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04-03 Kommentar Sukadev

Krishna sagt Arjuna, dass das, was er ihn eben gelehrt hat, nichts Neues ist. Er hat es schon andere gelehrt. Diese Aussage machen die meisten Weisen. Ein wirklicher selbstverwirklichter Mensch wird selten sagen, dass er etwas grundlegend Neues bringt. Die ältesten Schriften sind die Veden. Die Upanishaden, als Teile der Veden, enthalten eigentlich schon alles Wissen. Das widerspricht natürlich etwas dem westlichen Fortschrittsglauben. Wir nehmen an, wir sind klüger als unsere Eltern. Unsere Eltern haben angenommen, sie wüssten mehr als unsere Großeltern. Und diese waren ganz davon überzeugt, dass sie mehr wussten als die Urgroßeltern usw. D.h. wir sind um vielfaches klüger als die Menschen vor 1000 Jahren. Aber wenn wir die uralten Upanishaden lesen, stellen wir fest, dass da das höchste Wissen schon enthalten ist. Auch Jesus selbst hat gesagt:

„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern zu erfüllen“, Matthäus (5, 21-26).

An manchen Stellen in der Bibel gebraucht er zwar Formulierungen wie:

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist ‚Auge für Auge, Zahn für Zahn‘. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“. Matthäus (5, 21-26)

So scheint er etwas Neues zu sagen. Aber tatsächlich ist selbst das ist nichts Neues. In den Qumram Schriftrollen hat man Beweise gefunden, dass Jesus diese Dinge auch nicht als erster gesagt hat, sondern alte Weisheitsworte gelehrt hat. Krishna sagt die Lehren der Bhagavad Gita auch nicht als Erster. Hier erkennen wir einen Unterschied zwischen dem westlichen und dem östlichen Denken. Im westlichen Denken spricht man oft von „Religionsgründern“, die ganz allein die Grundlagen einer Religion gelegt haben. In der Realität gibt es eigentlich keine Religion, die wirklich von einem Gründer/Stifter gegründet worden ist. Viele sagen, Jesus hätte das Christentum begründet. So ganz stimmt das aber nicht. Die meisten Jesusworte gab es schon vorher. Jesus war auch nicht dafür verantwortlich, wie das Christentum heute ist. Paulus ist, mindestens nach Meinung vieler Theologen, erheblich einflussreicher gewesen für die christlichen Lehren als Jesus selbst. Die Paulusbriefe sind für die heutige Interpretation des Christentums oft wichtiger als die Aussage der Evangelien selbst. Ich möchte hier christliche Leser um Verzeihung bitten. Ich meine, wie viele Pfarrer auch: Es ist gut, sich der historischen Tatsachen bewusst zu sein. Man kann ja auch die historischen Entwicklungen als inspiriert durch den Heiligen Geist sehen, und so die Bibel auch trotz Kenntnis der historischen Entwicklungen als Heilige Schrift ansehen (wie ich es tue). So steckt in jeder spirituellen Tradition immer eine Abfolge von verschiedenen Meistern. Und es heißt, es gibt auch eine Abfolge von Gottinkarnationen wie Jesus und Krishna. Diese sind nochmals etwas anderes als Meister und Heilige wie Paulus, Vivekananda oder Laotse. Letztlich ist die Wahrheit in allen spirituellen Traditionen überall ähnlich und im Tiefsten Inneren auch gleich. Wir sollten uns aber immer bewusst sein, dass der Denkansatz der Einheit aller Religionen ein yogischer Denkansatz ist. Wenn ihr mal in den Dialog mit manchen Christen tretet, solltet ihr Euch dessen bewusst sein. Viele Christen gehen davon aus, dass die Weltreligionen nicht im Wesentlichen gleich sind. Manche Christen werfen den fernöstlichen Religionen vor, dass sie die Aussprüche von Jesus vereinnahmen würden. Sie werfen den fernöstlichen Religionen Buddhismus und Hinduismus vor, einen unzulässigen Einheitsbrei schaffen zu wollen. Auch diesen Glauben muss man anerkennen und dessen muss man sich bewusst sein. Aber wenn man als Yogi die Bibel liest, wird man ständig an die Aussagen der Yogaschriften erinnert. Ich muss zugeben, ich finde eigentlich kaum Unterschiede. Letztlich sind die Unterschiede in den Interpretationen innerhalb einer Religion erheblich größer als die Unterschiede zwischen den Religionen, meine ich. Mir geht es sogar im Gespräch mit christlichen Gesprächspartnern so, dass ich viele Bibelaussagen sehr viel leichter verstehen und annehmen kann als der betreffende Gesprächspartner. Manchmal, wenn ich in Gottesdienste gehe und der Pfarrer dann predigt, dann windet er sich manchmal so unter dem, was er vorlesen muss. Als Yogi denkt man: „Es gibt da doch eigentlich keine Schwierigkeit. Wenn man ein bisschen was vom Feinstofflichkeit und Karma und Einheit von allem versteht, ist es doch ganz offensichtlich. Warum hat er so große Schwierigkeiten damit? Warum windet er sich so?“

Aber ihr müsst euch bewusst sein, dass die Vorstellung der Einheit aller Weltreligionen letztlich eine östliche Vorstellung ist, die es im Osten schon immer gab und die man schon in den Upanishaden findet: Es gibt eine Wahrheit, aber viele Weisen sie zu sehen und viele Wege, sie zu erreichen. In den Worten eines von Swami Vishnu-devananda geschriebenen Liedes: „Der Namen sind viele, aber Gott ist eins. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Der Wege sind viele, aber Wahrheit ist eins. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“

 

Krishna erklärt uns, dass er nichts Neues erzählt, und dass er sich immer wieder inkarnieren wird. Arjuna versteht das zunächst einmal nicht, bzw. er nimmt es wörtlich: