, das jetzt auf uns zukommt, zu bekämpfen. Zum anderen verbringen wir so viel Zeit, an dem Karma, was wir sehr lieben, hängenzubleiben und zu denken: Möge es doch länger bleiben oder möge ich doch länger bleiben. In einem alten Volkslied heißt es: „Ich wäre ‚ ja so gern‘ noch geblieben, aber der Wagen, der rollt“. Sinngemäß heißt das: „aber das Karma, das rollt…“

Wir müssen erkennen: Es geht weiter, das Karma geht weiter.

Das bedeutet für uns: Lektionen vorurteilsfrei anzunehmen und zu lernen, nicht verhaftet zu sein an unsere Vorstellungen und Vorurteile. Dann sind wir ein Karma-Sannyasin, nicht ein Sannyasin. Ein Sannyasin im engeren Sinne ist jemand, der sich von allem zurückzieht. Krishna betont aber immer wieder, dass das nicht der richtige Weg ist – zumindest nicht für die ganz große Mehrheit der Menschen. Sannyasin heißt wörtlich „Entsagter“ – ein Karma-Sannyasin ist einer, der den Banden des Karma entsagt. Er ist ein Karma-Bhanda-Sannyasin, um es ganz genau zu benennen. Er ist einer, der den Banden des Karma entsagt, indem er nicht sagt: „Das will ich und das will ich nicht“ oder „Das brauche ich und das brauche ich nicht.“ Ein Karma-Bhanda-Sannyasin nimmt an, was auf ihn zukommt. Kann er heute gute Arbeit bekommen, freut er sich! Verliert er morgen die gute Arbeit, freut er sich ebenfalls.

Wird er gebeten einen gutbezahlten Yogakurs zu geben, freut er sich. Bleiben alle Schüler weg und der Kurs muss annulliert werden, freut er sich ebenfalls. Dann hat er wieder frei! Das sind wichtige Lektionen. Wenn morgen die Bank einen Kredit gewährt, dann ist es gut und wenn sie dir dann vorzeitig wieder kündigt… Es ist wenig bekannt, dass in Deutschland die Banken fast jeden Kredit wieder kündigen können. Sie machen es selten, aber sie könnten es. Auch bei den Krediten, die Yoga Vidya aufgenommen hat, besteht die Möglichkeit der Kündigung. So leben wir mit der ständigen Möglichkeit des Bankrotts. Das erleben wir überall. Momentan geht es Deutschland, obwohl viele denken, es geht uns schlecht, relativ gut. Keiner muss an Hunger sterben. Aber auch das kann sich umkehren.

Menschen, denen es gelingt, alles vorurteilsfrei und verhaftungslos anzunehmen, müssen einer anderen Versuchung ins Auge blicken: Nämlich der Nachlässigkeit zum Opfer zu fallen. Krishna betont daher immer wieder: „Yoga ist Geschick im Handeln“ (II, 50). „Yoga ist nicht für solche, die ohne Feuer sind (VI 1)“

Ich kann oft beobachten, wie schwierig es ist, beides miteinander zu verbinden: Verhaftungslosigkeit und großes Engagement.

Die Menschen, die viel mit Raga-Dwesha argumentieren und mit Nichtverhaftetsein, sind oft diejenigen, die sehr verantwortungslos auftreten und behaupten: „Das Schicksal macht sowiesoalles… Ich muss mich jetzt ausruhen.“ Oder: „Ich muss mich um mich selbst kümmern, alles andere ist mir egal“. Sie argumentieren natürlich auch gerne mit der Bhagavad Gita: „Ich bin nicht an die Handlung verhaftet, jemand anderes kann das genauso gut machen wie ich.“ Sie vergessen, dass das nicht wirklich Freiheit von Raga und Dwesha ist. Dass es nicht wirklich Freiheit von Bandha, sondern Verhaftung an ihre eigenen Vorstellungen von Verhaftungslosigkeit ist. Sie schaffen sich durch solche Verantwortungslosigkeit neues Karma. Sie erfüllen ja ihre Aufgaben nicht richtig.

Das ist oft gar nicht so einfach. Wenn zum Beispiel irgendetwas schief geht, was heißt dann Verhaftungslosigkeit? Heißt das, wir lassen einfach los? Oder heißt das, es ist jetzt meine Aufgabe, mein Karma, die Lektion, an der ich wachsen werde, meine Aufgabe, die ich im Rahmen des kosmischen Ganzen zu tun habe, jetzt weiter aktiv zu sein und mich wirklich zu bemühen. Woher wissen wir das? Krishna gibt uns immer wieder Hinweise darauf. Ganz zum Ende der Bhagavad Gita sagt er: Nachdem du all dies abgewogen hast, nach bestem Wissen und Gewissen, entscheide dich und übergib alles an Gott.“

Dann sagt er:

„Sarva-dharman parityajya mam ekam sharanam vraja

aham tva sarva-papebhyo mokshayishyami ma shucah” (XVIII 66)

“Gib alles Dharma auf, nimm bei mir allein Zuflucht.

Ich werde dich von allen Sünden befreien”.

Wir sollen unsere Pflichten tun so gut wie wir können, unsere Vorstellung von Richtig und Falsch aufgeben, und alles an Gott übergeben. Dann machen wir nichts Falsches, schaffen kein neues negatives Karma. Wir sammeln keine Papas (Sünden) an.

Allerdings rät Krishna uns auch, das keinem zu erzählen, der sich nicht bemüht, auf dem spirituellen Weg voranzuschreiten, sich nicht Gott hingibt oder der verantwortungslos ist.

Denn das würde dann zu Anarchie und zu Problemen führen, da sowieso alles egal ist, was ich mache. Ich bringe alles Gott dar und kann sowieso alles machen, was ich will oder nicht. Wenn ich Gott alles darbringe, habe ich keine Probleme. Krishna ermahnt uns ausdrücklich, unsere Motive zu untersuchen. Sind wir Raga und Dwesha verhaftet? Hören wir auf unsere Swarupa? Folgen wir unserer Swarupa? Krishna betont immer wieder, wie wichtig es ist, Mögen und Nichtmögen nicht mit seinem Dharma zu verwechseln.