Leben und Werke

Sankara, auch Shankara geschrieben, gilt als der Adi Guru, der ursprüngliche Guru. Er wird auch als Shankaracharya bzw. Sankaracharya oder Sankaracarya bezeichnet. Sankara heißt wörtlich „Wohltäter“. Von Sham = das Gute, Kara=derjenige, der etwas tut. Er gilt als der größte aller Meister von Vedanta. Er war der Begründer des Dashanami Mönchordens.

Wann lebte Sankara?

Sankara lebte warscheinlich von 788-820 n. Chr. Gelehrte streiten sich um die genauen Lebensdaten. Manche Inder behaupten sogar, dass Sankara vor Buddha gelebt haben soll. Das ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da Sankara sich in seinen Schriften immer wieder auf Buddha und den Buddhismus bezieht. Da er mit bekannten Philosophen seiner Zeit im Dialog war und auch Könige gelehrt hat, deren Regierungszeit bekannt ist, kann die Zeit um 800 nach Christus als historisch verbürgt gelten.

Geburt von Sankara

Der Legende nach war Shankara der Sohn von Shivaguru und Aryamba. Die beiden waren lange Zeit kinderlos geblieben. So gingen sie auf Pilgerreise, um Gottes Gnade zu erbitten. In einem Shiva-Tempel hatten beide die gleiche Vision von Shiva: Shiva erschien ihnen und sagte ihnen: Ihr könnt entweder einen brillanten Sohn haben, der alle an Gelehrsamkeit und Wissen übertrifft, der aber nur 8 Jahre leben wird. Oder ihr könnt mehrere mittelmäßige Kinder haben, die lange leben werden. Shivaguru und Aryamba berieten sich und entschieden sich für den außergewöhnlichen Sohn. Neun Monate später wurde ihnen ein Kind geschenkt, welches sie Sankara tauften. Sankara ist auch ein Beiname von Shiva und heißt „Wohltäter“. Heute wird oft gesagt, dass Shankara eine Inkarnation, ein Avatar, von Shiva ist.

Kindheit und Jugend Sankaras

Sankara in gebetshaltung
Sankara in Gebetshaltung

Sankara war ein Wunderkind: Sehr früh lernte er lesen und schreiben. Im Alter von 6 Jahren beherrschte er die Veden, im Alter von 7 Jahren kannte er das Wissen seiner Zeit. Mindestens meisterte er das, was die Dorflehrer im kleinen Städtchen in Kerala hatten. Seine Eltern waren überglücklich über ihren Sohn, und vergaßen die Prophezeiung aus ihrem Traum.

Am Vorabend vor seinem 8. Geburtstag bekamen Sankaras Eltern Besuch: Mehrere alte weise Männer mit langem Bart kamen vorbei. Sie interessierten sich nur für Sankara. Sie fragten ihn alles Mögliche über die Veden, die Smritis, die Puranas und Itihasas. Sankara antwortete mit großer Freude. Kurz vor Mitternacht gingen die Weisen und sagten Shivaguru und Aryamba: „Wir sind sehr zufrieden mit dem Wissen eures Sohnes. Wir gewähren ihm weitere 8 Jahre“. Den Eltern fiel nochmals das Herz in die Hose – und sie waren gleichzeitig voller Freude. Bevor sie aber antworten konnten, waren die Weisen verschwunden.

Bald darauf nahm der Vater von Sankara Sannyas, d.h. er wurde ein Swami, ein Mönch. Er wollte eigentlich schon in der Kindheit Mönch werden – aber sein Guru hatte ihm bedeutet, dass er heiraten solle und ein Kind zeugen. Nachdem Sankara trotz seines jungen Alters schon zum Lebensinhalt der Familie beisteuern konnte – er war Lehrer im Dorf – ging Shivaguru in die Einöde, um intensiv zu meditieren und nach Befreiung zu streben.

Als Vierzehnjähriger wollte Shankara auch den Weg des Entsagten gehen. Seine Mutter bat ihn aber, davon abzusehen, da sie niemand anderen hatte als ihren Sohn.

Sankaras Entsagung und Verwirklichung

Shankara lehrt
Shankara lehrt

Am Tag vor seinem 16. Geburtstag badete Sankara im örtlichen See. Da kam ein Krokodil und schnappte sich Shankara mit seinen Zähnen. Shankara rief seiner Mutter zu, sie möge ihm jetzt erlauben, der Welt zu entsagen. Aryamba wollte ihm natürlich nicht seinen letzten Wunsch vorenthalten. Sankara rezitierte die Sannyas-Mantras und gab sich selbst die Mönchsweihe, wie es in Notsituationen möglich ist. Als er die Mantras fertig rezitiert hatte, löste sich das Krokodil auf. Shiva erschien am Himmel und verkündete: „Wer entsagt, dem wird eine weitere Lebensspanne geschenkt. Shankara kann nochmals 8 Jahre lang leben.“

So schwamm Sankara ans Ufer. Seine Mutter war überglücklich – Shankara lebte weiter. Sie war todunglücklich – er würde sie verlassen.

So ging Sankara vondannen auf der Suche nach einem Guru. Er traf Gaudapadacharya, der ihn für würdig erachtete, aber schon sehr alt war. So sandte Gaudapada Shankara zu seinem Schüler, zu Govindacharya. Dieser wurde der Guru von Sankara und lehrte ihn Vedanta, das Wissen des Absoluten. Es wird angenommen, dass Sankara im Alter von 20 Jahren die volle Selbsterkenntnis, Atma Jnana, erreichte.

Werke von Sankara

Govinda entsandte Sankara nach Varanasi (nach anderer Tradition Badrinath), die Stadt der Gelehrten, und beauftragte Sankara, zu den wichtigsten Schriften Kommentare zu verfassen. So entstanden die drei Hauptwerke von Sankara:

    • Bhagavad Gita Bhashya: Kommentar zur Bhagavad Gita
    • Brahma Sutra Bhashya: Kommentar zum Brahma Sutra, dem wichtigsten Vedanta Werk
    • Upanishad Bhashyas Kommentare zu den elf wichtigsten Upanishaden

Später kamen eine Reihe weiterer Werke hinzu, genannt Prakarana granthas. Zu den wichtigsten Werken von Shankara gehören:

  • Viveka Chudamani, das Kleinod der Unterscheidung
  • Atma Bodha, die Erkenntnis des Selbst
  • Upadeśasāhasri
  • Pañcīkarana
  • Aparokshānubhūti
  • Sādhana Pañcakaṃ
  • Nirvāna Śatakam
  • Vākyasudha
  • Tattva bodha
  • Vākya vritti

In dieser Zeit fand Sankara seine 4 Hauptschüler Padmapada, Totaka, Sureshwara und Hastamalaka. Sureshwara hieß vorher Mandana Mishra und war selbst ein bekannter Guru gewesen. Er erkannte die Überlegenheit der Lehren von Shankara und wurde so zu seinem Schüler.

Der Legende nach (Shankara Vijaya) kam eine Woche vor Sankaras Geburtstag ein alter Weiser zu Sankara und forderte ihn heraus, seinen Kommentar zum Brahma Sutra zu begründen. Eine Woche dauerte die Debatte. Am Ende gab sich der alte Weise als Badarayana, Vyasa selbst, der legendäre Autor des Brahma Sutra, zu erkennen. Er sagte, dass Sankara das Brahma Sutra korrekt interpretierte und gab ihm weitere acht Jahre. Er beauftragte ihn, zu reisen und zu lehren, um so Vedanta überall populär zu machen.