4. Kapitel, Vers 1

Deutsche Übersetzung:

Gruß (namah) an Shiva (shiva), an den Lehrer (guru), dessen Essenz (atma) Klang (nada), Ort (bindu) und Wahrnehmung (kala) ist. | Wer ihm darin (tatra) völlig hingegeben ist (parayana) der wandelt (yati) immer (nityam) rein (niranjana) in seinen Fußabdrücken (padam).

Sanskrit Text:

  • namaḥ śivāya gurave nāda-bindu-kalātmane |
    nirañjana-padaṁ yāti nityaṁ tatra parāyaṇaḥ ||1||
  • नमः शिवाय गुरवे नादबिन्दुकलात्मने ।
    निरञ्जनपदं याति नित्यं तत्र परायणः ॥१॥
  • namah shivaya gurave nada bindu kalatmane |
    niranjana padam yati nityam tatra parayanah ||1||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • namas : Verehrung, Verbeugung (sei, Namas)
  • śivāya : Shiva
  • gurave : dem Lehrer, Meister (Guru)
  • nāda : Klang (Nada)
  • bindu : Bindu („Punkt, Tropfen“)
  • kalā* : (und) Kala („Mondsechzehntel“ ist)
  • ātmane : (dessen) Wesen (Atman)
  • nirañjana : (den) makellosen (Niranjana)
  • padaṁ : Ort, Zustand (Pada)
  • yāti : (der) erreicht („geht“, )
  • nityaṁ : täglich („stets“, Nitya)
  • tatra : dort (bei der Praxis von Nada usw. ist, Tatra)
  • para-ayaṇaḥ : (wessen) höchstes Ziel (Parayana)      ||1||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Kala „ein Teil (Ekadesha) des Klanges (Nada) ist“: kalā nādaika-deśaḥ.

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Brahmananda

Dieses Kapitel ist völlig dem Raja Yoga gewidmet. Nada ist ein mystischer Klang, ähnlich dem langgezogenen Klang einer Glocke. Repräsentiert wird es durch den Halbkreis in OM. Bindu ist der „M“-Klang des Anusvara in Pranava. Kala ist eine Besonderheit von Nada.

Vishnu-devananda

Gegrüßt sei Shiva, der Guru

Wir grüßen immer den Guru. Der ursprüngliche Guru jeden Yogas ist Shiva

welcher eine Erscheinungsform von Nada Bindu und Kala ist.

Nada bedeutet Klang oder Wellenenergie. Bindu ist der Punkt. Hier steht der Punkt für das Zentrum oder den Kern. Kala ist die transzendentale Schwingung. Sie endet in einem zeitlosen, raumlosen und non-dualistischen Zustand. Nada und Bindu sind Shiva und Shakti. Bindu ist mit dem Kern in einem Atom vergelichbar. Nada sind die Elektronen, die um den Kern herumschwirren. Die Energie ist Kala. Werden Nada und Bindu in ihrer Wellenlänge geändert, entsteht Energie: eine reine Schwingung. Shiva hat alles zusammengefasst: Nada (die Klangenergie), Bindu (die statische Energie) und Kala (die transzendentale Energie).

Derjenige, des sich diesem für immer hingibt, erreicht den vollkommenen Zustand (frei von Maya).

Sukadev

Ich fange jetzt mit dem vierten Kapitel an. Die Themen des vierten Kapitels sind: Pratyahara, Dharana, Dhyana, Samadhi, also Meditation und Überbewusstsein. Und es fängt schon sehr erhaben an.

1. Gegrüßt sei Siva, der Guru, welcher eine Erscheinungsform von Nada Bindu und Kala ist.

Shiva , Gott, Gott selbst, ist letztlich der höchste Guru. Shiva, ein Name für Gott. Wörtlich heißt es: Der Liebevolle. Shiva ist aber der Zerstörer, der Transformator. Daran kann man öfters dran denken, wenn Dinge von uns weggenommen werden: Wer macht das, das Wegnehmen? Der Liebevolle. Also das Bewusstsein zu haben: Wenn einem was weggenommen wird, geschieht das aus Liebe. Gott hilft uns auf diese Weise zu wachsen.

– Derjenige, der sich diesem für immer hingibt, erreicht den vollkommenen Zustand (frei von Maya).

Derjenige, der sich Gott vollkommen hingibt, erreicht den vollkommenen Zustand, frei von Maya. Vollkommen – auf dieser physischen, auf dieser relativen Welt, gibt es letztlich nichts wirklich Vollkommenes. Aber es gibt etwas Vollkommenes jenseits der physischen Welt, und das ist das Bewusstsein, das reine Selbst. Und das ist erfahrbar. Das ist keine Theorie. Das ist tatsächlich erfahrbar. Es ist nicht wirklich mitteilbar, aber es ist erfahrbar. Und die Techniken um dort hin zu kommen, sind wiederum mitteilbar, und dann muss man sie praktizieren. Und so sagt er im vierten Kapitel, im zweiten Vers:

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4. Kapitel, Vers 2

Deutsche Übersetzung:

Jetzt (atha) und Hier (idani) werde ich die beste (uttama) Methode (krama) für Samadhi (samadhi) erklären (pravaksya) | Sie ist die Überwindung (ghnam) von Tod (mrityu), die Ursache (upaya) von Wohlbefinden (Sukha) und (ca) der beste (param) Verursacher (karam) von göttlicher (brahma) Wonne (ananda).

