3. Kapitel, Vers 31

Deutsche Übersetzung:

Und wahrlich, wenn es acht Mal jeden Tag, alle 3 Stunden ausgeführt wird, | verleiht es stets eine Vielzahl an Tugenden und überwindet eine Vielzahl an Sünden. | Sogar die, die es korrekt gelernt haben, sollen zu Anfang die Praxis langsam beginnen.

Sanskrit Text:

  • aṣṭadhā kriyate caiva yāme yāme dine dine |
    puṇya-saṁbhāra-sandhāyi pāpaugha-bhiduraṁ sadā |
    samyak-śikṣāvatām evaṁ svalpaṁ prathama-sādhanam ||31||
  • अष्टधा क्रियते चैव यामे यामे दिने दिने ।
    पुण्यसंभारसन्धाय पापौघभिदुरं सदा ।
    सम्यक्शिक्षावताम् एवं स्वल्पं प्रथमसाधनम् ॥३१॥
  • ashtadha kriyate chaiva yame yame dine dine |
    punya sambhara sandhayi papaugha bhiduram sada |
    samyak shikshavatam evam svalpam prathama sadhanam ||31||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • aṣṭadhā : achtfach, in achtfacher Weise (Ashtadha)
  • kriyate : (diese Gruppe von drei Mudras) wird ausgeführt (kṛ)
  • ca : und (Cha)
  • eva : gewiss (Eva)
  • yāme yāme : aller drei Stunden („in jeder dreistündigen Wache“, Yama)
  • dine dine : Tag für Tag (Dina)
  • puṇya : (von spirituellen) Verdiensten (Punya)
  • saṁbhāra : (eine) Menge, Fülle (Sambhara)
  • sandhāyi : (sie) verleiht
  • pāpa : (von) Übeln, Sünden (Papa)
  • ogha : (eine) Menge („Flut“, Ogha)
  • bhiduraṁ : (und) vernichtet („spaltet wie ein Donnerkeil“, Bhidura)
  • sadā : immer, jederzeit (Sada)
  • samyak : richtig (Samyak)
  • śikṣā-vatām : für diejenigen, die (einen traditionellen) Unterricht (Shiksha) erhalten
  • evaṁ : so, auf diese Weise (Evam)
  • su-alpaṁ : (sollte) sehr kurz, von geringem Umfang (sein und dann gesteigert werden, Svalpa)
  • prathama : zuerst, zunächst, anfangs (Prathama)
  • sādhanam : (seine) Ausführung (Sadhana)     ||31||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

31. Diese werden auf acht verschiedene Arten ausgeführt. Und zwar jeden Tag und fortan alle Yama (drei Stunden).

Also man kann diese Mudras, wenn man sie intensiv machen will, alle drei Stunden ausführen.

– Es hilft, die positiven Eigenschaften zu entwickeln und die negativen abzubauen. Diejenigen, die geführt werden (vom Lehrer), müssen sie Schritt für Schritt ausüben.

Also dazu müsstet ihr angeleitet werden, wenn ihr sie so intensiv ausführen würdet. Also jetzt kommt die Khechari Mudra in einer fortgeschrittenen Version.

Audio

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Video

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3. Kapitel, Vers 32

Deutsche Übersetzung:

Jetzt Khechari Mudra: Die Zunge geht rückwärts in die Schädelhöhle, | der Blick geht in die Mitte zwischen den Augenbrauen. Dieses Mudra ist Khechari.

Sanskrit Text:

  • atha khecarī-
    kapāla-kuhare jihvā praviṣṭā viparītagā |
    bhruvor antargatā dṛṣṭir mudrā bhavati khe-carī ||32||
  • अथ खेचरी
    कपालकुहरे जिह्वा प्रविष्टा विपरीतगा ।
    भ्रुवोर् अन्तर्गता दृष्टिर् मुद्रा भवति खेचरी ॥३२॥
  • atha khechari
    kapala kuhare jihva pravishta viparitaga |
    bhruvor antar gata drishtir mudra bhavati khechari ||32||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • atha : nun (folgt, Atha)
  • khe-carī : Khechari (Mudra)
  • kapāla : (des) Schädels (Kapala)
  • kuhare : in die Höhlung (Kuhara)
  • jihvā : (die) Zunge (Jihva)
  • praviṣṭā : (ist) eingeführt (Pravishta)
  • viparīta-gā : nach hinten gebogen („umgekehrt gehend“, Viparita Ga)
  • bhruvo : beide Augenbrauen (Bhru)
  • antar : zwischen (Antar)
  • gatā : gerichtet („gegangen“, Gata)
  • dṛṣṭi : (der) Blick (Drishti)
  • mudrā : (dieses) Siegel (Mudra)
  • bhavati : ist (bhū)
  • khe-carī : Khechari („die im Himmel wandelnde“)     ||32||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

32. Wenn die Zunge in die Höhle des Schlundes zurückgeschlagen und die Augen fest zwischen den Augenbrauen fixiert sind, so ist das Khechari.

