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02-59 Kommentar Sukadev

Hier beschreibt Krishna eine Weise, wie wir zum Höchsten kommen können. Als erstes sollten wir uns den Dingen enthalten, von denen wir wissen, dass sie nicht so gut sind. Shankara, ein großer Yogameister, hat einmal die Shatsampat beschrieben, die so genannten „sechs edlen Tugenden“.

Als Sadhana Chatustaya gelten die „vier Eigenschaften, die den Menschen für das Sadhana qualifizieren“. Sie sind auch die Charakteristika von Subecha (Erste Stufe des Wissens). Dazu zählen Viveka (Unterscheidungskraft), Vairagya (Abwesenheit von Raga. Raga bedeutet Mögen oder Nichtanhaften), Mumukshutva und Shat Sampat. Shat Sampat besteht aus „sechs Schätzen, aus sechs wertvollen Teilen“. Dazu zählen:

–         Sama, Gelassenheit, Gleichmut

–         Dama, Sinneskontrolle

–         Uparati, Abwenden des Geistes von Äußerem, nach innen gehen

–         Titiksha, Aushaltenkönnen

–         Shraddha, Vertrauen, Glaube

–         Samadhana, geistiges Gleichgewicht.

 

Sama bedeutet „Gleichmut“. Wir können lernen unseren Geist gleichmütig zu halten. Das gelingt uns nicht immer, aber zumindest können wir unsere Sinne kontrollieren. Nehmen wir einmal an, jemand würde uns beleidigen. Am besten wäre es dann, wenn wir gleichmütig reagieren und nichts sagen würden. Buddha z.B. wurde immer wieder angefeindet, da er das Massenmönchstum in Indien eingeführt hat. Tausende oder gar Zehntausende von Menschen haben ihre Heimat, ihre Familie, ihre Ehepartner, ihre Kinder verlassen. Menschen, die zum Teil noch sehr jung waren, die eigentlich noch hätten zu Hause leben müssen, sind Nonnen und Mönche geworden. Die Ehepartner mochten das nicht. Die Eltern waren nicht begeistert davon, dass ihre Kinder sie verlassen haben. Des Weiteren hat Buddha die Kastentrennung nicht eingehalten. Er hat die Tieropfer verboten und vieles mehr. Dies hatte zur Folge, dass viele Menschen Buddha nicht mochten. Eines Tages kam ein Mann auf Buddha zu und beschimpfte ihn. Er sprach: „Du Menschheitsverführer, du Verrückter, du Idiot.“ Er schrie Buddha fünf bis zehn Minuten lang an und Buddha hörte ihm völlig gleichmütig zu. Der Mann wies Buddha auch darauf hin, dass er noch nicht mal Selbstachtung besitzen würde, da er sich nicht verteidigen würde. Nachdem er Buddha das vorgeworfen hatte, antwortete dieser: „Mein Freund, angenommen jemand gibt dir ein Geschenk und du nimmst es nicht an. Wem gehört es dann?“ Der Mann antwortete: „Natürlich dem Schenkenden. Aber was hat das jetzt hiermit zu tun?“ „Mein lieber Freund, du hast mir gerade einige Geschenke angeboten und ich habe sie nicht angenommen.“ Es hieß, dass der Mann später ein Schüler von Buddha wurde, weswegen die Geschichte auch überliefert worden ist.

Es gibt die Geschichte eines Heiligen namens Eknath, der im 16. Jahrhundert gelebt hat. Eknath hat, über die Ausführung der Buchhaltung, die Verwirklichung erreicht. Eknath war ein Ashrambuchhalter und der Ashramleiter bestand bei der Buchführung darauf, dass sie hundertprozentig auf die Paisa (Währungseinheit) genau korrekt ist. Eines Abends wollte Eknath, dann um 17.00 Uhr die Kasse abschließen und stellte fest, dass da genau ein Paisa fehlte. Daraufhin ging er noch einmal alle Bücher von Beginn an durch. Er zählte alles Geld mehrfach, überprüfte alle Quittungen und was es sonst noch so gab wieder und wieder. Nachts um 4.00 Uhr plötzlich fand er den Fehler. Und in dem Moment, wo er den Fehler fand, erlangte er die Erleuchtung. Wahrscheinlich ist auch ein Grund dafür, warum Eknath, Eknath heißt, dass er Ekagratha (Zustand des Geistes) erreicht hat. Eknath war ein Krishnaverehrer. Er bekam viele Schüler, die auch Padapuja (Puja mit den Füßen des Gurus) machten. Im Westen kennt ihr Pujas mit Murtis (Statuen). In Indien macht man häufig Puja mit den Füßen eines großen Meisters. Man verneigt sich vor den Füßen und es wird die göttliche Kraft in den Füßen angerufen. Die Füße werden mit Milch und Wasser übergossen, manchmal auch mit Joghurt. Danach werden sie gewaschen und dekoriert. Es werden verschiedene Aschen aufgetragen und Blumen hingelegt. Der Meister bekommt Girlanden umgelegt und muss die ganze Zeit dort ruhig sitzen.

