Suche
  • TIPP: Nutze die Suche, um bestimmte Verse zu finden.
  • z. B.: die Eingabe 01-21 bringt dir 1. Kapitel, 21 Vers.
Suche Menü

14-05 Kommentar Sukadev

…Das Verkörperte… ist das höchste Selbst. Wie ist das Selbst? –  Fest, unzerstörbar, alldurchdringend, ohne Anfang, ohne Ende, ewig. Das ist das Selbst und dieses Selbst sind wir. Wir sind eigentlich frei und doch scheinbar gebunden, „verkörpert“. Wie geschieht diese Verkörperung und damit Bindung, Beschränkung des eigentlich Unbeschränkten? – Über Sattwa, Rajas und Tamas sind wir an diesen Körper gebunden.

Sattwa, Rajas und Tamas sind die drei Gunas, die Grundprinzpien im Universum. Sattwa ist die Qualität von Reinheit, Rajas von Aktivität, Unruhe und Tamas von Trägheit.

Schon im 2. Kapitel hat Krishna über Sattwa, Rajas und Tamas gesprochen und empfohlen: „Verankere dich im Sattwa ohne jedoch daran zu hängen.“ Wir sollen danach streben, Tamas und Rajas zu reduzieren und Sattwa zu erhöhen, ohne uns letztlich an Sattwa zu verhaften.

Die Gunas sind Teil des Klassifikationssystems der Samkhya-Philosophie, und werden auch im Vedanta – und Tantra-System erwähnt.

Hier ein Beispiel für das ausgeklügelte Klassifikationssystem des Samkhya, wo diese Klassifizierung immer weiter herunter gebrochen wird mit dem Ziel, uns von der unmittelbaren Identifikation mit dem Spiel der Gunas zu lösen:
1) Die physische Welt gilt als tamasig,
2) Die astrale Welt als rajasig
3) Die kausale Welt als sattwig.

Beispielhaft will ich die weitere Klassifizierung an der astralen Welt zeigen:

Der Astralkörper besteht seinerseits aus drei Teilen, den sogenannten Koshas (Hüllen), nämlich

der Pranamaya Kosha, der Energiehülle,

der Manomaya Kosha, der geistig-emotionalen Hülle

und der Vijnanamaya Kosha, der intellektuellen oder Erkenntnis-Hülle.

innerhalb der Astralwelt, welche insgesamt als rajasig gilt, werden nun diese Hüllen weiter klassifiziert:

Die Pranamaya Kosha gilt als die tamasigste Hülle, weil sie uns hinunter in die Erde führt. Das heißt nicht, dass sie schlecht ist, sondern es heißt einfach nur, sie führt uns hinunter.

Die Manomaya Kosha, die emotionale Hülle ist die rajasigste, weil Emotionen und Gedanken unruhig und bewegt sind

und die Vijnanamaya Kosha die sattwigste, weil sie uns zur Erkenntnis führen kann.

In der Manomaya Kosha, die ihrerseits innerhalb der insgesamt als rajasig eingestuften Astralwelt als die rajasigste gilt, können die Emotionen, die an sich grundsätzlich rajasig sind, auch wieder eingeteilt werden in solche, die eher sattwig, rajasig oder tamasig sind:

 

– Eine sattwige Emotion wäre z.B. Liebe.

Rajasige Emotionen wären z.B. Leidenschaft oder Ärger.

Tamasige Empfindungen wären z.B. Antriebslosigkeit oder Niedergeschlagenheit.

Dann geht es noch weiter ins Detail:

Ärger ist innerhalb der rajasigen Astralwelt, innerhalb der rajasigen Manomaya Kosha eine grundsätzlich als rajasig eingestufte Emotion, die sich ihrerseits auch wieder einteilen lässt in sattwigen, rajasigen und tamasigen Ärger:

Sattwiger Ärger wäre z.B. „gerechter Zorn“.
Beispiele für gerechten Zorn:

. Man empört sich über ein objektives Unrecht. Dieser sattwige Ärger gibt einem die Kraft, Unrecht abzustellen Angenommen, niemand würde sich ärgern, dann gäbe es wahrscheinlich sehr viel mehr Unrecht.
. Die meisten spirituellen Lehrer zeigen gegenüber ihren Schülern ab und zu auch mal ein bisschen Zorn, um ihre Schüler zu führen, wenn diese in Tamas abzugleiten drohen – je nach Temperament eher selten wie z.B. Swami Sivananda und Swami Chidananda, oder auch mal häufiger wie etwa Swami Krishnananda und Swami Vishnu-devananda.

