Atma Bodha – Vers 37

Die Vedanta Praxis der Affirmation

Atma Bodha – Vers 37

Deutsche Übersetzung:

Der Eindruck (Vasana) „Ich bin Brahman“, der auf diese Art durch ständige Praxis geschaffen wird, beseitigt die Unwissenheit und die Aufregung, die durch sie verursacht wird – wie eine Medizin oder ein Rasayana (ayurvedische Kur) Krankheit beseitigt.

Sanskrit Text:

evaṃ nirantarābhyastā brahmaivāsmīti vāsanā ।
haraty avidyāvikṣepān rogān iva rasāyanam ॥ 37 ॥

एवं निरन्तराभ्यस्ता ब्रह्मैवास्मीति वासना ।
हरत्यविद्याविक्षेपान्रोगानिव रसायनम् ॥ ३७ ॥

evam nirantarabhyasta brahmaivasmiti vasana |
haraty avidyavikshepan rogan iva rasayanam || 37 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • evam : so, in dieser Weise (Evam)
  • nirantarābhyastā : ununterbrochen (Nirantara) eingeübt, wiederholt (Abhyasta)
  • brahma : das Absolute (Brahman)
  • eva : gewiss, wahrlich (Eva)
  • asmi : ich bin (Asmi)
  • iti : des Inhalts („so“, Iti)
  • vāsanā : der geistige Eindruck, die Vorstellung (Vasana)
  • harati : beseitigt („nimmt fort“, hṛ)
  • avidyā-vikṣepān : die durch Unwissenheit (Avidya) verursachten Zerstreuungen (Vikshepa)
  • rogān : Krankheiten (Roga)
  • iva : wie (Iva)
  • rasāyanam : ein Lebenselixier (Rasayana)     ॥ 37 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

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Der Eindruck „Ich bin Brahman“ der auf diese Art durch ständige Praxis geschaffen wird, beseitigt die Unwissenheit und die Aufregung, die durch sie verursacht wird – wie eine Medizin, ein Rasayana, eine Ayurveda Kur Krankheit beseitigt. In den letzten Versen hat Shankaracharya eine Form von Jnanabhyasa vorgestellt, also eine Übung auf dem Weg des Jnana Yoga, eine gewisse vedantische Affirmation. Du kannst dir sagen „Ich bin ewig, ohne Gedanken, Verlangen. Ich fülle alle Dinge im Inneren und Außen. Unveränderlich und gleich bin ich in allen. Ich bin rein, ungebunden, makellos und unbewegt. Ich bin dieses höchste Brahman allein. Ewig, rein und frei. Eins, unteilbar, unveränderliche, grenzenlose Erkenntnis, unveränderliche Freude“.
Diese Affirmationen kannst du dir immer wieder sagen. Es sind Affirmationen, d.h. Bestärkungen. Du bestärkst das, was schon da ist. Denn du bist das unsterbliche Selbst, und das kannst du dir das bewußt machen. Dadurch wird ein starkes Vasana geschaffen, ein starker Eindruck.
Dein ganzes Leben haben dir Menschen etwas anderes gesagt. Vielleicht hat deine Mutter gesagt „Oh liebes Baby, du bist wunderschön, du bist ein tolles Kind“. Deine Lehrer haben dir vielleicht gesagt: „Du bist ein guter Schüler“. Vielleicht haben sie auch gesagt: „Du taugst nichts“. Vielleicht haben deine Mitschüler einiges gesagt. Vielleicht sagt dein Partner, deine Partnerin etwas. Vielleicht haben viele Menschen alles Mögliche zu dir gesagt. Und vielleicht hast du einiges verinnerlicht. Und dein innere Stimme sagt „Ich tauge nichts, ich bin nicht gut“ oder du sagst „Ich bin irgendwie ein ganz großartiger Künstler“ oder ähnliches. Das sind alles Eindrücke die da sind. Aber das ist alles nur Oberfläche. Das sind eigentlich Attribute des Körpers und der Psyche. Und vielleicht noch nicht einmal richtige Attribute. Das sind Attribute, die man Körper und Psyche zuspricht.
Diese vedantischen Affirmationen drücken aus, was du wirklich bist. Und du kannst es wiederholen, und wenn du es wiederholst, spürst du es. Und wenn du es spürst, wird es mit Kraft erfüllt. Und wenn du diese Affirmationen regelmäßig machst, dann entsteht ein machtvolles Vasana. Dann mag dir zum Beispiel jemand sagen „Du bist ein toller Künstler“, und du weißt dann, dass Du eigentlich gar kein toller Künstler bist, sondern, dass es vielleicht nur die Psyche ist, und dieser Körper, dieses Zusammenspiel.
„Ich bin nitya shuddha, ich bin ewig und rein. Ich bin satyam, jnana, anantam. Ich bin Wahrheit, ich bin Wissen. Ich bin Ewigkeit, Unendlichkeit“. Das kannst du dir immer wieder sagen. Das hilft dir, dich nicht zu identifizieren.