Sanskrit Text:

  • athedānīṁ pravakṣyāmi samādhi-kramam uttamam |
    mṛtyu-ghnaṁ ca sukhopāyaṁ brahmānanda-karaṁ param ||2||
  • अथेदानीं प्रवक्ष्यामि समाधिक्रमम् उत्तमम् ।
    मृत्युघ्नं च सुखोपायं ब्रह्मानन्दकरं परम् ॥२॥
  • athedanim pravakshyami samadhi kramam uttamam |
    mrityu ghnam cha sukhopayam brahmananda karam param ||2||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • atha : daraufhin, nun (Atha)
  • idānīṁ : jetzt, bei dieser Gelegenheit (Idanim)
  • pravakṣyāmi : ich werde lehren, verkünden (pra +  vac)
  • samādhi : (der) Versenkung (Samadhi)
  • kramam : Prozess („schrittweise Abfolge“, Krama)
  • uttamam : (den) hervorragenden, besten (Uttama)
  • mṛtyu-ghnaṁ : (welcher den) Tod (Mrityu) vernichtet (Ghna)
  • ca : und (Cha)
  • sukha : (von) Glück, Wohlbefinden (Sukha)
  • upāyaṁ : (ein) Mittel (zum Erreichen, Upaya)
  • brahma : (aufgrund der Vereinigung mit dem) Brahman
  • ānanda-karaṁ : (Mittel zum) Bewirken (der) Glückseligkeit (Ananda Kara)
  • param : (das) beste (Para)        ||2||

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Brahmananda

a) Die Überwindung des Todes ermöglicht dem Yogi, nach seinem Willen zu sterben. Das wird später noch erklärt.
b) Die Glückseligkeit von Jivanmukta wird erreicht, wenn Atem, Geist und Vasanas (karmische Tendenzen) zerstört sind.
c) Vedeha Mukti: Ist das Prarabda Karma erschöpft, vereinigen sich Jiva und Parabrahman für immer.

Vishnu-devananda

Nun werde ich den vollkommenen Prozess des Samadhi näher erläutern, der wirklich vollendet ist:

a) überwindet den Tod
b) führt zu ewiger Glückseligkeit
c) führt auf der Stufe der höchsten Glückseligkeit zur Vereinigung mit Brahman

Im (Raja) Yoga gibt es 8 Stufen: Wir haben über Asanas, Pranayama, Dharana, Dhyana usw. gesprochen und kommen nun zu Samadhi, dem letzten Stadium. Gemäß Hatha-Yoga sind diese 8 Stufen nichts anderes als Fortschritte im Pranayama. Das bedeutet, dass, wenn sich das Prana in der Sushumna für eine bestimmte Zeit aufhält, man dies Pratyahara nennt, hält es sich etwas länger auf, wird dies Dharana (Konzentration) genannt, bleibt das Prana noch länger in der Sushumna, nennt man dies Dhyana (Meditation), und bei einer noch längeren Zeit spricht man von Samadhi. Man sagt, Samadhi besiegt den Tod, da ihr nun erkennt, dass ihr nicht euer Körper seid, sondern das Unsterbliche Selbst. Unser Ziel ist dieses Ananda oder die Glückseligkeit. Diese höchste Glückseligkeit – mit Brahman vereint zu sein – ist Sat-Chit-Ananda (Sein-Wissen-absolute Glückseligkeit) oder Gott. Wie ein Wassertropfen sich mit dem Ozean vermengt und zum Ozean selbst wird, vereinigt sich das Individuelle mit dem Allerhöchsten.

Sukadev

2. Nun werde ich den vollkommenen Prozess des Samadhi näher erläutern, der wirklich vollendet ist.

Jetzt will er uns sagen, wie wir Samadhi erreichen. Warum ist der Samadhi-Zustand so vollendet? Erstens: Es führt zu ewiger Glückseligkeit, zu Ananda. Das, wonach wir immer streben, erreichen wir in Samadhi. Wir suchen natürlich immer nach relativen Freuden, oder? Und nach relativen Freuden zu suchen – gut, man kann auch nach kleinen relativen Freuden suchen und man erfährt auch kleine relative Freuden. Manchmal sucht man nach kleinen relativen Freuden und erfährt statt dessen Frust. Manchmal erwartet man Frust, und erfährt statt dessen relative Freude. Manchmal haben’s die Pessimisten auch gut. Sie erwarten immer das Schlechteste, und sind immer überrascht, wenn’s besser kommt. Trotzdem wird das oft zu einer selbsterfüllenden Prophezeihung. Aber jenseits dieser kleinen Freuden dauerhafte Freude in der genialen Manipulation dieser externen zu Welt erwarten, was tun wir damit? Wir rennen einem Schatten hinterher.

Wisst ihr, was das Schattenhinterherlaufen ist? Es gibt da so eine schöne Geschichte. Es gab mal einen Menschen, der nahm sich vor, seinen Schatten zu finden, oder zu fangen. Und der sah seinen Schatten vor sich und machte einen Schritt auf den Schatten zu. Was machte der Schatten? Der machte auch einen Schritt, aber vom Mann weg. Dann dachte er, er muss springen. Er sprang ganz geschickt. Und was machte der Schatten? Er sprang auch. Und dann fing er an, schneller zu gehen, und schneller und schneller, und er rannte und rannte und rannte, und er erreichte den Schatten nicht. Ich glaub nur Lucky Luke ist schneller als sein Schatten. Wer schon mal von dieser Comicfigur gehört hat – jedenfalls er war’s nicht. Und so war er schließlich total traurig. Und dann sah ihn ein Weiser und sagte: „Oh, was ist denn los mit dir?“ „Ja, ich versuche, meinen Schatten zu fangen, und ich kann ihn nicht fangen.“ Dann sagt der Weise: „Ist doch ganz einfach. Nimm deine Hand und gib sie auf deinen Kopf. Jetzt hast du deinen Schatten.“ Und so ist es auch: Wir rennen Dingen hinterher, als ob wir einem Schatten hinterher rennen. Wir denken: Ich müsste nur noch das haben, gerade das, und dann ist alles gut. Ist es gut? Vorübergehend. Dauerhaft ist es nicht gut.

