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16-01 Kommentar Swami Sivananda

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Der Herr hat im neunten Kapitel (Verse 12 und 13) die drei Arten von Natur erwähnt, die empfindende Wesen ausmachen, nämlich die Natur der Götter, der Asuras und der Rakshasas. Jetzt beschreibt er sie in diesem Kapitel im Detail. Die Unterscheidung zwischen Gott oder Gottmensch und Asuras wird jetzt in den Versen eins, zwei, drei und vier deutlich gemacht.

Daivi Prakriti, die Natur der Götter, führt zu Moksha, Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt und Tod. Die Natur der Asuras und Rakshasas führt zu Bindung. Sie ist ein Hindernis beim Erreichen von Selbsterkenntnis. Die göttliche Natur muß angenommen und entwickelt werden: die Natur der Asuras und Rakshasas muß aufgegeben werden. All diese Eigenschaften finden sich im Menschen. Es gibt sattvige Menschen mit göttlichen Eigenschaften; es gibt unter den Menschen auch Asuras und Rakshasas mit dämonischen Eigenschaften, die erfüllt sind von einem Übermaß an Tamas. In einem normalen Menschen sind alle drei Gunas vorhanden. Tamas und Rajas ziehen den Menschen nach unten; Sattva erhebt den Menschen. Tamas und Rajas führen zu Bindung; Sattva hilft, Befreiung zu erlangen. Diszipliniere dich und entwickle Sattva! Das ist die Grundlage des Yoga. Das ist die erste vorbereitende Disziplin. Die erste Sprosse auf der spirituellen Leiter wird erreicht, wenn man Sattva entwickelt. Wenn der Geist sattvig ist, herrscht darin Ruhe. Das göttliche Licht kann sich nur dann herabsenken, wenn der Geist heiter und gelassen ist.

Der sattvige Mensch beherrscht seine Sinne, tut selbstlosen Dienst und praktiziert Japa, Pranayama, Konzentration, Meditation, und Selbstanalyse und fragt ›Wer bin ich?‹. Er wird von den Sinnesobjekten nicht angezogen. Er hat den brennenden Wunsch, Moksha zu erreichen. Er ist bescheiden, großzügig, barmherzig, nachsichtig, tolerant und fromm. Er zerstört seine kleine Persönlichkeit. Der rajasige Mensch ist stolz, intolerant, egoistisch, selbstzufrieden, lüstern, heißblütig, gierig und eifersüchtig. Er arbeitet für Ruhm und Ehre, und um größer zu werden. Er entwickelt seine eigene kleine, unbedeutende Persönlichkeit.

Zwischen Gunas und Karma besteht ein enger Zusammenhang. Die Art des Karmas hängt von der Art der Gunas ab. Ein sattviger Mensch handelt tugendhaft. Ein rajasiger und tamasiger Mensch vollbringt üble Taten. Die Guna treibt den Menschen zum Handeln. Das Selbst, Brahman, ist handlungslos. Es ist der stille Beobachter.

Der Herr faßt in den drei ersten Versen die Eigenschaften eines göttlichen Menschen zusammen, der sich auf den Weg der Befreiung begibt. Dann zählt er die Eigenschaften eines dämonischen Menschen auf. Das Thema dieses Kapitels ist das Deutlichmachen des Unterschiedes zwischen göttlicher und asurischer Natur.

Tugend und Laster sind relative Begriffe. Die Tugend der einen Zeit wird zum Laster einer anderen. Vom transzendentalen Standpunkt aus gibt es weder Tugend noch Laster.

Warum sollte es das Böse geben? Wie entstand das Böse? – das sind die transzendentalen Fragen (Atiprasnas). Erst nach Erlangung von Selbstverwirklichung kann man Antwort auf diese Fragen bekommen. Die Menschen zermartern sich unnötig das Gehirn, um eine Antwort auf diese Fragen zu erhalten. Das ist ein grober Fehler.

