Atma Bodha – Vers 55

Durch die Erkenntnis von Brahman erkenne alles

Atma Bodha – Vers 55

Deutsche Übersetzung:

Erkenne das als Brahman, das, wenn es gesehen wird, nichts mehr zu sehen übrig lässt; das, wenn man dies geworden ist, keine neuerliche Geburt in dieser Welt nach sich zieht und das, wenn es erkannt wird, nichts anderes zu erkennen übrig lässt.

Sanskrit Text:

yad dṛṣṭvā nāparaṃ dṛśyaṃ yad bhūtvā na punarbhavaḥ ।
yaj jñātvā nāparaṃ jñeyaṃ tad brahmety avadhārayet ॥ 55 ॥

यद् दृष्ट्वा नापरं दृश्यं यद् भूत्वा न पुनर्भवः ।
यज्ज्ञात्वा नापरं ज्ञेयं तद्ब्रह्मेत्यवधारयेत् ॥ ५५ ॥

yad drishtva naparam drishyam yad bhutva na punarbhavah |
yaj jnatva naparam jneyam tad brahmety avadharayet || 55 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • yat : welches (Yad)
  • dṛṣṭvā : wenn man es gesehen hat („gesehen habend“, dṛś)
  • na : (es gibt) nicht (Na)
  • aparam : ein anderes (Apara)
  • dṛśyam : zu Sehendes (Drishya)
  • yat : welches
  • bhūtvā : wenn man es geworden ist („geworden seiend“, bhū)
  • na : (es gibt) nicht
  • punar-bhavaḥ : eine Wiedergeburt (Punarbhava)
  • yat : welches
  • jñātvā : wenn man es erkannt hat („erkannt habend“, jñā)
  • na : (es gibt) nicht
  • aparam : ein anderes
  • jñeyam : zu Erkennendes (Jneya)
  • tat : das (Tad)
  • brahma : (ist) das Absolute (Brahman)
  • iti : so, in dieser Weise (Iti)
  • avadhārayet : soll man begreifen, bei sich denken (ava + dhṛ)     ॥ 55 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

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Erkenne das als Brahman, das, wenn es gesehen wird, nichts mehr zu sehen übrig lässt; das, wenn man dies geworden ist, keine neuerliche Geburt in dieser Welt nach sich zieht und das, wenn es erkannt wird, nichts anderes zu erkennen übrig lässt.
Hier beschreibt er: Was ist Brahman? Und welche Wirkung hat es, Brahman zu haben? Das ist ja jetzt die ganze Reihe der Verse, wo Shankaracharya darüber spricht. Wie wirst du sein, wenn du gottverwirklicht bist? Wenn du Brahman verwirklicht hast? Wenn du Jivanmukta bist? Und so sagt er: Brahman, das Unendliche und Ewige, ist, wenn du es einmal gesehen hast („sehen“ heißt jetzt nicht „physisch sehen“, sondern wenn du es in deinem geistigen Auge gesehen hast), nichts mehr zu sehen übrig lässt. Wenn du Brahman erfahren hast, brauchst du nichts Anderes mehr zu erfahren. Alle Wünsche sind gestillt, alle Sehnsüchte sind erfüllt, du wirst weiter handeln, weil zu handeln ist, aber du brauchst nichts mehr. Brahman ist die Erfüllung.
So kannst du auch herausfinden, wenn du mal im Überbewusstsein bist, war es wirklich vollständiges Brahman oder nur eine Samadhi-Stufe, eine höhere Bewusstseinsstufe, aber noch nicht das Endgültige. Wenn du aus einem höheren Bewusstsein heraus kommst und weiter Wünsche da sind, Sehnsüchte da sind, Ängste da sind, Ärger da ist oder du vielleicht sogar nachher in irgendeinen traurigen, melancholischen Bewusstseinszustand hineinrutschst, dann war es nicht wirklich vollständig Brahman. Es war vielleicht eine Ahnung von Brahman. Aber wenn du Brahman vollständig erfahren hast, gibt es nichts mehr, was du weiter erfahren musst. Einmal Brahman vollständig erfahren führt zu Moksha, zur Befreiung. Und diese Befreiung ist so großartig, dass anschließend du dauerhaft befreit bist, sagt er hier.
Er sagt, wenn man dies geworden ist, keine neuerliche Geburt in diese Welt nach sich zieht. Also wenn du vollständig Brahman verwirklicht hast, musst du nicht nochmal wiedergeboren werden. Wenn du wiedergeboren werden willst, könntest du das auch. Jivanmukta, das Doppelbewusstsein, hat das Bewusstsein der Unendlichkeit und der Ewigkeit und das Bewusstsein einer Individualität. Er könnte sagen: Ja, ich will noch weiter, dass ich mich irgendwo inkarnieren muss. Und es gibt solche Meister, die mit voller Verwirklichung auf die Welt kommen. Das ist dann, wenn Karma da ist, die Rolle da ist. Aber ein Jivanmukta muss nichts mehr lernen. Und letztlich Brahman wird weiter das Schauspiel der Welt fortsetzen. Als Individuum sind wir dort nicht notwendig. Daher, wenn man einmal Brahman wirklich vollständig verwirklicht hat, muss man nicht in diese Welt wieder inkarnieren. Wenn Brahman erkannt wird, dann gibt nichts anderes zu erkennen.
Einmal Brahman erkannt – wir haben alles Wissen, was wir brauchen. Mehr Wissen braucht es nicht. Nun kann man neugierig sein auf das, was es in der relativen Welt gibt. Aber wir wissen, wir haben das erkannt, was es zu erkennen gibt. So ist Gottverwirklichung, Brahman-Verwirklichung und Selbstverwirklichung, Atman Jnana, Brahman Jnana das einzige, was dauerhaft all unsere Sehnsüchte erfüllt. Bewusst oder unbewusst streben wir danach. Das ist der Ruf unserer Seele. Es gilt, diesem Ruf nachzugehen. Es gilt, alles Streben danach auszurichten. Und in diesem Moment kannst du dir selbst noch einmal sagen: Ja, ich möchte dieses erfahren. Ich will das erkennen. Ich möchte das Höchste verwirklichen. Alles sei darauf ausgerichtet.

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