Krishna hat mal irgendwo gesagt – ich weiß nicht, ob es die Bhagavatam ist oder woanders: Dauerhafte Freude in diesem Leben zu suchen ist so ähnlich, wie Kleidung in der Metzgerei suchen. Kann man Kleidung in der Metzgerei kaufen? Kann man dauerhafte Freude in dieser Welt erreichen? Und jetzt erzähl ich euch einen Trick. Wenn wir nicht erwarten, dass auf dieser Welt alles so ist, dass es uns glücklich macht, dann können wir glücklich sein. Versteht ihr das? Ja oder Nein? Paradox oder nicht paradox? Wir können uns an den kleinen Dingen freuen. Denn wir denken nämlich nicht, dass es vollkommen sein muss. Denn wir wissen, selbst wenn es vollkommen wäre, würde es uns trotzdem nicht glücklich machen. Das Einzige, was uns wirklich glücklich macht, dauerhaft glücklich macht, sagt Swatmarama hier, ist Samadhi. Samadhi führt zu Glückseligkeit. Es hilft uns, den Tod zu überwinden, das heißt, die Identifikation mit dem physischen Körper. Weil wir erfahren, wer wir wirklich sind. Es ist nicht mehr nur intellektuell. Es ist eine tatsächliche Erfahrung. Und diese Erfahrung ist möglich. Es ist kein Glaube, nicht etwas, was wir nach dem Tod vielleicht erst erfahren, und woran wir glauben müssen, sondern – es ist nicht etwas, was jemand vor 5000 Jahren mal erreicht hat, und seitdem rennen dem Leute hinterher und wissen nicht, ob’s stimmt – sondern zu jedem beliebigen Zeitpunkt gibt’s Menschen, die das erfahren haben. Wir können es auch erfahren. Und dann schreibt er noch:

– und führt auf der Stufe der höchsten Glückseligkeit zur Vereinigung mit Brahman. Brahman, dem Absoluten.

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4. Kapitel, Vers 3

Deutsche Übersetzung:

Königlicher Yoga (Rajayoga), Versenkung (Samadhi), der Zustand jenseits des Geistes (Unmani), der Zustand des Geistes jenseits des Geistes (Manonmani),
Unsterblichkeit, Göttlichkeit (Amaratva), Auflösung (Laya), Wahrheit (Tattva), leere (Shunya) Nichtleere (Ashunya), höchster Zustand (Para Pada) …

Sanskrit Text:

  • rāja-yogaḥ samādhiś ca unmanī ca manonmanī |
    amaratvaṁ layas tattvaṁ śūnyāśūnyaṁ paraṁ padam ||3||
  • राजयोगः समाधिश्च उन्मनी च मनोन्मनी ।
    अमरत्वं लयस्तत्त्वं शून्याशून्यं परं पदम् ॥३॥
  • raja yogah samadhish cha unmani cha manonmani |
    amaratvam layas tattvam shunyashunyam param padam ||3||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • rāja-yogaḥ* : königlicher Yoga (Rajayoga)
  • samādhiḥ : Versenkung (Samadhi)
  • ca : und (Cha)
  • unmanī : (der Zustand) jenseits des Geistes („Selbstvergessenheit“, Unmani)
  • ca : und
  • mana-unmanī : (der Zustand) des Geistes jenseits des Geistes (Manonmani)
  • amaratvaṁ : Unsterblichkeit, Göttlichkeit (Amara)
  • layaḥ : Auflösung (Laya)
  • tattvaṁ : Wahrheit, Realität, die wahre Natur („So-sein“, Tattva)
  • śūnya-aśūnyaṁ : leere Nichtleere (Shunyashunya)
  • paraṁ padam : höchster (Para) Ort, Zustand (Pada)        ||3||

*Anmerkung: Zu einer Definition des Begriffes Raja Yoga durch den Kommentator Brahmananda vgl. die Anm. zu Kap. 4 Vers 103.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

3. und 4. Raja Yoga, Samadhi, Unmani, Manomani, Unsterblichkeit, Konzentration, Shunyashunya (Leere und doch nicht Nicht-Leere), Paramapada (der allerhöchste Zustand), Amanaska (die zurückgehaltene Geistestätigkeit), Advaita (nicht-dualistisch), Niralamba (ohne Stütze), Niranjana (rein), Jivanmukti (befreiter Zustand), Sahajavastha (natürlicher Zustand) und Turiya – alle diese Ausdrücke bedeuten dasselbe.