Daivi Sampat (göttlicher Reichtum oder Reichtum an göttlichen Eigenschaften) hilft dem Suchenden bei der Erlangung von Selbsterkenntnis. Die sattvigen oder göttlichen Eigenschaften wie Furchtlosigkeit, Reinheit des Herzens, Sinneskontrolle, usw. bilden Daivi Sampat. Sie versetzen den Suchenden in die Lage, den höchsten überbewußten Zustand zu erreichen (Nirvikalpa Samadhi), wo Seher und Gesehenes zu einem einzigen verschmelzen, Meditierender und Gegenstand der Meditation eins werden. Göttliche Eigenschaften, die die Wonne des Selbst steigern und dem Aspiranten helfen, das Glück des Selbst zu erlangen, werden göttlicher Reichtum genannt.

Von den göttlichen Eigenschaften ist Furchtlosigkeit die wichtigste. Furcht ist eine Auswirkung von Unwissenheit. Die Identifikation mit dem Körper erzeugt Furcht. Blinde Verhaftung an Körper, Frau, Kinder, Haus oder Besitz ist die Ursache für Furcht. Der Weise, der das Selbst verwirklicht hat, ist absolut furchtlos.

»Wer die Seligkeit Brahmans kennt, vor der sich sowohl Worte wie Geist als unzureichend erweisen, fürchtet nichts.« (Taittiriya Upanishad)

Furchtlosigkeit ist das hingebungsvolle, zweifelsfreie Einhalten der Gebote, die die Schriften geben. Der Zustand, frei zu sein von der Furcht: »Wie kann ich jetzt leben, da ich allem entsagt habe und niemanden habe, der mich unterstützt?«, ist Furchtlosigkeit. Ein Sannyasin beschließt, wenn er Sannyas nimmt: »Ich will in keinem Lebewesen Furcht verursachen.« Diesen Entschluß von Abhaya Dana (allen Geschöpfen Furchtlosigkeit zu vermitteln) in Gedanke, Wort und Tat beizubehalten, ist Abhayam, Furchtlosigkeit. Furcht kann beseitigt werden durch das ständige Denken an die unsterbliche, wonnevolle Natur des Selbst. Wenn das Leben ehrlich und wahrhaftig ist, wenn Anweisungen der Schriften eifrig und ohne zu zweifeln eingehalten werden, wenn du ein rechtes Leben führst und immer an Gott denkst, wirst du furchtlos werden. Wenn ein Mensch überall nichts anderes als das Selbst sieht, wenn das Gefühl der Dualität verschwunden ist, wenn in ihm der Eindruck der Einheit erwacht ist, wie kann er dann irgend etwas fürchten, wie kann dann in ihm das Gefühl der Furcht auftauchen? Furchtlosigkeit ist unerläßlich zur Erlangung von Moksha, Rettung. Furchtlosigkeit ist das Hauptmerkmal eines befreiten Weisen. Sie ist der einzige exakte Maßstab für den spirituellen Fortschritt. Sie ist die Haupttugend eines erleuchteten Weisen. Das ist der Grund, warum sie an der Spitze aller göttlichen Eigenschaften steht. Nur ein befreiter Weiser kann absolut furchtlos sein.

Eine sattvige Subha Vasana (gute Anlage) ist Daivi Sampat. Sie bringt den Menschen dazu, Unterscheidung zu üben, Leidenschaftslosigkeit, Beherrschung von Geist und Sinnen, usw., die ihm zur Erlangung von Selbsterkenntnis helfen. Rajasige und tamasige (Asubha oder schlechte) Vasanas (Anlagen), die gemeinsam mit den Strömen von RagaDvesha (Zu- und Abneigungen) operieren und den Menschen dazu bringen, Handlungen auszuführen, die von den Schriften verboten sind und schreckliche Auswirkungen haben, stellen die dämonische Natur dar.

In der asurischen Natur herrscht die Neigung zu Sinnesobjekten vor; in der Natur des Rakshasas herrscht Haß vor, und der Rakshasa verursacht anderen verschiedenste Schmerzen und Verletzungen.

