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02-38 Kommentar Sukadev

Auch wir in der heutigen Zeit kommen immer wieder in ethische Dilemmas. Manchmal wissen wir, was ethisch richtig ist, aber wissen nicht, ob wir damit Erfolg haben werden oder nicht. Wir wissen nur, wir sollten so oder so handeln. Wir wissen, wir sollten es einfach tun, weil wir merken, dass es richtig ist. Es ist egal, ob wir nachher das richtige Ergebnis erzielen oder nicht. Ich erinnere mich an eine Teilnehmerin einer 2-jährigen Yogalehrerausbildung. Sie hat irgendwann mal gefühlt, dass sie die Krankenkassen finanzierte Krankengymnastik, die sie angeboten hat, nicht mehr machen will. Stattdessen wollte sie einen Naturkostladen eröffnen, was sie dann auch gemacht hat. Sie hat in einer Großstadt einen Naturkostladen eröffnet, viel investiert, sowohl Geld und Ersparnisse, als auch Zeit und Herz. Wenn man etwas Neues aufmacht, dann reicht ein sieben bis acht Stunden Arbeitstag nicht aus – und war zwei bis drei Jahre glücklich. Der Naturkostladen lief gut, bis eines Tages einer dieser großen Naturkostsupermärkte nebenan aufgemacht hat. Diese sind natürlich etwas billiger und haben ein größeres Angebot. Der Vorteil ist, es werden mehr Menschen dazu gebracht, Naturkost zu verzehren. Der Nachteil ist, sie sind der Tod der kleinen Naturkostläden, wo Menschen mit viel Idealismus arbeiten. Und so musste auch die Teilnehmerin der 2-Jahresausbildung ihren Laden wieder schließen, wodurch sie einiges an Geld verloren hat.

War es jetzt richtig, dass sie den Naturkostladen eröffnet hatte, oder war es falsch?

Sie hatte mich damals auch um Rat gefragt, ob sie einen Naturkostladen aufmachen soll oder nicht. Ich habe versucht ihr die Vor- und Nachteile aufzuzeigen, Handlungskriterien zu geben und zu sagen, wenn sie sich einmal entschieden hat einen Laden zu eröffnen, dann soll sie es danach Gott darbringen. Egal ob es nachher erfolgreich ist oder nicht, die rechte karmische Lektion kommt.

 

Für uns ist das Wichtigste herauszufinden, was unser Dharma ist, diesem dann zu folgen und dabei gleichmütig in Erfolg und Misserfolg zu sein. Wenn etwas schief geht, dann heißt das nicht, dass wir uns falsch entschieden haben. So zumindest lehrt es uns Krishna.

Ich hatte mal einen Vortrag von einem Pfarrer gehört, der meinte, Jesus sei gescheitert. Denn er wurde ans Kreuz geschlagen und errichtete kein Gottesreich. Für die Jünger seiner Zeit war Jesus der Messias. Nach jüdischer Vorstellung ist der Messias derjenige, der das Himmelsreich Gottes auf Erden entwickelt. Jesus selbst hat ganz am Anfang nicht behauptet, er werde jetzt bald ans Kreuz geschlagen werden. Erst ein paar Wochen vor seinem Tod hat er immer wieder davon gesprochen. Zu Anfang hat er tatsächlich mehr davon gesprochen, dass wir alle erleben wie das Reich Gottes noch zu unseren Lebzeiten auf die Erde kommen wird. Daher sprach der Pfarrer davon, Jesus sei gescheitert auf dieser Welt. Irgendwie hat das alle beunruhigt. Der Pfarrer behauptete noch dazu, das sei ein großer Unterschied zwischen Christen und Hindus. Nur die Christen hätten die Größe zu sagen, dass ihr Gott scheitert. Und durch das Scheitern von Gott in der Welt haben wir Menschen auch alle das Recht zu scheitern. Erlösung ist nicht in der Welt, sondern nach der Welt. Schließlich sagt Jesus: „In der Welt habt ihr Angst. Doch seid getrost: Ich habe die Welt überwunden.“ Aber wir finden das gleiche auch in Indien. Swami Chinmayananda hat geschrieben, Krishna sei, weltlich gesehen, gescheitert auf dieser Welt. Er wollte ein friedvolles Gottesreich auf Erden. Krishna schuf laut der Schrift „Bhagavatam“ Dwaraka, einen Kontinent vor Indien. Er wollte dort eine ideale Gesellschaft errichten, den idealen Gottesstaat, wo Wohlstand herrscht, spirituelles Leben möglich ist, wo Menschen keine materiellen Sorgen haben müssen, und so ihren Geist freihaben, um meditieren zu können. Er erschuf diesen Kontinent absichtlich außerhalb von Indien, um nicht in Kriege verwickelt zu werden. Er wollte einen friedvollen Staat für seinen Volksstamm, die Yadhavas, schaffen, in der Hoffnung, dass die anderen Völker das anschließend nachahmen würden.