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3. Kapitel, Vers 33

Deutsche Übersetzung:

Stückchenweise soll der Yogi das Zungenbändchen schneiden, schütten, melken. So soll sie stückchenweise verlängert werden, | bis die Zunge zwischen den Augenbrauen berühren kann. Dann wird Vervollkommnung (Siddhi) von Khechari-Mudra erreicht.

Sanskrit Text:

  • chedana-cālana-dohaiḥ kalāṁ krameṇātha vardhayet tāvat |
    sā yāvad bhrū-madhyaṁ spṛśati tadā khecarī-siddhiḥ ||33||
  • छेदनचालनदोहैः कलां क्रमेणाथ वर्धयेत् तावत् ।
    सा यावद् भ्रूमध्यं स्पृशति तदा खेचरीसिद्धिः ॥३३॥
  • chhedana chalana dohaih kalam kramenatha vardhayet tavat |
    sa yavad bhru madhyam sprishati tada khechari siddhih ||33||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • chedana : Durchtrennen (des Zungenbändchens, Chhedana)
  • cālana : Hinundherbewegen, Lockern (Chalana)
  • dohaiḥ : durch Melken (Doha)
  • kalāṁ : (die) Zunge (Kala)
  • krameṇa : schrittweise, Schritt für Schritt (Krama)
  • atha : nun (Atha)
  • vardhayet : man verlängere (vṛdh)
  • tāvat : soweit (Tavat)
  • sā : sie (Tad)
  • yāvat : bis (Yavat)
  • bhrū : (zwischen den) Augenbrauen (Bhru)
  • madhyaṁ : (die) Mitte (Madhya)
  • spṛśati : berührt (Sparsha)
  • tadā : dann (Tada)
  • khe-carī : (in) Khechari (Mudra)
  • siddhiḥ : (besteht) Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi)         ||33||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

33. Indem man die Zunge einschneidet, schüttelt und melkt, kann man ihre Länge soweit ausdehnen, dass sie die Augenbrauen erreicht. Dann ist das Khechari Mudra gelungen.

 (Wird nicht empfohlen, siehe Kommentar Vers 6)

Brahmanandas Kommentar: Das Einschneiden der Zunge wird im nächsten Absatz beschrieben. Mit Schütteln meint man, dass man die Zunge mit den Fingern ergreift und hin- und her bewegt. Mit Melken meint man, dass man die Zunge anfasst und an ihr zieht, wie man es mit den Eutern einer Kuh beim Melken tut.

Vishnu-devananda

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Sukadev

33. Indem man die Zunge einschneidet, schüttelt und melkt, kann man ihre Länge so weit ausdehnen, dass sie die Augenbrauen erreicht. Dann ist Khechari Mudra gelungen.

 (Wird nicht empfohlen, siehe Kommentar Vers 6)

Audio

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Video

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3. Kapitel, Vers 34

Deutsche Übersetzung:

Nachdem der Yogi ein scharfes, angefeuchtetes und sauberes Pflanzenblatt als Messer gewählt hat, | soll er mit diesem das Zungenbändchen um die Breite eines Haares einschneiden.

Sanskrit Text:

  • snuhī-patra-nibhaṁ śastraṁ sutīkṣṇaṁ snigdha-nirmalam |
    samādāya tatas tena roma-mātraṁ samucchinet ||34||
  • स्नुहीपत्रनिभं शस्त्रं सुतीक्ष्णं स्निग्धनिर्मलम् ।
    समादाय ततस् तेन रोममात्रं समुच्छिनेत् ॥३४॥
  • snuhi pattra nibham shastram sutikshnam snigdha nirmalam |
    samadaya tatas tena roma matram samuchchhinet ||34||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • snuhī : (der) Oleanderwolfsmilch (Snuhi)
  • pattra : (des) Blattes (Pattra)
  • nibhaṁ : ähnlich (der Form, Nibha)
  • śastraṁ : (ein) Messer (Shastra)
  • su-tīkṣṇaṁ : sehr scharf (Tikshna)
  • snigdha : glatt (Snigdha)
  • nir-malam : (und) sauber (Nirmala)
  • samādāya : man nehme („genommen habend“, sam + ā + )
  • tataḥ : dann (Tatas)
  • tena : damit (Tad)
  • roma : (eines) Haares (Roman)
  • mātraṁ : um die Breite („das Maß“, Matra)
  • samucchinet* : man schneide (in das Zungenbändchen) ein (sam + ud + chid)        ||34||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass in diesem Vers das Objekt (Karman) der Handlung, nämlich das zu durchtrennende „Zungen(wurzel)bändchen“ (RasanaMulaShira), zu ergänzen ist (Adhyahara): rasanā-mūla-śirām iti karmādhyāhāraḥ.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

34. Man nimmt ein blitzend sauberes Messer, so scharf wir das Blatt der Wolfsmilchpflanze und schneidet das Zungenband, eine weiche Membran, die die Zunge mit dem unteren Teil des Mundes verbindet, ein Haar breit ein.

