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10-20 Kommentar Sukadev

Hier bleibt Krishna erst einmal abstrakt. Es heißt auch: Wenn jemand in unser Leben tritt, können wir dankbar sein. Wenn er in unserem Leben ist, können wir dankbar sein und wenn er aus unserem Leben herausgeht, können wir auch wieder dankbar sein. Und Krishna sagt nicht, dass er nur Beginn, Mitte und Ende aller guten Wesen ist. Er ist vielmehr Beginn, Mitte und Ende aller Wesen. Jemand kommt zu dir und ist freundlich: Gott tritt in dein Leben. Jemand nervt dich und geht nicht weg: Gott ist anhänglich. Du magst jemanden und er verschwindet trotzdem aus deinem Leben: Gott in dieser speziellen Manifestation geht wieder. Glücklicherweise bleibt er in anderen Manifestationen und kommt in neuen. Hieraus kannst du auch eine gewisse Übung für den Alltag machen: Wenn jemand kommt, grüße Gott in ihm. Hier im Ashram machen wir das mit Om Namah Shivaya oder einfach nur Om. Das heißt: „Herzlich Willkommen, ich grüße Gott in dir.“ Und wenn jemand geht, sagen wir wieder Om Namah Shivaya – „Ich grüße Gott in dir“. Das ist eine gute Gewohnheit. Immer wenn jemand kommt oder geht, sage innerlich: „Oh Gott, ich grüße dich.“ Dazwischen kann man immer noch Auseinandersetzungen führen.

Swami Sivananda sagt: „Beginne den Tag mit Gott, beende den Tag mit Gott und fülle den Tag mit Gott. Das ist der Weg zu Gott.“ Aber jemanden als Gott willkommen zu heißen, als Gott zu verabschieden und in der Mitte auch als Gott zu sehen – das ist natürlich nicht immer einfach. Auf einer relativen Ebene musst du weiter mit dem Menschen zusammen arbeiten. Denn so arbeitest du dein Karma auf.

In Süddeutschland sagt man auch „Grüß Gott“ – „Ich grüße Gott in Dir“. Zum Abschied sagt man in manchen Gegenden: „Pfüad di Gott“ (Behüte dich Gott). Das ist auch eine Alternative. Anstatt Gott im anderen direkt zu grüßen, vertrauen wir den Menschen der Obhut Gottes an. Das fällt vielen vielleicht leichter. Die neudeutschen Grüße drücken zum Teil auch die Gegenwart Gottes aus: „Hallo“ kommt von „Hey Lord“ und das heißt „Grüß Gott“. „Hallo“ ist also ein hochspiritueller Gruß, man muss sich dessen nur bewusst sein. Im Rheinländischen sagt man zum Abschied „Tschö“ und überall sonst „Tschüss“. „Tschüss“ kommt vom spanischen „Adios“, „Tschö“ vom französischen „Adieu“ und beides heißt „Zu Gott“, „Ich richte mich an Gott“, also das Gleiche wie Om Namah Shivaya. Om Namah Shivaya kann man als auch mit „Hallo“ und „Tschüss“ übersetzen… Es gilt, auch diese „flapsigen“ Grüße mit Bedeutung zu füllen.

Das ist also ein wichtiger Schritt: Verehre Gott am Anfang und am Ende einer Begegnung. Dann verehre ihn noch dazwischen.

Um Gott im Anderen zu sehen, hatte Swami Sivananda eine Technik, die in unseren Breiten nur im Übertragenen anwendbar ist. Wenn man in Indien Gott verehrt, macht man einen Kniefall. Von Swami Sivananda wird berichtet, dass er sich eine ganze Weile seines Lebens vor jedem verbeugt hat. Wenn er in einen Laden gegangen ist, hat er sich zuerst einmal vor dem Ladenbesitzer verneigt und einen richtigen Kniefall vor ihm gemacht. Wenn er an der Bettelschlange der Suppenküche anstand, bevor er in den Ashram kam, hat er sich vor demjenigen verneigt, der die Suppe ausgeteilt hat. Und wenn da drei Leute waren, welche Dhal und Chapati verteilten, hat er sich vor allen dreien einzeln verneigt. Wenn er irgendwo des Weges gegangen ist, hat er sich ständig vor jedem verneigt. Das war seine Weise, das Gefühl zu entwickeln, dass Gott in jedem Menschen ist. Auch vor Hunden, Affen, Skorpionen, Schlangen, ja vorallem hat er sich verneigt. Sogar vor der Kloschüssel hat er sich verneigt. Diese Art der spirituellen Praxis nannte er Namaskara Sadhana.

Solange er physisch gesund war, hat er diese Praxis mindestens teilweise beibehalten. Es konnte den Schülern von Swami Sivananda immer wieder passieren, dass der Meister sich vor ihnen verneigt hat, statt, wie es üblich war, der Schüler vor dem Meister. Natürlich ist so etwas in unseren Breiten nicht möglich und auch im heutigen Indien nicht praktikabel. Man kann es aber innerlich machen, sich innerlich vor dem Anderen verbeugen, sich Gottes im Anderen bewusst sein.