Atma Bodha – Vers 38

Meditation über den Atman, das Höchste Selbst

Atma Bodha – Vers 38

Deutsche Übersetzung:

Indem Du an einem einsamen Ort sitzt, den Geist von Wünschen befreist und die Sinne beherrschst, meditiere mit unerschütterlicher Aufmerksamkeit über den Atman, welcher Eins ohne ein Zweites ist.

Sanskrit Text:

viviktadeśa āsīno virāgo vijitendriyaḥ ।
bhāvayed ekam ātmānaṃ tam anantam ananyadhīḥ ॥ 38 ॥

विविक्तदेश आसीनो विरागो विजितेन्द्रियः ।
भावयेदेकमात्मानं तमनन्तमनन्यधीः ॥ ३८ ॥

viviktadesha asino virago vijitendriyah |
bhavayed ekam atmanam tam anantam ananyadhih || 38 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • vivikta-deśe : an einem einsamen (Vivikta) Ort (Desha)
  • āsīnaḥ : sitzend (Asina)
  • virāgaḥ : frei von Leidenschaften (Viraga)
  • vijitendriyaḥ : mit beherrschten Sinnen (Vijitendriya)
  • bhāvayet : man meditiere (bhū)
  • ekam : über das eine (Eka)
  • ātmānam : Selbst (Atman)
  • tam : dieses (Tad)
  • anantam : unendliche (Ananta)
  • ananya-dhīḥ : mit uneingeschränkter  („auf nichts anderes gerichteter“, Ananya) Aufmerksamkeit („Geist“, Dhi)     ॥ 38 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