Samadhi hat verschiedene Namen – alle die soeben genannten. Von Raja Yoga spricht man, wenn der Geist ruhig ist, ohne jede Welle. Samadhi ist der Zustand, in welchem der Geist jede Tätigkeit einstellt und ihr euer Selbst (Atman) klar sehen könnt bzw. wenn ihr eins sein mit Brahman. Unmani ist Hatha-Yoga Samadhi und weist auf den Zustand hin, in dem sich das Prana und das Apana vereinigen und zu den höheren Chakras gelangen. Manomani bedeutet wörtlich übersetzt: „Das, was dem Geist Freude bereitet“ – und das einzige, das dem Geist wahre Freude bereitet, ist das Selbst, Atman. Unsterblichkeit bezieht sich auf die Identifikation mit Atman, was durch Transzendierung des Körpers erreicht wird. Konzentration ist jene auf Atman gerichtete. „Ich bin Brahman.“ Shunyashunya bedeutet Leere und Nicht-Leere, weil in diesem Zustand Zeit, Raum und Ursächlichkeit nicht existieren, man aber trotzdem reines Bewusstsein und Achtsamkeit besitzt und vollkommene Wonne und Glückseligkeit empfindet. Paramapada bedeutet „der höchste Zustand“. Amanaska kommt von „Manas“, was Geist bedeutet; das „A“ bedeutet „nicht“. Wenn es keinen Geist gibt, gibt es auch keine Zeit, keinen Raum, keine Kausalität. Advaita, der nicht-dualistische Zustand, wird auch Asamprajnata Samadhi genannt. Niralamba: In diesem Zustand durchdringt Atman oder Brahman alles, es ist überall, es trägt alles. Niranjana: Reines Bewusstsein. Jivanmukti ist der befreite Zustand. Sahajavastha ist der natürliche Zustand: Sat-Chit-Ananda. Turiya ist der überbewusste Zustand. All diese Begriffe beziehen sich auf dasselbe.

Sukadev

3. + 4. Raja Yoga, Samadhi, Unmani, Manomani, Unsterblichkeit, Konzentration, Shunyashunya (Leere und doch Nicht-Leere), Paramapda (der allerhöchste Zustand), Amanaska (nicht-dualistisch), Niralamba (ohne Stütze), Niranjana (rein), Jivanmukti (befreiter Zustand), Sahajavastha (natürlicher Zustand) und Turiya – alle diese Ausdrücke bedeuten dasselbe.

Vielleicht hat der eine oder andere den Ausdruck dort gekannt. Yogis haben sehr viele Ausdrücke für die Selbstverwirklichung. Warum eigentlich? Nein, Samadhi ist nicht individuell. Nirvikalpa Samadhi ist universell. Für alle Menschen gleich. Warum gibt’s so viele Namen? Weil es ganz viele Gurus gibt und Traditionen. Ich find aber noch eine andere, schönere Erklärung: Das, was einem sehr wertvoll ist, dafür findet man viele Namen. Entweder keine Worte oder viele Namen.

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4. Kapitel, Vers 4

Deutsche Übersetzung:

… der geistlose Zustand (Amanaska), Nichtzweiheit/Nichtdualität (Advaita), der Zustand ohne Stütze (Niralamba), der reine/unbefleckte Zustand (Niranjana), Erlösung zu Lebzeiten (Jivanmukti), der natürliche/angeborene Zustand (Sahaja), und der vierte Zustand (Turya) – so (lauten die Begriffe, die alle) ein und dasselbe bedeuten.

Sanskrit Text:

  • amanaskaṁ tathādvaitaṁ nirālambaṁ nirañjanam |
    jīvan-muktiś ca sahajā turyā cety eka-vācakāḥ ||4||
  • अमनस्कं तथाद्वैतं निरालम्बं निरञ्जनम् ।
    जीवन्मुक्तिश्च सहजा तुर्या चेत्येकवाचकाः ॥४॥
  • amanaskam tathadvaitam niralambam niranjanam |
    jivan muktish cha sahaja turya chety eka vachakah ||4||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • amanaskaṁ : (der) geistlose (Zustand, Amanaska)
  • tathā : und, ebenso (Tatha)
  • advaitaṁ : Nichtzweiheit, Nichtdualität (Advaita)
  • nir-ālambaṁ : (der Zustand) ohne Stütze (Niralamba)
  • nir-añjanam : (der) reine, unbefleckte (Zustand, Niranjana)
  • jīvan-mukti : Lebenderlösung, Erlösung zu Lebzeiten (Jivanmukti)
  • ca : und (Cha)
  • saha-jā : (der) natürliche, angeborene (Zustand, Sahaja)
  • turyā : (der) vierte (Zustand, Turya)
  • ca : und
  • iti : so (lauten, Iti)
  • eka : (die Begriffe, die alle) ein (Eka) und dasselbe
  • vācakāḥ : bedeuten („zum Ausdruck bringen“, Vachaka)         ||4||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

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4. Kapitel, Vers 5

Deutsche Übersetzung:

So wie sich Salz, gleichmäßig verteilt, in Wasser auflöst, | so ist die die Einheit von Geist (manas) und unveränderlichem Selbst (atman). Diese wird Erleuchtung (samadhi) genannt.

Sanskrit Text:

  • salile saindhavaṁ yadvat sāmyaṁ bhajati yogataḥ |
    tathātma-manasor aikyaṁ samādhir abhidhīyate ||5||
  • सलिले सैन्धवं यद्वत्साम्यं भजति योगतः ।
    तथात्ममनसोरैक्यं समाधिरभिधीयते ॥५॥
  • salile saindhavam yad vat samyam bhajati yogatah |
    tathatma manasor aikyam samadhir abhidhiyate ||5||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • salile : im Wasser (Salila)
  • saindhavaṁ : Salz (Saindhava)
  • yad-vat : (so) wie (Yadvat)
  • sāmyaṁ : Einheit („Gleichheit“ mit dem Wasser, Samya)
  • bhajati : erlangt („teilt“, bhaj)
  • yogataḥ : aufgrund der Vereinigung (mit diesem, Yoga)
  • tathā : (genau) so (Tatha)
  • ātma : (von) Seele (Atman)
  • manasoḥ : und Geist (Manas)
  • aikyaṁ : (entsteht die) Einheit (Aikya)
  • samādhiḥ : Samadhi („Verbindung, Versenkung“)
  • abhidhīyate : (diese) wird genannt (abhi + dhā)         ||5||

Anmerkung: Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 38 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Ebenso wie ein ins Wasser gestreutes Salzkorn sich mit dem Wasser vermengt und eins wird mit diesem, ist die Vereinigung von Geist und Atman im Samadhi.