Es existieren einige Filme, wie eine solche Padapuja mit Swami Sivananda durchgeführt wird. Für einen Menschen aus dem Westen wirkt das allerdings ziemlich befremdlich. Es kann aber manchmal sein, dass das Bedürfnis entsteht, wenn man soviel Liebe vom Meister empfangen hat, sich vor ihm zu verneigen und ihm die eigene Ehrerbietung auszudrücken und sich besonders vor seinen Füßen zu verneigen.

Eines Tages, als Eknath schon älter geworden war, kam jemand zu ihm, der nicht sein Schüler war, sondern eher das Gegenteil. Dieser hat ihn beschimpft und angespuckt. 108 Mal hat er ihn beleidigt. 108 Mal hat er ihn bespuckt. Nach dem 108. Mal hob Eknath die Hand und der Beleidiger hatte plötzlich eine Erfahrung des Überbewussten und eine Vision Gottes.

Eknaths Schüler haben ihren Meister daraufhin gefragt: „Meister, wir dienen dir seid vielen Jahren. Uns hast du nicht die Vision Gottes geschenkt. Dieser Mensch hat dich beleidigt und angespuckt. Wir machen täglich mit dir Padapuja und geben dir Münzen und Reis und Blumen und uns hast du noch keine Vision Gottes geschenkt. Warum machst du das?“ Eknath erwiderte: „Dieser Mensch war 100% konzentriert auf mich und hat genau das gemeint, was er gesagt hat. Wenn ihr mit der gleichen Konzentration und Vertrauen mich verehrt, dann werdet ihr diese Vision auch haben.“

Es gibt tausende von Geschichten, die diese Wirklichkeit verdeutlichen.

Es gibt z.B. auch eine Geschichte von Swami Sivananda. Er hatte öfters große Kongresse einberufen, zu denen tausende von Menschen kamen. Dutzende von großen Meistern haben dort Reden gehalten. Eines Tages stand ein Mann während eines Kongresses auf und rief: „Ich muss es einfach mal ganz deutlich sagen: Swami Sivananda verrät die alte indische spirituelle Tradition. Er lässt Frauen in den Ashram. Er erlaubt dort keine Kastentrennung. Westler dürfen in den Ashram kommen. Schmach und Schande über ihn.“ Nach seinen Worten forderte Swami Sivananda ihn auf, auf die Bühne zu kommen und ins Mikrofon zu sprechen, so dass jeder ihn verstehen konnte. Seine Schüler, die die Kongresse organisiert hatten, meinten daraufhin zum Meister: „Wir haben keine Redezeit für ihn.“ Swami Sivananda entgegnete nur: „Ich glaube, ich soll gleich einen Vortrag halten. Zieht seine Zeit von meiner Redezeit ab.“ Seine Schüler waren bestürzt und auch der Beleidiger ging auf die Bühne und wusste erst einmal nicht, was er sagen sollte. Dann äußerte er sich aber dennoch. Swami Sivananda ist nachher nicht auf seine Worte eingegangen, sondern hielt nur seine gekürzte Rede. Diese Geschichte lehrt uns, was Sama – Gleichmut – bedeutet. Swami Sivananda war sogar dann noch gleichmütig, als ein paar Jahre vorher jemand versucht hat, ihn zu ermorden.

 

