Atma Bodha – Vers 14

Der Kausalkörper

Atma Bodha – Vers 14

Deutsche Übersetzung:

Unwissenheit, die unbeschreiblich und anfangslos ist, ist der Kausalkörper. Erkenne klar, dass der Atman von diesen drei begrenzenden Körpern (Upadhis) verschieden ist.

Sanskrit Text:

anādyavidyānirvācyā kāraṇopādhir ucyate ।
upādhitritayād anyam ātmānam avadhārayet ॥ 14 ॥

अनाद्यविद्यानिर्वाच्या कारणोपाधिरुच्यते ।
उपाधित्रितयादन्यमात्मानमवधारयेत् ॥ १४ ॥

anadyavidyanirvachya karanopadhir uchyate |
upadhitritayad anyam atmanam avadharayet || 14 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung:

  • anādy-avidyā : die anfangslose (Anadi) Unwissenheit (Avidya)
  • anirvācyā : unbeschreibliche (Anirvachya)
  • kāraṇopādhiḥ : die ursächliche, kausale (Karana) Begrenzung (Upadhi)
  • ucyate : wird genannt (vac)
  • upādhi-tritayāt : von dieser Dreiheit (Tritaya) der Begrenzungen (Upadhi)
  • anyam : als verschieden („anders“, Anya)
  • ātmānam : das Selbst (Atman)
  • avadhārayet : erkenne, erfahre (ava + dhṛ)     ॥ 14 ॥