Hier ist noch eine weitere Definition von Samadhi: Gibt man Salz ins Wasser, wird es eins mit dem Wasser. In der gleichen Weise verbinden sich Geist und Seele, so dass dann nur eine Einheit bestehen bleibt – Samadhi.

Sukadev

5. Ebenso wie ein ins Wasser gestreutes Salzkorn sich mit dem Wasser vermengt und eins wird mit diesem, ist die Vereinigung von Geist und Atman im Samadhi.

Atman, das Selbst. Im Sanskrit steht dort Chitta. Chitta, das individuelle Denkprinzip, die Psyche, und Atman werden Eins.

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4. Kapitel, Vers 6

Deutsche Übersetzung:

Wenn der Atem (prana) völlig verschwindet und der Geist sich vollständig auflöst, | dann wird die (daraus resultierende) Einheit Versenkung (samadhi) genannt.

Sanskrit Text:

  • yadā saṅkṣīyate prāṇo mānasaṁ ca pralīyate |
    tadā sama-rasatvaṁ ca samādhir abhidhīyate ||6||
  • यदा सङ्क्षीयते प्राणो मानसं च प्रलीयते ।
    तदा समरसत्वं च समाधिरभिधीयते ॥६॥
  • yada sankshiyate prano manasam cha praliyate |
    tada sama rasatvam cha samadhir abhidhiyate ||6||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • yadā : wenn (Yada)
  • saṅkṣīyate : (in der Atemverhaltung) völlig verschwindet (sam + kṣi)
  • prāṇaḥ : (der Lebens-)Atem (Prana)
  • mānasam : (der) Geist (das „Geistige“, Manasa)
  • ca : und, auch (Cha)
  • pralīyate : sich auflöst (pra + li)
  • tadā : dann (Tada)
  • sama-rasa-tvam* : (die daraus resultierende) Einheit („Geschmacks-Gleichheit“, Samarasatva)
  • ca : und, aber
  • samādhiḥ** : Samadhi („Verbindung, Versenkung“)
  • abhidhīyate : wird genannt (abhi + dhā)       ||6||

*Anmerkung: Der Ausdruck SamaRasa-tva („Geschmacks-Gleichheit“) zielt noch einmal auf den in Vers 5 gegebenen Vergleich ab: Salz löst sich im Wasser auf, daher hat beides, Salz und Wasser, den gleichen (Sama) salzigen Geschmack (Rasa). Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der völlig auf das Selbst (Atman) konzentrierte (Sthita) Geist (Manas) mit diesem identisch wird bzw. ein und (Eka) dieselbe Form (Akara) wie das Selbst annimmt (EkaAkara-tva): sama-rasa-tvam ekākāra-tvaṃ manasaś cātmani sthitasya.

** Anmerkung: Brahmananda fügt hinzu, dass der in diesen beiden Versen (Shloka 5 und 6) beschriebene (Ukta) Einheitszustand des Geistes dem Samprajnata Samadhi entspricht, der in Patanjalis Yogasutra definiert wird: uktābhyāṃ dvābhyāṃ ślokābhyāṃ samprajñātaḥ samādhir uktaḥ.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 100 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Wenn Prana und Geist (Manas) ausgelöscht sind (absorbiert), nennt man den harmonischen Zustand, der daraus hervorgeht, Samadhi.

Werden das Prana, welches die Ein- und Ausatmung bewirkt, und das Apana, welches zu den Geschlechtsorganen gelangt und Gedanken verursacht, gestoppt, ist der verbleibende Zustand das Selbst „Ich bin“. Auch dies wird Samadhi genannt.

Sukadev

6. Wenn Prana und Geist (Manas) ausgelöscht sind (absorbiert),

Manas, wieder das Denkprinzip

– nennt man den harmonischen Zustand, der daraus hervorgeht, Samadhi.

Sobald wir unsere Gedanken zur Ruhe gebracht haben, ist das, was übrig bleibt, unser wahres Wesen, Samadhi. Und wie bringen wir unsere Gedanken zur Ruhe? Durch Pranayama. Er sagt: „Das ganze Konzept des Hatha Yoga ist ja, dass wir über Übungen wir das Prana, die feinstoffliche Lebensenergie zur Ruhe und zur Harmonie. Über die feinstoffliche Lebensenergie bringen wir unseren Geist zur Harmonie. Und wenn wir unseren Geist zur Ruhe gebracht haben, kommt das zum Vorschein, was wir wirklich sind. Und das ist Samadhi, Atman, unseres wahres Selbst. Dieser Zustand nennt sich dann Samadhi.

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4. Kapitel, Vers 7

Deutsche Übersetzung:

Und genauso wird dieses als Vereinigung von zweien, individueller Seele (jivatman) und universeller Seele (paramatman), | Erleuchtung (samadhi) genannt. Dann sind alle mentalen Konstruktionen (sankalpa) aufgelöst.