Wenn es uns nicht gelingt Sama zu halten, weil wir noch nicht so ein Heiliger sind wie Swami Sivannada, dann sollten wir wenigstens Dama, die Sinneskontrolle, üben. Wenn uns jemand beleidigt und wir den intensiven Wunsch verspüren, ihm etwas an den Kopf zu werfen, sollten wir dem Wunsch nicht folgen. Wenn uns jemand anbrüllt, dann sollten wir nicht unbedingt zurückbrüllen. Auch wenn unsere Emotionen innerlich sehr stark sind, sollten wir uns bemühen äußerlich eine gewisse Ruhe zu bewahren. Wenn uns das nicht gelingt, dann sollten wir Uparati, das Weggehen üben. Wir sollten dann noch schnell mit letzter Beherrschung eine Entschuldigung finden und sagen: „Danke. Da sprechen wir später darüber.“ Man kann dann ein Glas kaltes Wasser trinken, ein paar Mal tief durchatmen oder an die frische Luft gehen und hinterher versuchen wieder gelassener auf das Anliegen des anderen einzugehen. Es mag seltene Fälle geben, wo ein kurzer Ärgerausbruch mal Wunder bewirkt. Aber wenn die anderen nicht gewohnt sind, dass das Gegenüber ärgerlich wird, dann wird es sie sehr durcheinander bringen und tief treffen. Meistens nimmt das auch kein gutes Ende. Es ist besser, man bemüht sich um Gleichmut. Wenn man keinen Gleichmut bewahren kann, dann kann man wenigstens seine Worte beherrschen und wenn man merkt, dass einem das nicht gelingen würde, findet man einen Grund, um die Situation zu verlassen. Später kann man die Situation dann geschickter wieder angehen.

Das gleiche gilt, wenn wir eine schlechte Angewohnheit haben, die wir nicht sein lassen können. Am besten wäre, wir üben Gleichmut. Wenn wir das nicht können, sollten wir wenigstens die Sinne beherrschen. Wenn auch das nicht gelingt, sollten wir die Situation meiden, die uns in Versuchung führen kann. Wenn das zu schwierig ist, wie z.B. wenn wir einen Arbeitsplatz haben, bei dem uns so etwas tagtäglich passiert, dann können wir das als Herausforderung annehmen und sagen: „Es ist jetzt meine besondere spirituelle Aufgabe, Gleichmut zu üben und geschickt zu handeln.“ Tief mit dem Bauch atmen, aufgerichtet stehen, seinem Gegenüber Gutes wünschen oder sagen: „Ich muss mal kurz auf die Toilette gehen,“ sind einige Möglichkeiten der Situation zu begegnen. Mit der Zeit kann es uns gelingen, gleichmütiger zu reagieren. Wir können auch erkennen, dass dieser Mensch, tief in seinem Inneren, göttlich ist.

Eine weitere Möglichkeit ist, sich die Situation einmal geistig vorzustellen, und sich zu überlegen: „Wie werde ich das nächste Mal reagieren? Was werde ich das nächste Mal sagen?“ Am Ende jeder Meditation können wir uns noch einmal vorstellen, dass das oder das passiert und ich selbst so oder so reagieren werde. Man könnte auch überlegen: „Wie könnte ich geschickt reagieren?“ Andererseits können wir aber auch schauen, wo wir selbst uns verändern können. Vielleicht handele ich ja auch immer wieder in der gleichen Situation auf die gleiche Weise. Menschen sind ja nicht alle generell bösartig. Wenn ich immer wieder in die gleiche Situation gerate, kann ich auch überlegen: „Woran liegt es, dass ich immer in die gleiche Situation gerate? Was kann ich bei mir verändern, damit ich den anderen nicht dazu bringe, dass er sich so komisch verhält.“

Man kann auch ein Gespräch mit seinem Gegenüber führen und ihm sagen, dass man sich immer ungerecht behandelt fühlt und fragen, wie man sein müsste, um nicht solche Kritik zu empfangen.

 

Die nächste Shat Sampat ist Titiksha, „Aushalten können“. Es gibt Situationen, die wir nicht einfach meiden können. Unsere Aufgabe ist es dann, die Situation und unsere eigene Unvollkommenheit, aushalten zu lernen. Man muss lernen, mit der Situation zu leben. Manchmal müssen wir auch damit leben lernen, dass es uns nicht immer gelingt die Beherrschung zu behalten.

Als nächstes müssen wir fest daran glauben, dass es uns eines Tages gelingen wird, diese Situation aushalten zu können. Wenn wir uns lange genug bemühen gehen wir den Weg rückwärts von Titiksha zu Uparati, Dama und dann kommen wir zu Sama und schließlich zu Samadhana.

Ähnlich spricht Krishna in der Bhagavad Gita. Er sagt, dass sich die Sinnesobjekte vom Enthaltsamen abwenden und das Verlangen zurückbleibt. Es gibt immer noch geistiges Verlangen. Aber auch sein Verlangen wendet sich ab, wenn er des Höchsten gewahr wird. Wenn wir dann die absolute Wahrheit erfahren, Krishna spricht von Param, „das Höchste, das Transzendente“, dann sind wir im Gleichgewicht.