Gute Neigungen führen zu Moksha. Schlechte Neigungen führen zu Bindung. Gute Neigungen müssen entwickelt werden. Schlechte Neigungen müssen entwurzelt werden. Zuerst mußt du die eigentliche Natur dieser beiden Vasanas kennen, wenn du gute Neigungen zu entwickeln wünschst und die schlechten entwurzeln willst. Das sechzehnte Kapitel gibt eine lebendige Beschreibung dieser Neigungen.
Sattvasamshuddhih: Reinheit des Verstehens, Reinheit des Lebens, Reinheit des Herzens. Reinheit des Geistes, d.h. nicht betrügen, nicht heucheln, keine Unwahrheit und dergleichen in allen Beziehungen zu Menschen, vollkommen ehrliches Handeln und Rechtschaffenheit ist Sattvasamshuddhi. Wenn das Verständnis ständig im unsterblichen Selbst weilt und daher fest und beständig ist, kann das als eine Bedingung der Reinheit angesehen werden. Aufgrund von Reinheit kann der Geist das Selbst erkennen. Der Geisteszustand, in dem der Mensch durch das Hören der Schriften frei ist von Zweifeln wie Asambhavana (Gedanke, daß die Existenz des Selbst unwahrscheinlich ist), usw., ist Sattvasamshuddhi. Da Reinheit des Geistes ohne Hingabe an den Herrn nicht erreicht werden kann, ist Hingabe in diesen sattvigen Tugenden miteingeschlossen.
Jñana: Erkenntnis; das Verstehen der Natur des Selbst, wie es in den Schriften und vom Lehrer gelehrt wird; Selbstverwirklichung durch Meditation über die große Verkündigung der Upanishad ›Ich bin Brahman‹ (Aham Brahmasmi) ist Jñana.
Yoga ist das Einssein der individuellen Seele mit dem höchsten Wesen, es ist die direkte Verwirklichung des Selbst durch Konzentration und Meditation, durch Einschränkungen und Sinneskontrolle. Der Suchende nimmt durch direkte Wahrnehmung mit dem inneren Auge der Weisheit das wahr, was er aus den Schriften und vom Lehrer gelernt hat. Der Suchende erlangt Selbstverwirklichung, direktes Wissen. Er wird eins mit Brahman – dem Absoluten. Er erlangt aus den Schriften indirektes Wissen, bloßes Verständnis, theoretisches Wissen über Brahman. Durch Yogapraxis erlangt er nun direktes Wissen. Die Bemühung, die dazu beiträgt, den Geist und die latenten Neigungen auszulöschen, wird ebenfalls Yoga genannt.
Jñanayogavyavasthitih: Der Zustand des Jivanmukti, der durch Jñana Yoga erreicht worden ist und sich vom Geisteszustand weltlicher Menschen unterscheidet.
Furchtlosigkeit, Reinheit des Herzens und Festigkeit in Wissen und Yoga sind die drei vordringlichen Tugenden unter den sattvigen Eigenschaften, die in den Versen 1 bis 3 aufgezählt werden. Man findet sie nur in Jñana Yogis. Die anderen Eigenschaften finden sich sowohl in Jñana Yogis wie auch in Karma Yogis, Raja Yogis und Bhaktas. Wer keine sattvigen Tugenden besitzt, kann keine Art von Yoga praktizieren. Wenn eine Tugend gepflegt wird, kommen alle anderen Tugenden von selbst. Furchtlosigkeit bildet Grundlage und Fundament der gesamten inneren moralischen Struktur des Menschen.
Svadhyaya und Tapas bilden Kriya Yoga. Svadhyaya ist Brahma-Yajña. Almosengeben und opfern gehören zum Karma Yoga. Almosengeben, Selbstbeherrschung und Opfer bilden Daivi Sampat für Familienväter. Die Eigenschaften, die in XVI, Verse 1 bis 3 beschrieben werden und für den Suchenden einer bestimmten Form des Yoga gelten, stellen Daivi Sampat des Schülers auf diesem Weg dar.