Swami Vishnus Kommentar: Wird nicht empfohlen. (Siehe Kommentar zu Vers Nr. 6.)

Audio

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3. Kapitel, Vers 35

Deutsche Übersetzung:

Danach soll der Yogi mit gemahlenem Steinsalz und Tumarinde das Zungenbändchen einreiben. | Nach sieben Tagen soll er es erneut um Haaresbreite einschneiden.

Sanskrit Text:

  • tataḥ saindhava-pathyābhyāṁ cūrṇitābhyāṁ pragharṣayet |
    punaḥ sapta-dine prāpte roma-mātraṁ samucchinet ||35||
  • ततः सैन्धवपथ्याभ्यां चूर्णिताभ्यां प्रघर्षयेत् ।
    पुनः सप्तदिने प्राप्ते रोममात्रं समुच्छिनेत् ॥३५॥
  • tatah saindhava pathyabhyam churnitabhyam pragharshayet |
    punah sapta dine prapte roma matram samuchchhinet ||35||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tataḥ : dann, danach (Tatas)
  • saindhava : Steinsalz (Saindhava)
  • pathyābhyāṁ* : (und den Früchten der) Chebulischen Myrobalane (Pathya)
  • cūrṇitābhyāṁ : mit (einem Gemisch aus) zermalenem (Churnita)
  • pragharṣayet : man reibe (die Schnittwunde) ein (pra + ghṛṣ)
  • punaḥ : wieder, erneut (Punar)
  • sapta-dine : einer Woche („von sieben Tagen“ SaptaDina, d.h. am achten Tag)
  • prāpte : nach Verlauf („wenn erreicht ist“, Prapta)
  • roma : (eines) Haares (Roman)
  • mātraṁ : um die Breite (“das Maß”, Matra)
  • samucchinet : man schneide (in das Zungenbändchen) ein (sam + ud + chid)        ||35||

*Anmerkung: Pathya ist nach dem Kommentator Brahmananda ein Synonym für die Chebulische Myrobalane (Haritaki, Terminalia chebula): pathyā harītakī.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

35. Reibe dann die Stelle mit einer Mischung aus feinkörnigem Salz und Tumeric ein, und schneide sie nach sieben Tagen wieder ein Haar breit ein.

Wird nicht empfohlen.

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Video

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3. Kapitel, Vers 36

Deutsche Übersetzung:

Wahrlich, allmählich soll der so vorbereitete Yogi fortwährend über sechs Monate praktizieren. | Nach sechs Monaten ist das Zungenbändchen verschwunden.

Sanskrit Text:

  • evaṁ krameṇa ṣaṇ-māsaṁ nityaṁ yuktaḥ samācaret |
    ṣaṇ-māsād rasanā-mūla-śirā-bandhaḥ praṇaśyati ||36||
  • एवं क्रमेण षण्मासं नित्यं युक्तः समाचरेत् ।
    षण्मासाद् रसनामूलशिराबन्धः प्रणश्यति ॥३६॥
  • evam kramena shan masam nityam yuktah samacharet |
    shan masad rasana mula shira bandhah pranashyati ||36||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • evaṁ : so, auf diese Weise (Evam)
  • krameṇa : schrittweise, Schritt für Schritt (Krama)
  • ṣaṣ : sechs (Shash)
  • māsaṁ : Monate (lang, Masa)
  • nityaṁ : täglich („ständig, regelmäßig“, Nitya)
  • yuktaḥ : konzentriert (Yukta)
  • samācaret : (der Yogi) verfahre (sam + ā + car)
  • ṣaṣ : (nach) sechs
  • māsāt : Monaten
  • rasanā : (der) Zunge (Rasana)
  • mūla : (an der) Wurzel (Mula)
  • śirā-bandhaḥ : (das) Bändchen („Gefäß-Band“, ShiraBandha)
  • praṇaśyati : ist vollständig durchtrennt („verschwindet“, pra + naś)         ||36||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

36. Diese Vorgänge sollte man täglich für die Dauer von sechs Monaten wiederholen. Nach dieser Zeitspanne ist die Membran, die die Zunge mit dem unteren Teil des Mundes verbindet, durchtrennt.

Wird nicht empfohlen.

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3. Kapitel, Vers 37

Deutsche Übersetzung:

Die Zunge nach Hinten gewendet soll der Yogi sie in den Ort der drei Energiekanäle einführen. | Dies ist Khechari-Mudra. Es wird Energiezentrum des Raumes (Vyoma Chakra) genannt.

