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17-28 Kommentar Sukadev

Wir finden auch andere Schriften, wo es im Gegenteil heißt, selbst wenn man ein Ritual versehentlich ausführt, erreicht man höhere Bewusstseinszustände. Aber Krishna will hier betonen, wir sollten unsere Handlungen mit Liebe und  Vertrauen ausführen. Wenn wir jemandem etwas geben, soll es mit Respekt und Liebe sein. Und wenn wir ein Ritual ausführen, wie Arati, Puja oder Rituale einer anderen Tradition, oder auch nur ein Räucherstäbchen oder eine Kerze anzünden, uns physisch oder innerlich verneigen, egal, was wir tun, wir sollten uns bemühen, alles mit Liebe, Hingabe, Ehrerbietung und Achtsamkeit zu tun, dann ist es besonders wirkungsvoll.

 

Die Magie von Ritualen

Aber Rituale entfalten häufig sogar ihre Wirkung, selbst wenn man keine Lust dazu hat.

Dazu eine Geschichte aus eigener Erfahrung:

Als ich noch in den Sivananda Yoga Vedanta  Zentren war, hatte ich einmal eine Phase, wo ich an allem Möglichem etwas auszusetzen hatte. Ich schrieb Swami Vishnu einen langen Bericht, was ich alles nicht gut finde und natürlich jede Menge Änderungsvorschläge. Daraufhin kam auch prompt ein Anruf seiner Assistentin, ich solle sofort losfliegen und zu ihm kommen. Er hat mir genau 24 Stunden Zeit gegeben, meinen Nachfolger einzuarbeiten…

Ich machte mich voller Erwartung auf den Weg, denn er hatte es so dringend gemacht, mich zu sehen. Swami Vishnu hat aber nur gesagt: „You need to develop devotion“ – „Du musst mehr Hingabe entwickeln“, und mir die Aufgabe gegeben, jeden Tag im Durgatempel die Rezitatation des Devi Mahatmyam (Schrift zur Verehrung der Devi, der göttlichen Mutter) von Sant Keshavadas anzuhören. – Im ersten Moment war ich völlig am Boden zerstört. Da hatte ich all diese tollen Vorschläge entwickelt…

Ich setzte mich dann also jeden Tag dorthin – „Durgatempel“ ist leicht übertrieben – es war eine Plattform, auf der eine Statue aufgestellt war und wo jemand mal einen Versuch gestartet hatte, darum herum einen Tempel zu bauen. Das Ganze war eher in einem etwas trostlosen Zustand. Und da saß ich jetzt jeden Tag und habe mehrere Stunden den Gesängen aus dem Devi Mahatmyam zugehört. Ich kochte vor Wut. Dafür hatte ich das New Yorker Center verlassen, Hals über Kopf jemand anderem flüchtig die Zentrumsleitung übergeben müssen… vorher hatte ich dort ein halbes Jahr geschuftet, um aus einem hoch verschuldeten Center ein blühendes zu machen – um hier in der Wildnis zu sitzen und unverständlichen Gesängen zuzuhören, zu denen ich noch nicht einmal den Text hatte. Wenn ich wenigstens noch selbst mehrere Stunden hätte rezitieren können, das hätte mir vielleicht Freude gemacht. Noch dazu gab es dazwischen weitschweifige englische Erklärungen über die Hintergrundsgeschichte der Devi Mahatmyam, die ich längst kannte, von einem Meister, zu dem ich keinen Bezug hatte, rezitiert auf eine Weise, die mir überhaupt nicht lag….

Nach zwei Tagen habe ich plötzlich gemerkt, wie sich mein Herz anfing zu öffnen. Ich begann, mich immer besser zu fühlen, hatte kleine Visionen von Durga und fühlte diesen Mutteraspekt sehr aktiv in mir werden.

Gleichzeitig durfte ich in Swami Vishnus Häuschen wohnen, so dass ich ihn ganz nah erlebt habe. Es gab drei Zimmerchen, die von seiner Assistentin, mir und einem anderen Schüler bewohnt waren. Swami Vishnus Leben war ganz öffentlich. Er hat im Wohnzimmer geschlafen, und man konnte sehen, wann er geschlafen hat, wann er meditiert hat, wann er Mantras gesungen hat, wann er Asanas und Pranayama praktiziert hat. So erlebte ich, dass er tatsächlich so gut wie gar nicht schlief, sondern stundenlang meditierte und insgesamt sehr aktiv war.

Was ich mit der Geschichte sagen will: Selbst wenn man eine Praxis macht, von der man erst mal nichts hält oder sie widerstrebend macht, kann sie eine mystisch-magische Wirkung entfalten.

Manchmal macht man selbst oder ein anderer etwas rein mechanisch. Dann sieht und merkt man natürlich, dass es nicht dieselbe Wirkung hat. Aber man sollte nicht gleich damit aufhören oder etwas gar nicht machen, weil man es nicht von ganzem Herzen machen kann. Manchmal braucht es eine Weile, wo man eine Praxis auch mal mechanisch macht, und nach einiger Zeit kann sich oft das Herz öffnen, Kanäle können sich öffnen. Manchmal muss man die Praxis etwas abändern, manchmal muss man sie intensivieren, manchmal muss man sich bemühen, wieder mehr Herz und Achtsamkeit hinein zu bringen, manchmal muss man sie etwas verkürzen oder verlängern, aber man sollte sie nicht gleich aufgeben, sondern erst mal eine Weile durchhalten.