Dana: Almosengeben; Verteilen von Essen, Kleidern, usw., soweit es die Mittel eines Menschen zulassen. Ein wohltätiger Mensch beeilt sich, die Verzweifelten zu trösten und den Bedürftigen zu helfen. Wohltätigkeit ist dreifältig, nämlich sattvig, rajasig oder tamasig (siehe XVII.20 bis 22). Sie öffnet die Tore des Himmels. Sie bringt die Mittel zur Befreiung näher. So wie der Baum unterschiedslos Frucht und Schatten spendet, gib dem Bedürftigen ohne Unterschied und mit freudvollem Herzen.
Dama: Selbstbeherrschung, Einschränkung, Beherrschung der äußeren Sinne. Die Kontrolle der inneren Sinne und des Geistes wird im nächsten Vers beschrieben. Die Praxis der Selbstbeherrschung bringt die Einheit von Sinnen und Sinnesobjekten zum Verschwinden. Sie trennt die Sinne von ihren jeweiligen Objekten. Der Suchende gestattet dem Wind der Sinnesobjekte nicht, durch die Tore seiner Sinne zu wehen. Er hält die Sinne unter strengster Kontrolle. Er entzündet das Feuer der Leidenschaftslosigkeit an allen zehn Toren des Körpers. Er legt strenge Gelübde ab. Er beachtet Mauna (das Schweigegelübde) und den Zölibat. Er ist mäßig in seiner Ernährung. Er hält in allem das goldene Mittel. Er überprüft die nach außen gehenden Neigungen des Geistes und der Sinne. Er veranlaßt Geist und Sinne, sich in ihre Quelle zurückzuziehen. So wie ein Feind mit einer Waffe geschlagen wird, so wird jede Neigung zu Sinnesobjekten durch die Praxis der Selbstbeherrschung niedergeschlagen. Alle inneren Dränge, Sehnsüchte und Vasanas müssen an den zehn Toren der Sinne im Feuer der Entsagung verbrannt werden. Auch wenn verheiratete Menschen nicht vollständige Sinneskontrolle üben können, stellen auch Mäßigung oder Regelmäßigkeit und ein diszipliniertes Leben für sie eine Einschränkung dar. Die Praxis der Selbstbeherrschung schließt Nachsichtigkeit, Harmlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Stetigkeit und Geduld ein.
Yajña: Opfer. Die Verehrung mit dem Feuer (Agnihotra) und dergleichen, die in den Veden dargelegt sind, und auch das Opfern an die Götter, Pitri-Yajña, Bhuta-Yajña, Manushya-Yajña und Brahma-Yajña, die in den Schriften (Smritis) angegeben sind.
Svadhyaya: Studium der Veden zur Erlangung der ›unsichtbaren Früchte‹.
Tapas: Askese, Kasteiungen des Körpers und andere Sühneformen. Wahres Tapas ist Meditation über das Selbst. Es ist das Fixieren des Geistes auf Brahman oder das Selbst. Es heißt, sich vom physischen Körper und den anderen vier ›Hüllen‹ zu trennen und sich mit dem Absoluten zu identifizieren. Es heißt, den Geist der Seele zuzuwenden. Die drei Arten von Tapas, die in XVII, Vers 14 bis 16 beschrieben werden, fallen unter diese Kategorie.
Arjavam: Aufrichtigkeit. Sie führt zur Erlangung von Wissen. Der Suchende muß immer offen sein, aufrichtig und geradlinig. Aufrichtigkeit muß seine ständige Haltung sein. Nur ein gerechter und wahrhaftiger Mensch kann aufrichtig sein. Er wird von allen Menschen respektiert. Er wird von allen geliebt. Er hat Erfolg in seinen Bemühungen. Er verbirgt niemals Fakten oder Wahrheiten.