Sanskrit Text:

  • kalāṁ parāṅ-mukhīṁ kṛtvā tri-pathe pariyojayet |
    sā bhavet khe-carī mudrā vyoma-cakraṁ tad ucyate ||37||
  • कलां पराङ्·मुखीं कृत्वा त्रिपथे परियोजयेत् ।
    सा भवेत्खेचरी मुद्रा व्योमचक्रं तदुच्यते ॥३७॥
  • kalam paran mukhim kritva tri pathe pariyojayet |
    sa bhavet khechari mudra vyoma chakram tad uchyate ||37||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • kalāṁ : (die) Zunge (Kala)
  • parāṅ-mukhīṁ : zurückgebogen („abgewandt“, Paranmukha)
  • kṛtvā : machend (kṛ)
  • tri-pathe* : in die Höhlung des Schädels (den Ort der „drei Wege“ Tripatha, wo sich IdaPingala und Sushumna vereinigen)
  • pariyojayet : man lege (pari + yuj)
  • sā : dieses (Tad)
  • bhavet : ist („sei“, bhū)
  • khe-carī : (namens) Khechari (“die im Himmel wandelnde”)
  • mudrā : (das) Siegel (Mudra)
  • vyoma-cakraṁ : Rad, Kreis (des) Himmels, Luftraumes, Äthers (Vyomachakra)
  • tad : das (Tad)
  • ucyate : wird (auch) genannt (vac)     ||37||

*Anmerkung: Der Kommentato Brahmananda erklärt den Begriff Tripatha wie folgt Tripatha („Dreiweg“) ist der Weg (Pantha) der drei (Tri) Kanäle (Nadi). In diesen Dreiweg, einer Höhlung (Kuhara) im Schädel (Kapala), lege (pariyojayet) man (die Zunge) – tisṛṇāṃ nāḍīnāṃ panthāḥ tri-pathas, tasmin tri-pathe kapāla-kuhare pariyojayet.

Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 79 behandelt.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

37. Dann dreht man die Zunge so weit, dass sie in die Höhle im Gaumen eindringen kann, dem Punkt, an dem sich die drei Nadis kreuzen. Das wird Khechari Mudra genannt.

Das ist die volle Khechari-Mudra. Gut. Swami Vishnu hat gesagt, wenn man älter als dreißig ist, darf man das nicht mehr machen. Damit ist das für die Mehrheit der Menschen erledigt. Die anderen dürfen es nur dann machen, wenn da nebendran einGuru sitzt, der beurteilen kann, ob alles in Ordnung geht, oder ob derMensch grad dabei ist, zu sterben. Der erste Teil ist gar nicht so kompliziert. Man nimmt die Zunge, zieht sie ein bisschen raus, bisschen abschneiden, Salz und Tumeric, dass es nicht zuheilt, sondern, dass es zwar heilt, aber das Band nicht wieder zu ist. Wenn man dass alle sieben Tage macht, dann ist nach sechs Monaten die Zunge durchgeschnitten. Das ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Viele Menschen lassen sich ja Schönheitsoperationen machen, die sind viel radikaler. Natürlich macht man sie dann nicht selber, sondern in Vollnarkose, da wird Fett abgesaugt, die Nase angesetzt, Silikonkissen rein, und irgendwelche Implantate hier rein und was anderes herausgeschnitten. Oder Menschen machen auch nur aus Schönheitsgründen Piercing durch die Nase, Piercing durch die Ohren, um Ohrringe reinzusetzen, Nasenringe und Nabelringe, und wo die Leute all diese Ringe reinsetzen, und nur aus Schönheitsgründen. Für Kechari Mudra macht man wenigstens etwas, was irgendeinen Sinn machen könnte. Also das wäre dann nicht ganz so tragisch. Aber wenn man dann tatsächlich Khechari Mudra macht, und dann die Zunge nach hinten verschluckt, dann kann man ja nicht mehr atmen. Und das macht dann nur dann Sinn, wenn man gleichzeitig in Kevala Kumbhaka reingerutscht ist und der Metabolismus des Körpers angehalten ist. Ist der Metabolismus des Körpers nicht angehalten und die Zunge ist hinten, erstickt man und stirbt. Deshalb hat uns der Swami Vishnu nicht nur abgeraten, er hat uns verboten, diese Übung zu machen. In Indien ist es dann üblich, dass der Lehrer dort nebendran hockt und guckt. Und der kann dann beurteilen: Ist der jetzt grad in Kevala Kumbhaka oder ist der am Ersticken.

Gott hat einen geschaffen mit dem Wunsch nach mehr. Gott hat einen geschaffen mit diesen Wünschen. Die Tiere kommen nicht auf diese Idee. Die Tiere sind geschaffen so, wie sie sind, um so weiterzuleben. Der Mensch strebt nach mehr. Dieses Mehr kann in die richtige Richtung gehen, und dann macht man Yoga und Meditation, oder Mensch macht Dinge andere Dinge, und dann . . . [Zwischenbemerkung]

Es gibt auch Menschen, die das heute noch machen. Der Swami Vishnu konnte die Zunge nach hinten geben. Und er hat uns durchaus gesagt, was da steht an der Wirkung, das stimmt durchaus. Der Geist geht in andere Sphären ein. Und er war auch nicht verstümmelt. In keinster Weise. Der konnte ganz normal sprechen. Der konnte die Zunge rausstrecken und die Zungenspitze an den Punkt zwischen den Augenbrauen geben. Wenn er die Zunge normal bis hier rausgestreckt hat, sah sie aus wie jede andere Zunge auch. Also so lange sie im Mund drin war, war sie ganz normal, und wenn er sie ausgestreckt hat – er konnte sie ausstrecken bis hier oben hin. Aber ich habe einen Onkel, der kann das auch ohne die Khechari Mudra. Also es ist nicht so widernatürlich, wie es für uns klingt. Es ist halt einfach an seinem Körper arbeiten.