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Indem Du an einem einsamen Ort sitzt, den Geist von Wünschen befreist, und die Sinne beherrschst, meditiere mit unerschütterlicher Aufmerksamkeit über den Atman, welcher Eins ohne ein Zweites ist. Er sagt hier „Meditiere – meditiere an einem einsamen Ort.“
Was ist ein einsamer Ort? Idealerweise gehe regelmäßig in einen Ashram, z.B. in einen Yoga Vidya Ashram. Du kannst einwenden, daß es so einsam dort nicht ist. Da sind dutzende oder in Bad Meinberg hunderte von Menschen, aber du bist weit weg von Deinem Alltag. Es ist gut und wichtig und hilfreich, öfters mal ganz von deinem Alltag abzuschalten. Dich nicht kümmern zu müssen um essen, trinken, schlafen, um Internet, um deinen Haushalt usw. Du kannst alles hinter dir lassen.
Im alten Indien hat man das zum Teil gemacht, wenn man auf Wanderschaft gegangen ist, in Ashrams gegangen ist, in Tempeln gewesen ist. Man hat gebettelt um Essen. Heutzutage ist das natürlich im Westen nicht möglich. Aber du kannst in einen Ashram gehen. Da brauchst du dich um nichts zu kümmern. Ein paar Tage, oder eine Woche oder zwei Wochen, das hilft sehr.
Natürlich reicht es auch nicht aus, mal ein zwei Wochen im Jahr in den Ashram zu gehen. Oder, wenn du Mitarbeiter von einem Yoga Vidya Ashram bist, mal einige Wochen in einen anderen Ashram zu gehen (z.B. einen anderen Yoga Vidya Ashram) wo du weg bist von deinen täglichen Verpflichtungen. Der Alltag ist wiederum wichtig.
Wann immer du meditierst, kannst du dir vorstellen „ich bin an einem einsamen Ort.” Du kannst deinem Geist sagen „Jetzt bin ich ganz in der Meditation.” Du kannst dir auch vorstellen, daß du jetzt zum Beispiel in einem Ashram bist. Du kannst dir zu Beginn der Meditation vorstellen, daß du auf dem Himalaya bist, an einem heiligen Ort. Zieh dich ganz zurück.
Es hilft manchmal, eine solche Visualisierung zu haben, so daß du dich lösen kannst vom Alltag. Denn genau das sagt er dann: „Löse Dich von Wünschen – virago. Raga heißt wünschen, mögen, Verhaftungen. Übe virago – d.h. gehe weg von allen Wünschen. Der Geist mag aber sagen: „Das will ich noch, das will ich noch, das will ich noch …“ Du kannst dich dann bei deinem Geist dafür bedanken, daß er dir das alles gesagt hat, was du noch zu tun hast. Später. Atha Meditation – jetzt Meditation. Der Geist wird keine Ruhe geben und sich jetzt damit beschäftigen wollen. Da kannst dich erneut bei deinem Geist dafür bedanken, daß er dich darauf aufmerksam macht und kannst es vertagen auf eine Stunde später. In dieser Weise gehe mit deinem Geist um. Löse dich von allen Wünschen und beherrsche die Sinne. Vijitendriyah – Indrias – die wollen alles Mögliche. Sobald du dich hingesetzt hast, denkst du, es ist zu kalt, und du willst die Heizung anstellen oder eine Decke holen oder es passiert genau der umgekehrte Fall und es ist dir zu warm und du möchtest anstatt des Pullovers lieber ein T-Shirt anziehen, oder es riecht dir zu viel oder zu wenig oder es ist dir zu laut …. tausend Gründe. Oder die Stellung ist unangenehm, das Kissen ist zu hart oder zu weich usw.
Vijitendriyah heißt: Setze dich hin und beherrsche die Sinne. Durchschaue das Spiel des Geistes. Es rentiert sich zwar, zu Anfang zu prüfen, ob die Temperatur gut ist, ob man das Richtige angezogen hat, ob die Kissenhöhe stimmt usw. Aber dann, wenn du die Augen schließt, bleibe sitzen. Und wenn die Sinne sich melden, dann denke einfach „Toll Sinne, dass ihr meint, ich müßte meine Stellung jetzt ändern – ich bleibe sitzen.” Oder wenn es juckt, denke einfach: „Toll meine Haut, daß Du den Juckimpuls jetzt gibst – ich bleibe sitzen.“ Oder die Ohren sagen: „Der Nachbar hat den Fernseher zu laut“ – ich bleibe sitzen. Auf diese Art beherrschst du deine Sinne.
Des Weiteren sagt er: „Meditiere mit unerschütterlicher Aufmerksamkeit über den Atman.“ Bhavayedekam, also eka – eins mit Bhava, mit großem Gefühl, mit großer Aufmerksamkeit – meditiere über den Atman. Der ist Ananta, unendlich, ewig, ohne ein Zweites. Es reicht aber auch nicht aus, einfach zu sagen: „Ich bin das unsterbliche Selbst“ – sage es mit Überzeugungskraft. Spüre es, fühle es.
Also, die Schritte der Meditation, der Vedanta Meditation, wie Shankara sie hier empfiehlt, sind:
• Setze dich hin
• Mache Dir bewusst, dass du an einem einsamen Ort bist
• Sage deinem Geist, alles Relative später
• Tauche ganz ein ins Hier und Jetzt
• Wenn Wünsche kommen, ignoriere sie
• Wenn deine Sinne dir etwas sagen, ignoriere das
• Und dann meditiere über den Atman
• Meditiere über dein eigenes Selbst
• Mache dir bewusst „Ich bin das unsterbliche Selbst – Eins ohne ein Zweites – eins mit dem höchsten Bewusstsein“
Ich schreibe noch einmal diesen Vers in der deutschen Übersetzung. Wenn du magst, kannst du das auch als Meditationsanleitung nehmen.
„Indem du an einem einsamen Ort sitzt, den Geist von Wünschen befreist, die Sinne beherrschst, meditiere mit unerschütterlicher Aufmerksamkeit und großem Gefühl und großer Überzeugungskraft über den Atman, das höchste Selbst. Eins, ohne ein Zweites.

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