1. Kapitel, Vers 31

Deutsche Übersetzung:

Dieses Pashchimatanasana, ist die ursprünglichste unter den Asanas, sie bringt die Energie im Rücken (in Sushumna) zum fließen, | sie bewirkt ein intensives Verdauungsfeuer, macht den Bauch flach und befreit den Menschen von Krankheiten.

Sanskrit Text:

  • iti paścimatānam āsanāgryaṁ
    pavanaṁ paścima-vāhinaṁ karoti |
    udayaṁ jaṭharānalasya kuryād
    udare kārśyam arogatāṁ ca puṁsām ||31||
  • इति पश्चिमतानमासनाग्र्यं
    पवनं पश्चिमवाहिनं करोति ।
    उदयं जठरानलस्य कुर्याद्
    उदरे कार्श्यमरोगतां च पुंसाम् ॥३१॥
  • iti pashchima tanam asanagryam
    pavanam pashchima vahinam karoti |
    udayam jatharanalasya kuryad
    udare karshyam arogatam cha pumsam ||31||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • iti : so, in dieser Weise (Iti)
  • paścima-tānam : (ist die) Ausdehnung (der) Rückseite (Pashchimatana)
  • āsana : (der) Sitzpositionen, Körperstellungen (Asana)
  • agryaṁ : (die) vorzüglichste, beste, erste (Agrya)
  • pavanaṁ : (des) Atems, (der) Lebensenergie Prana („des Windes“, Pavana)
  • paścima : (durch die Körper-)Rückseite (Pashchima, d.h. durch Sushumna)
  • vāhinaṁ : das Fließen, das Zuführen (vah)
  • karoti : sie bewirkt, macht (kṛ)
  • udayaṁ : (das) Emporsteigen, Anschwellen, Anwachsen (Udaya)
  • jaṭhara : (des) Magen(s, Jathara)
  • analasya : des Feuers (Anala)
  • kuryāt : sie soll bewirken (kṛ)
  • udare : im (Bereich des) Bauch(es) (Udara)
  • kārśyam : Schlankheit (Karshya)
  • arogatāṁ : Gesundheit („Krankheitslosigkeit“, Arogata)
  • ca : und (Cha)
  • puṁsām : der Menschen (Pums)      ||31||

*Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda erklärt paścima-vāhinam („hinten fließend“) im Sinne von „(die Lebensenergie) fließt (dann) durch die Sushumna“: paścima-mārgeṇa suṣumnā-mārgeṇa vahatīti.

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Brahmananda

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Vishnu-devananda

31. Diese vortrefflichste aller Asanas, Paschimothan Asana, lässt den Atem durch die Sushumna fließen, steigert das Magen-Feuer, macht die Lenden mager und vertreibt alle Beschwerden.

Sukadev

31. Diese vortrefflichste aller Asanas,

und ihr werdet im Verlauf des Buches feststellen, dass er über mehrere Asanas sagt, dass es die vortrefflichste sei. Und er wird über mehrere Übungen sagen, dass es die beste aller Übungen sei. Ich erwähne es ja immer wieder, die Inder haben ne gewisse Neigung zur Übertreibung. Und wenn Deutsche das lesen, dann nehmen sie das wörtlich, und sind dann verwirrt. Statt dessen solltet ihr sagen, eine besonders vortreffliche Asana. Das hat schon mein alter Lateinlehrer gesagt, die Römer haben genauso zur Übertreibung geneigt, und immer wenn der Superlativ da steht, optimus, dann sollte man das nicht als der Beste übersetzen, sondern als besonders gut. Oder auch an manchen Stellen findet ihr, dass dort steht: Und beseitigt alle Krankheiten. Der Boris Sacharov, der auch eine Hatha Yoga Schrift übersetzt hat, nämlich die Gherandha Samhita, der hat gesagt, am besten übersetzt man das dann als allerlei Krankheiten. Gut.

– Diese vortrefflichste aller Asanas, Paschimothanasana, lässt den Atem durch die Sushumna fließen, steigert das Magenfeuer, macht die Lenden mager und vertreibt alle Beschwerden.

Also Paschimothanasana lässt den Atem durch die Sushumna fließen – ihr wisst hoffentlich alle, was der Atem ist. Nicht der physische Atem, sondern Prana. Paschimothan-Nadi ist ein anderer Name für die Sushumna-Nadi, die feinstoffliche Wirbelsäule. Steigert auch wieder das Verdauungsfeuer. Das Agni wird erhöht. Übrigens manche Menschen, die intensiv Hatha Yoga üben stellen für eine Weile fest, dass ihr Appetit stärker wird und dass sie mehr essen. Und wenn das tatsächlich wegen einem gesteigerten Verdauungsfeuer ist, dann nimmt man auch nicht zu. Nur wenn man dann anschließend weiter so isst, wenn die Praxis nicht mehr so intensiv ist, dann kann man auch zunehmen. Als ich mal eine intensive Hatha-Yoga-Praxis hatte, habe ich Berge in mich hineingefuttert und war ausgesprochen schlank. Heut esse ich höchstens die Hälfte und wachse immer mehr in die Breite. Gut, also

– steigert das Verdauungsfeuer, macht die Lenden mager und vertreibt alle Beschwerden.