Es ist was gefährliches, und deshalb hat’s der Swami Vishnu nicht erklärt, aber es ist nicht etwas, was auch nur im Geringsten in irgendeiner Weise Schädigungen im Menschen schaffen würde. Krishna sagt ja gerade in der Bhagavadgita, wo er über die Weisen von Askese spricht: Diejenigen, die ihren Körper quälen und ruinieren, das ist die tamasige Askese, womit sie auch mich, der ich im Körper wohne, quälen. Also so müssen wir das verstehen. Es ist eine Praxis, die helfen kann, und es ist tatsächlich was Gutes, die Zunge nach hinten zu falten.

Wer merkt, dass die Khechari Mudra für ihn interessant ist, und vielleicht noch weiter nach hinten, der kann eine einfache Version machen. Man nimmt seine Finger, am besten streckt man die Zunge heraus, nimmt ein Tempotaschentuch oder Toilettenpapier, macht die Zunge ein bisschen trocken und die Finger auch, wäscht natürlich die Finger vorher, und zieht die Zunge ein bisschen raus, und dehnt sie dann so ähnlich, wie bei allen anderen Dehnübungen auch: Nur so lange, wie angenehm. Nicht mit Gewalt, nur so weit, wie es angenehm ist. Und dann geht die Zunge etwas weiter nach hinten und dann ist dieses Nachhintenrollen etwas, was hilfreich sein kann. Die Zunge wird flexibler. Und weil sie flexibler ist, kann sie auch länger werden. Der Zungenmuskel kann sich ja zusammenziehen, dann ist die Zunge kleiner, und er kann sich auseinanderstrecken, dann ist sie länger. Aus Versehen geschieht das nicht. Gut – also für unsere Zwecke gibt’s aber die andere Möglichkeit, die Zunge nach hinten zu rollen, und das hat einen großen Teil der Wirkung, die auch dort steht, und das reicht für unsere Zwecke voll aus.

Man kann sie auch noch anders nach hinten rollen. Das ist so eine ähnliche Frage, wie bei der Vorwärtsbeuge. Man kommt so weit, warum reicht das nicht? Warum muss man die Hände auf die Füße geben? Also zum einen gibt’s verschiedene Geschmäcker, zum anderen wirken die Übungen, und dann hat’s durchaus auch noch eine gewisse Schönheit, wenn man ein bisschen weiterkommt, was nur der beurteilen kann, der es ausprobiert hat. Aber es heißt nicht, dass man solche Sachen machen muss. Der Swami Vishnu hat’s und ja verboten zu machen. Mir konkret hat er’s verboten. Ich wollt’s eigentlich machen.

Die Hatha Yogis waren immer im Ruf eines sehr langen Lebens. Also diejenigen, die diese Dinge gemacht haben, haben immer einen Ruf gehabt von einem sehr langen Leben. Dass dort Menschen unter Anleitung von einem Meister diese Praktiken gemacht haben, und davon die krank geworden sind, ist mir nicht bekannt. Über Hatha Yoga wird ja in orthodoxen Kreisen oder wurde viel geschimpft. Aber es wurde den Hatha-Yogis nie vorgeworfen, dass die Menschen deshalb krank würden. Es wurde ihnen eher gesagt, sie würden die Langlebigkeit des Körpers überbewerten. Was allgemein bekannt war, dass Menschen, die sich intensiv mit Hatha Yoga beschäftigt haben, wenn sie’s bis zum Alter gemacht haben, sehr alt geworden sind, und sehr, sehr gesund gewesen. Man hat ihnen halt vorgeworfen, sie kümmerten sich nur um den Körper und dass sie dann bestimmte übernatürliche Kräfte zum Teil zur Schau gestellt haben. Und sie haben sich letztlich auch nicht ganz an die orthodoxen Gepflogenheiten gehalten, sich nicht um den Sprachgebrauch gekümmert.