Sanskrit Text:

  • tat-samaṁ ca dvayor aikyaṁ jīvātma-paramātmanoḥ |
    pranaṣṭa-sarva-saṅkalpaḥ samādhiḥ so’bhidhīyate ||7||
  • तत्समं च द्वयोरैक्यं जीवात्मपरमात्मनोः ।
    प्रनष्टसर्वसङ्कल्पः समाधिः सोऽभिधीयते ॥७॥
  • tat samam cha dvayor aikyam jivatma paramatmanoh |
    pranashta sarva sankalpah samadhih so’bhidhiyate ||7||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tad* : diesem (Tad)
  • samaṁ* : gleich, vergleichbar (Sama)
  • ca : und (Cha)
  • dvayoḥ : dieser zwei (Dvi)
  • aikyaṁ : (ist die) Einheit (Aikya)
  • jīva-ātma : (der) Individualseele (Jivatman)
  • parama-ātmanoḥ : und der Universalseele (Paramatman)
  • pranaṣṭa : verschwunden sind (Nashta)
  • sarva : (in dem) alle (Sarva)
  • saṅkalpaḥ : Vorstellungen, Ideen, Wünsche (Sankalpa)
  • samādhiḥ : Samadhi (“Verbindung, Versenkung”)
  • saḥ : dies (Tad)
  • abhidhīyate : wird genannt (Abhidhana)       ||7||

*Anmerkung: „Diesem vergleichbar“ (TadSama) nimmt auf den vorangehenden Vers Bezug: so wie der völlig auf das Selbst (Atman) konzentrierte Geist (Manas) mit diesem identisch wird, genau so wird im hier beschriebenen Asamprajnata Samadhi die Individualseele (Jivatman) eins mit der Universalseele (Paramatman).

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Dieser Zustand des Gleichgewichtes wird durch die Vereinigung von Jivatman und Paramatman sowie durch die Auflösung aller Gedanken herbeigeführt.

Jivatman ist die individuelle Seele. Es vereinigt sich mit dem höchsten Brahman oder Paramatman oder Gott. Findet diese Vereinigung statt, können wir wirklich behaupten, dass „Ich und mein Vater eins sind“. „Ich“ ist das Individuelle, Vater ist das Allerhöchste. Diese Vereinigung wird Samadhi genannt.

Sukadev

7. Dieser Zustand des Gleichgewichtes wird durch die Vereinigung von Jivatman und Paratman sowie durch die Auflösung aller Gedanken herbeigeführt.

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4. Kapitel, Vers 8

Deutsche Übersetzung:

Wahrlich, wer kennt die wahre Essenz des großartigen Zustands der Erleuchtung (raja yoga)? Wissen (jnana), Befreiung (mukti), Stabilität (sthiti) und Meisterschaft (siddhi) werden durch den Unterricht des Lehrers (guru) erlangt.

Sanskrit Text:

  • rāja-yogasya māhātmyaṁ ko vā jānāti tattvataḥ |
    jñānaṁ muktiḥ sthitiḥ siddhir guru-vākyena labhyate || 8 ||
  • राजयोगस्य माहात्म्यं को वा जानाति तत्त्वतः ।
    जञानं मुक्तिः सथितिः सिद्धिर्गुरुवाक्येन लभ्यते ॥ ८ ॥
  • raja yogasya mahatmyam ko va janati tattvatah |
    jnanam muktih sthitih siddhir guru vakyena labhyate || 8 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • rāja-yogasya : des königlichen Yoga (Rajayoga)
  • māhātmyaṁ : (die) Größe, Macht (Mahatmya)
  • kaḥ : wer (Ka)
  • vā : wohl („oder“, Va)
  • jānāti : kennt (jñā)
  • tattva-taḥ : wahrheitsgemäß (Tattva)
  • jñānaṁ : Wissen, Erkenntnis (des eigenen Wesens, Jnana)
  • muktiḥ* : Befreiung, Erlösung (Mukti)
  • sthitiḥ** : Beständigkeit, (innerliches) Verweilen (Sthiti)
  • siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit, übernatürliche Fähigkeit (Siddhi)
  • guru : (des) Lehrers, Meisters (Guru)
  • vākyena : durch das Wort (Vakya)
  • labhyate : wird erlangt (labh)        || 8 ||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda merkt an, dass mit Mukti („Erlösung“) hier die „körperlose (Videha) Erlösung (Mukti)“, also die Erlösung mit bzw. nach dem Tode (Videhamukti) gemeint sei: muktir videha-muktiḥ.

**Anmerkung: Mit dem Begriff Sthiti („Beständigkeit“) wird laut Brahmanandas Kommentar auf die „Erlösung (Mukti) bei lebendigem (jīvat) Leibe“ (Jivanmukti) verwiesen: sthitir … jīvan-muktiḥ.

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Brahmananda

Jnana ist die direkte Erkenntnis des eigenen Atman als Parabrahman; Mukti ist Vedeha Mukti, Sthiti ist Jivanmukti und Siddhis sind Anima usw.

Vishnu-devananda

Derjenige, der die Großartigkeit von Raja Yoga kennt, erlangt mit der Gunst des Gurus: Jnana, Mukti, Sthiti und Siddhis.

Erlangen die Raja-Yogis volle Geisteskontrolle, erreichen sie den unsterblichen Zustand.

Sukadev

8. Derjenige, der die Großartigkeit von Raja Yoga kennt, erlangt mit der Gunst desGuru: Jnana, Mukti, Stithi und Siddhis.

Jnana heißt Wissen, Mukti heißt Befreiung, Stithi heißt Festigkeit, Siddhi heißt Vollkommenheit.

Audio

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4. Kapitel, Vers 9

Deutsche Übersetzung:

Schwer ist das Entsagen von den Sinnesobjekten (vishaya) zu erreichen, schwer ist eine Schau (darshana) der Wirklichkeit (tattva), | schwer ist die Erleuchtung (sahajavastha), ohne die Hilfe (maitri) eines wahren (sat) Lehrers (guru).