. Es heißt zwar, Eltern sollten insgesamt eher auf Kinder eingehen, aber wenn Mutter und Vater niemals ärgerlich würden, wäre das in manchen Situationen auch nicht gut für das Kind. Wenn der Ärger für das Kind irgendwie verstehbar und nachvollziehbar ist, hat er durchaus seine Funktion.

– Was ist rajasiger Ärger?
Zum Beispiel egoistischer Ärger: Man hat was für sich selbst gewollt und es nicht bekommen. Daraus kann dann alles Mögliche an Komplikationen und Frustration entstehen. Zum Beispiel wenn es am Buffet mal keinen Nachtisch gibt oder keinen mehr…

Tamasiger Ärger ist ein starker Ärger über etwas, was tatsächlich gar nicht so ist und was keine Entsprechung in der Realität hat. – Man geht ans Buffet und ärgert sich darüber, dass kein Nachtisch mehr da ist, aber eigentlich hat man nur an der falschen Stelle geguckt und in Wirklichkeit gibt es welchen.

Vermutlich ist die letzte Art von Ärger die häufigste. Man ärgert sich über Sachen, über die man sich gar nicht zu ärgern bräuchte. Ist man deshalb ein schlechter Mensch? – Nein. Es trägt jedoch nicht zur eigenen Zufriedenheit bei und deshalb ist es gut, wenn man lernt, sich nicht zu sehr mit solchen Dingen und Situationen zu identifizieren und so das Ganze ein bisschen zu transformieren.

à Praxis-Tipp: Für das praktische Leben kann man die Kategorisierung als Technik einsetzen. Angenommen man ärgert sich.
1. Schritt: Beobachten und neutral analysieren. – Man stellt fest, es ist eine eher tamasige Form von Ärger: „ich habe mich wieder über etwas aufgeregt, was vollkommen überflüssig war. Ich habe mich über eine Nichtigkeit mit jemandem gestritten.“
2. Schritt: Damit umgehen. –  Eine nicht hilfreiche Weise wäre, sich zusätzlich noch über sich selbst zu ärgern, weil man sich nicht besser beherrscht hat. – Die Jnana-Yoga-Herangehensweise der Klassifikation wäre, beobachtend festzustellen: „Aha, der rajasige Teil meines an sich schon rajasigen Astralkörpers hat sich auf eine tamasige Weise manifestiert. Es ist doch faszinierend, was da so alles an Potential in mir drin ist.“

Was denkst du, wie kann man leichter eine Verhaltensänderung herbeiführen? – Indem man sich selbst verurteilt, weil man sich über Nichtigkeiten ärgert wie im ersten Fall oder über eine neutrale Klassifizierung, durch die man Abstand schafft und sich eher in die Position eines neutralen Beobachters begibt? – Ich behaupte, die zweite Weise ist leichter. Es kann in der Praxis schon helfen, die eigenen Gemütszustände anzuschauen und in sattwig, rajasig und tamasig einzuteilen.

 

Es ist leichter etwas zu ändern, mit dem man sich nicht zu sehr identifiziert. Das macht sich das Samkhya-System als Übungstechnik zu nutze, welche auch andere indische Philosophiesysteme übernommen haben. Krishna spielt mit dieser Technik an verschiedenen Stellen, indem er oftmals willkürlich anmutende Aufzählungen macht. Wenn man verschiedene solcher Stellen vergleicht, stellt man fest, dass sie nicht unbedingt einheitlich sind und sich sogar zu widersprechen scheinen. Das soll uns zeigen, dass wir nicht buchstäblich an den Aufzählungen hängen sollen, sondern das Prinzip verstehen und analog anwenden sollen, nämlich zu klassifizieren um uns nicht zu identifizieren.

Bevor er auf die Gunas eingeht, hat Krishna in den vorhergehenden Versen gesagt: „Ich bin alles“, damit wir bei den Klassifizierungen nicht auf die Idee kommen, das Eine sei gut und das Andere schlecht. Alles ist göttlich und von einer höheren Warte aus gesehen „richtig“. Aber es gilt zu beachten: Sattwa, Rajas und Tamas binden uns; und das Eine bindet uns stärker und das Andere weniger stark.