Atma Bodha – Vers 53

Erkenne dich als alldurchdringend

Atma Bodha – Vers 53

Deutsche Übersetzung:

Nach der Zerstörung der Upadhis ist der Kontemplative völlig absorbiert in „Vishnu“, dem all-durchdringenden Geist (Spirit), wie Wasser in Wasser, Raum in Raum und Licht in Licht.

Sanskrit Text:

upādhivilayād viṣṇau nirviśeṣaṃ viśen muniḥ ।
jale jalaṃ viyad vyomni tejas tejasi vā yathā ॥ 53 ॥

उपाधिविलयाद्विष्णौ निर्विशेषं विशेन्मुनिः ।
जले जलं वियद्व्योम्नि तेजस्तेजसि वा यथा ॥ ५३ ॥

upadhivilayad vishnau nirvishesham vishen munih |
jale jalam viyad vyomni tejas tejasi va yatha || 53 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • upādhi-vilayāt : nach dem Verschwinden („der Auflösung“, Vilaya) der Begrenzungen (Upadhi)
  • viṣṇau : in den Alldurchdringenden (Vishnu)
  • nirviśeṣam : vollkommen („unterschiedslos“, Nirvishesha)
  • viśet : geht ein (viś)
  • muniḥ : der Weise (Muni)
  • jale : ins Wasser (Jala)
  • jalam : Wasser
  • viyat : Raum (Viyat)
  • vyomni : in den Raum (Vyoman)
  • tejas : Licht, Feuer (Tejas)
  • tejasi : ins Licht, ins Feuer
  • vā : oder (Va)
  • yathā : so wie (Yatha)     ॥ 53 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

Lesen

Nach der Auflösung der Upadhis ist der Kontemplative völlig absorbiert in „Vishnu“, dem all-durchdringenden Geist, wie Wasser in Wasser, Raum in Raum und Licht in Licht.
Wir sind im 53. Vers und hier spricht Shankaracharya weiter darüber: Wie erfährt der Jivanmukta oder der Muni die höchste Wirklichkeit? Wie erfährt diese ein Selbstverwirklichter, ein Gottverwirklichter, ein lebendig Befreiter? Wie ist es, wenn du das Höchste erfahren hast? Wie bist du, wenn du gottverwirklicht bist? Wie bist du, wenn du ein Befreiter bist? Ein Erleuchteter bist? Und hier beschreibt er: In der Erleuchtung kannst du die Upadhis überwinden.
Im vorigen Vers hat er gesagt: Als Erleuchteter bist du auch in den Upadhis – also Körper, Psyche usw., begrenzende Attribute – und wenn du dort drin bist, bist du verhaftungslos; tust, was zu tun ist, und bist sorglos.
Hier sagt er: Im Moment der Meditation kommst du jenseits der Upadhis. Der Muni, der Weise, der in Mauna, in der vollkommenen Stille, Verankerte, kann sein Bewusstsein ganz wegnehmen von den begrenzenden Attributen. Und in dem Moment, wo du in tiefer Meditation bist und deinen Geist wegnimmst von den begrenzenden Attributen, dann bist du absorbiert in Vishnu.
Und was ist Vishnu? Vishnu ist Nirvishesham, d. h. ohne irgendeine Begrenzung. Er ist überall, Vilaya, überall, vollkommen absorbiert. Vishnu heißt ja auch „überall“. Der, der überall ist. In diesem Moment bist du also eins mit diesem alldurchdringenden Bewusstsein. So ähnlich wie Wasser in Wasser. Was passiert mit dem Tropfen, wenn er ins Wasser hineinkommt? Der Tropfen wird eins mit dem Wasser. Was passiert mit einem Lichtstrahl, der ins Licht eingeht? Er ist eins mit dem Licht. Und was passiert, wenn der Raum im Raum eingeht? Er ist eins mit dem Raum. Du könntest sagen: Es gibt diesen Raum.
Ich mache jetzt hier z. B. diese Videoaufnahme und diese Audioaufnahme im Lakshmi-Raum im Haus Yoga Vidya in Bad Meinberg. Das ist also hier ein getrennter Raum. Dieser Raum scheint jetzt getrennt vom Rest zu sein, weil es Wände gibt. Und wer das als Video sieht, sieht jetzt hinter mir Wände. Es gibt Wände vor mir, hinter mir, links und rechts von mir, unter mir ist der Boden, oberhalb von mir ist die Decke. Also klar – ein Raum. Es gibt dann auch noch eine Tür, es gibt Fenster. Ich kann also auch raus und rein und natürlich kann ich auch rausgucken. Aber hier ist ein Raum. Jetzt, wenn ich die Wände wegnehmen würde nach innen, dann wäre das alles Teil des Raumes des Hauses Yoga Vidya. Ein insgesamt – wenn man das Untergeschoss mitzählt – achtstöckiges Gebäude, groß usw., es passen viele Menschen rein. Aber so groß auch nicht im Verhältnis zu der ganzen Gegend hier. Was passiert, wenn man alle Wände wegdenken würde? Es gibt nur noch einen Raum. Auf die gleiche Weise: Was passiert, wenn du nicht mehr Körper und Psyche wahrnimmst, weil dein Bewusstsein sich davon löst? Denn – Bewusstsein kann sich lösen davon.
So ähnlich auch z. B. für bestimmte Schwingungsfrequenzen: da spielen Wände keine Rolle. Röntgenstrahlen können durch alles Mögliche hindurchgehen. Handystrahlen gehen durch alles Mögliche hindurch. Fernsehstrahlen gehen durch alles Mögliche hindurch. Und es gibt kosmische Strahlen, denen macht Materie überhaupt nichts aus, die gehen überall hindurch. Sie sind in der Lage, durch alle Materie, die auf der Erde ist, hindurchzugehen. In diesem Sinne: Du kannst Bewusstsein in diesen Körper, in diese Psyche bringen, dann wirkt Bewusstsein durch diese Upadhis. Du weißt: „Ich bin nicht die Upadhis, also Körper und Psyche, ich habe bestimmte Aufgaben.“ Aber Bewusstsein kann sich auch davon lösen, und dann wird Bewusstsein alldurchdringend wie Vishnu. Bewusstsein verschmilzt mit dem Kosmischen, und dann ist es so wie Raum mit dem unendlichen Raum verschmilzt, wenn die Wände weg sind, wie Wasser mit dem Wasser verschmilzt, wenn der Tropfen im Wasser aufgeht.
Oder auch eine andere Analogie: Einen Luftballon füllst du mit Wasser und wirfst ihn dann in irgendeinen See hinein. Dann gibt es Wasser innerhalb des Luftballons und außerhalb. Beides ist das gleiche Wasser. Wenn du dann den Luftballon auflöst, ist nur noch Wasser da. Oder angenommen draußen ist das Sonnenlicht, drinnen ist Licht. Ich bin nur soweit eine Rolle, wie dazwischen eine Wand ist. Ist die Wand weg, verschmilzt alles Licht miteinander. In diesem Sinne: Der Jivanmukta kann durch Körper und Psyche wirken, durch Körper und Psyche die Welt wahrnehmen, kann über die Psyche Rollen annehmen, einschließlich Emotionen und Gedanken. Er kann aber auch die Grenzen von Körper und Psyche transzendieren und sich als eins mit dem unendlichen Bewusstsein erleben. So wie Raum im Raum, Wasser in Wasser, Licht in Licht ist der Jivanmukta im Moment tiefer Meditation und Samadhi einfach nur eins: Er ist unendliches Bewusstsein, eins mit allem.

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