Und was ist dann passiert?

Krishna wurde in einen Krieg nach dem nächsten hineingezogen. Er wurde immer wieder gebeten, seine Yadhava Armee jemandem zur Hilfe zu geben, was er auch nicht ablehnen konnte. Gegen Ende des Lebens empfanden die Yadhavas das schöne, harmonische Leben mit geregelter Meditation, nur als langweilig. Sie fingen an, sich zu betrinken, um dem Leben ein bisschen mehr Pep zu geben. Sie wurden übermütig und haben alle möglichen Streiche gespielt. Sie haben sogar einfach aus Langeweile angefangen sich gegenseitig umzubringen. Da hat Krishna erkannt, dass sein Idealstaat so nicht klappen kann und hat darauf hin verfügt, dass, wenn er seinen physischen Körper verlässt, der Kontinent wieder im Ozean verschwinden soll. Darüber informierte er Arjuna und Uddhava. Beide sind nach Krishnas Tod zu den Yadhavas gegangen und haben den Menschen gesagt:

„Dieser Kontinent wird untergehen und Krishna hat uns beauftragt alle Yadhavas in Sicherheit zu bringen.“

Die Yadhavas waren relativ groß und hellhäutig. Sie werden oft beschrieben als Menschen mit hellen Haaren. Swami Vishnu glaubte, dass sie vielleicht sogar die Vorfahren der Indogermanen waren. Das würde bedeuten, dass alle Indoeuropäer Nachfahren von Krishnas Volksstamm waren. Dies ist allerdings nur eine Theorie, die wenig wissenschaftliche Evidenz hat. Auf jeden Fall ist Krishna in den weltlichen Zielen seines Lebens scheinbar gescheitert.

Aber ist Krishna deswegen insgesamt gescheitert? Nein. Nur, was er materiell sichtbar errichten wollte, ist gescheitert. Was Jesus, zumindest wie man seinen Predigten entnehmen kann, errichten wollte, nämlich ein goldenes Zeitalter – hat er zwar so nicht genannt, aber so ähnlich – wo die Menschen in Liebe miteinander umgehen, ist ebenfalls bis heute nicht Wirklichkeit geworden. Doch bis heute berühren diese seine Reden Menschen immer noch. Es gibt immer wieder Menschen, die Jesus Lehren auch in die Tat umsetzen. Christen wie auch Nichtchristen. Auch Gandhi war sehr berührt von der Bergpredigt, genauso wie auch Martin Luther King und Nelson Mandela. Menschen aller Zeiten und Generationen waren von Jesus, wie auch von Krishnas, Lehren stark berührt. Und es gibt sicherlich einen Grund, weshalb Gott in seinen Inkarnationen eben nicht diesen Erfolg hat, wie wir das jetzt denken würden, wie eine Inkarnation Gottes auf der Welt Erfolg haben müsste. Sie lehren uns mit ihrem Scheitern, dass spirituelles Leben nicht der materielle Erfolg ist, sondern das Bemühen, sein Dharma zu tun, das Rechte zu tun, ethisch zu leben und von Erfolg und Misserfolg unberührt zu sein. Sie lehren uns, uns für hohe Ideale einzusetzen. Sie lehren uns, alles zu tun, dass alles klappt und gleichzeitig zu wissen, dass das Selbst unsterblich ist. Letztlich müssen wir handeln im Bewusstsein, dass alles, was wir tun Leela, göttliches Spiel, ist. Swami Chinmayananda erzählte uns, dass wir uns bewusst sein sollten, dass die Welt Leela ist, auch wenn wir keinen Erfolg haben. Krishna ist in allen möglichen Dingen gescheitert. Er hat unglaublich gelitten im Leben und blieb dennoch immer gleichsam lächelnd. Er tat, was zu tun war, und wenn Dinge nicht so ausgingen, wie es oberflächlich gesehen richtig wäre, hatte das seinen Sinn. Deshalb kann man nicht sagen, dass Krishna in allem gescheitert ist. Er hat die Samen gesät und die Herzen der Menschen berührt. Und er berührt Herz, Hand und Kopf der Menschen bis heute. Er kann es deshalb, weil sein Leben so war wie es war. Genauso, wie Jesus die Herzen der Menschen bis heute berühren kann, weil sein Leben so war wie es war.

Ich habe zu diesem Vers viele Worte gebraucht, um eben diesen einen Aberglauben, den wir haben: „Wenn wir alles richtig machen, dann haben wir auch Erfolg“, zu überwinden. Wir können alles richtig machen und keinen materiellen Erfolg haben, dafür aber großen spirituellen Erfolg bekommen. Darauf kommt es an. Das besagt das Gesetz des Karmas. Dinge entwickeln sich so, wie sie für unseren spirituellen Fortschritt nötig sind.