Und es war auch den Hatha Yogis so ganz recht. Im indischen Mittelalter, also in der Urzeit war Hatha Yoga automatisch Teil in dem Gurukulasystem. So steht’s dann auch in den Manu-Smrittis, dass die Kinder beim Lehrer gelernt haben Pranayama, Körperübungen, Beruf und so weiter. Aber eben im indischen Mittelalter, wo Indien unter moslemischer Fremdherrschaft gestanden hat, dort haben wahrscheinlich die Orthodoxen versucht, den Moslems zu gefallen, und all das wegzulassen, was Körperbeschäftigung war, was im Islam verpönt war. Und dann haben sich so mehrere Richtungen herausgebildet. Die Hatha Yogis hielten sich dann mehr geheim. Dann wurden sie manchmal von den klassischen Vedantins oder der klassischen Bhakti-Schulen kritisiert, dass sie sich so um den Körper kümmern, und dass sie die Langlebigkeit so überbewerten, wo der Mensch doch sowieso sterben muss und die Unsterblichkeit nicht im physischen Körper zu erreichen ist. Hatha Yogis würden sagen: „Sicher ist die Unsterblichkeit nicht im physischen Körper zu erreichen, aber man hat mehr Zeit, sich um die Unsterblichkeit zu kümmern, wenn der physische Körper gesund ist.“ Und diese Praktiken wurden im Hatha Yoga selten praktiziert. Und wenn, dann unter Anleitung eines kompetenten Gurus, der beurteilen konnte: Ist das richtig oder nicht, wirkt das gut oder nicht?

[Frage] Beim Swami Vishnu war es durch viele Unfälle gewesen. Der Swami Vishnu hat in den 70er Jahren einen Unfall gehabt, wo er klinisch tot war. Mehrere Stunden ohne Herzschlag, und mit inneren Blutungen. Die Bauchspeicheldrüse war kaputt gegangen, und das hat dann irgendwann zur Diabetes geführt. Ein medizinisches Wunder war, dass er doch noch recht lange so leben konnte. Dann hatte er einen anderen Autounfall, wo beide Knie gebrochen waren. Einen anderen, wo die Lendenwirbel gebrochen sind. Also das ist der Grund bei Swami Vishnu gewesen. Paramahansa Yogananda hat ja kein Hatha Yoga praktiziert. Der hat ein paar Atemübungen gemacht, und eben seinYoga. Aber Hatha Yoga im Sinne von Asanas und systematischem Pranayama hat er ja nicht praktiziert. Und dann ist es auch Karma. Letztlich ist es Karma.

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3. Kapitel, Vers 38

Deutsche Übersetzung:

Nachdem der Yogi seine Zunge nach oben gerichtet hat und hier für genau 24 Minuten verweilt, | dieser ist befreit von Gift, Krankheiten, Tod, Alter und weiterem.

Sanskrit Text:

  • rasanām ūrdhva-gāṁ kṛtvā kṣaṇārdham api tiṣṭhati |
    viṣair vimucyate yogī vyādhi-mṛtyu-jarādibhiḥ ||38||
  • रसनाम् ऊर्ध्वगां कृत्वा क्षणार्धम् अपि तिष्ठति ।
    विषैर् विमुच्यते योगी व्याधिमृत्युजरादिभिः ॥३८॥
  • rasanam urdhvagam kritva kshanardham api tishthati |
    vishair vimuchyate yogi vyadhi mrityu jaradibhih ||38||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • rasanām : (die) Zunge (Rasana)
  • ūrdhva-gāṁ : nach oben (Urdhva) gewandt („gehend“, Ga)
  • kṛtvā : haltend („machend“, kṛ)
  • kṣaṇa* : (eines) Kshana („Augenblick“, eine Zeiteinheit)
  • ardham : (für die) Hälfte (Ardha)
  • api : auch, sogar (Api)
  • tiṣṭhati : (welcher) bleibt, verweilt (sthā)
  • viṣaiḥ : von (der Wirkung durch) Gifte (Visha)
  • vimucyate : (der) wird befreit (vi + muc)
  • yogī : (ein) Yogin
  • vyādhi : Krankheit (Vyadhi)
  • mṛtyu : Tod (Mrityu)
  • jarā : Alter (Jara)
  • ādibhiḥ : usw. (Adi)        ||38||

*Anmerkung: Der Ausdruck kṣaṇa („Augenblick“) wird hier nach dem Kommentator Brahmananda im Sinne von Muhurta verwendet, welches dem 30. Teil von 24 Stunden, also 48 Minuten, entspricht. Ein halbes (Ardha) Kshana bzw. Muhurta ergibt somit 24 Minuten bzw. die Dauer (Matra) einer Ghatika: kṣaṇasya muhūrtasya ardhaṃ kṣanārdham ghaṭikā-mātram.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

38. Der Yogi, der bis zu einer halben Stunde mit aufwärts gedrehter Zunge verharrt, wird von Krankheit, Alter und Tod befreit.

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3. Kapitel, Vers 39

Deutsche Übersetzung:

Für den, der Khechari Mudra kennt existieren keine Krankheit, Tod, Trägheit, Schlaf, Hunger, Durst, noch Halluzination.

