Viveka Chudamani – Vers 577

Deutsche Übersetzung:

577. Nachdem der Schüler diese Worte des Meisters vernommen hatte, verbeugte er sich mit Ehrfurcht vor ihm und ging mit dessen Segen seines Weges, befreit von den Bindungen.

Sanskrit Text:

iti śrutvā guror vākyaṃ praśrayeṇa kṛtānatiḥ |
sa tena samanujñāto yayau nirmukta-bandhanaḥ || 577 ||

इति श्रुत्वा गुरोर्वाक्यं प्रश्रयेण कृतानतिः |
स तेन समनुज्ञातो ययौ निर्मुक्तबन्धनः || ५७७ ||

iti shrutva guror vakyam prashrayena kritanatih |
sa tena samanujnato yayau nirmukta-bandhanah || 577 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • iti : in dieser Weise („so“, Iti)
  • śrutvā : als (der Schüler) gehört hatte („gehört habend“, śru)
  • guroḥ : des Lehrers, Meisters (Guru)
  • vākyam : die Worte (Vakya)
  • praśrayeṇa : (und) voller Ehrerbietigkeit (Prashraya)
  • kṛtānatiḥ : eine Verneigung (Anati) gemacht (Krita) hatte
  • saḥ : er (Tad)
  • tena : vom (Lehrer, Tad)
  • samanujñātaḥ : verabschiedet („entlassen“, Samanujnata)
  • yayau : ging (davon, )
  • nirmukta-bandhanaḥ : befreit (Nirmukta) von den Fesseln (des Daseinswandels, Bandhana)     || 577 ||

Kommentar

Wir sind fast am Ende angekommen. Das Viveka Chudamani hat 581 Verse. Im 576. Vers hat sich der Meister verabschiedet. Er hat seinem Schüler gesagt, dass er ihm alles gesagt hat. Der Schüler hat vorher dem Meister gesagt, dass er durch seine Gnade das Höchste erfahren hat.
Jetzt sagt Shankara:

iti śrutvā guror vākyaṃ praśrayeṇa kṛtānatiḥ |
sa tena samanujñāto yayau nirmukta-bandhanaḥ || 577 ||

„Nachdem der Schüler diese Worte des Meisters vernommen hatte, verbeugte er sich mit Ehrfurcht vor ihm und ging mit dessen Segen seines Weges, befreit von den Bindungen.“

Die Beziehung zwischen einem Lehrer und einem Schüler ist sehr eng. Es ist vielleicht die tiefste Liebesbeziehung, die es geben kann. Ich kann mich erinnern, die 12 Jahre, die ich bei Swami Vishnu in seinem Zentrum verbracht habe, war eine tiefe Liebe zwischen uns. Wenn er mich angeschaut hat, ist mein Herz zersprungen. Wenn ich in seiner Gegenwart war, habe ich eine solche Nähe gespürt. Wenn er gesprochen hat, dann habe ich an seinen Lippen gehangen und die Worte eingesaugt. Aber noch mehr habe ich die Weisheit gespürt, die von ihm ausgegangen ist.
Wenn ich ihn eine Weile nicht gesehen habe, weil ich in einem Zentrum war, habe ich seine Gegenwart trotzdem gespürt. Wenn ich in einer Krise war, kam plötzlich ein Brief oder eine Email von ihm aus heiterem Himmel. Wenn ich mir sehr sicher vorgekommen bin, dann kam plötzlich eine Herausforderung von ihm. Und so weiß ich, wie die enge Beziehung zu einem Lehrer sein kann. Aber irgendwann war es auch Zeit, eigene Wege zu gehen. Irgendwann hat mich Swami Vishnu aus seiner persönlichen Nähe weggeschickt, so wie der Meister hier im Viveka Chudamani den Schüler entlässt und ihn seiner Wege geht. Aber Swami Vishnu ist mir weiterhin nah. Nicht mehr auf physische Weise, denn Swami Vishnu ist ja nicht mehr im physischen Körper, aber spirituell.
Es gilt die Verhaftungen loszulassen. So ähnlich, wie es auch Krishna bei den Gopis gemacht hat. Krishna war zusammen mit den Gopis. Die Gopis haben eine tiefe Sehnsucht gehabt und schließlich hat Krishna gesagt, dass er sie physisch verlassen wird und sie müssten jetzt ihn verwirklichen als ihr eigenes Selbst.

Das soll jetzt nicht heißen, dass du nicht mehr zu den Yoga Vidya Ashrams kommen sollst. Du bist ja auch vermutlich noch nicht befreit. Aber es soll heißen, engagiere dich, entwickele eine tiefe spirituelle Liebe zu deinem spirituellen Lehrer, z.B. zu Swami Sivananda, Swami Vishnu-devananda. Diene in der spirituellen Gemeinschaft, in der du bist. Irgendwann erreichst du entweder die Befreiung und dann gilt es loszulassen oder du findest einen anderen Lehrer. Auch dann gilt es loszulassen. Aber sei dankbar für das, was du lernst. Und vermutlich bist du jetzt erst am Anfang deiner Schülerschaft. Entwickle tiefe Hingabe zu den Lehren. Praktiziere! Bitte um Unterweisung und lass die Weisheit durch dich strömen! Diene dem Werk des Meisters! Und dann wirst du zur Erlösung kommen. Aber das Ganze, das Dienen und die Kultivierung von Liebe werden nicht gemacht, um neue Verhaftungen herzustellen, sondern sie sind ein Mittel zur Befreiung. Darum geht es.

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