Ich kannte mal jemanden, der hat hier in einem Workshop aus Anlass eines Yoga-Kongresses gesagt: „Wenn man irgendwelche Arten von Magen-Darmproblemen hat – ein bis zwei Stunden die Vorwärtsbeuge halten, und es würden alle Beschwerden beseitigt. Das funktioniert sogar bei Reisedurchfall in Indien. Da hatte ich schon zweimal die Gelegenheit , das auszuprobieren. Letztes Jahr auch. Plötzlich, auf der Rückreise von Rishikesh nach Delhi, musste ich mich übergeben. Am nächsten Tag war ich total kaputt. Dann habe ich die Gruppe allein zum Tadsch Mahal geschickt und hab mich dann erstmal zwei Stunden in die Vorwärtsbeuge begeben. Gut, und danach waren alle Probleme beseitigt. Verdauungszustand normal, Gemütszustand normal, alles ok. Wisst ihr, was das größte Problem ist, wenn man lange in der Vorwärtsbeuge ist? Die Beine schlafen ein. Das Kribbeln ist noch ok. Aber wenn die Beine einschlafen, dann muss man sie notfalls etwas bewegen. Was zwar der klassischen Hatha- Yoga-Lehre widerspricht. Eine weiche Decke unterlegen kann helfen, extrem weich, mehrere Decken. Und je angenehmer man nach vorne geht, um so weniger stark ist die Dehnung, um so weniger stark ist die Tendenz, dass man einschläft. Man kann’s auch so lösen, dass man zwanzig Minuten in der Stellung ist, dann ein paar Minuten lang sich entspannt, Gefühl in die Beine zurückbringt, und dann wieder zwanzig Minuten in die Stellung geht. Ich geb jetzt keine Garantie ab, dass es immer wirkt. Zumindest wert, es mal auszuprobieren. Statt tagelang leidend im Bett zu liegen, kann man ja auch zwei Stunden in der Vorwärtsbeuge liegen. Wenn’s nicht wirkt, kann man sich ja immer wieder auf den Rücken legen.

– lässt den Atem durch die Sushumna fließen.

Auch hier wieder: Man kann sich konzentrieren auf den Atem in der Sushumna, man kann sich konzentrieren auf den Bauch, und man kann sich auch konzentrieren auf die Lendengegend, wo auch allerlei geschieht. Nicht nur für Frauen klingt das jetzt vielleicht besonders gut, die Taille wird schlank oder so was – wie weit das stimmt, weiß ich jetzt nicht – es ist mehr so, dass ein Übermaß an Energie, das hier unten ausströmt, das senkt sich, so dass die Energie mehr nach oben kommt. Für die meisten Menschen funktioniert das hauptsächlich auf den drei untersten Chakras. Essen, Trinken, Schlafen sind die drei Grundbedürfnisse vom MuladharaChakra, die dort befriedigt werden. Bei sehr viele Menschen geht’s da nicht viel weiter. Möglichst gut zu essen, möglichst ein schönes Haus zu haben, um damit die Nachbarn zu beeindrucken, das ist alles Muladhara-Chakra. Swadhistana-Chakra betrifft dann Sexualität wie auch Zärtlichkeit, Umgang mit anderen Menschen, Energieaustausch mit anderen Menschen, den es ja nicht nur über Sexualität gibt und physischen Kontakt – das ist alles Swadhistana-Chakra. Gut, und manche bestimmten übernatürlichen Kräfte, das betrifft auch noch Swadhistana-Chakra. Bleibt noch Manipura-Chakra, das heißt, die eigenen Talente kennenlernen und auszuleben, Anerkennung zu bekommen und mutig zu sein, andere beeinflussen zu können und Macht zu haben. Das sind so die Bereiche, wo die meisten Menschen hauptsächlich wirken. Jeder Mensch wirkt auch etwas auf den anderen, ohne Zweifel, Anahata-Chakra – selbstlose Liebe, Vishuddha-Chakra – Gefühl der Verbundenheit, Ajna-Chakra – reine Erkenntnis. Und Paschimothanasana hilft, dass die Energien der unteren Chakras nach oben gebracht werden, so dass wir nicht auf dieser unteren Ebenen zu viel Zeit und Energie, geistige Energie verschwenden. Also ihr seht, die Hatha-Yoga-Übungen haben’s schon in sich.

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