Viveka Chudamani – Vers 27

Deutsche Übersetzung:

27. Mumukshuta ist das brennende Verlangen/ Wunsch (ichchha) nach Befreiung, indem man sein wahres Selbst/ die eigene Wesensnatur (svarupa) erkennt und sich von den Fesseln des Ego (ahankara) und von der Illusion der Unwissenheit (ajnana) befreit.

Sanskrit Text:

ahaṅkārādi-dehāntān bandhān ajñāna-kalpitān |
sva-sva-rūpāvabodhena moktum icchā mumukṣutā || 27 ||

अहङ्कारादिदेहान्तान्बन्धानज्ञानकल्पितान् |
स्वस्वरूपावबोधेन मोक्तुमिच्छा मुमुक्षुता || २७ ||

ahankaradi-dehantan bandhan ajnana-kalpitan |
sva-sva-rupavabodhena moktum ichchha mumukshuta || 27 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • ahaṅkārādi-dehāntān : beginnend (Adi) mit dem Ego (Ahankara) und endend (Anta) mit dem Körper (Deha)
  • bandhān : die Fesseln (Bandha)
  • ajñāna-kalpitān : die aufgrund von Unwissenheit (Ajnana) angenommen werden („vorgestellt werden“, Kalpita)
  • sva-sva-rūpāvabodhena : durch die Erkenntnis (Avabodha) der eigenen (Sva) wahren Natur (Svarupa)
  • moktum : zu lösen (muc)
  • icchā : der Wunsch, das Verlangen (Ichchha)
  • mumukṣutā : (ist) das Trachten nach Erlösung (Mumukshuta)     || 27 ||

Kommentar

Die Viveka Chudamani, das Kronjuwel der Unterscheidung, ist eines der wichtigsten Werke des Vedanta Meisters Shankaracharya, der um 800 nach Christus gelebt hat.

Im ersten Teil des Viveka Chudamani beschreibt Shankaracharya die bestimmte Voraussetzungen eines Schülers auf dem Weg des Jnana Yoga, des Vedanta. Wenn du dich für den Weg des Jnana Yoga entscheidest, gilt es diese Voraussetzungen zu erfüllen.

Ein Teil dieser Voraussetzungen sind die vier Eigenschaften des Schülers, Sadhana Chatushtaya. Diese sind – „Viveka“, Unterscheidung, „Vairagya“, Nichtanhaftung, „śamādiśhaṭkam“, die sechsfachen Tugenden der Gleichmut und als vierte Eigenschaft „Mumukśhutva“.

Im 27. Vers spricht er über „Mumukśhutva“, die Sehnsucht nach Erlösung, nach Befreiung. „Moksha“ heißt übersetzt „Befreiung“. Im 27. Vers steht „mumukśhutā“, was übersetzt werden kann als „das intensive Trachten nach Erlösung“. „Mumukśhutvā“ bezeichnet den „Geisteszustand oder den inneren Zustand geprägt durch mumukśhutā, durch das Trachten nach Erlösung.“

Was ist das Trachten nach Erlösung, das Trachten nach Moksha? – Das ist gekennzeichnet durch „ic-chā“. „icchā“ kann übersetzt „Wunsch“ aber auch „Wille“ heißen. „Moktum“ bedeutet „sich zu lösen“.
„Mumukśhutvā“ ist demnach der Wunsch sich zu lösen.

Wovon wollen wir uns lösen? – „ahaṁkārādidehāntān bandhān“.
Wir wollen uns von den Fesseln – „bandhā“, die mit dem Ego beginnen – „ahaṁkārādi“ und mit dem Körper enden – „dehāntān“.

Warum gibt es diese Fesseln? – „ajñānakalpitān“, aufgrund von Unwissenheit.
„Ajñāna“ heißt übersetzt „Unwissenheit“ und „kalpitān“ bedeutet „Vorstellung“.

Zunächst gilt es, die Sehnsucht nach Befreiung zu entwickeln. Es heißt, wenn die Sehnsucht nach Befreiung stärker ist als alle anderen Wünsche, dann erreichen wir die Befreiung in diesem Leben.

Wie entwickeln wir die Sehnsucht nach Befreiung? – Über die Feststellung der verschiedenen „Bandhas“, Fesseln.

Die Fesseln beginnen letztlich mit dem Ego selbst, das Ego identifiziert sich mit allem Möglichen, zum Beispiel mit dem Körper, dem Prana, unseren Emotionen, dem Fühlen, unserem Verstand, unserem Denken und unserer Persönlichkeit.
Erkenne zunächst, dass dies „ajñānakalpitān“ ist, aus der Unwissenheit heraus kommen alle möglichen Gedanken. Wir sind nicht der Körper, aber wir machen uns Gedanken um den Körper. Dadurch werden wir gebunden an den Körper und identifizieren uns mit ihm. Der Körper geht zu Ende. Emotionen kommen und gehen. Und auch unsere Persönlichkeit hat ihre Grenzen. Wir sind daran gebunden und identifizieren uns. Auch die Persönlichkeit sollten wir überwinden. Das ist „Mumukśhutvā“.

Mumukśhutvā, der Zustand verankert in „mumukśhutā“, das Trachten nach Erlösung, erreichen wir, weil wir uns von Bindungen lösen, uns von diesen Identifikation und Bindung befreien wollen.

Stelle zunächst fest, dass du gebunden bist. Erkenne schmerzhaft: „Ich bin gebunden. Ich identifiziere mich mit dem Körper.“
Wenn ich bemerke, dass es dem Körper nicht gut geht, geht es mir auch nicht gut. Ich identifiziere mich mit meinen Emotionen. Wenn ich Ängste, Hunger habe, geht es mir nicht gut. Ich identifiziere mich auch mit meinen Talenten, Fähigkeiten, meiner Persönlichkeit, meiner Rolle, meinem Beruf, meiner Familie, meiner Religion, meinem Land, meinem Alter. Es gibt so viel, mit dem ich mich identifizieren kann.

Diese Gebundenheiten, Bandhas, kommen letztlich alle aus den Gedanken.
Warum denkst du, dass du Deutscher, Engländer, Franzose, alt, jung bist oder eine bestimmte Persönlichkeit hast? Das kommt alles letztlich aus Gedanken heraus.
Erkenne das schmerzhaft und erkenne, dass du gebunden bist.
Sehne dich nach Befreiung, nach Erlösung. Der Wunsch, sich von allen Identifikationen zu lösen, ist Mumukśhutvā.

Kultiviere Mumukśhutvā, eine wichtige Eigenschaft des Aspiranten.
Mumukśhutvā ist auch tröstlich. Du musst nicht vollkommen sein, um für den Weg des Jnana Yoga geeignet zu sein. Aber tiefes spirituelles Interesse, der Wunsch, sich spirituell zu entwickeln, sich zu lösen von Verhaftungen, Identifikationen, von egozentrierten Gedanken, vom Ausgeliefertsein auf den Geist und den Emotionen. Das ist das, was notwendig ist.

Mumukśhutvā – Mache dir immer wieder bewusst, wie viel Leid durch Bindung und Identifikation entsteht und entwickle die Sehnsucht nach der Wahrheit.

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