Und weshalb sollte man das sagen?
Shankaracharya sagt, es beseitigt die Unwissenheit, Avidya. Diese Unwissenheit lässt dich denken „Ich bin der Körper, ich bin die Psyche, ich brauche dieses und ich brauche jenes. Ich bin unkläglich wegen diesem und jenem“. Aber diese Jnana Abhyasa schafft den machtvollen Vasana „Ich bin Brahman“. Und dann vergeht die Unwissenheit. Und wenn die Unwissenheit verschwunden ist, sagt er, dann verschwindet auch die Aufregung, die damit verursacht wird.
Denn aus dem ganzen Avidya kommt Vikshepa. Vikshepa ist Unruhe und Getriebenheit. Vikshepa heißt, du machst dir Sorgen. Was denkt der Mensch über mich, was denkt der andere über mich, was könnte mir noch passieren. Was könnte mir noch blühen, wie kriege ich das, was ich brauche, was brauche ich eigentlich, warum machen die Menschen nicht das, was sie sollten usw. – grenzenlose Vikshepa. Das aber kannst du alles auflösen, denn wenn Du weißt, „Ich bin das unsterbliche Selbst“, worüber solltest du dich aufregen? Und selbst wenn du sagst, für den Alltag, meine Pflichten, meine Aufgaben ist es auch nötig, dass ich mich mal aufrege, kannst Du das ja tun. Aber du sagst dir dann „Satyam, jnanam, anantam – ich bin Wahrheit, ich bin Wissen, ich bin Unendlichkeit“. Und dann geht alles leichter.
Ein Beispiel: Du als Erwachsener spielst mit Kindern, und es macht dir nichts aus, ob du gewinnst oder verlierst – spielt keine allzu große Rolle. Hauptsache, du bist irgendwo und erfüllst deine Rolle als Erwachsener, als Vater, Mutter, Erzieher, Erzieherin – was auch immer. Aber du mußt nicht hineingehen in das Spiel der Kinder. Die Kinder aber freuen sich, denn du tust so, als ob dir das wichtig ist. Und vielleicht ist es dir sogar wichtig. Aber du kannst jederzeit aus diesem Kinderspiel ausbrechen.
Diese Welt ist auch so ähnlich wie ein Kinderspiel. Viele nehmen es sehr ernst und werden deshalb so unruhig. Dann kannst du dir sagen „Ich bin das unsterbliche Selbst – ich bin der Atman. Nityam, shuddham, anantam – ewig, rein, unendlich“. Und dann werden alle Krankheiten beseitigt, die aus Unwissenheit und Unruhe kommen. Hier wieder das Beispiel von Medizin und Rasayana – also eine Ayurveda Kur, die hilft, Krankheiten zu beseitigen.
Immer wieder zu dir zu sagen „Ich bin unendlich, ewig, Bewusstsein – Brahman“ macht das zu einer machtvollen Sanskara, zu einer machtvollen Vasana. Wenn diese starke Gedankengewohnheit da ist, dann wird es zu einer Überzeugung. Und es bleibt auch dann da, wenn Herausforderungen kommen. Und so hilft das mit einem Schlag, alle Krankheiten des Lebens zu überwinden. Großartig, ist es nicht so?
Noch einmal schreibe ich den 36. Vers, weil er so wunderbar ist. Der 37. Vers, den ich eben rezitiert habe, sagt ja, wenn du diesen 36. Vers immer wieder rezitierst, immer wieder praktizierst, dann werden alle Unruhen verschwinden, Unwissenheit verschwindet, du erfährst, wer du wirklich bist.
Jedes dieser Worte auf Sanskrit ist so wunderschön. Ich schreibe einfach die Übersetzung. So großartig, so erhebend.
„Ich bin wahrlich dieses höchste Brahman allein. Ewig, rein, frei, eins, unteilbar, nicht dual, unveränderlich, grenzenlose Erkenntnis. Unendlichkeit und Ewigkeit.“

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