Atma Bodha – Vers 46

Überwinde Unwissenheit durch das Wissen des Selbst

Atma Bodha – Vers 46

Deutsche Übersetzung:

Die Unwissenheit, die durch Begriffe wie „Ich“ und „mein“ gekennzeichnet ist, wird zerstört durch das Wissen, das durch die Erkenntnis der wahren Natur des Selbst entsteht, genau so wie durch die richtige Information eine falsche Vermutung über die Wegrichtung beseitigt wird.

Sanskrit Text:

tattvasvarūpānubhavād utpannaṃ jñānam añjasā ।
ahaṃ mameti cājñānaṃ bādhate digbhramādivat ॥ 46 ॥

तत्त्वस्वरूपानुभवादुत्पन्नं ज्ञानमञ्जसा ।
अहं ममेति चाज्ञानं बाधते दिग्भ्रमादिवत् ॥ ४६ ॥

tattvasvarupanubhavad utpannam jnanam anjasa |
aham mameti chajnanam badhate digbhramadivat || 46 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • tattva-svarūpānubhavāt : aus der Einsicht („Erfahrung“, Anubhava) in die wahren Natur („eigene Form“, Svarupa) der Wirklichkeit (Tattva)
  • utpannam : entstanden (Utpanna)
  • jñānam : das Wissen (Jnana)
  • añjasā : sogleich, sofort (Anjasa)
  • aham : ich (Aham)
  • mama : mein (Mama)
  • iti : des Inhalts („so“, Iti)
  • ca : und (Cha)
  • ajñānam : die Unwissenheit (Ajnana)
  • bādhate : beseitigt (bādh)
  • dig-bhramādi-vat : wie (die Sonne, Vat) einen Irrtum (Bhrama) bezüglich der Himmelsrichtung (Dish) usw. (Adi)     ॥ 46 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

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Die Unwissenheit, die durch Begriffe wie „Ich“ und „Mein“ gekennzeichnet ist, wird zerstört durch das Wissen, das durch die Erkenntnis der wahren Natur des Selbst entsteht.

Genauso, wie durch die richtige Information eine falsche Vermutung über die Wegrichtung beseitigt wird. Unwissenheit. Unwissenheit ist durch Begriffe wie „Ich“ und „Mein“ gekennzeichnet. Man sagt: „Ich bin dies, ich bin das.“ Dies ist eine Manifestation der Unwissenheit. Die zweite ist: „Das ist mein. Das ist mein.“ Man identifiziert sich, man bezieht es auf sich und schafft dabei Besitz. Und das ist Unwissenheit und daraus entsteht Leid, denn tief im Inneren weißt du: „Ich bin das unsterbliche Selbst.“ Du weißt, du bist das unsterbliche Selbst, du weißt, ich bin Freude, du weißt, ich bin ewig und frei. Und weil du das weißt, wirst du, sowie du dich mit etwas identifizierst, niemals zufrieden sein. Du weißt, es ist nicht okay, unfrei zu sein. Du weißt, es ist nicht okay, unglücklich zu sein. Es ist nicht okay, begrenzt zu sein. Es ist nicht okay, deiner Sterblichkeit bewusst zu sein. Denn tief im Inneren weißt du: „Ich bin unendlich, ewig und frei – unendliches Glück.“ In dem Moment, wo du dich mit etwas identifizierst, entsteht ein kleines Ich. Und immer wieder erlebst du das. Wenn du heute oder morgen durch die Welt gehst, werde dir bewusst, wie häufig sagst du nicht nur „ich“, du spürst es auch. Es ist nichts Falsches, wenn du das mal sagst, so ähnlich ist es, wenn du eine Rolle spielst in einem Schauspiel – dann spielst du die Rolle. Aber du weißt danach, ich bin nicht diese Rolle. Ich bin nicht Mutter Courage, ich bin nicht Wilhelm Tell, ich bin nicht – wer auch immer dargestellt wird. Du weißt das. Und weil du es weißt, kannst du die Rolle spielen und nachher wieder rausgehen.