Sanskrit Text:

  • durlabho viṣaya-tyāgo durlabhaṁ tattva-darśanam |
    durlabhā sahajāvasthā sad-guroḥ karuṇāṁ vinā ||9||
  • दुर्लभो विषयत्यागो दुर्लभं तत्त्वदर्शनम् ।
    दुर्लभा सहजावस्था सद्-गुरोः करुणां विना ॥९॥
  • durlabho vishaya tyago durlabham tattva darshanam |
    durlabha sahajavastha sad guroh karunam vina ||9||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • dur-labhaḥ : schwer zu erlangen (Durlabha)
  • viṣaya* : (der) Sinnesobjekte (Vishaya)
  • tyāgaḥ* : (ist die) Entsagung (Tyaga)
  • dur-labhaṁ : schwer zu erlangen
  • tattva** : (der) Wahrheit („So-sein“, Tattva)
  • darśanam** : (ist die unmittelbare) Erkenntnis („Schauen“, Darshana)
  • dur-labhā : schwer zu erlangen
  • sahaja : (ist der) natürliche (Sahaja)
  • avasthā : Zustand (Avastha)
  • sat : (eines) wahrhaftigen (Sat)
  • guroḥ : Meisters, Lehrers (Guru)
  • karuṇāṁ : (das) Mitgefühl, die mitfühlende Gnade (Karuna)
  • vinā : ohne (Vina)      ||9||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt „Entsagung der Sinnesobjekte“ (VishayaTyaga) als die Abwesenheit (Abhava) des Wunsches (Ichchha) nach Genuss bzw. Erfahrung (Bhoga): bhogecchābhāvaḥ 

** Anmerkung: Brahmananda verdeutlicht, dass das „Erschauen der Wahrheit“ (TattvaDarshana) die unmittelbare (Aparoksha) Erfahrung (Anubhava) des Selbst (Atman) meint: tattva-darśanam ātmāparokṣānubhavaḥ.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 66 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Ohne die gütige Gnade des Gurus und ohne Gleichgültigkeit gegenüber weltlichen Vergnügungen sind die wirkliche Erkenntnis der Wahrheit und der Zustand von Samadhi ganz und gar unmöglich.

Um die Gunst des Gurus zu erlangen, sollte man Hingabe üben. Ohne Hingabe werden eure Bemühungen im Pranayama usw. aufgrund der vielen Hindernisse keinen Erfolg bringen. Deshalb ist die Gnade Gottes und die des Gurus sehr wichtig.

Gleichgültigkeit gegenüber weltlichen Vergnügungen bezeichnet man als Vairagya (Leidenschaftslosigkeit). Diese Welt ist nichts als eine Illusion. Da es kein wahres Glück gibt, möchtet ihr das ewige Glück finden, welches in euch selbst ist (ihr seid dieses Glück). Solange ihr diese Leidenschaftslosigkeit nicht besitzt, wird es euch auch nicht möglich sein, eure volle Kraft in die Yoga-Übungen zu investieren, so dass schließlich eure Leidenschaftslosigkeit schwindet, was bewirkt, dass ihr zu euren alten Gewohnheiten zurückkehrt: Trinken, Rauchen usw. Deshalb müsst ihr euch immer bewusst sein, dass dieses Trinken und Rauchen euch Schmerz und Leid bereitet und ihr müsst euch wünschen, euch davon zu befreien. Wenn ihr euch bewusst macht, dass ihr reinkarniert werden müsst, um immer und immer wieder zurückzukommen, um den gleichen Lernprozess zu durchlaufen, werdet ihr euch wünschen, aus diesem Kreislauf auszubrechen. Dann werdet ihr Yoga ernstnehmen und die Energie aufbringen, diesen Weg zu gehen.

Sukadev

9. Ohne die gütige Gnade des Gurus und ohne Gleichgültigkeit gegen über weltlichen Vergnügungen sind die wirkliche Erkenntnis der Wahrheit und der Zustand von Samadhi ganz und gar unmöglich.