Kommentar von Sukadev Bretz

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Shankaracharya beschreibt den Kausalkörper, er sagt dort nicht sehr viel darüber. Im Yoga spricht man ja von drei Körpern: Den physischen Körper, Astralkörper und Kausalkörper. Physischer Körper ist der Körper, dem wir uns im Alltag besonders bewusst sind und dieser besteht aus Beinen, Rumpf, Armen und Kopf. Mit dem Körper nehmen wir die Welt wahr und handeln in der Welt und der uns alle möglichen Erfahrungen ermöglicht. Diesen physischen Körper können wir beobachten, denn wir sind nicht der physische Körper, dies hat Shankara im vorletzten Vers gesagt. Im letzten Vers hat er vom Astralkörper gesprochen, von den fünf Pranas, von den zehn Sinnen, Wahrnehmungsorgane, Handlungsorgane und von dem Geist, der insbesondere Manas und Buddhi umfasst. Manas beschreibt hier das automatisierte Denken und Fühlen, also die Gedanken und Gefühlen, die von selbst hochkommen. Wo der Mensch so etwas ist wie ein Reiz-Reaktions-Mechanismus, etwas was die Tiere auch haben. Und Buddhi ist die Unterscheidungskraft, das Urteilsvermögen, der freie Wille, all dies gehört zum Astralkörper.
Was aber ist der Kausalkörper? Da gibt es verschiedene Aussagen und verschiedene Interpretationen des Kausalkörpers. Kausal bedeutet die Ursache und der Sanskrit Ausdruck Karana Sharira, Karana heißt auch die Ursache, aber auch die Ursache des Handelns und von dem alles ausgeht. Jetzt ist die Frage, was denn die Ursache von allem ist? Die Ursache von allem ist zum einen die Unwissenheit, ursprünglich – wir vergessen: Wer bin ich? Und dies ist etwas ganz Subtiles, das ursprüngliche Vergessen: „Wer bin ich?“ Dies ist der Ursprung von Allem und damit beginnt alles.
Shankaracharya sagt, diese Unwissenheit ist ein Attribut des Kausalkörpers, nicht wir sind unwissend, der Kausalkörper ist diese Unwissenheit, wir gehen dort hinein. Das ist ähnlich vergleichbar mit einem Computerspiel, in das man „hinein geht“, dann vergisst man erst einmal, wer man normal ist und taucht ganz in die Welt dieses Computerspiels ein. Oder du gehst in eine Geisterbahn, dort vergisst du auch alles Mögliche. Oder angenommen, du gehst in dein Büro, vergisst du auch alles Andere, du vergisst wer du sonst bist, du trittst in eine andere Rolle. In diesem Sinne – Avidya (die ursprüngliche Unwissenheit) heißt, du trittst in diese Welt ein, indem du zunächst einmal vergisst, wer du wirklich bist. „Wer bin ich?“ Diese Frage kommt dann anschließend wieder auf und was soll das Ganze? Auch das ist eine wichtige Frage, in diesem Sinne – das ist Karana Sharira. Es gibt auch andere Interpretationen von Karana Sharira, hier sind all die Aufgaben enthalten, die wir irgendwann erfüllen sollen, denn wir sind ja in dieser Welt um zu lernen und zu wachsen. Und so gibt es ein komplettes Lernprogramm, Erfahrungsprogramm, so ähnlich wie Kinder, die in die Schule gehen und dort ein bestimmtes Programm zu absolvieren haben. Und auch beim Aufwachsen gibt es bestimmte Riten, durch die man hindurchgeht, bestimmte Entwicklungsstadien usw. Und so ähnlich in der Karana Sharira ist alles enthalten, durch das wir irgendwann mal hindurch gehen müssen. Wir vergessen erst – Avidya – und aus diesem Vergessen kommt dann Karma, das heißt alle möglichen Erfahrungen und Aufgaben, die kommen werden, das ist in Karana Sharira. Auch davon können wir uns lösen. Wir können sagen, ich bin das unsterbliche Selbst, als unsterbliches Selbst habe ich bestimmte Aufgaben in dieser Welt. Diese Aufgaben will ich nach besten Wissen und Gewissen erfüllen und weiß, so werde ich mich entwickeln, aber ich bin nicht die Aufgaben, ich bin nicht die Psyche, ich bin nicht die Erfahrungen, ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman.
Und genau das sagt Shankara hier: Erkenne klar, dass der Atman, dein Selbst, von diesen drei begrenzenden Körpern, Upadhis, verschieden ist. Also drei begrenzende Attribute, auf Sanskrit Stula Sharira – physischer Körper, Sukshma Sharira – feinstofflicher Körper und Karana Sharira – Kausalkörper. Stula heißt grobstofflich, Sharira – Körper. Beobachte den physischen Körper, aber identifiziere dich nicht damit, gehe pfleglich mit diesem physischen Körper um, mache Erfahrungen in dieser Welt, bewirke in dieser Welt, sei dir des Sukshma Sharira bewusst. Sukshma bedeutet fein, feinstofflich, subtil, also Astralkörper. Gehe pfleglich mit diesem Sukshma Sharira um, kultiviere dein Prana, kultiviere deine positiven Eigenschaften, nutze die Sinne und bewirke Gutes. Erfahre bewusst, nutze deine Buddhi, deine Unterscheidungskraft, deinen freien Willen, aber sei dir bewusst: Ich bin auch nicht die Persönlichkeit, ich bin auch nicht die Sinneswahrnehmungen und mache dich frei von automatisierten Reizreaktionsketten. Es ist unwürdig, einfach wie ein Sklave von Automatismen zu sein und beobachte ich bin nicht das Denken, das Fühlen, die Sinneseindrücke usw. Schließlich sogar Karana Sharira. Ich bin sogar jenseits der Aufgaben, ich bin jenseits der ursprünglichen Unwissenheit, ich bin jenseits von dem, was mich dazu führt, überhaupt in diese Welt zu gehen, die Welt der Erfahrungen und der Handlungen. Erkenne, du selbst bist jenseits davon, man kann sagen, es wäre ähnlich wie folgendes: Angenommen, du würdest auf den Mars gehen wollen, da musst du einen Raumanzug anziehen und du musst dich ins Raumschiff setzen. Man kann sagen, das Betreten des Raumschiffes und das Empfangen deiner Mission – das ist dein Kausalkörper. Dein Raumanzug anzuziehen ist der physische Körper und letztlich, wie du die Aufgabe interpretierst und wie du deine Mission interpretierst und in den physischen Körper hineinbegibst, das ist dein Astralkörper. Aber du bist weder deine Mission, noch der Raumanzug, noch die Art und Weise, wie du deine Mission angehst, du bist jenseits davon, das unsterbliche Selbst, der Atman.

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