Aber mit diesem Körper gibt es oft Identifikationen. Du identifizierst dich mit dem Körper, du identifizierst dich mit deiner Psyche, was wie die Rolle ist. Höre auf, dich zu identifizieren. Und noch weiter: Weil du weißt, dass das Beschränkte nicht gut ist, suchst du vielleicht im Außen. Du weißt, es ist nicht ausreichend, im Körper zu sein, also brauchst du mehr. Mein Hemd, mein Buch, mein Haus, mein dies und jenes. Bei diesem „mein“ scheinst du scheinbar die Grenzen deines Ich zu erweitern. Aber in Wahrheit erweiterst du nur die Grenzen deines Elends, denn alles, was du sagst, es gehört mir, gehört dir ja nicht. Du hast über nichts vollständige Kontrolle. Angenommen du sagst „mein Auto“ – plötzlicher Motorschaden. Oder ein Unfall. Angenommen du sagst „mein Hemd“ Du bleibst an einer Türklinke hängen – es reißt ein. Oder du sagst: „Mein Besitz“ – Aktienprobleme, Bankprobleme oder ein Betrug – Besitz ist weg. Das kann immer passieren. In dem Moment, wo du „mein“ sagst, kommst du in alle möglichen Probleme, Ängste etc. Also – „ich“ und „mein“ sind Unwissenheit. Diese Unwissenheit kannst du überwinden. Durch das Wissen, das durch die Erkenntnis der wahren Natur des Selbst entsteht. Also, sowie du die Erkenntnis der wahren Natur des Selbst hast, verschwinden die Vorstellungen von „ich“ und „mein“. Umgekehrt, wenn du lernst, dich von „ich“ und „mein“ zu lösen, dann fällt es auch leichter, zur höchsten Erkenntnis zu kommen.

Er gibt dir wieder eine Analogie. Das ist ja das Wunderschöne an Atma Bodha. So viele schöne Analogien, über die du auch meditieren kannst. Diese Analogie sagt folgendes: Durch die richtige Information wird eine falsche Vermutung über die Wegrichtung beseitigt.

Die Zeit vor Navis, vor Straßennamen und auch vor der Erfindung von Landkarten – also Shankarachayas Zeit – war dadurch geprägt, dass du jemanden fragen musstest, wenn du irgendwo hingehen wolltest. Wenn du eine Weile den Weg gegangen bist, hast du vielleicht mal die falsche Richtung eingeschlagen. Dann musstest du wieder jemanden fragen. Und derjenige sagte dir, das ist die falsche Richtung. Gehe in die andere Richtung. Nachdem du die richtige Richtung erkannt hast, findest du dein Ziel. Die Unwissenheit wurde beseitigt durch die richtige Information. Manchmal reicht die Erkenntnis aus, um in die richtige Richtung zu gehen.

In diesem Sinne: Du hörst das Atma Bodha, du liest das Atma Bodha, es gibt dir die richtige Information und durch die richtige Information wird die falsche Vermutung beseitigt. Die falsche Vermutung wäre „Ich bin Karl Otto, Christa, ich bin dick, ich bin dünn, ich bin klug, ich bin künstlerisch, ich bin handwerklich, ich bin praktisch. All das sind falsche Vermutungen. Oder: Ich bin Frau, ich bin Mann, ich bin 60 Jahre alt, ich bin 25 Jahre alt, ich bin deutsch, italienisch, türkisch, ich bin Hindu, Moslem, Atheist, agnostisch – was auch immer. All das sind falsche Vorstellungen. Aber – die richtige Information ist: Tat twam asi – Du bist das Unendliche, du bist das Ewige. Ayam Atma Brahman – dieses Selbst ist Brahman. Wenn du diese Erkenntnis hast, dann hörst du auf, den falschen Weg zu gehen. Du gehst in die richtige Richtung und kommst zur höchsten Verwirklichung. Denke darüber nach. Gerade heute oder morgen wird dir bewusst, wie häufig du „ich“ sagst, wie häufig du „mein“ sagst. Und mache dir bewusst, du bist nicht das, was du als „ich“ bezeichnest. Und nichts von dem, was du als „mein“ bezeichnest, gehört dir. Spiele im Alltag die Rollen, aber sei dir bewusst, es ist nur eine Rolle. Du bist Bewusstsein – ewig, rein, glückselig.

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