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17-06 Kommentar Sukadev

Hier geht es um eine konkrete Form von religiösen Praktiken, die man in vielen Kulturen findet, in Indien wie auch im Christentum und im Islam, auch in den meisten anderen Kulturen, wo Menschen ihren Körper quälen und meinen, damit zu Gott zu kommen. Die meisten Leser kennen das vermutlich. Im Mittelalter gab es zum Beispiel die Geißler, die durch die Lande gezogen sind und sich mit Peitschen ausgepeitscht haben in der Vorstellung, damit Gott zu gefallen. In Indien gibt es unterschiedliche Praktiken, wie stunden-, tage- oder wochenlang in der heißen Sonne auf einem Bein stehen oder im eiskalten Gangeswasser, und Ähnliches. Tamasiges Tapas nennt Krishna das.

Auch spirituelle Aspiranten in unserer Zeit haben manchmal die Neigung, ihren Körper zu quälen im Namen von spiritueller Entwicklung. Sei es, dass Menschen übermäßig fasten, also wochenlang keine Nahrung zu sich nehmen und meinen, über dauerhaftes Fasten würden sie sich spirituell entwickeln. Selbst heutzutage geschieht es in einem religiösen Wahn manchmal, dass Menschen aufhören zu essen und sich ernsthafte gesundheitliche Schäden zuziehen oder sogar daran sterben, sei es durch einen ungesunden Ehrgeiz, der in die spirituelle Praxis hinein gebracht wird.

 

Yoga ist Geschick im Handeln

Das Besondere an der klassischen Yogapraxis seit Krishnas Zeiten ist, dass überall der gesunde Menschenverstand und ein vernünftiges Mittelmaß gefordert sind. Alles, was wir spirituell tun, muss auch irgendwie der Gesundheit zuträglich sein.

Wir sollen nicht den Gott quälen, der im Körper wohnt, denn der Körper ist ein Tempel Gottes. Wir sollen nicht denken, dass der Körper das Höchste ist, aber der Körper ist auch ein Ausdruck, ein Instrument Gottes, das wir nicht missachten und misshandeln. Wir kümmern uns um den Körper, wir quälen nicht den Körper.

Andererseits ist ein bisschen Tapas, Askese, für den spirituellen Fortschritt auch wichtig. Zum Beispiel, mal kalt zu duschen, was ja auch gesund ist für den Körper. Oder die Asanas etwas länger halten. Oder etwas länger meditieren, auch wenn die Knie nach einer Weile ein bisschen weh tun. Meditation hat physiologisch und psychisch gute Wirkungen. Die Heuschrecke zu üben, auch wenn es anstrengend ist, ist gut für die Rückenmuskeln. Aber gleichzeitig gilt es, achtsam zu sein. Es kann auch sein, dass man zum Beispiel feststellt, wenn man zu lange auf dem Boden sitzt, ist es der Gesundheit seines Rückens oder seiner Kniee nicht mehr zuträglich. Dann ist es besser, sich auf einen Stuhl zu setzen oder dazwischen mal aufzustehen oder ein paar Bewegungen zu machen. Es gibt eine feine Grenze zwischen hilfreicher Anstrengung, nützlichem Training, um Degeneration vorzubeugen, und objektiver Überlastung des Körpers.

Oft kommt diese Art von „Märtyrertum“ aus Heuchelei und Egoismus heraus. Man quält seinen Körper, um großartig zu erscheinen. Oder man zieht eine subtile sinnliche Befriedigung aus der Qual. Bei großen extremen Schmerzen werden im Körper bestimmte Stoffe ausgeschüttet, die wie eine Art Morphin wirken, so dass man über den Schmerz in eine Art Euphorie hinein kommt. Daher heißt es auch in diesem Vers: getrieben von der Kraft von Kama, also einer perversen Form von Lustgewinn.