Sanskrit Text:

  • na rogo maraṇaṁ tandrā na nidrā na kṣudhā tṛṣā |
    na ca mūrcchā bhavet tasya yo mudrāṁ vetti khe-carīm ||39||
  • न रोगो मरणं तन्द्रा न निद्रा न क्षुधा तृषा ।
    न च मूर्च्छा भवेत्तस्य यो मुद्रां वेत्ति खेचरीम् ॥३९॥
  • na rogo maranam tandra na nidra na kshudha trisha |
    na cha murchchha bhavet tasya yo mudram vetti khecharim ||39||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • na : nicht (Na)
  • rogaḥ : Krankheit (Roga)
  • maraṇaṁ : Tod (Marana)
  • tandrā : Mattigkeit, Abspannung, Erschlaffung (Tandra)
  • na : nicht
  • nidrā : Schlaf (Nidra)
  • na : nicht
  • kṣudhā : Hunger (Kshudha)
  • tṛṣā : Durst (Trisha)
  • na : nicht
  • ca : und (Cha)
  • mūrcchā : Ohnmacht, geistige Betäubung (Murchha)
  • bhavet : existiert (bhū)
  • tasya : für denjenigen (Tad)
  • yaḥ : welcher, der (Yad)
  • mudrāṁ : (das) Siegel (Mudra)
  • vetti : kennt (Vid)
  • khe-carīm : (namens) Khechari (“die im Himmel wandelnde”)           ||39||

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

39. Für denjenigen, der Khechari Mudra beherrscht, existieren weder Krankheit, Tod, intellektuelle Starrheit, Schlaf, Hunger, Durst noch Trübung des Geistes.

Und zwar ist jetzt Khechari Mudra natürlich nicht nur eine physische Handlung. K heißt Himmel, achari heißt wandern in. Und Khechari heißt Wandern im Himmel, das heißt Bewusstsein Gottes. Khechari – die Zunge nach hinten gerollt und dann nach oben zur Nase hin hoch – ist nur ein Symbol für einen inneren Prozess. Und die subtilere Khechari Mudra ist das Bewusstsein der Gegenwart Gottes. Und das hilft dann natürlich gegen Trübung des Geistes und letztlich auch gegen Tod. Denn selbst wenn der physische Körper stirbt – man weiß: Ich selbst sterbe nicht.

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3. Kapitel, Vers 40

Deutsche Übersetzung:

Der Khechari Mudra kennt ist nicht beeinflusst durch Krankheit, er ist nicht an die Kette von Handlung und Folge (Karma) gebunden, noch ist er durch die Zeit gefangen.

Sanskrit Text:

  • pīḍyate na sa rogeṇa lipyate na ca karmaṇā |
    bādhyate na sa kālena yo mudrāṁ vetti khe-carīm ||40||
  • पीड्यते न स रोगेण लिप्यते न च कर्मणा ।
    बाध्यते न स कालेन यो मुद्रां वेत्ति खेचरीम् ॥४०॥
  • pidyate na sa rogena lipyate na cha karmana |
    badhyate na sa kalena yo mudram vetti khecharim ||40||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • pīḍyate : wird gequält, gepeinigt (Pid)
  • na : nicht (Na)
  • sa : der, dieser (Yogi, Tad)
  • rogeṇa : von Krankheit (Roga)
  • lipyate : wird befleckt (Lip)
  • na : nicht
  • ca : und (Cha)
  • karmaṇā : von Handlung (dem Gesetz der Tatvergeltung, Karman)
  • bādhyate : wird bedrängt, belästigt (Badh)
  • na : nicht
  • sa : der
  • kālena : vom Tod („Zeit“, Kala)
  • yaḥ : welcher, der (Yad)
  • mudrāṁ : (das) Siegel (Mudra)
  • vetti : kennt (Vid)
  • khe-carīm : (namens) Khechari (“die im Himmel wandelnde”) ||40||

Kommentare – Audio – Video

Brahmananda

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Vishnu-devananda

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Sukadev

40. Derjenige, der Khechari Mudra beherrscht, wird von keinerlei Krankheit heimgesucht. Er bleibt von jedem Karma unberührt und Zeit hat keine Macht über ihn.