Hier sagt er zwei Dinge: Gütige Gnade des Gurus. Die Gnade – gut, er sagt vorher, Gott ist der Guru. Man kann aber auch einen persönlichen Guru haben, es spielt letztlich keine Rolle. Eine gewisse Demutshaltung ist dabei nötig. Heutzutage erwarten Aspiranten gerne, das ein Lehrer was macht? Erstens, dass er hinter ihnen her läuft. Zweitens, ihm was beibringt. Drittens, wenn man Probleme hat, ist es wessen Fehler? Der des Lehrers, logischerweise. Der Lehrer hat nicht richtig unterrichtet, der Lehrer ist an allem Schuld. Wir müssen wissen, das klassische Yoga ist anders. Der Lehrer stellt die Schüler auf die Probe. Und die Aufgabe des Schülers ist es, die Prüfungen zu bestehen. Gut, ganz am Anfang kann man den Lehrer mal auf die Probe stellen. Man kann gerne den Lehrer auf die Probe stellen. Dem Lehrer macht das nicht aus, ob er auf die Probe gestellt wird, oder nicht, der hat da nichts von. Wer will was haben? Der Lehrer oder der Schüler? Ich glaube, ihr wisst noch nicht, was ein richtiger Lehrer ist. Der Lehrer hat seine Schüler nicht nötig. Ein Lehrer hat seine Schüler nicht nötig, ein großer Lehrer, ein Weisheitslehrer. Nicht ein einfacher Yogalehrer, der ein paarAsanas unterrichtet. Der Lehrer hat seinen spirituellen Weg, der kann ihn gehen, er könnte auch allein sein, er braucht nicht viel. Der Schüler will etwas vom Lehrer. Eine solche Demutshaltung ist notwendig. Und der Schüler muss sich auf den Lehrer einstimmen und muss die Prüfungen bestehen. Und das ist gar nicht so einfach. Wie schauen die Prüfungen aus? Immer dann, wenn’s schwierig wird im Leben, ist eine Prüfung da. Immer, wenn man Zweifel hat, ist eine Prüfung da. Und immer dann, wenn man mit dem Lehrer nicht einverstanden ist, ist irgendwo eine Prüfung da. Gut. Aber die Gnade ist nötig und so brauchen wir die Demut, aber auch einen inneren Wunsch zur Befreiung, und die Bereitschaft, Dinge zu tun, die und befreien werden. Das ist dabei nötig. Ob das jetzt ein physischer Guru ist, oder ob es ein spiritueller Lehrer, der im Körper ist, vollkommen oder nicht vollkommen, ob das jetzt Gott selbst ist, spielt nicht so die ganz große Rolle. Aber es ist unsere Aufgabe, uns einzustimmen, und dieses Gnadenelement wird da sein. Hatha Yoga ist natürlich eine Sache, wo wir viel selbst praktizieren. Aber nicht nur das. Es ist nicht nur, was wir selbst tun. Es ist diese Herzensöffnung, die so notwendig und so wichtig ist.

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4. Kapitel, Vers 10

Deutsche Übersetzung:

Durch das Praktizieren der verschiedenen Körperhaltungen (asana) und der vielfältigen Atemübungen (kumbha) und besonders | das vollständige Aufwecken der große Kraft (shakti), geht die Lebensenergie (prana) den Sushumna-Energiekanal (shunya) ein.

Sanskrit Text:

  • vividhair āsanaiḥ kumbhair vicitraiḥ karaṇair api |
    prabuddhāyāṁ mahā-śaktau prāṇaḥ śūnye pralīyate ||10||
  • विविधैर् आसनैः कुभैर् विचित्रैः करणैर् अपि ।
    प्रबुद्धायां महाशक्तौ प्राणः शून्ये प्रलीयते ॥१०॥
  • vividhair asanaih kumbhair vichitraih karanair api |
    prabuddhayam maha shaktau pranah shunye praliyate ||10||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • vividhaiḥ : durch (die) verschiedenartigen (Vividha)
  • āsanaiḥ : Körperstellungen (Asanas)
  • kumbhaiḥ : Atemverhaltungen (Kumbhakas)
  • vicitraiḥ : durch (die) verschiedenen (Vichitra)
  • karaṇaiḥ : Gesten (Karana, d.h. Mudras)
  • api : und („auch“, Api)
  • prabuddhāyāṁ : (wenn) erwacht ist (Prabuddha)
  • mahā : (die) große (Maha)
  • śaktau : Kraft, Energie (Shakti, d.h. Kundalini)
  • prāṇaḥ : (der) Lebenshauch (Prana)
  • śūnye* : in der Leere (Shunya, d.h. in der Sushumna)
  • pralīyate : (dann) löst sich auf (pra + li)        ||10||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt śūnye („in der Leere“) mit brahma-randhre („im Brahmarandhra“), was nach Vers 3.4 neben Shunyapadavi („Weg der Leere“) ein Synonym für die Sushumna ist: śūnye brahma-randhre.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

Wenn Kundalini sich durch die verschiedenen Asanas, Khumbhakas und Mudras erhoben hat, wird das Prana in Shunya (Brahmarandhra) absorbiert.

Durch die Asanas wird das Prana reguliert. Die Asanas bewirken, dass das Prana von einem Bereich zum anderen geleitet wird; sie erhöhen oder reduzieren die Schwingungsebene oder laden einen speziellen Bereich auf. Asanas, die auf den Solarplexus Druck ausüben, erhöhen die Schwingungseben. Im Lendenbereich (unterer Rücken) befindet sich die Kundalini Shakti. Lockern wir diese Wirbel auf, so dass die Zwischenwirbelscheiben nicht mehr zusammengedrückt werden, reduzieren wir den Druck auf die physischen Nerven, was sich wiederum auf die Astralnerven auswirkt. Asanas sind nicht nur physische Übungen. Zweck aller Asanas ist es, diese blockierte Energie abzubauen. Zusammen mit Pranayama, Bandhas und Mudras versucht ihr die Kundalini zu erwecken. Gelangt das Prana in die Sushumna, wird dieser Zustand Shunya genannt oder Vakuum. Es handelt sich dabei um kein physikalisches Vakuum, sondern bedeutet, dass kein Zeit– oder Raumbewusstsein vorhanden ist.

Sukadev

10. Wenn Kundalini sich durch die verschiedenen Asanas, Khumbakas und Mudras erhoben hat,

Kumbhakas sind fortgeschrittene Atemübungen, Mudras sind fortgeschrittene Energieerweckungsübungen. Im Hatha Yoga sind Mudras noch mal was anderes. Es gibt auch die Handmudras. Diese tausend verschiedenen Handmudras, die es im indischen Tanz gibt. Aber die Hatha Yoga Mudras sind die Ganzkörpermudras, verbunden mit Atemübungen und Konzentration und Visualisierung und Mantra und so weiter, und all die helfen, Kundalini zu erheben.

– wird das Prana in Shunya (Brahmarandhra) absorbiert.

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