Das kann man jetzt wörtlich verstehen oder im übertragenen Sinne. Wörtlich müsste man das als Übertreibung bezeichnen. Denn irgendwann stirbt ja der Mensch trotzdem. Und irgendein Karma kommt auch, sonst würde die Welt aufhören zu existieren. Aber gewissermaßen mag auch wörtlich Einiges davon stimmen, weil es eben Ida, Pingala und Sushumna miteinander verbindet, und dafür sorgt, dass auch der Mond da harmonisch wird, also die Mondenergie hinunterfließt. Aber im übertragenen Sinne heißt es: Wenn die Khechari Mudra wirklich wirkt, dann ist unser Bewusstsein für Gott da. Dann ist unser Bewusstsein für die Unendlichkeit da. Und wenn dieses Bewusstsein da ist, dann, ob der Körper krank ist oder nicht, berührt uns das nicht mehr. Wir werden uns zwar weiter um unseren Körper kümmern, so ähnlich wie wenn man Leiter eines Fuhrparks ist, dann wird man sich drum kümmern, dass die Autos in Ordnung sind. Aber es ist nicht mehr so das Gefühl: Diese mein Körper, und wehe, wenn meinem armen Körper was zustößt. So wie Menschen, die zehn Jahre ihr Auto gehabt haben, und dann hat das Auto was, dann sind sie todtraurig. Geht mir bis heute noch so ziemlich ab, wie man sich mit einem Auto identifizieren kann. Manchmal kommen dann Seminargäste, die sind versehentlich gegen den Baum leicht gefahren, und dann ist da ein leichter Kratzer im Lack, und dann sagen sie: „Oh, wie schlimm, ein Kratzer im Auto, das hab ich jetzt schon seit fünfzehn Jahren, und diese Farbe gibt’s nicht mehr.“ Ich bemühe mich dann, mich dort hinein zu versetzen und Sympathie zu zeigen. Aber es hängt ja auch daran, dass ich noch nie in meinem Leben selbst ein Auto besessen habe, sondern immer nur in Autos von Vereinen gefahren bin, und die haben fast alle irgendwelche Kratzer sowieso. Der Versuch, sie von Kratzern frei zu halten ist sinnlos. Gut – und so auch dieser Körper. Man muss sich zwar schon drum kümmern, so wie derjenige, der sich um die Autos hier kümmert. Er bemüht sich zwar schon zu sagen, dass sie in Ordnung sind, und er macht’s vielleicht genauso gut wie jemand, der sich mit den Autos identifiziert. Aber wenn halt festgestellt wird, das Auto ist kaputt, dann wird’s halt verschrottet oder versucht, es kostenlos zu verkaufen unter Beachtung von Satya. Aber das ist dann keine Tragik und da ist nicht irgendwelche Trauerarbeit nötig.

So ähnlich ist das mit dem eigenen Körper. Wenn man Khechari wirklich kann, kommt es zur Identifikation mit dem Unendlichen Bewusstsein: Ich habe so viele Körper, wie auf der Erde rumlaufen, und mein Körper ist halt der Körper, den ich jetzt im besonderen Maße verwende. Ich bemühe mich darum, ihn gesund zu halten, weil’s meine Aufgabe ist und ich mit ihm auf die Welt gekommen bin, weil er mir anvertraut worden ist, diese Ansammlung von Kohlendioxyd, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, die hier ist, ist mir anvertraut worden, um mich drum zu kümmern. Aber letztlich ist es Kohlendioxyd, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff und ein paar Spurenelemente, die man sich einfach als Elemente wahrscheinlich für ein paar Euro in der Apotheke zusammenkaufen könnte. Andererseits: Man könnte auch nur die Spitze eines Fingers für kein Geld der Welt zusammenkaufen. So stimmt also beides. Und so sind wir dankbar für dies auch und kümmern uns drum, aber wissen: Es ist nur für so lange, wie uns Gott diesen Körper gegeben hat. Wenn er dann halt krank ist und wir ihn nicht reparieren können, dann ist es halt so. Wir werden deshalb nicht davon berührt.

Es ist ein großer Irrtum, den viele Menschen haben, dass wenn sie Yoga machen, dann dürften sie nicht krank werden. Und wenn sie doch krank werden, dann hat Yoga versagt oder sie haben selbst versagt. Ich hab das jetzt öfter erlebt, dass Menschen eine Weile Yoga gemacht haben, und dann haben sie irgendein Knieproblem oder eine Erkältung gehabt, und schon stellen sie das gesamte Yogasystem in Frage. Wir haben so einen gewissen Aberglauben. Zwar ist es so, dass Yoga hilft, etwas gesünder zu werden, aber es verhindert nicht das ganze Karma.

Diese Hatha Yoga Pradipika ist nicht wirklich gedacht als Lehrbuch über Yoga. Vieles ist dort verschlüsselt drin. Vieles ist bewusst geschrieben, dass Menschen es nicht verstehen, wenn sie es einfach nur lesen. Aber man muss an einen solchen Text mit Demut rangehen. Er ist geschrieben von einem selbstverwirklichten Meister, der bestimmte Gründe hat, die Dinge so zu beschreiben, wie er sie beschreibt. Es ist kein modernes Lehrbuch, das versucht, allen Prinzipien der modernen Unterrichtsdidaktik Genüge zu tun. Es ist eher ein Buch, dass zum einen für Menschen geschrieben ist, die das als Merksätze verstehen können, zum anderen aber auch um diejenigen, die nicht genügend Ahnung haben, ein bisschen zu verwirren. Das muss man einfach wissen bei diesem Text. Es gibt ja auch andere Texte, durchaus Yoga Sutras, die man zwar auch nicht allein verstehen kann, aber man wird nicht auf falsche Fährten geführt. Dann ist es einfach ein Buch mit sieben Siegeln, während die Hatha Yoga Pradipika einen schon in die Irre führen kann, wenn man den Text nicht versteht. Deswegen sagt sie ja auch immer wieder, dass man einen Guru braucht, um sie zu verstehen. Das müssen wir dort sehen. Gut, und jetzt sagt er eben: Dieses Mudra – ach ja, auch: Zeit hat keine Macht über ihn. Wenn unser Bewusstsein bei Gott liegt, ist egal, was da ist.

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